Thermisch aktivierte Bauteile überzeugen Investoren und Mieter durch niedrige Investitions- und Betriebskosten. Da die wasserführenden Rohre zum Kühlen und Heizen direkt in die Decke einbetoniert werden, sind diese besonders wartungsarm. Im Vergleich zu herkömmlichen klimatechnischen Anlagen bietet die Betonkernaktivierung hohe Gestaltungsfreiheit im Raum sowie die stille und zugluftfreie Kühlung. Die Systeme reduzieren Lastspitzen, verschieben Kühllasten auf Schwachlastzeiten und ermöglichen zudem kleiner dimensionierte Energieerzeugungssysteme.
Das ist ganz im Sinne der Energieeinsparverordnung EnEV 2009, durch die der Gesetzgeber konsequent die Einhaltung der gesteckten Klimaschutzziele verfolgt. Das Resultat der hohen Anforderungen an den Wärmeschutz ist eine deutliche Senkung des Jahresheiz- und Kühlenergiebedarfs der Gebäude. Gleichzeitig steigen, vor allem in den heißen Sommermonaten, die inneren Wärmelasten in den Räumen. Insbesondere in modernen Bürogebäuden mit ihrer offenen Architektur, kombiniert mit großen Fensterflächen, steigt daher der Bedarf an Kühlung in Räumen, die trotz Beschattungsmaßnahmen mehr und mehr Wärmelasten ausgesetzt sind. Zusätzlich trägt die Ausstattung von Büroräumen mit einer Vielzahl von technischen Geräten dazu bei, dass aufgrund der guten Dämmung der Gebäudehülle fast ganzjährig ein Bedarf an Kühlung für ein behagliches Raumklima am Arbeitsplatz besteht. Thermisch aktivierte Bauteile wie mit der Betonkernaktivierung Contec des Herstellers Uponor bieten die Möglichkeit, Büro- und Verwaltungsgebäude nachhaltig und energieeffizient zu kühlen und darüber hinaus für eine Abdeckung der Grundlast im Heizbetrieb zu sorgen. Die oberflächennahe Variante Contec ON von Uponor ermöglicht sogar eine hundertprozentige Abdeckung der Heiz-und Kühllasten.
Funktion der thermischen Bauteilaktivierung
Die thermische Bauteilaktivierung nutzt im Gebäude vorhandene Massivbauteile, insbesondere im Deckenbereich, um mit wasserführenden Rohren zu kühlen oder optional zu heizen. Dabei können bis zu 90 Prozent der Deckenfläche genutzt werden. Die positiven thermischen Eigenschaften des Werkstoffs Beton begünstigen die Wirkungsweise des Systems.
Kühlkonzepte mit thermischer Bauteilaktivierung werden den Forderungen nach hoher Energieeffizienz und den bestehenden Nutzungspflichten für erneuerbare Energien nach dem EEWärmeG gerecht. Die Systeme können mit raumnahen Temperaturen, beispielsweise von 16°C im Vorlauf und 20°C im Rücklauf, aus dem Erdreich, Grundwasser, der Außenluft oder einer anderen regenerativen Energiequelle versorgt werden. Dabei wird lediglich Energie für die Verteilung der Kälte aufgewendet und nicht für die häufig kostenintensive Erzeugung mithilfe von Kompressions-Kältemaschinen. Im Heizfall wird die Bauteilaktivierung, beispielsweise zur Deckung von Grundlasten, für die Gebäudeheizung ressourcenschonend und ökonomisch vorteilhaft in Kombination mit Wärmepumpen eingesetzt.
Die wasserführenden Rohre nutzen die Wärmespeicherkapazität der Betondecke, um beim Kühlen den größtmöglichen Anteil an gespeicherter Wärmeenergie über Nacht abzuführen, damit am folgenden Tag wieder behagliche Raumtemperaturen eingehalten werden können.
Die thermische Bauteilaktivierung nutzt die Speicherkapazität der aktivierten Betonmasse zeitlich versetzt. Beim Kühlen wird der größtmögliche Anteil an gespeicherter Wärmeenergie über Nacht abgeführt, um diese für den Kühlbedarf am Tag zur Absenkung der Raumtemperatur einzusetzen. Der Vorteil: Auf Basis der flächenmäßig großen, aktivierten Flächen ermöglicht die Bauteilaktivierung bei bereits geringer Über- oder Untertemperatur eine wirksame Wärmezu- oder Wärmeabfuhr. Be- und Entladung erfolgen in einem kontinuierlichen Wechsel. Das Ergebnis: die Vermeidung unerwünschter Aufschaukelungen der Raumtemperatur während Schönwetterperioden.
Beladen werden die Geschossdecken mit Kälteenergie, indem kaltes Wasser durch die Rohre zirkuliert. Der Wasserstrom gibt beim Durchströmen der Rohre Kühlleistung an die Decke ab und kühlt diese. Das kann durch Variation von Vorlauftemperatur, Massenstrom und Ladezeit aktiv gesteuert werden. Aufgrund der Trägheit des Systems besteht die besondere Herausforderung darin, ausreichend Kälte für die am folgenden Tag zu erwartenden thermischen Lasten im Bauteil einzulagern.
Wie jeder thermische Speicher überbrückt auch die thermisch aktivierte Decke die zeitliche Differenz zwischen Energieangebot und Energiebedarf und verschiebt so die thermischen Lasten teilweise in die Nachtstunden. Überschüssige Wärme durch solare Einstrahlung (externe Lasten) sowie Personen- und Geräteabwärme (interne Lasten) wird in der Decke zwischengespeichert. Dadurch steigt die mittlere Bauteiltemperatur an. Parallel steigt so auch die operative Raumtemperatur, die jedoch durch die Speichermassen stark gedämpft wird.
Die Raumkonditionierung erfolgt dann durch zwei parallel ablaufende Wärmetransportmechanismen. Die in den Geschossdecken eingelagerte Wärme oder Kälte wird zu großen Teilen über Strahlung (etwa 60 Prozent beim Kühlen und etwa 90 Prozent beim Heizen) und entsprechend anteilig über Konvektion an den Raum abgegeben. Wegen der großen Systemträgheit kann die Raumtemperatur nicht individuell und schnell geregelt werden. Die Geschossdecken werden somit passiv, ohne direkte Einflussmöglichkeiten des Raumnutzers entladen.
Konstruktion und bauliche Umsetzung
Zur Nutzung der thermischen Bauteilaktivierung werden in der Ortbetonausführung werkseitig bereits vorgefertigte Rohrregister an die bauseitige obere Bewehrung der Betondecke gehängt. Dies ermöglicht einen gleichmäßigen Verlegeabstand sowie einen zügigen und damit wirtschaftlichen Baufortschritt. Die Betonkernaktivierung Contec von Uponor verwendet das bereits seit 30 Jahren bewährte und nach dem Verfahren Engel hochdruckvernetzte Polyethylenrohr (PE-Xa-Rohr). Der hier verwendete Kunststoff ist robust und empfiehlt sich dank seiner Materialeigenschaften, wie Formbeständigkeit und Resistenz gegen Spannungsrisse, insbesondere für den Einsatz im rauen Baustellenbetrieb. Diese Eigenschaften sind für eine langlebige Installation der Bauteilaktivierung notwendig, da die Rohrregister direkt in die Betondecke eingegossen werden.
Thermisch aktivierte Spannbeton-Fertigdecken
Neben der Verlegung im Ortbeton hat sich inzwischen in der Baupraxis auch eine Anwendung in Spannbeton-Fertigdecken bewährt. Bei dieser Variante der Bauteil-aktivierung werden die Rohrregister bereits werkseitig im Spannbetonwerk in den unteren Plattenspiegel der Fertigdecke integriert. Die dann thermisch aktivierten Spannbetonelemente werden anschlussfertig just in time auf die Baustelle geliefert und von einem Fachbetrieb montiert. Der Hersteller Uponor arbeitet hier mit Partnern wie dem Spannbetonwerk Elbe zusammen.
Bauteilintegrierte Akustiklösung
Auch hohe Anforderungen an die Raumakustik können in Verbindung mit der thermischen Bauteilaktivierung realisiert werden. Schalldämpfende Maßnahmen können inzwischen integrativer Bestandteil der Betondecke sein. So ist es mithilfe des von der Max Frank GmbH in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für Bauphysik (IBP) entwickelten Absorberstreifens Sorp10 sogar möglich, die gewünschte akustische Wirkung schon bei der Konzeption des Gebäudes zu gestalten. Auf die Leistung der Bauteilkühlung hat der 5 cm breite Absorberstreifen nur sehr geringen Einfluss (<5 Prozent).
Hohe Leistungen mit oberflächennahen Systemen
Bei Gebäuden mit hohen Kühl- und Heizlasten empfiehlt sich neben einer Betonkernaktivierung eine oberflächennahe Bauteilaktivierung zur Deckung von Spitzenlasten und zum Ausgleich von Lastschwankungen. Bei der Betonoberflächenaktivierung Contec ON von Uponor werden die wasserführenden Rohre unterhalb der unteren Bewehrung und damit nur einige Zentimeter unter dem Deckenabschluss installiert. Durch die oberflächennahe Montage und den damit einhergehenden schnelleren Reaktionszeiten, können Einzelraumregelungen umgesetzt werden.
Uponor Contec ON kann monovalent oder in Kombination mit der Betonkernaktivierung Uponor Contec installiert werden. In dieser Kombination eignet sich Uponor Contec für das Beladen in der Nacht und deckt damit die tagsüber auftretende Grundlast, während Uponor Contec ON ergänzend kurzfristig auftretende Spitzenlasten unmittelbar abdeckt.
Für Bereiche, die Fensterflächen und Glasfassaden zugewandt und die häufig gro- ßen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind, sind Hochleistungsmodule zu empfehlen. Diese verbessern das Mikroklima von Arbeitsplätzen an Fensterflächen und Glasfassaden.
Um in Räumen mit besonders hoher Wärmeentwicklung, wie beispielsweise Serverräumen und verglasten Eckräumen, Spitzenlasten abzudecken, hat Uponor die sogenannte Thermische Steckdose entwickelt. Mit dieser können Spitzenlastenelemente, wie thermisch aktive Deckensegel, angeschlossen werden.
Best Practice im Kölner Rheinauhafen
Immer häufiger kommt die thermische Bauteilaktivierung in modernen Nichtwohngebäuden zum Einsatz. Ein Beispiel dafür ist der Kölner Rheinauhafen, der in den vergangenen Jahren durch die Kranhäuser bekannt wurde.
Die direkte Rheinlage ermöglicht dabei die Nutzung von Rheinwasser für ökologische und ökonomische Energiekonzepte, die das Kühlen und Heizen mit bauteilintegrierten Systemen in Kombination mit Geothermie interessant machen. Nach einem hydrogeologischen Gutachten konnten die Betreiber das Wasser direkt aus dem Fluss nutzen. Zusätzlich wurde die Genehmigung der Stadt Köln für den Bau von zwei Kiesschüttbrunnen eingeholt. Mit einer dynamischen Gebäudesimulation wurde ein Bedarf an Kühlleistung von 35 W/m² errechnet. Diese wird über die stille Kühlung der Bauteilaktivierung abgedeckt. Büroräume mit höheren Anforderungen, wie die hoch wärmebelasteten Eckräume des Gebäudes, wurden zusätzlich mit Thermischen Steckdosen von Uponor und thermisch aktiven Deckensegeln ausgestattet, um die Kühllasten zu decken.
Das Beispiel beweist, wie Ökologie und Ökonomie eines Gebäudes auch bei hohen Anforderungen an die thermische Behaglichkeit im Sommer und Winter in Einklang gebracht werden können. -
Matthias Hemmersbach
Leiter Marktsegment Planer bei der Uponor GmbH