Eintausend Kilometer. So weit wäre es direkt von Stuttgart nach Aarhus gewesen, hätten wir den Abstecher nach Dänemark nicht in die Norddeutsche Kältentour 2022 integrieren können. Zum Glück starten wir am Donnerstag in Hamburg und sind am Nachmittag bereits am Hotel unweit des Firmensitzes. Wir sind aber nicht die ersten, denn eine kleine Gruppe Kälten ist schon da. Beeindruckend ist das vor allem, weil jemand sogar den weiten Weg aus Landshut auf sich genommen hat. Bei knapp 18 °C und sehr viel Wind empfängt uns der Area Sales Manager Kevin Baumert und kündigt Essen an. Wir grillen, plaudern und hören Musik. Auch Marketing Koordinatorin Oumaima Dalil ist an Bord und wir lernen uns kennen. Wir sind vernünftig und beenden diesen Abend gegen 22.00 Uhr.
Durch die Produktion
Der Freitag wird lehrreich. Zuerst bekommen wir eine ausführliche Führung durch das Werk und lernen den Produktionsablauf vom Wareneingang bis zum Ausgang der fertigen Anlagen kennen. Da Advansor standardisierte Maschinengestelle mit ausschließlich CO2 als Kältemittel fertigt, sind auch die Herstellungsabläufe entsprechend koordiniert und getaktet. Rohrstücke werden fertig gebogen und gelängt angeliefert, Kleinteile aus dem automatisierten Lager entnommen und kommissioniert, Kabel abgelängt, Isolierung zugeschnitten. Das gesamte Gestell existiert bereits virtuell – bis hin zur letzten Schraube. Das ermöglicht relativ hohe Stückzahlen. Lediglich die Druckprüfung stellt noch einen Flaschenhals dar, denn kein Gestell verlässt ungeprüft die mechanische Abteilung. Dazu werden die Anlagen in abgeschirmte Kammern gerollt, in denen während der Prüfung kein Mensch anwesend ist. Die größten Verbundanlagen passen selbst hier nicht mehr rein und werden daher über Nacht geprüft. Danach wird isoliert und verdrahtet.
Auffällig sind die vielen Absaugtrichter über den Arbeitsplätzen, sodass Kleberdämpfe und Lötgase von den Mitarbeitern ferngehalten werden. Beim Löten selbst scheint der Nachhaltigkeitsgedanke durch, denn hier wird auf Wasserstoff gesetzt. Dieser wird direkt vor Ort per Elektrolyse hergestellt. Da die reine Verbrennung keine sichtbare Flamme erzeugen würde, wird ein kleiner Anteil Acetylen dazugegeben. Neben der voll digitalisierten Prüfung sticht jedoch der analoge Produktionsplan etwas heraus: Auf einem großen Whiteboard werden Einträge vorgenommen und der Status der jeweiligen Anlage händisch aktualisiert. Das mag auf den ersten Blick nicht zur digitalen Welt passen, hat sich hier jedoch als beste Lösung erwiesen. Die Produktion läuft also auf Hochtouren und das ist auch der Grund dafür, dass bereits angebaut wird. Die Nachfrage steigt kontinuierlich.
Nach der Werksführung gibt es Mittagessen in der Kantine. Diese wird danach bewertet, wie wenig Abfall sie produziert. Das ist nachhaltig und lässt dennoch eine hohe Qualität zu. Dann geht es in den Schulungsraum für einen „Deep Dive“ in Advansors Anlagentechnik. Da der deutsche After Sales Engineer Jan Bäumer gerade nicht da ist, übernimmt sein dänischer Kollege Mads Jensen und stellt die Englisch-Kenntnisse der Teilnehmer auf die Probe. Das funktioniert jedoch prima und so tauchen wir direkt in den Kältekreis ein.
Deep-Dive
CO2 -Kälte ist anspruchsvoll. Diese Komplexität schreckt noch viele Kältebetriebe ab, also sind Schulungen wie diese sinnvoll. Am Beispiel der CuBig-Anlage gehen wir daher im Detail auf einzelne Komponenten und deren Notwendigkeit ein. Der Elefant im Raum ist natürlich die NK -Hochdruck-Sicherheit. Bei einem 120 bar System reduziert die Regelung die Leistung ab 102 bar aufwärts, ab 105 bar schaltet die Software ab. Reicht auch das nicht aus, kommt bei 108 bar der Druckschalter zum Einsatz, bevor das Sicherheitsventil mit 120 bar öffnet. Auch 130 bar – Systeme werden mit dem gleichen Prinzip ausgelegt. Dazu kommen Sicherheits-Temperaturfühler in der gemeinsamen Hochdruckleitung. Hier wird ab 140 °C reduziert und bei 150 °C abgeschaltet. Das ist viel Aufwand, angesichts der hohen Drucklagen jedoch notwendig.
Auch das Öl-System ist komplexer als bei traditionellen Verbunden. Das Öl wird zu 95 % vom Heißgas getrennt und im Ölsammler vorrätig gehalten. Dieser steht unter Receiver-Druck, um die Ölspiegelregulatoren an den Verdichtern versorgen zu können. Die restlichen 5 % helfen zum Beispiel beim Schmieren von Ventilen im Kreislauf. Da Receiver-Druck und NK-Saugdruck unter Umständen gleich sein können, sorgt ein zusätzliches Magnetventil mit Heißgaszufuhr dafür, dass in dem Fall immer noch Überdruck auf der Öl-Versorgungsleitung ansteht. In dieser finden wir den Filtertrockner. Der Gedanke hierbei ist, dass das hygroskopische Öl der beste Ort ist, um Feuchtigkeit aus dem System zu bekommen.
Als Nächstes geht Mads auf das Potenzial für die Wärmerückgewinnung (WRG) mit CO2 ein. Am log-p, h - Diagramm wird im Vergleich zu R 134a schnell klar, wie viel mehr Energie im transkritischen Bereich für zum Beispiel die Brauchwasser-Erwärmung genutzt werden kann. Dann geht es ans Eingemachte: Trans- oder Subkritisch? Diese Frage kann nur mit einem eindeutigen: „Kommt drauf an“ beantwortet werden. Denn ab 25 °C Außentemperatur gehen die Anlagen in den transkritischen Betrieb über, der Verflüssiger wird zum Gaskühler, das Hochdruckventil regelt hier den Druck über einen transkritischen Algorithmus.
Auch der TK-Bereich verfügt über oben beschriebene Sicherheitsschritte. Die Werte sind entsprechend den Arbeitsdrücken und -temperaturen niedriger, das Prinzip ist jedoch das gleiche. Ein interner Wärmeübertrager im Sammler sorgt Flüssigkeitsschlägen vor. Diese und noch viele weitere Details haben die Kälten dabei mit großem Interesse aufgenommen, trotz der Komplexität - oder vielleicht gerade deswegen. Einer der Teilnehmer will ebenfalls nur mit CO2 arbeiten. Er fand diesen Tag extrem lehrreich. Es hat sich also gelohnt.
Alles Gute zum Geburtstag
Nach einem fast schon unverschämt guten Abendessen in der Kantine haben wir dann den Anhänger geöffnet und konnten dort mal so richtig laut Musik machen. Ein Anlagentest quasi. Es gibt dort keine Nachbarn und wir müssen auf niemanden Rücksicht nehmen. Wir haben bis 23.30 Uhr am Hänger geredet, Bier getrunken und unsere Party gemacht. Ein gelungener Tag also und eigentlich wäre hier schon Schluss gewesen. Ein Spanischer Advansor-Mitarbeiter hatte aber zufällig Geburtstag und wollte diesen in der Stadt feiern. Um den letzten Bus in die Stadt zu bekommen, mussten wir uns jedoch beeilen. Licht aus, Hänger zu und los. Die gesamte Truppe ist in die Stadt gefahren und wir haben eine tolle Nacht in Aarhus verbracht. So wird aus Kälten, die sich ab und zu sehen, eine fast schon freundschaftliche Beziehung. Wir wachsen zusammen. Danke, liebe Kälten und danke, Advansor. OB