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EINE KÄLTEANLAGE MIT 22 VERDAMPFERN UND ACHT VERDICHTERN

Sieben Klimazonen im Kühlhaus

Claus Frederik Grell gründete 1818 als Getreidehandelsfirma in Nortorf, Schleswig-Holstein, die Firma Grell. Das Unternehmen wuchs stetig und in den 1970er-Jahren – lange nachdem Grell seine Firma an Gerd Godt verkauft hatte – ging der heutige Biogroßhändler in den Bereich des biologischen Land- und Gartenbaus. Als sich die Landwirtschaft immer stärker in ökologischem und konventionellem Anbau zu differenzieren begann, hat sich die Firma für den Handel von Naturkost und Bio-Produkten entschieden. Heute hat das Unternehmen rund 9 000 Artikel am Lager, davon 400 Artikel im Bereich Obst und Gemüse, in diesem Sortiment sind über 40 Prozent der Umschlagsmenge regionale Artikel. An sechs Tagen pro Woche werden etwa 1 000 Kunden beliefert, beispielsweise der Naturkost-Fachhandel, Reformhäuser, Hofläden, Großküchen, Marktfahrer, Abokisten und selbstständige Kaufleute. Schleswig-Holstein, Hamburg, das ördliche Niedersachsen und das westliche Mecklenburg-Vorpommern gehören zum Liefergebiet. Dies entspricht einem Radius von gut 150 km um Kaltenkirchen herum.

Das Kühllager hat eine Bürofläche von 1 450 m2. Sie wurde als Holzrahmenbau konstruiert und mit einer horizontal ausgerichteten Holzfassade umkleidet. So setzt sie sich architektonisch von der eigentlichen Lagerhalle ab. Der Baustoff Holz ist uns als Biogroßhändler wichtig, da Holz ein nachhaltiger Baustoff ist. Wir sind ein Teil der Bio-Bewegung im Norden und engagieren uns gerne für Projekte, die sich aktiv für eine zukunftsfähige Erde einsetzen. Holz ist ein Teil davon“, sagt Andreas Ritter-Ratjen, Geschäftsführer von Naturkost Grell. Auch der für industrielle Hallen ungewöhnliche Einsatz von riesigen Holzleimbindern im Kühllager selbst unterstreicht den ökologischen Gedanken des Unternehmens. Ergänzt wird dieser Gedanke durch die Grünflächen auf dem 4 250 m2 großen Dach. Hier wird in naher Zukunft noch die PV-Anlage installiert. Zudem nutzen die ersten Wattläufer diese Fläche bereits als Brutplatz.

Die Kühlräume

Für die Planung und den Bau der Kälteanlage hat sich der Großhändler mit Fieles Dithmarscher Kältetechnik einen Spezialisten für Gemüse- und Obstkühlung an Bord geholt. Kälteanlagenbauermeister Thies Oelrichs hat das Projekt durchgeführt. Etwas Unterstützung aus dem Hintergrund leistete Klaus Oelrichs, denn dieses Projekt ist groß: 22 Verdampfer und acht Verdichter leisten ihren Dienst. Insgesamt werden acht Räume gekühlt, in denen unterschiedliche Waren lagern. Zwischen den Räumen wurden hochwertige Kühlraumtüren von EMS verbaut, einige Bereiche sind auch mit Efaflex Schnelllauftoren ausgestattet. Alles fängt im Joblager an. Dieser 1500 m2 große Raum dient mit 12 Überladebrücken als Warenein- und -ausgang und hat eine Verbindung zu nahezu allen anderen Klimazonen. Das Joblager wird auf 6 °C Raumtemperatur gehalten. Dafür sorgen acht Küba DZA 56-F61 (t0 bei 2 °C) mit einer Gesamtleistung von 140 kW. Die Verdampfer sind nebeneinander mittig im Raum installiert. Sie blasen in zwei Richtungen beidseitig aus, damit die Luftgeschwindigkeiten niedriger sind. Der Grund ist einleuchtend, da sich hier den ganzen Tag über die Mitarbeiter aufhalten und das Arbeiten somit angenehmer wird. Neben den gekühlten Waren kommen hier täglich bis zu 90 Tonnen ungekühlte Trockenlagerware an. Das Joblager wird mithilfe von Türluftschleieranlagen mit EC-Ventilatoren von den Zugängen zu den Büros und zu dem Trockenlager getrennt. Somit werden die Wärmebrücken auf ein möglichst geringes Maß gehalten.

Das Molkereiproduktelager grenzt direkt an das Joblager und hat eine Fläche von 1275 m2. Drei Küba-Verdampfer DZA 56-F62 (t0 bei 2 °C) mit einer Kälteleistung von 100 kW sorgen hier für konstante 6 °C Raumtemperatur. Ausreichend, da hier ausschließlich verpackte Ware gelagert wird. Im Käselager liegen auf 175 m2 teilweise unverpackte Waren. Ein goldlackbeschichteter Küba SGA 35-F62 (t0 bei 2 °C) mit epoxidharzbeschichteten Aluminiumlamellen (Korrosionsschutz) sorgt mit 12 kW für 5 °C Raumtemperatur. Im Fleischlager herrschen auf 65 m2 kontinuierliche 2 °C in einem recht trockenen Klima. Mit 7 kW kühlt ein Küba SGAE 45-F51 (t0 bei 5 °C) die verpackte Ware runter. Eine Raumtemperatur von 5 °C fordert das Gemüselager. Die 520 m2 werden von vier Küba DZA 45-F61 (t0 bei 2 °C) mit 40 kW gekühlt. Auch sie blasen beidseitig aus, um niedrige Luftgeschwindigkeit zu generieren. Da in diesem Raum nur unverpackte Ware lagern, wurde die Luftwechselrate entsprechend angepasst und die Luftfeuchte dem Bedarf entsprechend erhöht. Das gilt auch für das mediterrane Gemüselager (200 m2, 12 kW, Raumtemperatur 8 bis 10 °C, zwei Küba DZA 45-F61 bei t0 +2 °C) und dem Südfrüchtelager (100 m², 10 kW Raumtemperatur 10 bis 12 °C und nicht unter +9°C, ein Küba DZA 40-F42 bei t0 +2 °C). Im Südfrüchtelager hat Thies Oelrichs zusätzlich ein elektrisches Heizregister mit Betriebsstundenzähler installiert, um zu sehen, wie lange das Register läuft. Im Winter so Thies Oelrichs läuft das Heizregister maximal vier Stunden am Tag. Mit dieser Laufzeit ist somit die Gesamtinvestition günstiger als ein Heizregister über Warmwassersole. Das Obstlager verfügt über 200 m2. Hier kühlen die zwei Verdampfer Küba DZAE 40-F62 mit 17 kW Leistung den Raum auf 2 bis 4 °C runter. Um den t0 (5 °C) nicht zu niedrig zu halten, wurden auch hier die Verdampferoberflächen vergrößert. Das kommt zum einen dem Raumklima zugute. Zum anderen kommt man hier selbst im Sommer mit zwei Abtauungen am Tag aus. Von den insgesamt 22 Verdampfern sind drei mit einer elektrischen Abtauung versehen. Der Rest kommt aufgrund der niedrigen Temperaturdifferenzen mit einer Umluftabtauung klar.

Die Anlage

Im Maschinenraum steht der Satellitenverbund mit acht Bock-Verdichtern auf zwei Ebenen. Gesteuert wird die Anlage über ein Eaton SPS aus eigenem Haus. Sie wird bei der Dithmarscher Kältetechnik programmiert und erfüllt alle Anforderungen an die optimale Regelung der Anlage. Die Verdichter laufen mit R 134 a und mit zwei Saugdruckzonen (t0-Stufe 2 °C/35 °C, 330 kW sowie t0-Stufe 5 °C/35 °C, 30 kW). Je Saugdruckstufe kommt ein FU-geregelter Leitverdichter zum Einsatz. Die Folgeverdichter verfügen über eine Leistungsregelung. Durch die Splittung der Saugdrücke werden auf die 330 kW je Kelvin T ca. drei Prozent Energie eingespart. Als KWS würde man deutlich höhere Investitionskosten haben und die Abtauung der Luftkühler gestaltet sich nicht leichter“, sagt Oelrichs. Dreiteilige Alco-Ventile (mechanische Expansionsventile) regeln durch richtige Auslegung stabil und werden mit einer niedrigen Überhitzung gefahren. Direkt am Verbund liegt ein Rohrfühler an. Im Normalfall haben wir nie über 8 K Überhitzung am Verbund. Das sind Werte, die man durchaus als gut bezeichnen kann. Die Ventile regeln hervorragend“, weiß Thies Oelrichs. Am Verbund ist ein Überhitzungsschutzsystem installiert, welches durch die SPS mitgesteuert wird. Die Magnetventile der Kühlstellen öffnen zeitversetzt, um eine Pulsation im Rohrnetz zu vermeiden. Installiert ist zudem ein elektronisches Ölabscheidesystem, welches auch bei hohen Herzzahlen der FU-Verdichter ausreichend Ölnachschub liefern kann. Somit muss man hier nicht mit den Herzzahlen runtergehen, um den Verdichterölstand regeln zu können.

Die Wärmerückgewinnung ist in die Kälteanlage integriert. Bis zu 80 kW Heizleistung fallen damit im Winter für die Beheizung der Büroräume ab, die direkt an das Kühllager anschließen. Es wurde auch ein Gaswarnsystem verbaut. Bei 420 kg Gesamtfüllgewicht macht das Sinn. Zudem können die Dichtheitsprobe-Intervalle halbiert werden. In den größeren Kühlräumen sind jeweils zwei Gasmesssensoren installiert. Sie messen auf wenige Gramm pro Jahr genau einen eventuellen Kältemittelaustritt und melden es. Über die Eaton SPS aus eigenem Haus können dann im Falle eines Falles schnell weitere Schritte eingeleitet werden. Es hat sich jetzt schon bewährt. Denn einmal ging der Alarm schon los, als eine Fremdfirma irgendwelche Sachen im Maschinenraum ablegte und dabei eine Rohrleitung beschädigte. Wir waren sofort da und konnten den dann doch minimalen Schaden schnell beheben“, sagt Oelrichs.Oben auf dem Dach befindet sich ein EC-geregelter Verflüssiger mit GMM (Güntner Motor Management) von Güntner. Das Kältemittel wird nach dem Verflüssiger in zwei Sammler geleitet. Die Sammler haben ein Volumen von insgesamt 350 l. Sie dienen als Puffer für die unterschiedlichen Betriebszustände der Anlage und werden nicht zur Gesamtabsaugfüllmenge benötigt. Aber auch das könnten sie, da der Verflüssiger ein Gesamtvolumen von über 200 Litern hat. Zudem ist das Rohrnetz sehr groß und auch jeder Verdampfer kann separat abgesperrt werden. Wenn also irgendwo eine Reparatur bzw. ein Service fällig ist, können einfach die jeweiligen Bereiche bzw. Bauteile abgesperrt werden. Vom Sammler aus geht es wieder rauf aufs Dach in einen EC-geregelten Unterkühler. Der Unterkühler ist ausgelegt auf 2 K zur Außentemperatur, um das Kältemittel unterkühlen zu können. Damit haben wir maximal 750 W Energieeinsatz und mehrere kW an Leistungsgewinn plus Betriebssicherheit und Ressourcenschonung beim Bau, weil wir deutlich kleinere Rohrdurchmesser nehmen konnten“, erläutert Oelrichs.

Insgesamt wurden für dieses System 1100 m Rohr verlegt. Vom ersten Gespräch bis zur Übergabe an den Kunden vergingen 377 Tage. Erbaut wurde die Anlage in 34 Tagen.DR

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