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Energieeinsparung in Supermärkten

Glastüren bei Kühlmöbeln tatsächliches Potenzial

    Die mögliche Energieeinsparung durch den Einsatz von Glastüren bei Kühlmöbeln wird in der Regel mit bis zu 40% angegeben. Beim genaueren Hinterfragen bekommt man Aussagen zwischen 20 und 70% Energieeinsparung. Oft beruhen diese Angaben jedoch auf Erfahrungen bei Normklima (25°C und 60% Luftfeuchtigkeit) und bei Norm-Öffnungsfrequenzen von 6 Öffnungen pro Stunde.

    Wie hoch ist aber die Einsparung bei Marktbedingungen und höheren Öffnungsfrequenzen?

    Bei einer umfangreichen Testreihe der Hauser GmbH in Linz wurde ein Kühlmöbel über mehrere Wochen mit verschiedenen Öffnungsfrequenzen (12, 24, 48, 120 und 240 Öffnungen pro Stunde) im Labor getestet. Dabei wurde untersucht, wie sich die verschiedenen Öffnungsfrequenzen auf den Energieverbrauch, den Kältebedarf und die Produkttemperaturen auswirken. Die Resultate wurden bei der DKV-Tagung in Ulm präsentiert und sind eine wichtige Entscheidungshilfe für Supermarktbetreiber.

    Es stellen sich folgende Fragen:

    1. Wie hoch ist die Energieeinsparung bei Marktverhältnissen (bei einem realistischen Jahresdurchschnittsklima)?

    2. Wie wirken sich verschiedene Öffnungsfrequenzen (Kundenfrequenzen) der Glastüren auf den Energieverbrauch und die Produkttemperaturen aus? Bei jeder Öffnung der Glastüren fällt eine beträchtliche Menge an Kaltluft aus dem Kühlmöbel heraus. Dieselbe Menge strömt als Warmluft im oberen Bereich des Kühlmöbels wieder hinein. Beim Test wurde der Kaltluftschleier im Kühlmöbel mittels einer Nebelmaschine sichtbar gemacht (Bild 1).

    3. Welche Reduktion der Kälteleistung kann durch den Einsatz von Glastüren erreicht werden und um wie viel kleiner können Kompressor und Anlage dadurch ausgelegt werden?

    4. Welche Energieeinsparung bedeutet das für die gesamte Kälteanlage? Welche Einsparung habe ich am Ende des Jahres auf meiner Stromrechnung?

    5. Welche weiteren Vor- und Nachteile ergeben sich durch Glastüren bei Kühlmöbeln?

    Das wichtigste an einer professionellen Testreihe ist eine konkrete und detaillierte Aufgabenstellung. Diese wurde bereits im Sommer 2008 gemeinsam mit Kunden erstellt. Das Augenmerk wurde dabei auf möglichst realistische Markbedingungen gelegt. Nur so können die Erkenntnisse in die Projektierung von Neuanlagen einfließen.

    Die wichtigsten Eckpunkte der Aufgabenstellung:

    • Realistisches Jahresdurchschnittsklima: 21°C und 50% Luftfeuchtigkeit (Norm: 25°C und 60% Luftfeuchtigkeit)
    • Verschiedene Öffnungsfrequenzen: 12, 48, 120 und 240 Öffnungen pro Stunde à 3 Sekunden (Norm: 6 Öffnungen à 6 Sekunden)
    • Praxisgerechter Tag-/Nachtbetrieb: 14 Stunden am Tag wurden die Glastüren gemäß der vorgegebenen Frequenz geöffnet bzw. das Rollo stand offen, 10 Stunden bei Nacht waren die Glastüren bzw. das Rollo geschlossen
    • Realistische (Teil-)Beschickung des Möbels
    • M1-Bedingungen: Messpakettemperaturen 1/+5°C für Fleischprodukte (gesamte Testreihe)
    • M2-Bedingungen: Messpakettemperaturen 1/+7°C für Molkereiprodukte (zwei Vergleichstests)
    • Berücksichtigung der Beschickungszeit (Öffnung der Glastüren)
    • Messung ausgeschiedener Kondenswassermengen (Rückschluss auf Fremdluftanteil)
    • Ermittlung des Energiebedarfs (TEC), der Kälteleistung (HER) und der Verdampfungstemperatur (TMrun)

    Alle weiteren Rahmenbedingen unterlagen der gültigen Norm EN 23953 für Verkaufskühlmöbel; das Testmöbel wurde daher in einem zertifizierten Norm-Testraum betrieben. Größe, Beleuchtung, Querbelüftung, Messpunkte usw. sind durch die Norm genau vorgegeben und wurden beim Test exakt eingehalten. Die Produkttemperaturen wurden durch Messpakete simuliert diese haben ein Gewicht von 1000 bzw. 500 Gramm und dieselben Wärmeeigenschaften wie mageres Rindfleisch. Zur Testeinrichtung gehörten außerdem ein Massenstrommessgerät, eine spezielle Software für die Datenaufzeichnung und ein SPS-gesteuerter Öffnungsmechanismus für die Glastüren (Bild 2).

    Als Testmöbel wurde das Wandkühlregal Regius der Type URP-T-H mit einer Länge von 3750mm und einer Bordhöhe von 295mm gewählt das am häufigsten eingesetzte Regal in Lebensmittelmärkten. Alle technischen Daten sind in Bild 3 angeführt.

    Ergebnisse der Testreihe M1 Fleisch-Wandkühlregale

    Die detaillierten Testresultate sind in Tabelle 1 dargestellt. Beim Basistest (Nummer 6 in Tabelle 1) wurde das Möbel ohne Glastüren betrieben. Der daraus resultierende Energieverbrauch wurde als Referenz (100%) festgelegt und mit der Energieeinsparung durch Glastüren bei verschiedenen Öffnungsfrequenzen verglichen. Bei jedem Test wurde die Kälteleistung (HER), der Gesamtenergieverbrauch (TEC) und die notwendige Verdampfungstemperatur (TMrun) am Kühlmöbelverdampfer gemessen. Ferner sind in der Tabelle die Temperaturen des wärmsten und kältesten Messpakets, die Werte DEC und TEC sowie die ausgeschiedene Kondenswassermenge zu finden.

    Je nach Öffnungsfrequenz ergibt sich eine Energieeinsparung von 32% (bei 240 Öffnungen pro Stunde) bis 63% (bei 12 Öffnungen pro Stunde). Der Kompressor bzw. die Kälteanlage kann um rund 32% kleiner ausgelegt werden. Dabei ist zu beachten, dass sich dieser Wert nur auf dieses eine Kühlmöbel bezieht und nicht auf die Gesamtanlage in einem Markt umgelegt werden kann. Zusätzlich muss die Anlage auf maximale Temperaturen und Luftfeuchtigkeit im Sommer sowie auf maximale Türöffnungsfrequenz ausgelegt werden.

    Eine weitere wichtige Erkenntnis war, dass bei einer maximalen Türöffnung die Temperaturen der Messpakete bereits außerhalb der Norm lagen. Das wärmste Messpaket erreichte eine Temperatur von 6,3°C und war somit außerhalb der Norm- und Eurovent-Toleranz. In der Tabelle ist ebenfalls die Öffnungsdauer in Minuten pro Tag angegeben. Diese Werte können zum Vergleich mit den Bedingungen im Markt (Öffnungsfrequenzen plus Beschickungszeit) herangezogen werden.

    Bemerkenswert war die Kondenswassermenge, die sich bei den verschiedenen Testbedingungen ergeben hat. Während beim Betrieb ohne Glastüren 35,2 Liter Kondensat angefallen sind, waren es bei 12 Türöffnungen je Stunde nur noch 5,1 Liter. Diese Werte geben einen wichtigen Rückschluss auf die Warmluftmenge, welche in das Kühlmöbel einströmt und abgekühlt werden muss.

    Ergebnisse der Testreihe M2 Wandkühlregale für Molkereiprodukte

    Die Resultate für die Testreihen mit Molkereiprodukten sind in Tabelle 2 dargestellt. Auch hier wurde beim Basistest (Nummer 11) das Möbel ohne Glastüren betrieben. Diese Untersuchungsreihe wurde mit Öffnungsfrequenzen von 120 bzw. 48 Öffnungen pro Stunde ausgeführt, da sich laut Kundenaussagen die Realität in den Märkten zwischen diesen beiden Werten bewegt.

    Je nach Öffnungsfrequenz ergibt sich eine Energieeinsparung von 39 (bei 120 Öffnungen pro Stunde) bis 53% (bei 48 Öffnungen pro Stunde). Der Kompressor bzw. die Kälteanlage kann um rund 28% kleiner ausgelegt werden und auch hier muss noch eine maximale Öffnungsfrequenz berücksichtigt werden.

    Welche Energieeinsparung bedeutet das für die Gesamtanlage im Supermarkt?

    Die Testergebnisse zeigen eine eindeutige Energieeinsparung. Prozentsätze jenseits von 30% können schon mit wenigen Maßnahmen erreicht werden diese Werte müssen aber genau betrachtet werden! Für Betreiber von Supermärkten stehen die Einsparung und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Gesamtanlage im Mittelpunkt. Diese setzt sich eben nicht nur aus Kühlmöbeln, sondern auch aus Kühlräumen, Tiefkühlmöbeln, Theken und anderen Stromverbrauchern zusammen.

    Dazu wurden von Hauser mehrere Praxisbeispiele durchgerechnet. Exemplarisch wird hier ein Supermarkt mit 800m² Verkaufsfläche, 5 Laufmeter Fleischkühlregal, 15 Laufmeter Molkerei-Wandkühlregal, 2 Normalkühlräume, 15 Laufmeter Tiefkühlmöbel und 1 Tiefkühlraum dargestellt.

    Die Resultate zeigen Folgendes (Bild 4): Durch die Verglasung des Fleischkühlregals ergibt sich eine Einsparung von 5 bis 7% am Gesamt­energieverbrauch (je nach Öffnungsfrequenz) und die Normkühlanlage kann um rund 8% kleiner ausgelegt werden. Bei den derzeitigen Preisen für Glastüren ergibt sich eine Amortisationszeit von 3,5 bis 6,5 Jahren, die abhängig von der Art der Glastüren ist (mit oder ohne Entspiegelung usw.). Zu beachten ist, dass bei diesen Amortisationszeiten die Mehrkosten für Reinigung, höhere Beschickungszeiten und Reparaturen, welche sich durch Glastüren ergeben, noch nicht berücksichtigt sind! Viele Supermarktbetreiber rechnen jedoch mit erheblichen Mehrkosten, welche durch Glastüren verursacht werden.

    Bei der Verglasung der Wandkühlregale für Molkereiprodukte ergeben sich noch höhere Amortisationszeiten zwischen 6,5 und 12,5 Jahren (Bild 5). Auch hier sind die entstehenden Mehrkosten noch nicht berücksichtigt. Die Energieeinsparung liegt zwischen 7 und 13% vom Gesamtenergieverbrauch (je nach Öffnungsfrequenz) und die Kompressoren bzw. die Anlage kann um weitere 20 bis 25% kleiner ausgelegt werden.

    Eine Klimaanlage wird notwendig!

    Sollten die gesamten Wandkühlregale eines Lebensmittelmarktes mit Glastüren versehen werden, ist unbedingt noch zu beachten, dass die Raumtemperaturen im Sommer sehr hoch ansteigen können. Daher wird in diesem Fall der Einbau einer Klimaanlage zwingend notwendig.

    Bisher haben offene Kühlregale auch als Kühlung des Marktes fungiert; werden diese jedoch verglast, steigen folglich Temperaturen und Luftfeuchtigkeit im Markt an. Dieses warme und feuchte Klima führt wiederum zu Kondenswasserbildung an den Glastüren und Kühlmöbeln. In weiterer Folge beginnen temperaturempfindliche Waren, wie zum Beispiel Schokolade, zu schmelzen und viele Kunden fühlen sich bei einem feuchten Klima nicht sehr wohl. Diese Faktoren müssen vor der Entscheidung für die Verglasungen von Kühlmöbeln unbedingt berücksichtigt werden.

    Wird eine Klimaanlage im Markt installiert, bringt diese einen zusätzlichen Energieverbrauch und die Energieeinsparung, welche durch den Einsatz von Glastüren erzielt werden kann, ist nicht mehr in dem Maße gegeben. Außerdem bedeutet eine Klimaanlage erhebliche Zusatzkosten in diesem Beispiel müssen zwischen 40000 und 50000 Euro einkalkuliert werden!

    Vor- und Nachteile durch Glastüren

    Eine weitere zentrale Frage für Marktbetreiber ist, welche zusätzlichen Vor- und Nachteile ergeben sich durch Glastüren an den Kühlregalen? Mehrere Kunden von Hauser wurden befragt, welche Erfahrung sie selbst bereits mit Glastüren gemacht haben. Eine Zusammenfassung der Angaben wird in Bild 6 gezeigt.

    Fazit

    Das Thema Glastüren bei Kühlmöbeln wird weiterhin viel diskutiert werden. Jeder Betreiber eines Lebensmittelmarktes muss diese Entscheidung über die Verglasung von Kühlmöbeln letztendlich selbst treffen. Wichtig ist, dass man sich dabei nicht auf bis zu Werte verlässt, sondern die tatsächlichen Ergebnisse und auch die Rahmenbedingen betrachtet.

    Eine logische Konsequenz daraus könnte lauten, dass bei temperatursensiblen Produkten wie Hackfleisch (M0) oder andere Fleischwaren (M1) der Einsatz von Glastüren wirklich Sinn macht. Bei Molkereiprodukten werden weiterhin offene Kühlmöbel eingesetzt.-

    Als Vortrag gehalten bei der DKV-Jahrestagung 2008 in Ulm.

    Andi Schauer,

    Leiter Technik, Kältetechnik und Energieoptimierung von Gesamtanlagen, Testlabors, ­Supervisor und internationale Montagen, Hauser GmbH, Linz

    Kommentar

    Wie die hier vorgestellten Ergebnisse zeigen, ist es in der gern und teilweise schon emotional geführten Diskussion um Energieeinsparungen wichtig, genau nachzumessen und vor allem nachzudenken. Normen geben nicht unbedingt praxisgerechte Prüfbedingungen vor und der Betreiber hört freilich gerne von „bis zu“ 70% Ein­sparpotenzial. Erschwerend kommt bei Prozentangaben noch hinzu, dass man sich immer fragen sollte, auf welche Gesamtheit denn die Zahl bezogen wird. Es macht natürlich schon einen gewaltigen Unterschied, ob man nur das einzelne Kühlmöbel betrachtet oder den ganzen Markt. So ist bei der ganzen Energieeffizienzdiskussion stets die Bilanzgrenze zu beachten. Nur eine ganzheitliche Betrachtung führt zu sinnvollen Ergebnissen d.h. man sollte auch an die im Sommer eventuell notwendige Klimaanlage denken.M.S. -

    Andi Schauer, Linz

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