Das neue Forderungssicherungsgesetz (FoSiG) ist am 1. Januar 2009 in Kraft getreten. Es sieht unter anderem erleichterte Voraussetzungen für die Forderung von Abschlagszahlungen, Erleichterungen für den Werkunternehmer bei Fälligkeit von Vergütungsansprüchen, Modifizierungen der bestehenden Regelungen über den Druckzuschlag, die Veränderung der Bauhandwerkersicherung zu einem einklagbaren Anspruch auf Sicherheitsleistung und die Ausweitung des Baubegriffs im Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen vor. Es gilt für alle Verträge, die ab diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden oder werden.
Schnellere Abschlagszahlungen
Der § 632a BGB (Abschlagszahlungen) ist neu gefasst worden. Diese Vorschrift gilt nicht, wenn die VOB/B Vertragsbestandteil ist. Dort sind Abschlagszahlungen in §16 Nr. 1 VOB/B geregelt. § 632a BGB erleichtert für den Bereich des BGB-Werkvertrages die Geltendmachung und Durchsetzung von Abschlagszahlungen. Während in der bisherigen Fassung Abschlagszahlungen nur für in sich abgeschlossene Teile des Werkes gefordert werden konnten, ist nunmehr darauf abgestellt, dass die vertragsgemäß erbrachte Leistung einen Wertzuwachs beim Besteller erlangt hat. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abschlagszahlung nicht verweigert werden. Der Auftraggeber hat kein allgemeines Kürzungsrecht. Abschlagsforderungen sind selbstständig einklagbar, solange die Schlussrechnungsreife noch nicht erreicht ist, also die Baumaßnahme noch nicht abgeschlossen ist, das Vertragsverhältnis noch besteht und nicht etwa durch Kündigung beendet wurde oder eine Abnahme bislang nicht stattgefunden hat. Die Fälligkeit der Abschlagforderungen richtet sich nach § 271 BGB, also mangels anderweitiger Vereinbarung tritt die Fälligkeit sofort ein. Ist der Besteller ein Verbraucher (also kein Unternehmer) hat er gemäß § 632a Abs. 3 BGB das Recht, eine Sicherheit zu verlangen oder Abschlagsrechnungen zu kürzen, bis fünf Prozent des Vergütungsanspruches erreicht sind. Die Sicherheiten können aber auch anderweitig geleistet werden, z.B. durch eine Vertragserfüllungsbürgschaft.
Druckzuschlag gesenkt
Auch die Durchgriffsfälligkeit der Werklohnforderungen in § 641 Abs. 2 BGB ist neu geregelt worden. Die Vergütung des Nachunternehmers wird spätestens fällig, wenn sein Auftraggeber vom Bauherren die Vergütung für dessen erbrachten Leistungsteil erhalten hat. Also der Bauherr zahlt beispielsweise die Installation der Klimaanlage an den Hauptunternehmer (HU) oder Generalunternehmer (GU), dieser zahlt an seinen Subunternehmer (SU). Gleiches gilt, wenn diese Leistung vom Bauherrn abgenommen wurde oder eine Abnahmefiktion eintrat. Häufig weiß der Auftragnehmer nicht, ob der Bauherr abgenommen oder bereits gezahlt hat. Dem Auftragnehmer ist jetzt ein Auskunftsanspruch eingeräumt worden. Wird die Auskunft innerhalb einer angemessenen Frist nicht erteilt, tritt ebenfalls die Fälligkeit ein. Sind an einer Leistung Mängel vorhanden, kann der Auftraggeber gemäß § 641 Abs. 3 BGB etwa das Doppelte der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten einbehalten (bisher mindestens das Dreifache). Bei Streit über das Vorliegen von Mängeln oder der Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten trägt der Auftragnehmer allerdings wie bisher die Darlegungs- und Beweislast. Außerdem ist die sich in der Praxis nicht bewährte Fertigstellungsbescheinigung abgeschafft worden. Der § 641a BGB wurde aufgehoben.
Bauhandwerkersicherung verbessert
Eine wesentliche Verbesserung der Auftragnehmersituationen bringt die Neuregelung des § 648a BGB (Bauhandwerkersicherung). Diese Vorschrift gilt auch für Verträge, die der VOB/B unterliegen, nicht jedoch für Eigenheimbauer und für diejenigen öffentlichen Auftraggeber, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren unzulässig ist. Der Auftragnehmer kann wie bisher auch von seinem Auftraggeber eine Sicherheit verlangen, und zwar auch und gerade dann, wenn eine solche vertraglich nicht vereinbart ist. Das gilt auch für bereits abgenommene aber noch nicht bezahlte Werkleistungen. Eine Aufrechnung durch den Auftraggeber mit Gegenforderungen ist unzulässig, es sei denn, diese sind unstreitig oder rechtskräftig festgestellt. Dies stärkt die Auftragnehmerposition beträchtlich. Gemäß § 648a Abs. 5 BGB ist anders als bisher eine Nachfristsetzung entbehrlich. Es reicht, wenn innerhalb einer angemessenen Frist je nach Höhe der Sicherheitsforderung zehn Tage bis drei Wochen, abhängig vom Einzelfall nachweisbar eine der Höhe nach bezifferte Sicherheit gefordert wurde. Nach erfolglosem Verstreichen dieser Frist können wahlweise die Arbeiten eingestellt werden oder der Auftragnehmer kann den Vertrag kündigen. Nach einer Vertragskündigung erfolgt die Abrechnung des Bauvertrages nach den Grundsätzen der freien Auftraggeberkündigung, also der Auftragnehmer hat Anspruch auf volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen. Im letzten Satz des Absatz 5 wird wie bisher ein 5%iger Vergütungsanspruch auf die noch nicht erbrachte Leistung vermutet. Das greift insbesondere dann, wenn die Abrechnung schwierig ist.
Sicherheitsleistung einklagbar
Neu und interessant für den Auftragnehmer ist, dass der Anspruch auf Sicherheitsleistung selbstständig einklagbar ist. Das hat eine größere Bedeutung, als auf den ersten Blick scheint. Der Auftragnehmer will für seine Leistungen Geld. Geld bekommt er aber erst, wenn er in Vorleistung getreten ist. Manchmal bekommt er aber auch nach Erbringung seiner Vorleistung kein Geld, wenn beispielsweise sein Auftraggeber insolvent wird. Der Anspruch auf Sicherheitsleistung gibt ihm entweder die Sicherheit, oder er kann nach erfolglosem Verstreichen der gesetzten angemessenen Frist die Arbeiten einstellen, den Sicherheitsanspruch gerichtlich durchsetzen dieser Anspruch ist sogar vollstreckbar und, wenn er dann die Sicherheit hat, weiterarbeiten. Praktisch bedeutsam ist das insbesondere, wenn es am Bauvorhaben erste Zahlungsprobleme gibt. Ein solcher Prozess geht auch wesentlich schneller als ein üblicher Werklohnprozess, bei welchem zumeist Mängel eingewandt werden und Gutachten eingeholt werden müssen. Da diese Vorschrift auch gilt, wenn die VOB/B vereinbart ist, muss der Auftragnehmer bedenken, dass bei einer Abschlagsrechnung Verzug frühestens nach Ablauf von vier Wochen eintreten kann (18 Werktage Fälligkeitsfrist plus angemesse Nachfrist, § 16 Nr. 1 Abs 3 i.Vbdg.m. § 16 Nr. 5 Abs 3 VOB/B), während er den einklagbaren Anspruch auf Sicherheitsleistung und das Recht zur Einstellung der Arbeiten bereits nach ca. zehn Tagen bis 23 Wochen hat. Auch wenn der Vertrag nicht gekündigt wird, sondern die Arbeiten nur eingestellt werden, ist das ein wirksames Druckmittel auf den Auftraggeber. Die Arbeiten ruhen, verzögern den Bauablauf und der Auftraggeber kann noch nicht einmal ein anderes Unternehmen beauftragen, da ansonsten eine Doppelbeauftragung vorläge.
Baugeldbegriff erweitert
Besondere Bedeutung für den Auftragnehmer hat die Klarstellung und Modernisierung des Inhaltes des bisherigen Gesetzes über die Sicherung von Bauforderungen vom 1.6.1909 (!). Zunächst einmal ist der Begriff des Baugeldes präzisiert worden. Hierbei sind zwei Ebenen zu unterscheiden. Da sind in der ersten Ebene zunächst einmal die Gelder darunter zu verstehen, die der Bauherr von Banken usw. darlehensweise grundbuchlich gesichert zur Bestreitung der Baukosten erhält und seinem Auftragnehmer schuldet, entweder dem Auftragnehmer direkt oder dem Generalübernehmer, Generalunternehmer, Hauptunternehmer. Das entspricht im Wesentlichen der bisherigen Regelung des § 1 Abs 3 GSB. Die pflichtwidrige Verwendung von Baugeld führte bereits bisher zu strafrechtlichen Konsequenzen und zur persönlichen Haftung der Organträger, z.B. Geschäftsführer, Vorstände, Prokuristen, Projektleiter. Für Bauhandwerker, kleine und mittlere Unternehmen, die meist als Subunternehmer am Bau beteiligt sind, gibt es eine praxisbedeutsame Ergänzung im FoSiG, wonach dieses Tatbestandsmerkmal (grundbuchlich gesichert) nicht mehr gilt, sobald das Baugeld den Bereich des Bauherren verlässt, indem dieser Zahlungen an den GÜ, GU oder HU leistet. Baugelder sind demnach alle Gelder, die ein Unternehmer in der Kette nach dem Bauherrn erhält. Dieser Baugeldempfänger wird gewissermaßen zum Treuhänder dieser Gelder ihrer Nachunternehmer. Der GÜ, GU oder HU darf mit diesen Geldern keine Löcher aus anderen Bauvorhaben stopfen, diese Gelder nicht für eigene Zwecke oder zur Deckung der allgemeinen Geschäftskosten verwenden und keine baufremden Verbindlichkeiten bedienen, wie Grundstückskosten, Maklerkosten, Notarkosten, Rechtsanwaltskosten oder ähnliche. Er hat dieses Baugeld auf einem gesonderten Treuhandkonto zu separieren und dafür Sorge zu tragen, dass es nicht von Dritten (auch nicht von der Hausbank) gepfändet werden kann. Wenn der GU oder HU selbst Bauleistungen erbringt, darf er vom Baugeld nur einen Betrag in Höhe von 50 Prozent des angemessenen Wertes (nicht des Rechnungsbetrages) für sich einbehalten.
Bedeutung für den Auftragnehmer
Diese Regelung hat erhebliche praktische Bedeutung für den Auftragnehmer, weil im Falle der Insolvenz bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen die persönliche Inanspruchnahme der Organträger möglich ist. Das war zwar bislang auch schon möglich, aber eben unter dem eingeschränkten Baugeldbegriff. Für die Auftraggeber, insbesondere also für die Geschäftsführer, Prokuristen oder Vorstände der Baugeldempfänger, besteht die Gefahr dieser verschärften Haftung, wenn diese Vorschriften zukünftig nicht ernst genommen werden. Diese Regelung gilt bereits für sämtliche Verstöße, die ab dem 1.1.2009 begangen werden oder wurden. Die bisherige Durchsetzung scheiterte häufig an Darlegungs- und Beweisproblemen. § 1 Abs. 4 FoSiG enthält die widerlegbare gesetzliche Vermutung der Baugeldeigenschaft und bei Vorliegen der Voraussetzungen die widerlegbare gesetzliche Vermutung für einen Verstoß gegen die Baugeldverwendungspflicht. Es ist nunmehr Sache der GÜ, GU, HU, vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, dass entweder Baugeld nicht vorlag oder dass das Baugeld ordnungsgemäß verwendet wurde. Nach dem bisherigen Gesetz über die Sicherung von Bauforderungen musste ein Baubuch geführt werden, in welchem die Verwendung des Baugeldes nachgewiesen werden musste. Die Verpflichtung entfällt nunmehr aufgrund der vorstehenden Beweislastregelung. Die Pflichtverletzung kann also durch aktives Tun, z.B. Auszahlung an Baufremde, wie auch durch Unterlassen, z.B. durch den fehlenden Pfändungsschutz, begangen werden. Die Anspruchsgrundlage für die persönliche Haftung ist § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 FoSiG.
Die Neuregelungen sind geeignet, künftig die Zahlungsmoral zu verbessern, zumindest aber wird die Durchsetzung von Ansprüchen erleichtert. Durch die verschärfte persönliche Haftung wird der Kreis der Schuldner erweitert, so dass die Chancen der Auftragnehmer steigen, auch im Falle der Insolvenz ihrer Auftraggeber doch noch zu ihrem Werklohn zu kommen. Da im Rahmen dieses Beitrages nur Grundsätze erläutert werden konnten, haben KK-Leser die Möglichkeit, Einzelfragen per Mail an den Autor zu richten. Konkrete betriebliche Einzelfälle können aber auch direkt mit Rechtsanwalt Wolfgang Neudel telefonisch oder persönlich besprochen werden.-
Wolfgang Neudel,
Rechtsanwalt, Partner der RA-Kanzlei Neudel, Kühn & Schreiber, Mitglied der ARGE Baurecht im DAV und zugelassener Schiedsrichter der ARGE Baurecht. E-Mail: neudel@ra-nks.de