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Biberacher Geothermietag

Vertrauen muss neu erarbeitet werden

Die Tücken der oberflächennahen Geothermie wurden lange Zeit verkannt. Auch wenn das Risiko von Geothermieschäden nach einer Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) bei nur 0,002 Prozent liegt, ist die Verunsicherung in der Brancheund bei potenziellen Anwendern groß. Hinzu kommen erste Forderungen von Geologen und Wissenschaftlern nach einer geothermischen Bewirtschaftung des Erdreichs. Mit einer solchen Datenbasis könnten thermische Wechselbeziehungen von Geothermieanlagen besser vorausgesagt und damit negative Rückkopplungseffekte auf die Energieeffizienz geothermischer Wärmepumpen vermieden werden. Wer allerdings den nicht unerheblichen Aufwand für die geothermische Datensammlung und -aufbereitung tragen soll ist unklar, ebenso wie die Zusatzkosten, die dem Bauherrn durch den höheren Planungsaufwand und verschärfte Qualitätsanforderungen am Bohrloch entstehen.

Der Hype war schuld

Es geht nicht mehr so steil nach oben, da sind wir nicht mal Kreisklasse.“ Die Kretschmann’sche Bescheidenheit scheint jetzt auch in der Ministerialbürokratie von Baden-Württemberg angekommen zu sein. Bruno Lorinser, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (UM, Stuttgart), war sichtlich bemüht, den Ball flach zu halten, zumal durch die Schadensfälle an oberflächennahen Geothermieanlagen gravierende Kosten entstanden sind. Manche Dinge wurden in der Geothermie-Branche etwas zu zügig angegangen“, bekennt Lorinser. Der Geothermie-Hype ist schuld an den Problemen, die wir jetzt aufarbeiten müssen“,gesteht Lorinser ein. So schnell könne das Image der Branche jedoch nicht aufpoliert werden. Lorinser: Ich habe im Moment Zweifel, ob Ihre Nachbarn von Bohrungen auf Ihrem Grundstück begeistert wären. Damit gewinnen Sie aktuell keine neuen Freunde.“ Global gesehen gebe es einen Vertrauensverlust in die Tiefen- und oberflächennahe Geothermie. Es wird keinen schnellen Erfolg geben, das zeigen die Reaktionen von Bürgerinitiativen auf Bohrvorhaben.“ Dennoch ist Lorinser optimistisch: Für Baden-Württemberg sei die Wärmeenergie aus geothermischen Quellen ein wichtiger Baustein der Energiewende im Wärmebereich. Aktuell sei deren Anteil von 3 Prozent bei der Wärmebereitstellung aus erneuerbaren Energien allerdings gering.

Wie bereits auf ähnlichen Fachveranstaltungen ging Eva de Haas, ebenfalls vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft in Stuttgart, detailliert auf die Schadensfälle mit Erdwärmesonden im Ländle ein. Typisch für die neuere Entwicklung sei ein signifikanter Anstieg von Erdfällen, die auf einen Auslaugungsprozess durch aufsteigendes Grundwasser vom unteren zum oberen Grundwasserstockwerk zurückzuführen seien (Bild 1).

Zur Risikominimierung habe Baden-Württemberg bereits 2009 mit einer Tiefenbeschränkung bei Erdwärmesonden auf den Gipsspiegel reagiert. Deshalb stehe nur noch etwa 15 Prozent der Landesfläche für Erdwärmesondenbohrungen zur Verfügung, eine starke Einschränkung, sagt de Haas. Zusätzlich zu den Maßnahmen der LQS EWS“, Leitlinie Qualitätssicherung Erdwärmesonden“ (Einführung 7.10.2014, http://www.um.baden-wuerttemberg.de/de/energie/erneuerbare-energien/geothermie/lqs-ews/) werde bei Erdwärmesonden die automatische Abdichtungsüberwachung vorangetrieben. Seit dem 1. Juli 2012 muss in Baden-Württemberg mit den Antragsunterlagen für die Zulassung der Erdwärmesondenanlage auch ein Nachweis vorgelegt werden, welche messtechnischen Systeme zur automatischen Überwachung des Abdichtungsvorgangs im Bohrloch die ausführende Bohrfirma gekauft oder bestellt hat. Die Bohrfreigabe wird erst erteilt, wenn die Messgeräte installiert und einsatzfähig sind.

De Haas räumt ein, dass es rund um die Erdwärmesondenbohrung noch Optimierungsbedarf gebe, besonders bei den Baustoffen für die Verfüllung des Bohrlochs und der Mischtechnik. Auch der frostfreie Betrieb der Erdwärmesonden bzw. eine Austrittstemperatur des Wärmeträgermediums aus der Wärmepumpe von höher als 3 °C gelte inzwischen als verbindlich. Wichtig seien jetzt Forschungsvorhaben, wie man defekte Erdwärmesonden zuverlässig saniert bzw. überbohrt. Künftig sollen die Erkenntnisse aus der LQS EWS in Baden-Württemberg auch in das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und das Wassergesetz BW (§ 43 WG) mit einfließen. Konkret bedeutet das: Alle Erdwärmesonden in Baden-Württemberg sind erlaubnispflichtig und die LQS EWS wird verbindliche Rechtsgrundlage. Damit will der Südweststaat seine Führungsrolle bei der Qualitätssicherung rund um das Bohrloch trotz aller Schwierigkeiten weiter ausbauen. Das unterstreicht auch der Titel des Vortrags von Lorinser und de Haas: Geothermie – jetzt erst recht!“

Mehr Nachhaltigkeit durch Nutzungsmanagement

Doch die nächste Hürde für die oberflächennahe Geothermie ist bereits in Sicht: In Ballungsgebieten, wie beispielsweise München, sind Konflikte um die Nutzung des geothermischen Potenzials bereits vorprogrammiert. Die Städte müssten sich darauf einstellen, ein geothermisches Nutzungsmanagement zu etablieren, so der Tenor der Fachtagung. Nähere Angaben über die wichtigen geothermischen Zielparameter, wie Volumenstrom, Grundwassertemperatur, potenzielle thermische Leistung, erhoffen sich Geologen, Genehmigungsbehörden und Planer vom Projekt GEPO – Geothermisches Potenzial der Münchner Schotterebene (http://www.hydro.geo.tum.de/projects/gepo), das in Kooperation von Bayerischem Landesamt für Umwelt (LfU) und dem Lehrstuhl für Hydrogeologieder Technischen Universität München (TUM) im Rahmen der Innovationsoffensive oberflächennahe Geothermie“ im Zeitraum von 2012 bis 2015 durchgeführt wird.

Für Dr. Kai Zosseder (http://www.hydroteam.de) vom Lehrstuhl für Hydrogeologie der Technischen Universität München (http://www.campus.tum.de) ist eine Systematisierung der bereits bestehenden geothermischen Datenbasis der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit bei der Geothermie. Derzeit erfolgt die Nutzung der Untergrundwärme nach dem Prinzip first come, first serve“, sagt Zosseder. Und weiter: Damit sind die Konflikte vorprogrammiert, denn wenn die Untergrundtemperatur auch nur um 0,5 Kelvin von den Planungsparametern abweicht, kann das gravierende Konsequenzen für die Geothermie-Anlage nach sich ziehen.“ Wichtig sei ein hoher Detaillierungsgrad der Daten, denn nur so könnten flächendeckend relevante Planungsparameter für geothermische Anlagen zur Verfügung gestellt werden, wie beispielsweise im Energie-Portal Bayern (Bild 2) http://www.bis.bayern.de.

Vorrangiges Ziel der Bayerischen Staatsregierung in puncto Geothermie seien langfristige Entwicklungsprognosen durch ein numerisches Wärmetransportmodell. Dazu zählen auch 3D-Modelle, um quartäre Rinnenstrukturen sichtbar zu machen. Diese Rinnen hätten einen deutlichen Einfluss auf den Grundwasservolumenstrom und damit auf das geothermische Potenzial. Rinnen mit hoher Mächtigkeit eignen sich vorzüglich zur Kühlung von Gebäuden und Rechenzentren“, bemerkt Zosseder. Ideal für die Nutzung von kaltem Grundwasser seien auch U-Bahn-Dücker, da dort meist hohe Wasservolumina zur Verfügung stehen, die häufig sogar ohne zusätzliche Pumpenenergie genutzt werden könnten. Die Stadtwerke München sind gerade dabei, ein Fernkältenetz auf der Basis von Grundwasser aufzubauen. Es existieren bereits etwa 180 unterirdische Bauwerke, bei denen anstauendes Grundwasser für Kühlzwecke gesammelt wird (https://www.swm.de/ Fernkälte). BMW nutzt beispielsweise im Stadtteil Milbertshofen das Grundwasser von acht U-Bahn-Dückern und zwei Brunnenanlagen zur Kühlung des Forschungs- und Innovationszentrums (FIZ). Dort werden auf einer Fläche von rund 500 000 m² von etwa 9 200 Mitarbeitern die künftigen BMW-Modelle entwickelt (Bild 3).

Grundwassertemperaturen werden sich signifikant verändern

Bei keinem anderen Heizsystem hängt die energetische Effizienz von so vielen Parametern ab wie bei der Wärmepumpe. Ob eine geothermische Wärmequelle eine Investition für die nächsten 100 Jahre ist, wie von Protagonisten der Wärmepumpen oft behauptet, muss jedoch aufgrund aktuellerErfahrungen kritisch hinterfragt werden. Unstrittig ist, dass mit zunehmender Nutzung des geothermischen Untergrunds die hydraulischen und thermischen Wechselbeziehungen im Erdreich zunehmen werden. Dr. Rainer  Klein, Boden & Grundwasser GmbH, Amtzell (https://boden-und-grundwasser.com/) fasst seine Erfahrungen aus dem Projekt Auswirkungen der thermischen Nutzung des Grundwassers im Stadtgebiet Biberach“ wie folgt zusammen:

die Grundwassertemperaturen werden sich signifikant verändern

flächige Ausbreitungen von Temperaturanomalien nehmen zu

Grundwassernutzungen beeinflussen sich gegenseitig

Einzelbetrachtungen von Wärmequellen in Ballungsgebieten sind problematisch

Vorausgegangen waren detaillierte Untersuchungen der Geologie in Biberach entlang des Flusses Riss“ mittels konkreter Messungen und anschließender Modellbildung und Simulation. Dazu zählen Pumpversuche mit Erfassung der Pumprate und des Grundwasserspiegels, die Analyse der Grundwasserinhaltsstoffe, die Messung der Grundwassertemperatur sowie wasserrechtliche Genehmigungsauflagen. Entscheidend für die Stabilität einer geothermischen Wärmequelle ist die räumliche Verteilung des Grundwassers und das jeweilige Gewässer, das den Zu- und Abstrom von Grundwasser beeinflusst.“ Durch Modellrechnungen konnte Dr. Klein gemeinsam mit den Kollegen Dr. Hermann Schad, IMES GmbH, Wangen (http://www.imes-gmbh.net), sowie Prof. Rolf Schrodi und Stephan Klopp von der Henke und Partner GmbH, Stuttgart (http://www.henke.geo.de), die Ausbreitung von Wärme- und Kältefahnen im Grundwasser von Biberach in Abhängigkeit der Nutzungsdauer (3, 6, 10 Jahre) graphisch darstellen (Bild 4). Klein dazu: Die Temperaturschwankungen im Abstrom von geothermisch genutzten Grundwasserbrunnen sind signifikant. Langfristig hat das eklatante Auswirkungen auf die thermische Grundwassernutzung.“ Wichtig sei deshalb eine gesunde Mischung aus Heiz- und Kühlbetrieb unter Berücksichtigung der Phasenverschiebung zwischen Heiz- und Kühlsaison. Dadurch könnten die Temperaturfahnen im Untergrund erheblich verkürzt werden. Langfristig gesehen sei jedoch ein thermisches Grundwasser-Management notwendig, das auf der Zusammenführung von Informationen über bestehende Grundwassernutzungen, geologischen und hydrogeologischen Informationen sowie Grundwasserströmungs- und Wärmetransportmodellen aufbaut. Die einzig offene Frage sei, wer den nicht unerheblichen Aufwand für diese Dienstleistung trägt.

Modulieren statt Ein-/Aus-Betrieb

Die Effizienz einer Geothermie-Wärmepumpen-Anlage hängt nicht nur von der Dimensionierung und den thermischen und geologischen Rahmenbedingungen ab, sondern zu einem großen Teil vom Wärmepumpengerät selbst. Dass die Wärmepumpe noch ein weites Feld an Verbesserungen bietet, ist kein Geheimnis: Die Feldtests von Marek Miara von Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (http://www.wo-monitor.ise.fraunhofer.de) und Dr. Falk Auer von der lokalen Agenda 21-Gruppe aus Lahr (http://www.agenda-energie-lahr.de/leistungwaermepumpen.html) und nicht zuletzt die Untersuchungen des Schweizer Wärmepumpendoktors Peter Hubacher im Auftrag der Fachvereinigung Wärmepumpen (FWS) (http://www.fws.ch)deckten gravierende Mängel bei Geräten, Auslegung, Montage und Betrieb auf. Ty-pische Schwachstellen waren überdimensionierte Geräte mit Ein-/Aus-Regelung, zu große Pufferspeicher und Umwälzpumpen, falsch eingestellte Regler oder eine zu komplexe Hydraulik bzw. Regelungsstrategie.

Mit dem Einsatz des bereits im Jahr 2011 an der Hochschule Luzern vorgestellten invertergeregelten Copeland Scroll-Verdichters könnten viele dieser Probleme in Zukunft vermieden werden. Als erstes Unternehmen plant der spanische Hersteller Ecoforest (http://www.ecoforest.es) – eigenen Angaben zufolge – nach einer rund dreijährigen Entwicklungsarbeit sein Sole-Wärmepumpenprogramm durch vollmodulierende Geräte auf der Basis von Scroll-Verdichtern zu ergänzen. Für Franz Graf, Geschäftsführer der Betatherm GmbH & Co. KG, Wangen (http://www.betatherm.de), und Vertriebspartner von Ecoforest, ist die vollmodulierende Wärmepumpe eine wichtige Stufe zu einer höheren Effizienz. Die Entwicklung des Copeland Scroll-Verdichters mit Inverter-Regelung als Paketlösung ist das Ende der Ein-/Aus-Regelung und der bisher notwendigen Pufferspeicher. Gemeinsam mit dem elektronischen Einspritzventil und der Regelung – beide von Carel (http://www.carel.de) – können wir die Heizkurve sehr genau abfahren, ohne Hysterese und Totbänder“, konstatiert Graf. Auch das Stromangebot einer Photovoltaik-Anlage könne von der Wärmepumpen-Regelung quasi verlustfrei verarbeitet werden. Sogar eine Leistungsbegrenzung des Verdichters sei einstellbar. Das sei wichtig, um günstige Stromtarife nutzen zu können.

Weitere Besonderheiten der neuen Ecoforest-Wärmepumpe seien die Rückgewinnung der Inverterabwärme über passive Wärmeübertrager direkt in den Heizwasserkreislauf (Lüfter zur Inverterkühlung entfallen), ein asymmetrischer Plattenwärmeübertrager zur optimierten Verteilung des Kältemittels sowie die parallele Auskopplung von Wärme für die Trinkwassererwärmung (an der heißesten Stelle im Prozess) und für die Heizung. Auch die im Wärmepumpenprozess entstehende Kälte könne unmittelbar genutzt werden, so Graf. Allerdings gäbe es auch einige keinesfalls triviale Herausforderungen bei invertergeregelten Wärmepumpen.

So sei es zwingend notwendig, dass drehzahlgeregelte Kompressoren erst bei Leerlaufdrehzahl abschalten (da keine Kältemittelsammler eingebaut), was besondere Anforderungen an die Rundsteueranlagen der EVUs oder an eine Smart-Grid-Funktion stelle. Besser sei es, auf Sondertarife mit Abschaltzeiten ganz zu verzichten, da sich diese eher schädlich auf den Betrieb der Wärmepumpe auswirken. Auch die variablen Strömungsgeschwindigkeiten im Sole- und Heizkreis müssten bei der Konzeption der Wärmequelle stärker berücksichtigt werden. Kurze, parallel angeordnete Wärmequellen seien eher ungünstig, da sich einzelne Sonden oder Register aufgrund der geringen Fließgeschwindigkeit abmelden“.

Das hydraulische Konzept sei in einem solchen Fall anspruchsvoll. Eine Lösung sei, die abgemeldete Sonde durch zyklisches Hochfahren des Sondenkreislaufs auf 100 Prozent Volumenstrom wieder zu aktivieren. Auch sei im Heizkreis eine Mindest-umlaufmenge notwendig, sonst schaltet die Wärmepumpe wegen Hochdruckstörung ab und erst nach einer Wartezeit von 20 Minuten wieder ein. Grundsätzlich müssen sich der Planer und Installateur mehr Gedanken über die Anlagenhydraulik, das Einzelraumregelungskonzept und den elektrischen Anschluss machen. Graf dazu: Binden Sie Ihren Elektriker frühzeitig ein und klären Sie, ob ein 230-Volt-Anschluss ohne zeitliche Unterbrechung für die Funktion der Wärmepumpe nicht günstiger ist als ein Sondertarif mit Drehstromanschluss.

Geschludert wird schon bei der Planung

Als Akademie einer Hochschule kann es sich der Veranstalter des Geothermietags leisten, auch kontrovers geführte Themen offen zu diskutieren. Dazu zählt der Wärmepumpen-Feldtest der lokalen Agenda 21-Gruppe Energie aus Lahr (http://www.agenda-energie-lahr.de/), der bis dato bei den im Bundesverband Wärmepumpe (BWP) organisierten Herstellern unter massivem Beschuss steht. Dr. Falk Auer, Mitinitiator zweier Untersuchungsphasen an insgesamt 53 Heiz- und 13 Warmwasser-Wärmepumpen in den Jahren 2006 bis 2008 und 2009 bis 2013, sieht sich vom BWP zu Unrecht angegriffen: Unsere beiden Feldtests lieferten ähnliche Ergebnisse wie die des Fraunhofer-Instituts für solare Energiesysteme (http://www.wp-monitor.ise.fraunhofer.de), nur waran unseren Untersuchungen die Industrie nicht beteiligt.“ Auer kritisierte in diesem Zusammenhang die schwachen Effizienzziele, die den Wärmepumpen von offiziellen Stellen vorgegeben werden, aber dennoch in der Praxis häufig nicht erreicht werden. Eine Jahresarbeitszahl (JAZ) von >3 gelte dort bereits als energieeffizient“, eine JAZ von >3,5 als nennenswert energieeffizient“.

Im ersten Feldtest lag die JAZ-Band-breite der gemessenen Luft/Wasser-Heiz-wärmepumpen nur zwischen 1,6 und 3; in der zweiten Runde hätten drei von zehn Luft/Wasser-Wärmepumpen eine JAZ von über 3,2 erreicht, so Auer. Großwärmepumpen (60 bis 80 kW Heizleistung) schnitten in der zweiten Feldtestphase mit einer JAZ von bis zu 4,4 deutlich besser ab als in Phase 1. Als außergewöhnlich effizient hätten sich in der zweiten Untersuchungsphase eine Erdkollektor-Wärmepumpen-Anlage und eine CO2-Erdsonden-Wärmepumpen-Anlage erwiesen. Spitzenreiter mit einer JAZ von über 5 war eine solarthermisch unterstützte Wärmepumpe mit Hybrid- und Erdkollektor. Besonders hervorgehoben hat Auer das Anlagekonzept mit direktverdampfender CO2-Erdsonde, da diese sehr effizient arbeite und keinen Pumpenstrom benötige. Vorteil sei außerdem, dass CO2-Sonden in Baden-Württemberg auch in Wasserschutzgebieten Zone III eingebracht werden dürften.

Die Gründe für das schlechte Abschneiden von Wärmepumpen sieht Auer in der Planung (da wird geschludert“), in den teilweise recht großen Förderpumpen bei Grundwasser-Wärmepumpen und Erdwärmesonden (300 Watt sind zu viel; kleine Bohrlochdurchmesser verursachen mehr Pumpenenergie“) und in zu komplexen Anlagen mit mehreren Wärmequellen (Halten Sie sich an die Empfehlungen des Schweizer Wärmepumpendoktors Peter Hubacher: Je einfacher die Anlage, desto besser die JAZ“). Schuld an dem Dilemma seien aber auch die Vertriebsingenieure der Wärmepumpen-Hersteller, denen – so Auer – oftmals die physikalischen Grundkenntnisse fehlten. Namentlich kritisierte Auer den Trend zu Luft/Wasser-Wärmepumpen, da diese gerade dann, wenn sie die höchste Heizleistung erbringen müssen, mit dem physikalisch vorgegebenen schlechtesten COP arbeiten. Wenig Freude an ihrer Sole/Wasser-Wärmepumpe hätten auch die Betreiber von Anlagen mit Erdkörben als Wärmequelle. In vielen Fällen kann sich das Erdreich innerhalb der Körbe nicht regenerieren. Das Eis baut sich über die Jahre immer weiter auf! Finger davon!“, rät Auer.

Auch Wärmepumpen mit Eisspeichern müssten kritisch gesehen werden. Bestenfalls könne man mit einer JAZ zwischen 3 und 3,5 rechnen. Generell empfiehlt Auer, mehr auf Details wie Rohrdämmungen (nicht ausreichend), Heizkurven (meist zu hoch), Nachtabsenkungen (zu tief) und Hydraulik (nicht abgeglichen) zu achten. Es gebe aber auch Wärmepumpen-Anlagen, bei denen die Notheizstäbe die Hauptwärmearbeit übernommen hätten. Stellen Sie diese grundsätzlich AUS“, empfiehlt Auer. Der etwas provokante Vortrag von Dr. Auer erhielt bei der Bewertung der Veranstaltung von den Teilnehmern übrigens die Bestnote.

Hybridisierung der Wärmequellen

Die oberflächennahe Geothermie hat durch die Problemfälle in Baden-Württemberg nach dem Hype der Jahre 2005 bis 2006 einen offenbar heilsamen Dämpfer erhalten. Die Risiken werden heute etwas genauer analysiert, die Kosten für Investitionen und Betrieb mit Risikozuschlägen versehen. Gewinner ist die Luft/Wasser-Wärmepumpe, trotz schlechterer Jahresperformance gegenüber geothermischen Wärmepumpenanlagen.

Neue Wärmequellenvarianten, Auslegungsprogramme und Simulationswerkzeuge könnten den Negativtrend für die oberflächennahe Geothermie demnächst umkehren, so Prof. Dr.-Ing. Roland Koenigsdorff vom Institut für Gebäude- und Energiesysteme der Hochschule Biberach und Initiator des Geothermietags. Seiner Ansicht nach gibt es inzwischen jenseits der Bastler-Lösungen genügend professionelle Alternativen zur Standard-Erdwärmesonde. Die Hybridisierung der Wärmequelle nimmt zu“, so Koenigsdorff. Allerdings fehle es oft noch an Auslegungsprogrammen für die neuen hybriden Systeme. Jetzt sei es wichtig, die im wissenschaftlichen Bereich bereits vorhandenen Programme für die Planungspraxis weiterzuentwickeln. Als Alternative zur Standard-Erdwärmesonde sieht Koenigsdorff die Speichersonde (damit lassen sich Lastspitzen am besten dämpfen“) sowie mehrere kurze und mitteltiefe Sonden, auch schräg ins Erdreich eingebracht. Auch Erdkollektoren und Erdkörbe sieht Koenigsdorff als eine Option, jedoch müssten deren Entzugsleistung und Anordnung genauer auf die Zusammensetzung des umgebenden Erdreichs abgestimmt werden. Von Vorteil sei eine Kombination aus mehreren Wärmequellen und -speichern, um günstige Rahmenbedingungen für eine hohe Jahresarbeitszahl zu schaffen. Typische Probleme heutiger Erdkorb- und Erdkollektoren-Anlagen sei deren Unterdimensionierung mit dem Effekt, dass sich rings um die Rohrschlangen ein Eisklotz bildet, der sich im Extremfall bis zur nächsten Heizsaison nicht regeneriert. Besondere Sorgfalt bei der Auslegung oberflächennaher geothermischer Quellensysteme sei in Kombination mit Gas-Wärmepumpen geboten, da deren Funktionsfähigkeit durch den Frostbetrieb gefährdet sei. Vor diesem Hintergrund werden derzeit an der Hochschule Biberach verfügbare Auslegungs- und Simulationsprogramme auf ihre Praxistauglichkeit getestet und angepasst. Dazu zählen unter anderem die Programme Earth Energy Designer (EED) (http://www.buildingphysics.com), Programm EWS der Huber Energietechnik AG, Zürich (http://www.hetag.ch), FEFLOW der Firma DHI-WASY GmbH, Berlin-Adlershof (https://worldwide.dhigroup.com/de/ http://www.feflow.com), SHEMAT (http://www.springer.com) und RWTH Aachen University (http://www.gge.eonerc.rwth-aachen.de), GEO-HANDlight (über Koenigsdorff@hochschule-bc.de), TRNSYS SBM (http://www.transsolar.com), GeoT SOL Basic (https://valentin-software.com/) und POLYSUN (https://www.velasolaris.com/). Koenigsdorffs Resümee: Bei der oberflächennahen Geothermie gibt es keinen Königsweg. Die Situation ist heute unübersichtlicher als vor zehn Jahren, als man sich fast ausschließlich auf Erdwärmesonden konzentrierte.“

Fazit

Die Komplexität der Zusammenhänge bei der oberflächennahen Geothermie wird bisher von den Marktakteuren offenbar unterschätzt. Aktuelle Warnungen vor einer Übernutzung“ des geothermischen Untergrunds und die Forderung nach einem thermischen Management deuten darauf hin, dass das geothermische Potenzial langfristig gesehen begrenzter ist, als von den Lobbygruppen kommuniziert. Ob die oberflächennahe Geothermie weiterhin einen Platz unter den zukunftsträchtigen Energien einnehmen wird, entscheidet der zunehmend verunsicherte Bauherr. Der etwas forsche Slogan der Landesregierung Baden-Württemberg Geothermie – jetzt erst recht!“, scheint hier nicht so recht die Stimmung an der Basis widerzuspiegeln. Geothermie – vorwärts mit Bedacht!“ entspricht eher dem aktuellen Stimmungsbild.

Wolfgang Schmid,

freier Fachjournalist für Technische Gebäudeausrüstung, München

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