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Fortschritte beim Wärmepumpeneinsatz in der Industrie

Enorme Chancen nicht nur bei der Prozesswärme

    Im Haushaltsbereich konnte sich die Wärmepumpe inzwischen fest etablieren. Die Absatzzahlen von Heizungswärmepumpen bewegen sich seit 2008 auf einem annähernd konstanten Niveau bei ca. 60000 verkauften Anlagen pro Jahr. Der Marktanteil bezogen auf alle verkauften Wärmeerzeuger liegt nach dem starken Boom in den Jahren 2006 und 2007 heute bei etwa 9 Prozent [BDH 2012]. Damit ist Deutschland nach Frankreich, Italien und Schweden der viertwichtigste Wärmepumpenmarkt in Europa [Nowak 2013].

    Anforderungen im Haushalts- und Industriebereich

    In den vergangenen Jahren ist im Haushaltsbereich ein Trend zur Luft/Wasser-Wärmepumpe zu verzeichnen. Betrug ihr Anteil am gesamten Wärmepumpenabsatz im Jahr 2008 noch 55 Prozent, so sind es 2012 schon 63 Prozent [BWP 2013]. Diese Entwicklung ist bedingt durch eine starke Marktdurchdringung im Gebäudeneubau, wo niedrige Vorlauftemperaturen und geringe Leistungen benötigt werden.

    In der Industrie hingegen werden große Leistungen und hohe Vorlauftemperaturen nachgefragt. Auch die Anforderungen an die Zuverlässigkeit und vor allem die Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpenanalgen ist höher als im Gebäudebereich. Trotz dieser Herausforderungen beginnt die Wärmepumpe in der Industrie Fuß zu fassen, wenn auch der Anteil großer Wärmepumpen mit mehr als 20 kW Heizleistung gemessen am gesamten Wärmepumpenabsatz mit 7 Prozent in Deutschland noch immer gering ist (Italien 28 Prozent, Schweden 70 Prozent) [Nowak 2013].

    Entwicklungen bei Industriewärmepumpen

    Mit einem Endenergiebedarf von 2624 PJ zeichnet die Industrie verantwortlich für 30 Prozent des gesamten deutschen Endenergiebedarfs [BMWi 2013]. Zwei Drittel der verbrauchten Endenergie werden in der Industrie für die Erzeugung von Prozesswärme benötigt. Die Wärmepumpen- und Komponentenhersteller beginnen, dieses große noch schlummernde Potenzial zu entdecken und bringen speziell auf die Bedürfnisse der In­dustrie zugeschnittene Produkte auf den Markt. Ausgewählte Beispiele verdeutlichen dies.

    Mit Heizleistungen von bis zu 2 MW stellt die Combitherm GmbH schon seit einigen Jahren maßgeschneiderte Produkte für Kunden aus der Industrie bereit. Um das Angebot in Richtung höherer Vorlauftemperaturen zu erweitern, hat Combitherm in Kooperation mit Dürr Ecoclean und dem Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart eine Hochtemperaturwärmepumpe entwickelt. Als Kältemittel wird R 245 fa verwendet, das sich durch seine hohe kritische Temperatur und eine vergleichsweise niedrige Drucklage auszeichnet. Die entwickelte Wärmepumpe hat eine Heizleistung von 45 kW. Sie nutzt die Abwärme einer Teile­reinigungsanlage (TVerdampfer = 65 °C) um die integrierte Badaufbereitung zu beheizen (TKondensator = 110 °C).

    Im Forschungsprojekt Alter ECO hat EDF in Zusammenarbeit mit Industriepartnern den Prototyp einer Hochtemperaturwärmepumpe mit dem Kältemittel ECO3 entwickelt. In Prüfstandtests konnte eine Kondensationstemperatur von 140 °C erreicht werden. Mit der marktverfügbaren Technik lassen sich derzeit bis zu 125 °C erreichen, da derzeit noch effiziente Verdichter und Expansionsventile für derart hohe Temperaturen fehlen [Bobelin 2012].

    Emerson Climate und Star Refrigeration bieten unter dem Markennamen Neatpump Großwärmepumpen mit dem natürlichen Kältemittel Ammoniak an. Die Anlagen liefern heißes Wasser mit bis zu 90 °C bei Heizleistungen von 350 bis 8000 kW. Auch GEA Refrigeration setzt bei Großwärmepumpen auf Ammoniak als Kältemittel. Mit der neuesten Verdichtergeneration können Drücke bis zu 63 bar und damit Vorlauftemperaturen bis zu 90 °C erreicht werden [Dietrich 2012].

    Friotherm hat sich auf Wärmepumpen mit sehr großer Leistung bis zu 20 MW spezialisiert. Die Turboverdichter der Uniturbo Serie sind auf Betriebstemperaturen von 40 bis 90 °C ausgelegt.

    Ochsner bietet neben einer einstufigen Wärmepumpe, die Abwärme bei 40 bis 50 °C nutzen kann, um Warmwasser mit bis zu 95 °C zu erzeugen, auch eine zweistufige Version an. Diese kann sowohl Kälte bei 10 °C als auch Wärme bis zu 95 °C bereit­stellen. Die Heizleistung reicht von 190 kW bis zu 750 kW.

    Kobe Steel gelingt es mit der Kombination aus einer Kompressionswärmepumpe mit dem Kältemittel R 245 fa und einem nachgeschalteten Brüdenverdichter, Dampf mit 120 bis 175 °C zu erzeugen. Das Modell SGH 120 erreicht bei einer Wärmequellentemperatur von 65 °C und einer Dampftemperatur von 120 °C einen COP von 3,5 [Kuromaki 2012].

    Der Verdichterhersteller HKT Huber-Kälte-Technik hat eine Hochtemperaturwärmepumpe vorgestellt, die mit dem natürlichen Kältemittel Isobutan arbeitet. Die Pilotablage mit einer Heizleistung von 54 kW wird in einer Brauerei zur Prozesswärmeerzeugung eingesetzt. Bei einer Verdampfertemperatur von 67 °C und einer Kondensatortemperatur von 125 °C erreicht sie einen COP von 3,6 [Huber 2013].

    Thermea setzt auf das Kältemittel CO2.Durch den überkritischen Prozess und den hohen Temperaturglide eignen sich diese Wärmepumpen vorwiegend für die Wasser­erwärmung. Die angebotenen Wärmepumpen können arbeiten mit Wärmequellentemperaturen von 8 bis 40 °C und erreichen eine Wärmesenkentemperatur von bis zu 90 °C bei einer Heizleistung von bis zu 1 000 kW.

    Das österreichische Start-up-Unternehmen ECOP hat eine Zentrifugalwärmepumpe entwickelt, die nach dem Prinzip eines linkslaufenden Joule-Kreisprozesses funktioniert. Dieser neue Ansatz führt zu einer erheblich besseren Exergieausnutzung. Zudem können hohe Temperaturen bis zu 150 °C erreicht werden. Die derzeit laufenden Pilotanlagen haben eine Leistung von 100 kW.

    Das Chemieunternehmen DuPont entwickelt mit R 1336 mzz-Z (Arbeitstitel DR 2) ein neues Hochtemperaturkältemittel mit einer hohen kritischen Temperatur von 171 °C, einem niedrigen GWP von 9 und guten Sicherheitseigenschaften. In Labortests wurde gezeigt, dass Materialverträglichkeit und Temperaturbeständigkeit ähnlich gut wie bei R 245 fa sind. Die Markteinführung wird voraussichtlich 2016 / 2017 erfolgen [Kontomaris 2013].

    Ausgehend von einer breit angelegten Analyse hat Siemens einen bereits verfüg­baren Stoff gefunden, der sich als Kälte­mittel für Hochtemperaturwärmepumpen eignet. Das auf den Arbeitsnamen LG6 getaufte Kältemittel erreichte bei La­bortests (insbesondere bei Kondensa­tionstemperaturen von 110 bis 150 °C) bessere COPs als R 245 fa. Für niedrigere Kondensationstemperaturen ist es aufgrund seiner vergleichsweise geringen volumetrischen Heizleistung allerdings weniger gut geeignet [Reissner 2013].

    Neben diesen Innovationen im Bereich der Industriewärmepumpen gibt es noch eine Vielzahl weiterer Hersteller und Anlagenbauer, die spezialisierte Produkte für die Industrie anbieten. Unternehmen wie beispielsweise Klima Jentzsch oder Simaka haben bereits seit vielen Jahren Erfahrungen mit dem Einsatz von Wärmepumpen im industriellen Umfeld gesammelt.

    Anwendungsbeispiele in der Industrie

    Die Einsatzbedingungen für Wärmepumpen in der Industrie sind weit heterogener als in der Wärmeversorgung von Gebäuden. Da die Wärme oftmals bei hohen Temperaturen benötigt wird, müssen geeignete Wärmequellen gefunden werden. Hier bieten sich oftmals Kühlkreisläufe oder die Abwärme von Kältemaschinen an. Weitere nutzbare Wärmequellen sind in Drucklufterzeugung, Abgasen von Feuerungsanlagen oder feuchtebeladenen Abluftströmen zu finden.

    Im Rahmen des vom Projektträger Jülich (PTJ) und der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) geförderten Forschungsprojekts Analyse des Potenzials von Industriewärmepumpen in Deutschland wurden 16 Wärmepumpenanlagen dokumentiert, die in unterschiedlichen Branchen der deutschen Industrie installiert sind. Hochtemperaturwärmepumpen sind unter den dokumentierten Anlagen noch nicht zu finden, da diese erst seit ein bis zwei Jahren auf dem Markt verfügbar sind.

    Die meisten Anlagen nutzen Kühlkreisläufe mit einer Temperatur zwischen 20 und 40 °C als Wärmequelle. Die Arbeitstemperaturen der dokumentieren Anlagen sind in Bild 1 dargestellt. Die Anlage in der Branche Automobil gewinnt Abwärme aus dem Kühlkreislauf einer kathodischen Tauch­lackieranlage zurück und erzeugt Warmwasser für die Produktion. Die Wärmepumpe in der Chemie nutzt die Abwärme aus der Produktion von Pulverlacken, um Raumwärme für Produktions-, Lager- und Verwaltungsgebäude zu erzeugen. Im Fall der Anlage Nahrungsmittel B ist die Wärmepumpe in den Darrprozess einer Mälzerei integriert. Sie kühlt einen feuchtebeladenen Abluftstrom aus und beheizt die Zuluft der Darre.

    Die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpenanlage hängt im starken Maß von den Einsatzbedingungen ab. Insbesondere die Entfernung und die Temperaturdifferenz zwischen Wärmequelle und Wärmesenke haben einen großen Einfluss auf die Kosten. Aufgrund hoher Investitionskosten erreichen Wärmepumpenanlagen zumeist Amortisationszeiten im Bereich von vier bis sechs Jahren. Viele Industriebetriebe fordern jedoch Amortisationszeiten von weniger als fünf, zum Teil sogar von weniger als zwei Jahren.

    Bei der alleinigen Betrachtung der Amortisationszeit wird der positive Einfluss von langer Anlagennutzungsdauer und geringen Betriebskosten nicht ausreichend abgebildet. Zur Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sollte daher die interne Verzinsung nach VDI-Richtlinie 2067 betrachtet werden. Bild 5 zeigt neben den Amortisationszeiten auch die interne Verzinsung der Investition in die Wärmepumpenanlage. Bei einer angenommenen Anlagennutzungsdauer von 15 Jahren liegt diese selbst bei einer Amortisationszeit von acht Jahren noch bei 9 Prozent.

    Fazit

    Die Wärmepumpenhersteller haben in den vergangenen Jahren das große und bisher kaum erschlossene Marktpotenzial der Wärmepumpe in der Industrie erkannt und Anlagen mit großer Heizleistung und hohen erreichbaren Vorlauftemperaturen entwickelt. Nun gilt es, die Industrie von den Vorteilen dieser Technik zu überzeugen und damit einen weiteren Markt für die Wärmepumpentechnik zu erschließen. -

    https://www.ier.uni-stuttgart.de/

    Literaturverzeichnis:

    Bobelin, D.; Bourig, A.; Peureux, J.-L.: Experimental Results of a Newly Developed Very High Temperature Industrial Heat Pump (140 °C) Equipped With Scroll Compressors and Working With a New Blend Refrigerant. In: Proceedings of the International Refrigeration and Air Conditioning Conference. 2012

    Bundesindustrieverband Deutschland Haus, Energie- und Umwelttechnik e. V. (BDH). Marktentwicklung Wärmeerzeuger 20022012. 2012

    Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi): Zahlen und Fakten: Energie­daten. URL: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/energiewende.html Über­prüfungsdatum: 1.11.2013

    Absatzzahlen 2012: 70 000 neue Wärmepumpen in Deutschland installiert. Pressemitteilung vom 18.02.2013 Überprüfungsdatum: 30.10.2013

    Dietrich, W.; Fredrich, O.: GEA Grasso heat pumps using ammonia the megawatt range (ACHEMA Kongress 2012). Frankfurt am Main, 13.06.2012

    Huber, K.: Prozesswärmepumpen Medientemperaturen bis 110 °C (4. VDI-Fachkonferenz: Wärmepumpen 2013 Umweltwärme effizient nutzen). Raunheim, 12.06.2013

    Kontomaris, K.: Low GWP working fluid for high temperature heat pumps: DR2: Chemical stability at high temperatures (European Heat Pump Summit 2013). Nürnberg, 15.10.2013

    Kuromaki, Y.: Industrial Heat Pump Reduce Cost and Save Energy in Actual Case Studies (Chillventa Konferenz 2012). Nürnberg, 15.10.2012

    Nowak, T.: Heat pump market and statistics report 2013 (European Heat Pump Summit 2013). Nürnberg, 18.10.2013

    Reissner, F.; Gromoll, B.; Schäfer, J.; Danoc, V.; Karl, J.: Experimental performance evaluation of new safe and environmentally friendly working fluids for high temperature heat pumps (European Heat Pump Summit 2013). Nürnberg, 15.10.2013

    M.Sc. Stefan Wolf

    Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER)Universität Stuttgart

    Dr. Ulrich Fahl

    Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER)Universität Stuttgart

    Stefan Wolf und Ulrich Fahl, Stuttgart

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