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Ausblick: In welche Zukunft blickt die Wärmepumpentechnik?

Zwischen großen Chancen und Herausforderungen

Zwar sind die Aussichten für die Branche vielversprechend, dennoch zeichnen sich eine Reihe von alten und neuen Herausforderungen ab, meint Dr. Rainer Jakobs (DMJ Beratung, Chillventa-Messebeirat). Er gibt einen Ausblick in die Branche bis zur nächsten Chillventa im Oktober 2024.

Ambitionierte Pläne für den Wärmepumpenausbau

Am Ziel der Bundesregierung, bis 2030 etwa 6 Mio. Wärmepumpen zu installieren, wird deutlich, dass das Thema Wärmepumpen in der Politik als wichtiger Baustein für die Energiewende anerkannt wird. „Die Wärmepumpenbranche wird einen zentralen Beitrag leisten, um nun endlich die großen Aufgaben im Gebäudesektor anzugehen. Sie ist bereits in Vorleistung gegangen und investiert Milliardenbeträge in den Ausbau der Produktionskapazitäten“, so Dr. Martin Sabel Geschäftsführer des Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e. V.

Bereits in den vergangenen Jahren konnte die Branche massive Steigerungen beim Wärmepumpenausbau bewerkstelligen. Laut BWP wurden im Jahr 2022 236 000 Wärmepumpen in der Bundesrepublik eingebaut – was einem Anstieg von 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Der Großteil davon wurde im Rahmen von Renovierungsarbeiten eingesetzt, wo oft mit größeren Heizkörpern und höheren Vorlauftemperaturen gearbeitet werden muss.

Aktuell werden die Produktionskapazitäten in der Branche aufgestockt. Grundlage hierfür ist die im Koalitionsvertrag angekündigte 65 Prozent-Regelung in Bezug auf erneuerbare Energien beim Heizungsaustausch. „Die Absatzzahlen für Januar und Februar 2023 (jeweils 29 000 Wärmepumpen) rücken die Wegmarke von 350.000 Wärmepumpen für dieses Jahr in Reichweite“, resümiert Dr. Martin Sabel. Insbesondere in Ein- und Zweifamilienhäusern sowie in Quartieren sind positive Entwicklungen für die Wärmepumpenbranche zu erwarten – ebenso in der Anwendung im Gewerbe und in der Industrie, z. B. durch die Umstellung von Öl und Gas auf Industriewärmepumpen oder bei der Abwärmenutzung von Rechenzentren.

Allein bis 2024 plant die Bundesregierung den Einbau von 500 000 Wärmepumpen. Der hohe Preis für Elektrizität sowie das Verhältnis von Elektrizitäts- zu Gaspreis stellen allerdings weiterhin eine Herausforderung dar. In Deutschland ist Strom pro Kilowattstunde derzeit etwa 3,3-mal so teuer wie Gas – in Schweden und den Niederlanden liegt der Faktor bei ca. 1,2 bis 1,5.

Chancen von hybriden Anlagen

Die klimabedingte Erderwärmung lässt die Anzahl heißer Tage (> 30 °C) pro Jahr steigen, wodurch der Bedarf an Klimaanlagen sowohl am Arbeitsplatz als auch im privaten Bereich weiterhin zunimmt. Eine Kombination aus verschiedenen Systemen kann hierbei sinnvoll sein: beispielweise Klimaanlagen in Verbindung mit einer Wärmpumpe (Luft / Luft) oder Photovoltaik kombiniert mit Klimaanlagen. Letzteres ist wirtschaftlich und ökologisch effizient – denn bei hohen Temperaturen kann durch Sonneneinstrahlung viel Energie produziert werden, die direkt für die Klimatisierung nutzbar ist. Auch die Kältebranche hat einen kontinuierlich steigenden Bedarf zu bedienen, wobei vor allem hybride Anlagen, die gleichzeitig Kälte und Wärme liefern können, von wachsender Bedeutung sind. Kälte- und Wärmebedarf gleichzeitig bedienen zu können ist dabei die Königsdisziplin und macht die Abwärmenutzung damit zu einer der bedeutendsten Aufgaben für die Kältetechnik.

Herausforderungen für die Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche

Das bisherige Prinzip der Just-in-Time-Lieferungen wird durch anhaltende internationale Herausforderungen, wie Handels-, System- und Wettbewerbsstreitigkeiten oder verzögerten Lieferketten, weiterhin nicht selten an seine Grenzen gebracht. So werden Lagerhaltungen beim Produzenten wieder erforderlich und die Diversifizierung der Zulieferer rückt erneut in den Fokus. Bei der Suche nach geeigneten Alternativen können das Prinzip der Kreislaufwirtschaft sowie die automatisierte Produktion im eigenen Land Lösungen darstellen, was vom sogenannten Lieferkettengesetz befördert werden könnte.

Uneinigkeit durch neue F-Gase-Verordnung

Kältemittel sind durch die Novellierung der F-Gase-Verordnung und die Diskussion um PFAS eine weiter anhaltende Herausforderung, die alle Branchen betrifft. Verschiedene Kommentare zur Abstimmung im EU-Parlament am 30. März 2023 zeigen, wie unterschiedlich die Verordnung bewertet wird.

Fachkräftemangel spürbar

Der Mangel an Fachkräften stellt in allen Bereichen eine große Herausforderung dar. In den Branchen der Kälte- und Klimatechnik kommt erschwerend hinzu, dass sie in der Öffentlichkeit bisher wenig Wahrnehmung findet. Die Branche ist zwar klein, aber sehr attraktiv, jedoch vergleichsweise unbekannt. Spätestens jetzt wird spürbar, dass bisher zu wenig für Imageaufbau und Bekanntheit der Branche investiert wurde.

Ein in der Öffentlichkeit bisher wenig bekanntes Gebiet der Kältetechnik ist die Tieftemperaturtechnik. Die bisher in einem vorher selten erlebten Tempo erstellten LNG-Terminals (LNG = liquid natural gas = - 162 °C) haben die Tieftemperaturtechnik jedoch in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Die Vorstellung, dass diese Terminals später auch für Flüssig-Wasserstoff mit - 253 °C eingesetzt werden können, ist zur Klärung im Bereich der Tieftemperaturtechnik richtig angesiedelt.

Förderungen und Weiterbildungen

Am 1. April 2023 startete das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz das Aufbauprogramm Wärmepumpe. Damit werden Schulungen sowohl zur Auslegung und zum Einbau von Wärmepumpen im Gebäudebestand als auch ein Coaching vor Ort gefördert („training-on-the-job“). Jährlich sollen mindestens 17 500 Handwerkerinnen und Handwerker sowie etwa 3000 Planende und Energieberatende zu Wärmepumpen im Bestand qualifiziert werden.

Der Trend zu brennbaren Kältemitteln erfordert eine Ausbildung sowie anknüpfende Weiterbildung und Schulungen. Denn eine Kältefachkraft muss heute auch Energieberater sein und Anwender dabei unterstützen, alle Vorschriften umzusetzen und einzuhalten – denn diese sind Anwendern meist nicht bekannt.

Fazit und Empfehlungen

Das Heizen mit Öl und Gas tritt in den Hintergrund. Wärmepumpen sind als Lösung akzeptiert und werden durch Zielvorgaben und Forderungen gefördert. Hybride Anlagen sind unter dem Aspekt „Gesamtenergieeffizienz“ von steigender Bedeutung. Die Kreislaufwirtschaft wird ein zentraler Baustein sein, um aktuelle wirtschaftliche Herausforderungen zu meistern. Der Fachkräftemangel wird die Kapazitäten der Branchen in allen Bereichen beeinflussen. Die Frage, wohin der Weg mit den Kältemitteln zukünftig geht, muss jedoch noch geklärt werden.

Es existiert ein stark steigendes und großes Potential für die Abwärmenutzung. Die Technologien Kältetechnik, Wärmepumpen, Speicher und Energienetze sind vorhanden und werden kontinuierlich weiter ausgebaut. Neue Geschäftsmodelle entstehen rund um die Abwärmenutzung, wie z. B. Wärmehandel, Wärme- und Kältenetzwerke und Energieverbünde. Ungenutzte Abwärme sollte zukünftig vermieden werden. Planer und Anlagenbauer sollten immer alle Möglichkeiten prüfen und den Betreiber intensiv beraten – dabei ist Kreativität gefordert.

Dr. Rainer Jakobs,
DMJ Consulting, Breuberg, Mitglied des Messebeirats der Chillventa.

Bild: NürnbergMesse / Jakobs

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