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Wichtige Argumentation in Sachen Zertifizierung

Sinn der halogenfreien Kältemittel

Die heute üblicherweise verwendeten HFKW-Kältemittel (z. B. R 134a, R 407C oder R 410A) sind alle teilhalogeniert, das heißt, es handelt sich um Kohlenwasserstoffe, bei denen einzelne Wasserstoffatome durch Fluor-Atome ersetzt wurden. Chlor enthalten diese Kältemittel nicht; somit wird die Ozonschicht von ihnen nicht gefährdet (ODP = 0). Die Fluor-Atome verhindern die Brennbarkeit der Kältemittel. Das wird erreicht, indem die Moleküle durch die Fluor-Atome chemisch stabil gemacht werden, also weniger schnell reagieren. Eine Nebenwirkung der chemischen Stabilität ist, dass sich die Moleküle in der Atmosphäre nur sehr langsam zersetzen. Da sie außerdem Lichtwellen im infraroten Bereich sehr gut absorbieren, tragen sie, wenn sie in die Atmosphäre gelangen, in recht erheblichem Maß zum Treibhauseffekt bei (GWP = Global Warming Potential etwa 1 000- bis 2 000-mal so hoch wie bei CO2).

Die künftig in Autoklimaanlagen zum Einsatz kommenden Ultra-Low-GWP-Kältemittel“ vom Typ HFO (Hydrofluorolefine) würden bei der DGNB HCH-Gold-Zertifizierung nicht helfen, da sie, wie der Name schon sagt, Fluor enthalten und somit teilhalogeniert sind. R 1234yf als derzeit bekanntester Vertreter dieser Kältemittel hat zwar nur“ einen GWP-Wert von 4, wäre aber für Heizungswärmepumpen nur mäßig geeignet (niedrige volumetrische Kälteleistung, mäßige Leistungszahlen).

Die DGNB HCH-Gold-Zertifizierung verlangt den Einsatz natürlicher Kältemittel. Die in Frage kommenden Stoffe sind

Wasser (H2O),

Ammoniak (NH3) bzw. R 717 gemäß ASHRAE-Nomenklatur,

Kohlendioxid (CO2) bzw. R 744 gemäß ASHRAE-Nomenklatur und

Kohlenwasserstoffe, z. B. Propan (C3H8), bzw. R 290 gemäß ASHRAE-Nomenklatur.

Wasser ist keine praktikable Lösung, da Verdampfungstemperaturen unter 0 °C nicht möglich sind (Tripelpunkt des Wassers, das heißt, das Wasser wird unabhängig vom Druck fest – nämlich zu Eis). Selbst bei guter Auslegung der Erdsonden auf eine minimale Quellentemperatur von +5 °C liegt die niedrigste Verdampfungstemperatur aber bei 2 °C.

Ammoniak ist im nicht überwachten Betrieb außerhalb von Maschinenräumen, die durch qualifiziertes Fachpersonal betreut werden, äußerst problematisch. Im Falle von Kältemittel-Leckagen, die gegen Ende der Lebensdauer ein Standard-Ausfallmechanismus sind, ist das Sicherheitsrisiko durch die Giftigkeit von Ammoniak sehr hoch. Zudem kann durch den beißenden Gestank sehr leicht Panik ausgelöst werden, sodass Ammoniak in stark durch Publikumsverkehr frequentierten Gebäuden keine gute Lösung ist.

Kohlendioxid als Kältemittel funktioniert, wie die WPL 5 N von Stiebel Eltron zeigt. Nachteil: Die Leistungszahlen von CO2-Wärmepumpen sind wegen der überkritischen Wärmeabgabe im Heizungsbetrieb, insbesondere in Verbindung mit Niedertemperaturheizungen wie Fußbodenheizung oder Betonkernaktivierung, deutlich niedriger als die Leistungszahlen von HFKW-Wärmepumpen. So würde eine CO2-Sole/Wasser-Wärmepumpe bei B0/W35 nur eine Leistungszahl von etwa 3,5 erreichen, während eine WPF 66 eine Leistungszahl von 4,56 hat. Geht man mit diesen Daten in eine TEWI-Berechnung (Total Equivalent Warming Impact), wie diese beispielsweise für die Erlangung des Blauen Engel nach RAL UZ-121 erforderlich ist, so stellt man fest, dass die CO2-Wärmepumpe einen um etwa 22 Prozent höheren Beitrag zum Treibhauseffekt verursacht als die HFKW-Wärmepumpe mit dem Kältemittel R 410A (gemäß TEWI-Wert-Berechnung“). Aus diesem Grund gibt es im Produktprogramm von Stiebel Eltron keine CO2-Sole/Wasser-Wärmepumpe.

Kohlenwasserstoffe wie Propan sind grundsätzlich gute Kältemittel. Derzeit sprechen allerdings die Sicherheitsanforderungen gegen die Verwendung von beispielsweise Propan in Heizungswärmepumpen: Propan ist leicht entzündlich und explosiv. Die daraus resultierenden Sicherheitsanforderungen sind z. B. durch die DIN EN 60335-2-40 vorgegeben. Eine Wärmepumpe wie die WPF 66 von Stiebel Eltron mit 67 kW Heizleistung bei B0/W35 würde eine Propan-Kältemittelfüllmenge von rund7 kg benötigen.

Damit ist laut DIN EN 60335-2-40 An-hang GG die Kältemittelfüllmenge M  >m3,sodass für die Sicherheitsanwendung nationale Normen und damit in Deutschland die EN 378 gilt. Die wiederum lässt mechanisch belüftete Gehäuse in einem normalen“ Aufstellraum nur bis zu einer Kältemittelfüllmenge von 130 x LFL zu. 7 kg Füllmenge entsprechen aber 184 x LFL (LFL = Lower Flamability Limit, bei Propan 0,038 kg/m3). Da Propan ein Kältemittel der Sicherheitsgruppe A3 (leicht entflammbar) ist, muss die Aufstellung der Wärmepumpe nach Tabelle C.1 somit in einem überwachten Aufstellungsbereich – Klasse B oder in einem Aufstellungsbereich, zu dem nur befugte Personen Zutritt haben – Klasse C, erfolgen (die Aufstellung der Wärmepumpe in Untergeschossen = Kellern ist nicht zulässig). Solche Räume müssen unter anderem die folgenden Anforderungen erfüllen (siehe EN 378-3):

Explosionssicher

Vorhandensein von Kältemitteldetektoren (Sensoren)

Auslösen eines Alarms bei Erreichen von 25 Prozent des LFL, Abschalten der Anlage, Ingangsetzen der Notlüftung

Mechanische Notlüftung mit ex-geschütztem Ventilator

Zwei getrennte Notsteuerungen der Notlüftung, wobei sich eine außerhalb des Maschinenraums befinden muss

Die aufgeführten Anforderungen verbieten eine Aufstellung (leistungsstarker) Propan-Wärmepumpen im Keller und verursachen unverhältnismäßig hohe Kosten bei der Aufstellung der Wärmepumpe in einem Obergeschoss, wobei die Kältemittel-Sensoren auch der jährlichen Wartung durch Fachpersonal bedürfen.

Aufgrund der obigen Sicherheitsanforderungen, die mit vertretbarem Aufwand nicht erfüllbar sind, gibt es derzeit nach meiner Kenntnis keine Propan-Sole/Wasser-Wärmepumpen mit mehr als 30 kW Heizleistung von Serienherstellern. Entsprechende Produkte könnte man sich sicherlich von Kälteanlagenbauern herstellen lassen. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass es sich bei solchen Wärmepumpen um Einzelanfertigungen handelt, die sich von Serienprodukten vor allem in den folgenden Punkten unterscheiden:

Keine Dauerversuche zur Absicherung der Verdichterlebensdauer in der Applikation. Kritisch ist hier vor allem der Start-Stopp-Betrieb mit wiederkehrender Beaufschlagung des Verdichters mit flüssigem Kältemittel, die Sicherstellung der korrekten Kältemittelüberhitzung unter allen Betriebsbedingungen und die Verschleißbildanalyse, insbesondere vor dem Hintergrund der Verwendung eines Kältemittels, das vom Hersteller des Verdichters nicht erprobt und freigegeben ist.

Keine verlässlichen Daten zu den Leistungswerten inklusive COP (das kostet im Labor mit dem fertigen Produkt ca. vier Wochen Zeit).

Keine schalltechnische Optimierung des Gerätes, das daher fast immer lauter ist als ein Serienprodukt und vor allem unangenehme Brumm- und Dröhnfrequenzen aufweisen kann.

Keine schwingungstechnische Optimierung des Kältekreises mit dem daraus folgenden Risiko von Brüchen kältemittelführender Rohre.

Eingeschränkte Installations- und Servicefreundlichkeit durch geringeren Konstruktions- und Erprobungsaufwand.

Mangelhafte Optimierung des Zusammenspiels von Regelungstechnik und Wärmepumpe.

Fazit

Zusammengefasst lässt sich feststellen: Eine Groß-Wärmepumpe mit HFKW-Kältemittel ist derzeit die mit Abstand beste Lösung. Von den natürlichen Kältemitteln kommen nur CO2 und Kohlenwasserstoffe ernsthaft in Frage. CO2 macht in Wärmepumpen für Flächenheizungen keinen Sinn, weil es ökologisch in Summe schlechter ist als R 410A (siehe TEWI-Berechnung). Propan wäre ökologisch interessant, ist aber als Serienprodukt für große Wärmepumpen nicht verfügbar und als Einzelanfertigung mit einigen Nachteilen behaftet. Die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen sind komplex – und für die haftet am Ende der Planer bzw. der Verarbeiter, nicht aber der Hersteller. Daher würde ich auch von Propan als Kältemittel zum derzeitigen Zeitpunkt abraten.

www.stiebel-eltron.de

Dr.-Ing. Kai Schiefelbein,

Geschäftsführer von Stiebel Eltron GmbH & Co. KG, Holzminden

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