So trafen bereits am Vormittag des 18. Juni die DKV-Senioren und weitere Gäste mit den Vereinsmitgliedern zusammen und besichtigten die Pfannenberg GmbH und den Museumsfrachter Cap San Diego im Hamburger Hafen. Nachmittags stand dann ein Vortragsprogramm zu Themen der Kältetechnik im Schiffbau in Vergangenheit und Gegenwart auf dem Programm (dazu später mehr). Am Sonnabend folgte ein Ausflug nach Lüneburg und Umgebung.
Vereinsversammlung am 17. Juni
Nach der Begrüßung durch den Vereinsvorsitzenden Kurt Kohr mit einer Würdigung der geleisteten Arbeit seit der Zusammenkunft im Vorjahr in Aschaffenburg trug Geschäftsführer Wolfgang Scholten den Jahresbericht vor. Dem HKK Historische Kälte- und Klimatechnik e.V. gehören gegenwärtig 85 Mitglieder an. Der Vorstand und die langjährig tätigen Exponatenbetreuer sind diejenigen, die wirklich aktiv im Sinne des Vereins arbeiten. Es ist nach wie vor notwendig, weitere Mitglieder zu gewinnen, da die Mitgliedsbeiträge eine wesentliche Quelle für die finanziellen Mittel des Vereins darstellen, aber auch die Mitarbeit weiterer Vereinsmitglieder bei der Exponatenbetreuung, bei der Sicherung neuer Exponate, bei der Betreuung der Objekte der Straße der Kälte sollte auf eine breitere und vor allem jüngere Basis gestellt werden. Natürlich wird auf freiwillige Meldungen gesetzt, aber der Vorstand wird auch verstärkt auf die persönliche Ansprache von infrage kommenden Mitgliedern setzten.
Die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins, für die Adalbert Stenzel verantwortlich zeichnet, wurde weiter gestaltet und soll eigentlich das Schaufenster des Vereins in die Öffentlichkeit sein. Das scheint sich auch so zu erfüllen, denn immerhin 40 bis 50 tägliche Zugriffe auf die Webseite des HKK ( http://www.vhkk.org/page/home/index.php ) sind eine befriedigende Bilanz.
Das Museum Frigoteum in Maintal stellt die zentrale Einrichtung des Vereins dar. Seine ersten Exponate stammen bekanntermaßen aus der Sammlung Heinz Bacher, die im ersten Anlauf durch Aktivitäten seit 1998 von Prof. Johannes Reichelt und seinem TWK Karlsruhe gesichert wurde, und die dann mit wesentlicher Unterstützung durch die Landesinnung Hessen Kältetechnik und die Bundesfachschule in Maintal sowie von weiteren Vereinen und Institutionen zur Gründung des Vereins am 25. Mai 2000 und zur Einrichtung des Museums führte. Inzwischen sind viele interessante Objekte zur ursprünglichen Sammlung dazu gekommen und im Museum hervorragend präsentiert. Einige Exponate wurden im abgelaufenen Jahr rekonstruiert und der Ausstellung hinzugefügt, Anfragen zu historischen Kältemaschinen und Anlagen wurden bearbeitet und Führungen mit Besuchergruppen wurden durchgeführt. Es bleibt zu wünschen, dass die Resonanz der Besuchsmöglichkeit weiter zunimmt, denn ein Museumsschatz wie dieser lebt nur wirklich, wenn er Besucher anzieht. Es wäre ein lohnendes Ziel für viele kälte- und klimatechnische Unternehmen, Bildungseinrichtungen, Organisationen und Institutionen, mit ihren Mitarbeitern die Besichtigung zu planen. Die diesjährige Chillventa wird dem Verein wieder eine kleine Ausstellungsfläche bereitstellen, auf der interessante Exponate präsentiert werden.
Die Straße der Kälte bezeichnet Objekte im Sinne der Vereinsaufgaben, die aus unterschiedlichen Gründen am gegenwärtigen Ort verbleiben sollen oder müssen, die aber im Frigoteum erfasst sind und über ganz Deutschland verteilt von den Errungenschaften der Kältetechnik in der Vergangenheit Zeugnis ablegen. Die Betreuung dieser Exponate erfolgt in der Regel durch die Firmen, in denen sie sich befinden, mehr oder weniger intensiv. Damit der HKK über die einmal gewonnenen und meist bedeutenden Exponate auf dem Laufenden bleibt, wird eine Patenschaft von in der Nähe wohnenden Vereinsmitgliedern angestrebt. Es müssen zudem die Informationen zusammengetragen und auf der HKK-Webseite veröffentlicht werden, wie die Besichtigung dieser Objekte organisiert werden kann und welche technischen und historischen Daten dafür von Bedeutung sind. Eine der neuesten Errungenschaften auf der Straße der Kälte ist z.B. eine dampfgetriebene Kältemaschine System Linde von 1898 in der Hochschule Ravensburg-Weingarten.
Der Verein hat auch eine große Anzahl von Büchern zum Fachgebiet erhalten. Die Erfassung und Registrierung der ca. 930 Bände ist abgeschlossen und für einen großen Teil der Bücher wurden Schlagworte zur besseren Suche von bestimmten Themen ermittelt. Dabei haben sich Fritz Kästner und seine Frau verdient gemacht. Nun müssen noch eine große Anzahl von Firmendokumenten, Katalogen und Arbeitsblättern erfasst werden, wozu auch wieder auf freiwillige Helfer gewartet wird.
Weiterhin wurde vom Kassenwart Manfred Seikel noch die Finanzlage des Vereins dargestellt, die schwarze Zahlen auf niedrigem Niveau ausweist. Der Spendenanteil spielt dabei eine nicht untergeordnete Rolle. Wer hier helfen will, kann auch zukünftig seine Spendenbereitschaft realisieren.
Für das kommende Jahr wurde Hildesheim als Ort der Zusammenkunft ins Auge gefasst, wo sich die Vereinsmitglieder wiederum mit den DKV-Senioren treffen werden. Der Tag klang mit einem Festabend anlässlich des 10. Jahrestages der Vereinsgründung harmonisch aus.
Besichtigungen
Das Freitagsprogramm begann mit der Besichtigung der Hamburger Pfannenberg GmbH, einem mittelständischen Unternehmen für die Schaltschrank-Klimatisierung sowie optische und akustische Warn- und Notsignale. Für die Kälte- und Klimatechniker standen die Schaltschrankkühlgeräte natürlich im Mittelpunkt des Interesses. Bei der Besichtigung konnten sich die Teilnehmer von der hohen Verarbeitungsqualität der Geräte überzeugen, wobei bei den Schaltschrankkühlern die charakteristische flache Bauweise besondere Anforderungen an die Luftführung stellt. In der Versuchsabteilung gab es dann u.a. einen Eindruck von der Vielfalt der Entwicklungsaufgaben bei der optimalen Gestaltung eines solchen Geräts.
Nächste Station war der Hamburger Hafen mit seinem Museumsschiff Cap San Diego. Dieses größte fahrtüchtige Museumsfrachtschiff der Welt (Baujahr 1961) ist eine besondere Attraktion. Die Teilnehmer erhielten im Rahmen einer Führung intensive Einblicke in die Schiffstechnik von gestern und heute: Maschinenraum und Kommandobrücke, Peildeck und Rudermaschine, Luken und Deckflächen, Manöverstand und natürlich auch die Kühlmaschinen. Dies sowie die Kältekammern sind in den späteren Jahren nachgerüstet worden, als man mit Kühlfracht mehr als mit ungekühlten Gütern verdienen konnte. Beeindruckend war für Maschinenbauer der Dieselmotor mit seinen neun Zylindern, jeder mit 660 Litern Hubraum bei 780 mm Durchmesser und 1400 mm Hub.
Vorträge
Am Nachmittag folgte das von Adalbert Stenzel zusammengestellte und moderierte Vortragsprogramm in der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr, organisatorisch unterstützt von Prof. Kabelac und seinen Mitarbeitern des Institutes für Thermodynamik. Zur Einführung gab es einen kurzen Überblick über zwei aktuelle Forschungsvorhaben des Institutes.
Den Reigen der HKK-Vorträge eröffnete der Vorsitzende Kurt Kohr zur zehnjährigen Vereinsgeschichte. Er erinnerte an die Umstände der Vereinsgründung, an die Gründungszusammenkunft und die Mitmacher und Sponsoren, er lobte die zehnjährige ehrenamtliche Tätigkeit der aktiven Vorstands- und Vereinsmitglieder und wünschte sich für die Zukunft erweitertes Mittun von den alten und neu zu gewinnenden Mitgliedern.
Danach sprach der Hamburger Kältehistoriker Bernhard Fischer zur Geschichte des Vereins Kältetechnische Gesellschaft zu Hamburg. Diese Gesellschaft hatte sich am 28. April 1914 in Hamburg parallel zum schon bestehenden DKV und zu dessen Ärger gegründet und wollte die Kräfte der Kältetechnik auf die Bedürfnisse der Hansestadt mit dem Schiffbau und der Fischerei bündeln. Man strebte wirklich eine Eigenständigkeit an und stellte Bedingungen für eine große Unabhängigkeit vom DKV, als die Hamburger Gesellschaft 1921 dann doch eine Untergliederung des DKV wurde. Das blieb bis zur Gleichschaltung der Vereine und dem Anschluss an den VDI 1935 so bestehen. Erst nach der Neugründung des DKV 1947 war der Bezirksverein Hamburg allen anderen Bezirksvereinen gleichgestellt und richtete seitdem auch vier Mal die DKV-Jahrestagungen aus.
Vom Germanischen Lloyd Hamburg sprach Hanspeter Raschke zu besonderen Anforderungen an Schiffskälteanlagen und ihren geschichtlichen Hintergrund. Das Kühlschiff ist definiert als ein Schiff mit wärmegedämmten Laderäumen, Tanks oder Containern mit fest eingebauter Kälteanlage. Die besondere dynamische Belastung ergibt sich durch seitliche Ladungskräfte, die bei Schräglage des Schiffes entstehen. Diese berechnen sich aus der Ladungsmasse und der Beschleunigung, wofür 0,8-fache Erdbeschleunigung angesetzt wird. Weiterhin sind variable Klimabedingungen während der Fahrt zu berücksichtigen, die Wetterdichtheit ist zu gewährleisten und es ist davon auszugehen, dass kurzfristig kein Kundendienst eingreifen kann. Die Klassifikation von Ladungskühlanlagen berücksichtigt alle diese Gesichtspunkte und dient sowohl dem Schutz der Ladung als auch dem Schutz der Personen an Bord. Dazu wurden die Vorschriften seit 1919 stetig weiter entwickelt. Grundsätzlich müssen mindestens zwei Kältemaschinensätze an Bord sein. Sie sind so zu dimensionieren, dass bei Ausfall eines Satzes die vorgeschriebene Temperatur gehalten werden kann.
Dieter Mosemann von den DKV-Senioren widmete sich in seinem Vortrag den Schiffskälteanlagen, die in der DDR für den gesamten RGW-Bereich entwickelt, gebaut und geliefert wurden. Es begann nach 1945, als auf dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone nur die Neptunwerft Stralsund bestand. Die Sowjetunion ließ zur Deckung ihres Bedarfs an Schiffen, speziell an Fischereifahrzeugen, drei weitere Großwerften errichten, die bis zum Jahre 2000 über 5000 Schiffe ablieferten, davon bis 1989 ca. 3 500 Schiffe mit kältetechnischer Ausrüstung als Lieferung an die Sowjetunion. Damit belegte die DDR weltweit den ersten Platz bei Fischereifahrzeugen. Für die kältetechnische Ausrüstung der Schiffe wurde 1951 der VEB Kühlautomat Berlin gegründet, der 1960 Leitbetrieb für Schiffskälteanlagen wurde und bis 1989 etwa 3400 Schiffskälteanlagen baute, ab 1968/69 auch mit ca. 8000 Schraubenverdichtern aus eigener Entwicklung. Fischereischiffe innerhalb des RGW wurden prinzipiell mit Schraubenverdichter-Aggregaten von Kühlautomat ausgerüstet. Nach 1990 brachen die traditionellen Absatzmärkte in Osteuropa zusammen, woraus das Ende des umfangreichen Fischereischiffbaus und der zugehörigen Kältetechnik resultierte. Das Schraubenverdichter-know-how von Kühlautomat wird seitdem von GEA Grasso weiter geführt.
Die Linde-Kältetechnik auf Kühl- und Kühlcontainerschiffen der Jahre 1960 bis 1980 beschrieb der ehemalige Leiter der Linde-Schiffskälte Peter Steffens. Er schilderte die Bewältigung der ersten zufälligen Aufträge mit dem Wissen der Landkältetechnik bis zur professionellen Bearbeitung neuartiger und erfolgreicher Lösungen. Dabei sparte er auch Schadensfälle nicht aus, die z.B. dazu führten, dass als Kältemittel Ammoniak nicht mehr verwendet wurde. Die Entwicklung führte folgerichtig zur Verwendung von Halbhermetikverdichtern mit Kupferrohrleitungen. Einen Schwerpunkt bildeten die Bananenfrachter mit ihren sehr genauen Temperaturanforderungen. Dafür bewährten sich Vielverdichteranlagen, bei denen ein Verdichter mit Bypassregelung durch ein Motorventil arbeitete, wodurch eine vollständige Anpassung der Kälteleistung an den Bedarf möglich wurde. Diese Vielverdichterlösung führte zu sehr großen Verdichterstückzahlen je Anlage, was schließlich suspekt wurde. Dadurch wurde die Entwicklung von Schraubenverdichtern initiiert, mit denen das Geschäft wieder florierte. Das ging aber nur so lange, bis die Kühlcontainer den Markt bestimmten und die konventionelle Schiffskältetechnik verdrängten. Die Werke wurden schließlich unwirtschaftlich und geschlossen. Im Westen passierte das schon 1980, was im Osten erst 1990 erfolgte.
Daran schloss sich der Vortrag von Bernhard Renk von Noske Kaeser zum Markt für Schiffskälteanlagen in der alten Bundesrepublik in den 60er-Jahren und heute an. Er stellte fest, dass die Ablieferung von Seeschiffen seit 1975 auf fast nur noch 25 Prozent stark zurückgegangen ist. In den zehn Jahren davor war der deutsche Schiffbau mit rund 50 Prozent die exportintensivste Branche. Deutschland war führend bei Spezialschiffen. In dieser Zeit gab es auch einen großen Bedarf an Schiffskälteanlagen für alle Arten von Schiffen, vom Vollkühlschiff bis zur Proviantkühlanlage auf Frachtschiffen. In vielen führenden Kältefirmen gab es spezielle Abteilungen für Schiffskältetechnik. Mit dem Rückgang der Anzahl der Schiffe und dem parallelen starken Wachstum des Containerverkehrs wurden immer weniger Kälte- und Klimaanlagen benötigt. Damit schrumpften die Werften und ebenso die Firmen der Kältetechnik. Der Markt der Containerkälteanlagen wird heute von Carrier, Thermoking, Daikin und Maersk beherrscht; er ist für deutsche Unternehmen nicht erreichbar. Zukünftig wird sich der Schiffskältemarkt auf einem niedrigen Niveau einpendeln, aber er wird kaum für deutsche Firmen zugänglich sein. Die Komponenten dafür kommen zunehmend aus Fernost. Der Marineschiffbau mit seinen hohen Anforderungen an Stoß- und Schwingungsfestigkeit, an antimagnetisches Verhalten und an die Schallemission wird überwiegend von der Fa. Noske Kaeser abgedeckt, der Kälte- und Klimabedarf anderer Schiffe wird unter Umgehung von Kälteanlagenbaufirmen von den Werften direkt als Komponenten zusammengekauft und auch installiert.
Damit endete der offizielle Teil der sehr interessanten Historikertagung. Am Sonnabend standen dann noch die historische Altstadt von Lüneburg und das Kloster Lünen auf dem Ausflugsprogramm. U. A. -