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Überlebensstrategien entwickeln

Ein (mentaler) Unterstützer in der Startphase

    Begeistert trat Kai Riemann* seine neue Stelle als Geschäftsführer eines Küchengeräteherstellers an. Nach einem Job, bei dem er sich primär als Sanierer hatte beweisen müssen, freute er sich so richtig darauf, endlich mal wieder für ein gesundes Unternehmen zu arbeiten mit vollen Auftragsbüchern und soliden Finanzen. An Arbeit würde es ihm trotzdem nicht mangeln, das war ihm klar. Unter anderem, weil in den zurückliegenden drei Jahren vier Mal der Geschäftsführer des 350-Mann-Unternehmens gewechselt hatte. Entsprechend groß war der Innovationsstau.

    Trotzdem beging Riemann nicht den Fehler vieler Newcomer in der Startphase. Er verkündete nicht sogleich lauthals Hier muss sich alles ändern. Vielmehr suchte er, auch weil kein akuter Handlungsdruck bestand, zunächst den Kontakt mit den zumeist altgedienten Mitarbeitern des Unternehmens. Und wenn sie den Neuen nach seinen Plänen fragten, dann erwiderte er: In den ersten drei Monaten möchte ich erst mal den Betrieb kennenlernen, und danach werde ich mit ihnen überlegen, was man eventuell besser machen kann. Woraufhin Riemann regelmäßig ein Aufatmen bei den Mitarbeitern spürte.

    Alles ging seinen guten Gang. Nur eine Person bereitete Riemann zunehmend Kopfzerbrechen: die schon recht betagte Firmeninhaberin. Täglich kam sie für ein, zwei Stunden in den Betrieb und suchte nicht nur das Gespräch mit Riemann auch über private Themen. Immer wieder kommentierte sie auch solche Dinge wie seine Krawatte und das Aussehen seines Schreibtischs kritisch.

    Anfangs reagierte Riemann darauf gelassen. Doch irgendwann merkte er: Wenn ich nicht aufpasse, platzt mir, obwohl ich die Frau sehr schätze, bald der Kragen. Und ich lasse mich zur einer Bemerkung hinreißen wie, dass ich als 45-jähriger Betriebswirt mit mehr als ein Dutzend Jahren Manage­ment­erfahrung wohl selbst entscheiden kann, ob ich eine gestreifte oder gepunktete Krawatte trage. Klar war ihm aber auch: Wenn das geschieht, kann ich voraussichtlich wie meine Vorgänger die Koffer packen. Also suchte sich Riemann einen Coach, um mit ihm eine Überlebensstrategie zu erarbeiten.

    Der Mittelstand tickt anders

    Ähnlich erging es der Verlagskauffrau Erika Wiesner. Auch sie freute sich zunächst tierisch, als sie vom Inhaber eines Fachverlags zur Leiterin des Profitcenters Fachzeitschriften ernannt wurde. Zu Recht sah sie darin auch eine Auszeichnung für ihre bisherige Leistung. Doch kaum hatte sie ihre neue Position übernommen, verflog ihre Freude schnell. Denn rasch registrierte sie: Ich bin zwar nun als Profitcenter-Leiterin auch für den Ertrag verantwortlich, doch entscheiden kann ich letztlich wenig. Wenn ich zum Beispiel dem Leiter der externen Druckerei die Daumenschrauben ansetze, dann ruft dieser bei seinem Golffreund, dem Verlagsinhaber, an und beschwert sich bei ihm über seine neue, unerfahrene Profitcenterleiterin. Und wie unter Golffreunden üblich, treffen die beiden ein Agreement. Ähnlich ist es, wenn ich dem Leiter unserer IT-Abteilung oder dem Chefredakteur einer unserer Zeitschriften signalisiere so nicht. Auch dann suchen sie meist das Gespräch mit dem Verlagsinhaber und . . .

    In dieser Konstellation kann ich nur verlieren. Das war Wiesner nach wenigen Wochen klar. Auch weil sie spürte: Auch meine Mitarbeiter registrieren, dass ich wenig zu sagen habe. Entsprechend reagieren sie auf meine Vorgaben. Also suchte auch Wiesner den Kontakt zu einem Coach mit Mittelstandserfahrung, um mit ihm Strategien zu erarbeiten, wie sie sich in ihrem Job behaupten kann.

    Obige Bespiele mögen manchen Konzernmitarbeitern skurril erscheinen. Doch mittelständische (Familien-)Unternehmen haben nicht nur eine andere Kultur und vielfach auch Struktur als Konzerne und ihre Töchter. Auch Entscheidungsprozesse verlaufen in ihnen anders. Entsprechend schwer fällt es Konzernmanagern, die in den Mittelstand wechseln, zumeist sich dort zurecht zu finden. Nicht weil ihnen die nötige (Fach-)Kompetenz fehlt, sondern weil mittelständische Betriebe anders ticken als Konzerne. Auch ihre Führungskultur ist in der Regel eine andere, weshalb sie auch Führungskräfte mit einem (teils) anderen Profil als Konzerne brauchen.

    Führungskräfte brauchen ein spezielles Profil

    Dies sei an einem Beispiel illustriert. In mittelständischen Unternehmen werden häufiger als in Konzernen die besten Fachkräfte zu Führungskräften befördert. Durchaus be­gründet! Denn da in mittelständischen Betrieben nicht so viele Spezialisten und Fachabteilungen existieren, an die Aufgaben delegiert werden können, muss ihr Führungspersonal ein breiteres und solideres Fachwissen haben auch um handlungs- und entscheidungsfähig zu sein. Diese Stärke kann jedoch schnell zur Schwäche werden. Nämlich dann, wenn eine Führungskraft sich weiterhin primär als Fachkraft versteht und nicht als Führungskraft, deren Kernaufgabe es ist,

    • den ihr anvertrauten Bereich und seine Mitarbeiter zu führen und
    • sicherstellen, dass dieser seinen Beitrag zum Erreichen der Unternehmensziele leistet.

    Dann sind Rollenkonflikte vorhersehbar. Doch nicht nur dies. Absehbar ist auch eine Überlastung der Führungskraft, weil diese weiterhin der zentrale Anlaufpunkt für alle Fachaufgaben ist (sofern sie diese nicht sogar selbst erledigt). Entsprechend wichtig es, den jungen Führungskräften gerade in der Startphase die erforderliche Unterstützung zu gewähren sonst sind diese schnell ausgebrannt oder gar verbrannt.

    Newcomer brauchen eine gezielte Unterstützung

    Diese Unterstützung umfasst zwei Ebenen. Zum einen muss den jungen Führungskräften selbstverständlich das erforderliche Führungs-Know-how vermittelt werden zum Beispiel über die zentralen Aufgaben einer Führungskraft und die verschiedenen Führungs- und Steuerungsinstrumente. Dies ist weitgehend mittels Seminaren und Trainings möglich. Doch dies allein genügt nicht, da die Übernahme einer Führungsposition auch ein gewandeltes Selbstverständnis erfordert. Das heißt, die frischgebackene Führungskraft muss einen Teil ihrer bisherigen Denk- und Verhaltensmuster entweder aufgeben oder sich zumindest fragen, inwieweit diese noch zielführend sind. Alleine gelingt dies den jungen Führungskräften vielfach nicht auch weil der Führungsnachwuchs im Mittelstand anders als in Konzernen meist nicht jahrelang auf die Übernahme einer qualifizierten Führungsposition vorbereitet wird. Er wird vielfach überspitzt formuliert ins kalte Wasser geworfen. Sozusagen über Nacht sollen sich die Nachwuchskräfte von Fach- zu Führungskräften entwickeln und vom ersten Tag an funktionieren. Entsprechend groß ist die Gefahr eines Scheiterns. Deshalb sollte ihnen in der Startphase zum Beispiel ein Coach zur Seite gestellt werden, der ihnen hilft, den Funktions-, Positions- und Rollenwechsel zu meistern.

    Entsprechendes gilt, wenn ein bisheriger Konzernmanager eine Führungsposition in einem Mittelstandsunternehmen übernimmt. Auch dann ist es sinnvoll, ihm einen Coach zur Seite zu stellen. Sonst ist die Gefahr groß, dass sich nach wenigen Monaten die Wege wieder trennen. Nicht weil die neue Führungskraft, salopp formuliert, nichts taugt, sondern weil scheinbar die Chemie nicht stimmt. Eine zentrale Ursache hierfür: Viele (erfahrene) Konzernmanager unterschätzen anfangs, wie stark sich die Kultur gerade von inhabergeführten mittelständischen Unternehmen von der Kultur von Konzernen unterscheidet und dass in ihnen teils andere Gesetze für das Miteinander gelten.

    Das schaff ich schon. Schließlich habe ich schon in viel größeren Unternehmen mein Können bewiesen. Mit dieser Überzeugung und diesem Selbstbewusstsein gehen sie meist ihren neuen Job an. In entsprechend viele Fettnäpfchen tappen sie in der Startphase sei es im Umgang mit altgedienten Mitarbeitern und Kollegen oder mit Kunden und den Firmeninhabern. Mit der Folge, dass oft bereits nach wenigen Wochen eine weitere Zusammenarbeit unmöglich erscheint. Und dies, obwohl sich das Unternehmen bei der Bewerberauswahl durchaus für den richtigen Kandidaten entschieden hat. Der einzige Fehler: Ihm wurde in der Startphase nicht die erforderliche Unterstützung gewährt.

    Übrigens, im Falle von Kai Riemann war die mit dem Coach erarbeitete Lösung letztendlich sehr einfach: Riemann muss lernen, damit zu leben, dass die über 70-jährige Firmeninhaberin täglich ihr Kind das Unternehmen besucht und dann auch einen Plausch mit ihrem Geschäftsführer halten möchte. Denn weder die Eigentumsverhältnisse, noch die Firmeninhaberin kann er verändern. Also muss Riemann den täglichen Plausch mit der Firmeninhaberin als Teil seines Jobs begreifen. Und bezogen auf seine Krawatten? Hier muss Riemann zumindest solange die Beziehung zwischen ihm und der Firmeninhaberin noch nicht gefestigt ist eine Abwägung vornehmen: Was ist mir wichtiger? Dass ich eine gepunktete Krawatte trage, oder dass ich Geschäftsführer eines gesunden Unternehmens bin, in dem ich ansonsten sehr große Gestaltungs- und Entfaltungsmöglichkeiten habe? -

    http://www.die-mittelstandsberatung.de

    * Die Namen der erwähnten Personen sowie die geschilderten Konstellationen wurden verändert.

    Coachingablauf

    Vorgespräch: Der Coach und der potenzielle Coachee treffen sich zu einem (meist kostenlosen) Vorgespräch, in dem sie sich wechselseitig „beschnuppern“ und über das eventuelle Coaching unterhalten. Themen des Vorgesprächs können sein: Was sind die Unterschiede von Coaching, Beratung und Training? Welchen speziellen Nutzen hat ein Coaching? Welches konkrete Anliegen hat der Coachee? Ist es mit Coaching „bearbeitbar“? Ist der Coach aufgrund seiner Vorerfahrung der richtige Partner? Wie könnte der Coachingprozess ablaufen?

    Vereinbarung: Entscheidet sich der Coachee für eine Zusammenarbeit mit dem Coach, treffen die Beteiligten eine Vereinbarung über die (Coaching-)Ziele und die „Spielregeln“ (unter anderem Dauer des Coachingprozesses, Vertraulichkeit, Betreuung / Unterstützung zwischen den Coachingterminen, Abrechnung).

    Coachingprozess: Beim Coaching ist (und bleibt) der Coachee anders als bei einem Training oder einer Fachberatung der Experte für seine „Probleme“. Das heißt, Coach und Coachee gehen davon aus: Der Coachee ist grundsätzlich alleine dazu in der Lage, die Herausforderungen zu meistern, vor die das Leben oder sein Beruf ihn stellt. Aktuell benötigt er jedoch eine punktuelle, zeitlich befristete Unterstützung zum Beispiel, weil die Herausforderung, vor der er steht, für ihn neu ist.

    Aufgabe des Coachs ist es, den Coachee dabei zu unterstützen,

    • Klarheit über die Herausforderungen, vor denen er aktuell steht, zu gewinnen und
    • für sich neue (Denk- und) Handlungsmuster zu entwerfen und einzuüben, sodass er die aktuellen Herausforderungen lösen kann und seine Problemlösekompetenz insgesamt steigt.

    Im Rahmen der Sitzungen vereinbaren der Coach und der Coachee meist auch konkrete (Haus-)Aufgaben, die der Coachee bis zur nächsten Sitzung erfüllen soll, damit der Entwicklungsprozess wie gewünscht voranschreitet.

    Abschlussgespräch: Coach und Coachee treffen sich nach dem Coachingprozess zu einem abschließenden Gespräch. Gemeinsam reflektieren sie nochmals: Was waren die Ziele des Coachings und wurden diese erreicht? Was hat sich (beim Coachee) im Laufe des Prozesses verändert? Wie hat die Umsetzung (im Arbeitsalltag) funktioniert? Gemeinsam erörtern Coach und Coachee zudem, welche „Lernfelder“ beim Coachee noch bestehen und wie er diese fortan alleine bearbeiten kann.

    9 Tipps, wie Sie als Unternehmen den passenden Coach finden

    Im Business-Kontext hat Coaching in der Regel die Funktion, Mitarbeiter dazu zu befähigen, ihren Job anschließend besser sprich effektiver und stressfreier erfüllen zu können. Entsprechend muss das Profil des Coachs sein. Rainer Nollens, Geschäftsführer der Mittelstandsberatung Nollens, Dessel & Kollegen, Soyen (Oberbayern), gibt Ihnen einige Tipps, wie Sie als Unternehmen den passenden Coach für Ihre Mitarbeiter finden.

    1. Fragen Sie sich zunächst: Wer soll gecoacht werden, mit welchem Ziel? Des Weiteren: Welche Besonderheiten kennzeichnen unseren Betrieb zum Beispiel bezüglich seiner Kultur und Struktur? Aus den Antworten können Sie ableiten, welche Kenntnisse und Erfahrungen der Coach ihrer Mitar­beiter haben sollte.

    2. Coach ist kein geschützter Beruf. Jeder kann sich so nennen. Lassen Sie sich deshalb von den Coachs, die Sie in Betracht ziehen, einen Lebenslauf zeigen. Aus ihm sollte hervorgehen, welche Ausbildungen die Person absolviert und welche (Lebens- und) Berufserfahrung sie gesammelt hat.

    3. Das Coaching soll Ihren Mitarbeitern primär helfen, ihren Job besser zu machen. Das setzt voraus, dass der Coach die Fragen und Herausforderungen, vor denen Ihre Mitarbeiter im Berufsalltag stehen, versteht. Deshalb sind gute Coachs spezialisiert zum Beispiel auf persönliche, berufliche oder unternehmerische Fragen. Oder auf das Coachen von Führungskräften. Oder auf das Coachen von Mitarbeitern mittelständischer Betriebe. Ein Coach, der behauptet, er sei bei allen Problemlagen oder Personengruppen gleich fit, ist kein guter Coach.

    4. Bestehen Sie bei den Coachs, die Sie als Unterstützer in Betracht ziehen, auf ein Vorgespräch, bei dem Sie die Coachs bitten, Ihnen ihr Vorgehen zu erläutern. Seriöse Coachs arbeiten transparent und können Ihnen ihre Arbeitsweise erläutern.

    5. Fragen Sie die Coachs, wo für sie die Unterschiede zwischen Beratung, Training, Therapie und Coaching liegen; des Weiteren, welche Unterschiede sie beim Coachen von Privatpersonen und im Auftrag von Unternehmen sehen. Professionelle Coachs haben hierzu einen klaren Standpunkt.

    6. Vertrauen Sie Ihrem Gefühl. Wenn Sie beim Vorgespräch den Eindruck haben, Der Mann/die Frau hat keine Ahnung, wie ein Betrieb tickt und was die zentralen Aufgaben zum Beispiel einer Führungskraft sind, dann sollten Sie den Coach von Ihrer Kandidatenliste streichen.

    7. Lassen Sie, wenn Sie zwei, drei heiße Kandidaten haben, Ihre Mitarbeiter, die gecoacht werden sollen, mitentscheiden, wer ihr Coach wird. Wenn Ihr Mitarbeiter den Coach ablehnt, können Sie sich das Geld sparen. Denn dann öffnet er sich nicht. Dasselbe gilt, wenn er keinen Coachingbedarf bei sich sieht.

    8. Führen Sie vor Beginn des Coachings ein 6-Augen-Gespräch mit dem Mitarbeiter und dem ausgewählten Coach, in dem sie sich nochmals auf die Ziele des Coachings verständigen. Treffen Sie auch eine Vereinbarung darüber, inwieweit der Coach im Coachingprozess gewonnene, jobbezogene Infos/Erkenntnisse (die nicht die Privatsphäre des Mitarbeiters tangieren) an Sie weitergeben darf und wenn ja, welche unter welchen Voraussetzungen.

    9. Halten Sie die Vereinbarungen schriftlich fest und vereinbaren Sie auch, wie lange der Coachingprozess dauern soll und in welchem zeitlichen Abstand sich Coach und Mitarbeiter treffen. Klären Sie zudem, inwieweit der Coach dem Mitarbeiter auch zwischen den Sitzungen als Ansprechpartner zur Verfügung steht.

    Rainer Nollens

    Geschäftsführer der auf mittelständische Unternehmen spezialisierten Unternehmensberatung Nollens, Dessel & Kollegen in Soyen (Oberbayern)

    Rainer Nollens, Soyen

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