Bei der Herstellung von hochpräzisen Elektromotoren für bestimmte Anwendungen in der Automobilindustrie müssen in den Produktionsräumen und bei den Prozessen hohe Anforderungen an die technische Sauberkeit eingehalten werden. Um diese Aufgaben zukünftig auch im eigenen Werk in Herbolzheim durchführen zu können, hat der Antriebshersteller ebm-papst St. Georgen GmbH & Co. KG, Tochterunternehmen der ebm-papst-Gruppe, nun eigens einen Sauberraum gemäß VDA 19 einrichten lassen. Er filtert Staub- und Schmutzpartikel ab einer Größe von 150 µm sicher aus der Luft, was das Risiko von Mängeln an den hergestellten Motoren deutlich reduziert.
Da es aufgrund der vorgesehenen Ausrichtung der Produktionslinien nicht möglich war, im Raum Stützen anzubringen, entwickelte die beauftragte Nerling Systemräume GmbH eine Speziallösung: Die gesamte Decken-Klimatechnik wurde über eine Stahlkonstruktion an das Hallendach gehängt. Gleichzeitig ist der 712 m2 große Sauberraum mit einem Raumvolumen von über 2000 m³ so konzipiert, dass er bei Bedarf hinsichtlich Größe, Kälteleitung und Klimaanlage modular erweitert werden kann.
Kampf gegen den Staub
Unsere Produkte müssen nach hohen automobilen Qualitätsstandards gefertigt werden. Wir verfolgen dabei eine strikte Nullfehlerstrategie, so Henning Stemler, Projektverantwortlicher für die Umsetzung des Sauberraumes bei ebm-papst St. Georgen im Werk Herbolzheim. Um diese Anforderungen bei Elektromotoren für automobile Antriebslösungen zu erfüllen, müssen in Arbeitsschritten wie dem Wickeln der Statoren, der Montage und der Endprüfung die Restschmutzforderungen hinsichtlich Partikelgröße und Partikelanzahl eingehalten werden. Insbesondere dürfen von außen keine Partikel in den Raum eingetragen werden, die größer als 150 µm sind. Da vergleichbare Sauberkeitsforderungen bisher im Unternehmen nicht bekannt waren, musste eigens ein Sauberraum eingerichtet werden, der diese Bedingungen erfüllt.
Alles nach dem Zwiebelschalenprinzip
Alle Betriebsmittel wurden dabei bezüglich der Sauberkeitsbedingungen nach dem Zwiebelschalenprinzip geplant und gebaut. Am saubersten muss der eigentliche Fertigungsprozess sein. Hier wird an vielen Stellen zusätzlich abgesaugt und/oder gereinigt, so Stemler. Die nächste Zwiebelschale ist dann die Fertigungsanlage, die selbst nochmals gekapselt ist. Die äußerste Schicht ist der Sauberraum, der das Material und die Anlagen gegen Verschmutzung von außen absichert und für dessen Bau die Reinraumspezialisten von Nerling zuständig waren. Da die jetzige Sauberraumfläche vor den Baumaßnahmen vollständig mit Produktionsanlagen und Büros belegt war, mussten bei ebm-papst jedoch zunächst alle Betriebsmittel verlagert und teilweise an anderer Stelle neue Büros errichtet werden.
Schwierige Einbaubedingungen
Auf den ersten Blick war die Einbausituation schwierig, da sich auch viele Installationen im Bereich der geplanten Anlage befanden, so Jan Kürbis, Projektleiter bei Nerling Systemräume. Die Infrastruktur wie Lüftung, Kühlung, Licht, Strom- sowie Druckluftversorgung, Netzwerkanschlüsse und Brandmeldeeinrichtungen mussten fast vollständig entfernt werden. Die besondere Herausforderung war, dass beispielsweise auch keine Stützen oder Hilfsstützen im Raum stehen durften. Diese wären bei der Aufstellung der Maschinenlinien störend gewesen. Daher hängten die Reinraumbauer die komplette Decke, einschließlich Installationen, Klimatechnik und Lüftung, an die Hallendach-Konstruktion. Da das Dach noch Reserven bezüglich der Belastung hatte, haben wir die stählerne Tragkonstruktion an den Hallenstahlbau geklemmt.
Hängekonstruktion mit etlichen Vorteilen
Die Möglichkeit, den Sauberraum von der bestehenden Hallendecke abhängen zu können, war für ebm-papst ein entscheidender Grund, Nerling zu beauftragen: Diese Methode hat uns teure Fundamentarbeiten sowie eine aufwendige Stahlbaukonstruktion erspart und erlaubt es uns gleichzeitig, den Sauberraum bei Bedarf modular zu erweitern, so Stemler. Durch weitere Module lassen sich Fläche, Kühlleistung und Luftdurchsatz auch noch zu einem späteren Zeitpunkt erhöhen.
Aktuell hat der Sauberraum eine überbaute Gesamtfläche von 712,19 m2 bei einer lichten Raumhöhe von 3,1 m und einem Raumvolumen von 2208 m³. Neben den reinen Produktionsflächen beinhaltet der Raum auch Funktionsbereiche für einen Materialsupermarkt mit Schleusen für die Einzelteile, eine Ausgangsschleuse für Fertigwaren, einen Personalzugang sowie ein Analyselabor für Restschmutzuntersuchungen.
Sauberraum erfüllt die Anforderungen
Fertiggestellt wurde der Sauberraum innerhalb von zwei Monaten. Derzeit sind drei von sechs geplanten Fertigungsanlagen aufgebaut, im dritten Quartal 2013 wird eine vierte Anlage hinzukommen. Die restliche Fläche steht für bereits terminierte Erweiterungen der Fertigungskapazität in den Folgejahren zur Verfügung. Aktuell läuft gerade die Erprobungsphase für die neuen Anlagen, so Stemler. Es sind bereits mehrere Messreihen zur Ermittlung der Grundreinheit des Raumes durchgeführt worden. Sie haben, wie erwartet, zu einem positiven Ergebnis geführt.
Die Nerling Systemräume GmbH ist auf die Konstruktion von Messräumen, Rein- und Sauberräumen spezialisiert. An den Standorten Renningen und Halle planen und fertigen die rund 70 Mitarbeiter vor allem Systemräume nach spezifischem Kundenwunsch. Zu den Kunden gehören Firmen aus der Automobilbranche, aus dem Maschinenbau und der Leiterplattenproduktion, Kunststofffolienhersteller sowie die Lebensmittel- und Körperpflegemittel-Industrie. -