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Rechenzentren mit der Kraft der Natur kühlen

Ganz natürlich

    Wer sich Gedanken um ein grünes Rechenzentrum macht und hierfür weitere Argumente benötigt, sollte neben dem Energieverbrauch auch den CO2-Ausstoß der eigenen IT-Umgebung analysieren. Denn: Die weltweiten Rechenzentren haben einen wachsenden Anteil an den CO2-Emissionen. Die Global e-Sustainability Initiative (GeSI) prognostiziert, dass der CO2-Anteil der ITK von 1,3 Prozent im Jahr 2002 auf 2,3 Prozent im Jahr 2020 ansteigen wird. Wem es gelingt, die Emissionsbilanz seines Rechenzentrums zu verringern, spart zum einen Stromkosten und kann sich zum anderen im Rahmen einer Green IT Policy“ gegenüber dem Wettbewerb abgrenzen.

    Die Energiekosten zu senken wird umso wichtiger, als dass der Stromverbrauch der IT künftig eher wachsen wird. Neue digitale Geschäftsmodelle und die zunehmende Vernetzung von Alltagsgegenständen und Produktionsumgebungen sorgen für einen weiter wachsenden IT-Bedarf. Heute benötigt ein großes Rechenzentrum, wie es beispielsweise von Cloud- oder Colocation-Anbietern betrieben wird, Energie im zweistelligen Megawatt-Bereich. Im Vergleich: Ein großes Atomkraftwerk in Deutschland hat eine Leistung von bis zu 1400 MW. Nach Schätzungen des Borderstep Instituts wird der zunehmende Einsatz von IT-Systemen dazu führen, dass der Energiebedarf deutscher Rechenzentren bis zum Jahr 2025 auf 16,4 Mrd. kWh im Jahr wächst. Auch hier ein Vergleich: Schon rund fünf Milliarden kWh jährlich reichen aus, um eine Großstadt wie Köln mit Energie zu versorgen.

    Wie kostenlos ist Freikühlung überhaupt?

    Wer von Freikühlung im Zusammenhang mit Klimatechnik redet, meint damit nicht ein vollständig kostenfreies System zur IT-Kühlung. Vielmehr geht es darum, die Nutzung von kompressorbasierten Kältemaschinen so weit wie möglich zu reduzieren. Im Idealfall bis zu einem Punkt, an dem nur noch Energie für die Lüfter des Freikühlers und für eventuelle Pumpen für das Kaltwasser benötigt wird. Die Effizienz des Gesamtsystems hängt daher sehr stark von den jeweiligen klimatischen Bedingungen vor Ort ab: Ein Rechenzentrum in Skandinavien wird deutlich günstiger arbeiten als an einem Standort in Südeuropa.

    Bei der Freikühlung nutzen die Anlagen das Konvektionsprinzip: Dem zu kühlenden Medium, meist ein Wasser-Glykol-Gemisch, wird mittels der Umgebungsluft die Wärme entzogen. Dies erfolgt über einen im Außenbereich aufgestellten Freikühler. Dieser kann zum Beispiel einen Lamellenwärmeübertrager oder eine vergleichbare Technologie enthalten, durch den das warme Wasser strömt. Hierbei wird dem Wasser ihre Wärme entzogen und je größer die Kontaktfläche der Lamellen ist, desto effizienter arbeitet das System. Über zusätzliche Ventilatoren lässt sich die durchströmende Luftmenge erhöhen und damit die Kühlleistung steigern. Der Lohn des Aufwands: Ein geringer Energieaufwand für die Kälteerzeugung. Die erreichbare Vorlauftemperatur liegt jedoch hierbei nur knapp über der Umgebungsluft. Als Richtwert bei der Auslegung arbeiten Klimatechniker mit etwa +3 °C.

    Direkte Freikühlung: Vor- und Nachteile

    Bei der Realisierung der Freikühlung wird unterschieden in direkte und indirekte freie Kühlung. Die direkte Freikühlung nutzt das Kühlmedium möglichst direkt, um damit die entstehende Wärme im Rechenzentrum zu eliminieren. Beispielsweise nutzen große Rechenzentrumsbetreiber mit homogenen Umgebungen die Außenluft direkt zur Kühlung – blasen also tatsächlich die Außenluft in das Rechenzentrum. Ein Beispiel hierfür liefert das selbstkühlende Rechenzentrum von Yahoo im US-Bundesstaat New York nahe der Grenze zu Kanada. Über Lamellen in den Seitenwänden strömt die kalte Luft direkt ins Gebäude, während die warme Luft über die Dachkonstruktion abgeführt wird. Im Idealfall wird bei dieser Lösung lediglich für die Luftbewegung durch Lüfter zusätzliche Energie benötigt.

    So einfach wie das Prinzip klingt, so kompliziert ist es, die prinzipiellen Nachteile dieser Methode auszugleichen. Die einströmende Luft muss nämlich über Filteranlagen gereinigt werden. Außerdem sind Maßnahmen notwendig, um wetterbedingte Temperaturschwankungen auszugleichen. Über einen Mischer lässt sich einer zu kalten Außenluft gezielt warme Abluft aus dem Rechenzentrum zuführen. Bei zu warmen Außentemperaturen muss jedoch ein Kältekompressor hinzugeschaltet werden. Eine weitere Herausforderung ist die sich ständig verändernde Luftfeuchte. Zu feuchte, aber auch zu trockene Luft kann die Lebensdauer der IT-Komponenten negativ beeinflussen. Zudem müssen die zum Ansaugen der frischen Luft notwendigen Kanäle sehr groß sein und verlangen daher einen sicheren Schutz vor Nagetieren und Insekten.

    Adiabatische Kühlung: Achtung Keimbildung

    Mit dem Prinzip der adiabatischen Kühlung steht eine ergänzende Technologie bereit, um die Effizienz der direkten Freikühlung zu verbessern. Noch bevor die einströmende Luft auf einen Wärmeübertrager trifft, wird sie mit zerstäubtem Wasser versetzt. Die feinen Tropfen führen dazu, dass das Wasser in dem warmen Luftstrom sofort verdunstet. Bei diesem Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand findet eine thermodynamische Zustandsänderung statt, durch die das Wasser der umgebenden Luft Wärme entzieht. So ist es möglich, die Vorlauftemperatur eines Kühlsystems zusätzlich zu senken. Eine der Herausforderungen dieser Methode liegt in der Gefahr einer Keimbildung. Überall dort, wo mit Wasser gearbeitet wird, besteht die Gefahr von Legionellenbildung. Daher sind zusätzliche Schutzmaßnahmen notwendig, beispielsweise durch regelmäßige Reinigung, einen hohen Wasserdurchsatz oder die Abschirmung gegen Sonnenlicht. Insgesamt betrachtet bieten adiabate Kühlsysteme viel Potenzial für die Energieoptimierung, verlangen jedoch eine präzise Planung und einen erfahrenen Experten für die Umsetzung.

    Wer viel Wasser nutzt, sollte den Verbrauch im Blick haben: Für die Verwendung im Rechenzentrum definierte der Verband The Green Grid“ daher die Kennzahl Water Usage Effectiveness (WUE). Mit dieser Kennzahl wird der jährliche Wasserverbrauch in Relation zum Stromverbrauch der aktiven IT-Komponenten gesetzt. Die Einheit der WUE-Kennzahl ist Liter pro Kilowattstunde (l/kWh). Die Auswertung dieser Angabe kann im Rahmen der Ermittlung weiterer Verbrauchswerte erfolgen und trägt so dazu bei, die laufenden Kosten für den IT-Betrieb zu optimieren.

    Indirekte freie Kühlung: Saubere Lösung

    Wer für eine mittlere IT-Infrastruktur von bis zu rund 200 kW ein Kühlkonzept sucht, wird sich in unseren Breitengraden meist für eine indirekte Kühlung entscheiden. Dies gilt insbesondere für Unternehmen aus dem Mittelstand, die nur selten über die Ressourcen verfügen, außergewöhnliche Kühlsysteme zu entwickeln.

    Bei den indirekten Systemen kühlt die Außenluft eine Wärmeträgerflüssigkeit wie Wasser, die für die Kühlung innerhalb des Gebäudes verwendet wird. Das Wasser ist also das Medium, mit dem die Kälte in das Rechenzentrum transportiert wird – immerhin leitet Wasser die Wärme bis zu 4000- mal besser ab als Luft. Ein weiterer Vorteil: Es wird keine Luftfeuchtigkeit von außen in das Gebäude getragen. Da auch keine Kühlluft von außen in das Rechenzentrum geblasen wird, sind weniger Filtersysteme notwendig. Allerdings müssen mindestens ein Luft/Wasser-Wärmeübertrager sowie Pumpen im Kaltwassersystem vorhanden sein, die zum Betrieb elektrische Energie benötigen. Viele Unternehmen bevorzugen eine solche Lösung mit indirekter Kühlung, da diese sauber ist und stabil sowie vorhersagbar arbeitet. Schwankende Wetterbedingungen und durch die Jahreszeiten ausgelöste Temperaturänderungen fängt diese Methode sehr gut auf.

    Meerwasser kühlt die IT

    Ein Beispiel hierfür ist das Lefdal Mine Datacenter, ein hochskalierbares und effizientes Cloud-Rechenzentrum an der norwegischen Küste. Die Entwickler setzen auf eine effiziente Kühlung über Meerwasser aus dem anliegenden Fjord. Das rund 8 °C kalte Wasser kühlt in einem Wärmeübertrager das Wasser im Sekundärkreis des Rechenzentrums. Da Wetter- und Temperaturbedingungen recht beständig sind, haben die Betreiber das thermodynamische System sehr stabil unter Kontrolle. Einzig das aggressive Meerwasser verlangt den Einsatz von titaniumbeschichteten Oberflächen innerhalb des primären Kühlkreislaufes.

    Praxis-Tipp: Individuelles Kühlkonzept

    Für manche Kühlkonzepte – wie zum Beispiel bei dem Lefdal Mine Datacenter – ist eine minimale Last des Rechenzentrums notwendig, um zu kaltes Wasser aufzuwärmen. Daher muss bei der Auslegung eines Kühlsystems zu Beginn eine Bewertung der minimalen Last erfolgen, die für den Betrieb notwendig ist. Ein weiterer wichtiger Punkt für die Praxis: Ein Kühlkonzept sollte immer individuell ausgelegt und berechnet werden. Anbieter wie Rittal verwenden beispielsweise aktuelle Wetterdaten, um die Temperaturen für eine Freikühlung an den jeweiligen Standorten individuell zu berechnen. Weitere bedeutende Parameter sind die Luftfeuchte und der Taupunkt. Die notwendigen Richtlinien für diese Parameter liefert der weltweit anerkannte Industrieverband ASHRAE. Gemeinsam mit den Herstellern werden hier Bedingungen definiert, unter denen eine IT-Umgebung sicher betrieben werden kann. Daher ist es beispielsweise zulässig, einen Server auch bei einer Umgebungstemperatur von 25 °C zu betreiben.

    Fazit

    Die in großen Rechenzentren, wie bei Facebook, Google oder anderen Hyperscalern, verwendeten Kühlkonzepte lassen sich in der Regel nicht so einfach adaptieren. Dies sind individuell konzipierte Lösungen, unter Berücksichtigung der IT-Infrastruktur, der Nutzung der Systeme sowie der Umgebungsparameter. Allerdings sind die Kosteneinsparungen auch enorm und rechtfertigen den Aufwand für Planung und Betrieb. Wer auf Nummer sicher gehen will, wählt eine geschlossene Kühllösung, die man über alle Parameter des Kühlkreislaufs hinweg kontrollieren kann.

    www.rittal.de

    Bernd Hanstein,

    Hauptabteilungsleiter Produktmanagement IT bei Rittal, Herborn

    Christian Abels,

    Referent Produktkommunikation bei Rittal, Herborn

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