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Aktualisierte AMEV-Richtlinie zu RLT-Anlagen

Hilfestellung für Planung und Ausführung

In Anlehnung an die europäische Normung werden einerseits den Planern und dem Bauherren größere Freiräume gegeben, aber andererseits Vorgaben gemacht, die der Planung und Ausführung zugrunde gelegten Ausgangswerte schriftlich zu vereinbaren.

Die vorliegende Richtlinie stellt insbesondere für den Bauherrn ein gutes Kompendium für RLT-Lösungen unter dem Aspekt der Lüftungstechnik und der zu vereinbarenden Werte dar. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie Instandhaltungsmaßnahmen (Bauunterhaltung) in Gebäuden staatlicher und kommunaler Verwaltungen, wobei spezielle Richtlinien und Festlegungen einzelner Verwaltungen davon unberührt bleiben.

Verbesserungspotenzial vorhanden

Die folgenden Bemerkungen dienen einerseits dazu, auf offen gebliebene Aspekte aufmerksam zu machen und anderseits als Hinweise für eine Aktualisierung insbesondere bezüglich der im Jahr 2011 erschienenen nationalen technischen Regeln. Weiterhin sei auf Bemerkungen in [4] verwiesen. Denn die Richtlinie beschränkt sich ausschließlich auf die Lüftungstechnik zur Abführung von Geruchs- und Schadstoffen, die Rückgewinnung von Wärme- bzw. Kälteenergie und die Kühlung von Räumen. Es wäre wünschenswert gewesen, auf die gesamte Palette einer Raumluftkonditionierung hinzuweisen, wie in [2] vorgeschlagen wurde.

In [2] wurde eine gegenüber [3] erweiterte Darstellung vorgeschlagen. Grund dafür ist, dass zum einen die Heizlast neben der thermischen Gebäudeeigenschaft durch die baulich bedingte Infiltration und/oder den hygienisch erforderlichen Mindest-Außenluftvolumenstrom beeinflusst wird. Zum zweiten wird die Kühllast durch die thermischen Gebäudeeigenschaften und den hygienisch erforderlichen Mindest-Außenluftvolumenstrom tangiert. Denn im End­effekt haben sowohl die Lüftung bzw. Klimatisierung als auch die Heizung bzw. Kühlung die primäre Aufgabe, die entsprechenden zu vereinbarenden bzw. normativ vorgegebenen oder empfohlenen Raum(luft)konditionen, ihren zeitlichen Verlauf und die Änderungsgeschwindigkeiten zu garantieren.

Die generelle Übersicht über die möglichen Systeme erscheint sinnvoll und zweckmäßig, um die Vielfalt der Möglichkeiten zur Konditionierung eines Raum(luft)-zustandes charakterisieren zu können.

Damit sollte die traditionelle Abgrenzung zwischen Heizen, Lüften und Klimatisieren entfallen, weil

  • es nicht mehr die Lösung gibt,
  • es verschiedene Kombinationen von technischen Lösungen gibt, um die Raumluftkonditionen zu erreichen, und
  • es damit zukünftig offen ist, neue Lösungsansätze zu konzipieren.

Der Begriff Konditionierung wurde einerseits gewählt, weil er die Prozesse Heizen, Kühlen, Befeuchten und Entfeuchten in ihrer Gesamtheit einschließt und sich nicht nur auf eine Temperierung in Form von Heizen und/oder Kühlen konzentriert und weil er andererseits mit der englischen Version der Klimatisierung (Air Conditioning) eine gewisse Kongruenz verdeutlicht. Deshalb sollte zukünftig von Raum(luft)konditionierungsanlagen (RKA) gesprochen werden. Der Hinweis auf die Luft soll verdeutlichen, dass

  • im Allgemeinen dem Raum Außenluft (Mindestaußenluftvolumenstrom) zugeführt werden muss,
  • durch den Nutzer die Qualität der Raumluft empfunden wird und
  • die praxisrelevante Mess- und Regelgröße die Raumlufttemperatur ist.

In den Grundsatzbemerkungen wird auf die Bemessung des Zuluftvolumenstromes (besser: Mindest-Außenluftvolumenstrom) in Abhängigkeit der Behaglichkeitskriterien für den Winter- und Sommerfall und der Schadstoffbelastung durch die Nutzung und den Baukörper eingegangen.

Ebenso enthält dieser Abschnitt gute Hinweise zu Fragen der integralen Planung, der Entscheidung zur Zentralisierung bzw. Dezentralisierung und der Notwendigkeit der Anwendung von Simulationsprogrammen in der Vorplanung zur Optimierung der Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeit und Raumkonditionen.

Informationspaket im Kapitel 1

Das Kapitel 1 beinhaltet komprimierte Informationen u. a. zu gesundheitstechnischen Anforderungen, der Vorplanung, der Luftbefeuchtung, der Abnahme und den Leistungsmessungen, dem Betrieb der Anlagen sowie in Anlehnung an die EnEV (§ 12) zur Inspektion von Klimaanlagen.

Bemerkenswert sind die Aussagen zur Befeuchtung, wobei der dargestellte Zusammenhang zwischen spezifischer Kühllast, der Lüftungsform und der Befeuchtung schwer nachvollziehbar ist. Neben der Befeuchtung sollten auch Aspekte der Entfeuchtung aufgenommen werden, da neben hygienischen Aspekten aus Gründen der immer dichteren Bauweise und der Verwendung von wenig feuchtespeichernden Materialien im Gebäude diese zur Vermeidung von Bauwerksschäden notwendig werden.

Beschreibung von Systemen und Komponenten

Im Kapitel 2 werden Systeme und Bauelemente beschrieben, wobei einerseits bei den Anlagensystemen die Luft-Kältesysteme und Fassadenlüftungsgeräte keine Erwähnung finden und andererseits die Aussagen zu den Grenzen für den Einsatz von KVS- und VVS-Anlagen unter Bezug auf die spezifische Lasten überdenkenswert sind.

Im Abschnitt 2.3.6 Wärmetauscher (richtigerweise: Wärmeübertrager) werden Aspekte der WRG (in Kapitel 3.2 näher erläutertet) und der Auslegung der Wärmeübertrager in kaum nachvollziehbarer Weise miteinander verknüpft.

Energetische Fragen behandelt

Das Kapitel 3 beinhaltet Hinweise zu energiewirtschaftlichen Aspekten. Das Kapitel 3.2 (WRG) ist hinsichtlich der verwendeten Termini und des Bezuges auf die technische Regel (nicht mehr VDI 2071, sondern VDI 3803 Bl. 5) sowie der Angaben über die Grenzen für die Wirtschaftlichkeit (Übertragungsgrade, Betriebsstunden) kritisch zu bewerten und ist überarbeitungswürdig. Warum im Abschnitt 3.3. die Bezeichnung adiabate Fortluftkühlung verwendet wird, ist nicht nachvollziehbar, wo es doch einen entsprechend bekannten Begriff (DEC-Verfahren bzw. SGK-Verfahren (sorptions­gestützte Klimatisierung) gibt.

Lobenswert ist die Aufnahme des Aspektes des Energiemonitorings. Da die Anlagen auch hinsichtlich der Gebäudeautomatisierung immer komplexer werden, sollte dem Monitoring im Hinblick auf die Gewährleistung der Parameter und des prognostizierten Energieverbrauchs wesentlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Beispiele für konkrete Anwendungen

Kapitel 4 enthält ein Kompendium von Anforderungen und Auslegungsdaten für eine Vielzahl von Anwendungsbereichen für öffentliche Gebäude. Ergänzend sind in Anhang 1 Auslegungsdaten für übliche Raumnutzungsarten aufgelistet. Hier wäre es wünschenswert, die nach DIN EN 13779 bzw. VDI 4700 Bl. 2 verwendeten Bezeichnungen für die Luftvolumenströme bzw. Luftzustände zu verwenden bzw. dies auch im gesamten Text (z. B. Kapitel 1.4.3: statt IDA = RAL) umzusetzen.

Obwohl in der Bemerkung des Anhanges 1 auf die freie Lüftung verwiesen wird, die u. a. kombiniert mit einer RLT-Anlage (Hybridlüftung) angewendet werden kann, fehlen in der Unterlage sowohl Hinweise zu deren Einsatzgrenzen, Vor- und Nachteilen als auch zu weiterführender Literatur.

Zusammenfassung

  • Die AMEV-Richtlinie 111 von 2011 ersetzt die Ausgabe von 2004 und ist eine komprimierte Unterlage mit Hinweisen zur Planung und zum Betrieb von RLT-Anlagen unter Berücksichtigung einer Vielzahl von technischen Regeln, die im Anhang 3 gelistet wurden.
  • Das Spektrum der Raum(luft)konditionierungsanlagen umfasst wesentlich mehr Systeme als in der Unterlage betrachtet wurden. Das sollte bei einer Überarbeitung Berücksichtigung finden.
  • Einige postulierte Zusammenhänge sind unzureichend nachvollziehbar und teilweise entsprechen die verwendeten technischen Termini nicht denen der aktuellen technischen Regeln.
  • Der Anhang 1 stellt eine gute Zusammenfassung von Auslegungsgrundlagen dar. -

Literatur:

[1] AMEV-Richtlinie 111: RLT-Anlagenbau 2011 Hinweise zur Planung und Ausführung von Raumlufttechnischen Anlagen für Gebäude, Berlin 2011

[2] Trogisch, A.: Was ist eine Klimaanlage?, Sanitär- und Heizungstechnik (SHT), 2011, H. 5, S. 5055, Krammer Verlag Leipzig GmbH

[3] Recknagel/Sprenger/Schrameck, Taschenbuch für Heizung + Klimatechnik, Oldenbourg-Verlag München/Wien, 70. Auflage, 2005/06

[4] Stahl, M.: RLT-und Klimaanlagen für öffentliche Gebäude, 2012, CCI-Zeitung, CCI-Dialog GmbH, Karlsruhe, H. 10, S. 2328

Prof. Dr.-Ing. Achim Trogisch

HTW Dresden, Fakultät Maschinenbau / Verfahrenstechnik, LG TGA

Achim Trogisch, Dresden

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