2001 verabschiedete das Land Hessen das Gesetz zur staatlichen Anerkennung von Berufsakademien. Für den damaligen Schulleiter der Bundesfachschule, Dietmar Schittenhelm, war es die Initialzündung. Wir beide haben uns damals zusammengesetzt und die neuen politischen Grundlagen angeschaut“, erinnert sich ManfredSeikel rückblickend. Danach war klar, das würde zu uns und der Bundesfachschule passen!“ Ab diesem Zeitpunkt nahm ein duales Ingenieurstudium für Kälte- und Klimatechnik erste Formen an. Was keiner erwartet hatte, waren die hohen Hürden, die ein privater Träger für die Übernahme dieser hoheitlichen Aufgabe nehmen musste.
Formale Schritte
Als ersten Schritt erwirkte die Geschäftsleitung beim Vorstand der Landesinnung Hessen Kälte-Klima-Technik den Gründungsbeschluss für eine Berufsakademie. Es folgten Beratungen mit dem Bundesfachschul-Kuratorium über Inhalte und Studiengänge. Schon damals drohte ein Ingenieurmangel und man entschied, zunächst folgende Studiengänge anzubieten: Dipl.-Ing. Kältesystemtechnik (BA) und Dipl.-Ing. Klimasystemtechnik (BA).
Ministerin als Namenspatin
Dietmar Schittenhelm begann mit der Ausarbeitung der Studieninhalte. Die Bundesfachschul- und späteren ESaK-Dozenten Volkart Otto, Ingo Kluge und Claus Heyland unterstützten bei den Fachinhalten. Für die staatliche Anerkennung musste eine Evaluation durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst erfolgen. Voraussetzungen dafür waren unter anderem Studien- und Wirtschaftlichkeitspläne. Auch war die Frage zu klären, warum die Branche überhaupt einen eigenen Ingenieur braucht. Landesinnung, Geschäftsführung, Schulleitung, Kuratorium – alle arbeiteten Hand in Hand zusammen. Unterstützt wurde das Vorhaben aber auch von außen. Denn großen Rückhalt gab insbesondere der hessische Landtagsabgeordnete Hugo Klein, der von der Idee überzeugt war.
So kam es schließlich zu einem erstenGespräch mit Hessens Ministerin für Wissenschaft und Kunst,Ruth Wagner, das für den Fortgang einer Evaluation entscheidend war. Ihre Antwort fiel zustimmend aus. Mehr noch. Zum Abschluss aller Ausführungen und den Gedanken zur Namensgebung befand die damalige Ministerin: Wir sollten in diesem Zusammenhang doch gleich europäisch denken.“ So kommt es, dass sich die Bildungseinrichtung seit dem ersten Tag Europäische Studienakademie Kälte-Klima-Lüftung“ nennt.
Harte Evaluierungsphase
Dann folgte der wichtigste Baustein des gesamten Vorhabens: Der Antrag auf Evaluation an die Zentrale Evaluations- und Akkreditierungsagentur Hannover (ZEvA). Umfassendes Material war einzureichen, zahlreiche Vorgaben zu erfüllen, gleich einer Hochschule oder Universität. Der Aufwand war enorm. Die Evaluation konnte letztendlich erfolgreich abgeschlossen werden. Parallel dazu lief übrigens auch die Suche nach Praxispartnern und Dozenten, zwei nicht minder schwierige Unterfangen.
Das erste ESaK-Semester
Am 1. Oktober 2004 starteten schließlich die ersten Studierenden mit der Praxisphase 1“ in ihren Betrieben. Allerdings stand kurz vorher die staatliche Anerkennung der ESaK als Berufsakademie noch aus. Und die Studien- und Praxispartnerverträge waren schon lange geschlossen. Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhardt überreichte am 16. September 2004 – rechtzeitig vor dem Start der ESaK – die vom hessischen Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Cortes, unterzeichnete Urkunde an die neue ESaK-Leitung. Damit war die Staatliche Anerkennung der Europäischen Studienakademie Kälte-Klima-Lüftung in Trägerschaft der Landesinnung Hessen Kältetechnik mit Sitz in Maintal für die Ausbildungsgänge Kältesystemtechnik und Klimasystemtechnik befristet bis zum 31. Dezember 2007“ perfekt – so nachzulesen auf der Urkunde.
Und drei Jahre später war es vollbracht. Im Rahmen einer Diplomfeier an der Akademie erhielten am 28. September 2007 die ersten 13 Ingenieure und eine Ingenieurin der Fachrichtung Kältesystemtechnik oder Klimasystemtechnik vom damaligen Akademieleiter Prof. Dr.-Ing. Stephan Engelking ihre Diplome. Im Namen der ganzen Gruppe verabschiedete sich einer der Studenten mit den folgenden Worten: Die drei Jahre Ausbildung an der Europäischen Studienakademie Kälte-Klima-Lüftung in Maintal werde ich niemals vergessen, sie waren toll: Wir haben unglaublich viel gelernt, wurden beim Praxispartner optimal auf unsere kommende berufliche Tätigkeit vorbereitet und haben in der kleinen Studentengruppe auch Freundschaften fürs Leben geschlossen!“
Neue Leitung und Semesterprojekte
Im April 2009 erfolgte dann der Wechsel der Akademieleitung. Dr.-Ing. Dominik Cibis übernahm die Leitung der ESaK. Im gleichen Jahr startete erstmals ein von der BFS-ESaK-Stiftung gefördertes Semesterprojekt. Vier Studenten aus dem Wintersemester 07 restaurierten und modernisierten eine historische Anlage zur Erzeugung von flüssigem Stickstoff. Die Anlage steht heute im Maschinenlabor und dient zur Veranschaulichung von Unterrichtsinhalten. Diese Pioniertat war der Start einer Reihe weiterer Projekte zur Wiederbelebung“ historischer Kälteanlagen, die hoffentlich noch viele Fortsetzungen finden wird.
Ebenfalls gefördert durch die BFS-ESaK-Stiftung konnte Gerhard Frey als erster ESaK-Student seine Diplomarbeit im Ausland verfassen. Er schrieb diese an der US-amerikanischen Perdue University in West Lafayette. Seitdem gibt es jedes Jahr mindestens ein Stipendium für einen Studierenden, der die Zeit der Abschlussarbeit an einer Partneruniversität im Ausland verbringt. Und 2011 wurde die Studienakademie noch ein bisschen internationaler. Denn es kamen weitere Kooperationen hinzu: Die University of Maryland (Maryland), das norwegische Forschungsinstitut SINTEF, eine der größten norwegischen Universitäten NTNU in Trondheim und das Polo-Institute in Brasilien. Im Jahr 2015 verfassten sogar drei Studierende ihre Abschlussarbeit bei Partneruniversitäten.
Das Jahr 2010 bringt den Bachelor“
Das Jahr 2010 stand im Zeichen des Bologna“-Prozesses. Diesem musste auch die ESaK folgen, um zukünftig den Bachelor of Science“ Fachrichtung Kältesystemtechnik bzw. Klimasystemtechnik verleihenzu dürfen. Die Hürde hieß abermals Akkreditierung“, diesmal durch die Akkreditierungsagentur ASIIN. Erneut wurden zahllose Unterlagen gesammelt, um alle Anforderungen zu erfüllen – mit Erfolg. Und so tragen die Studienanfänger des Wintersemesters 2010, die 2013 ihren Abschluss machten, als erster Jahrgang den Titel Bachelor of Science“. Durch die Internationalisierung und die Umstellung auf den Bachelor haben Studenten der ESaK seither auch die Möglichkeit, ein weiterführendes Masterstudium an einer anderen Hochschule im In- und Ausland zu absolvieren und viel-leicht anschließend auch zu promovieren.
Großes Lob vom Land
Am 9. Januar 2012 besuchte die hessische Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann die Europäische Studienakademie. Danach schilderte sie ihre Eindrücke wie folgt: Die ESaK hat sich mit ihrem Studienangebot ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal geschaffen und bis heute – auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten – erfolgreich erhalten. Die duale Ingenieurausbildung ist für die Kälte- und Klimabranche tatsächlich einzigartig. Die ESaK bietet das Duale Studium nach einem in Hessen festgelegten Standard an und garantiert so die Qualität des Dualen Studiums Hessen.“
Kältemittelzukunft interessiert
Das Jahr 2014 stand dann in vielerlei Hinsicht im Zeichen natürlicher Kältemittel. Nicht nur auf der internationalen Fachmesse Chillventa im Oktober waren sie ein großes Thema, sondern auch an der ESaK befasste man sich damit. So war ein Höhepunkt dieses Jahres die Inbetriebnahme einer fast hundertjährigen historischen Kältemaschine, bekannt unter dem Namen Rot-Silber-Kühlautomat“ oder Audiffren-Singrün-Maschine“. Ursprünglich sollte sie für die Erklärung der Funktion nur als Schnittmodell aufbereitet werden. Doch die Studenten wurden vom Ehrgeiz gepackt und begannen die Inbetriebnahme der gesamten Maschine. Der über 90 Jahre alte Kühlautomat läuft heute noch mit der ersten Kältemittel- und Ölfüllung auf natürlicher Basis und konnte bereits auf der Chillventa 2014 und der ISH 2015 bestaunt werden.
Die jüngsten Ereignisse
Im Jahr 2014 gab es neben dem üblichen Studentenwechsel im September/Oktober auch einen Personalwechsel bei der ESaK. Prof. Dr. Cibis übergab die Leitung der Studienakademie an seinen NachfolgerProf. Dr. Alexander Krimmel. Zu seiner Unterstützung wurden Kerstin Büttner als Assistentin der Akademieleitung und zusätzlich seit März 2015 Regina Speranza eingestellt.
Die Studierenden der Europäischen Studienakademie Kälte-Klima-Lüftung können heute bei ihrem Studium von optimalen Bedingungen profitieren: Sie wohnen auf dem Campus im Internat, modern ausgestattete Hörsäle stehen ganztägig als Lernräume zur Verfügung und eine fachbezogene Bibliothek sorgt für ausreichend Nachschlagewerke. Rund 20 Dozenten kümmern sich um eine intensive theoretische Studienbetreuung und durch die Nutzung der Infrastruktur der Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik bieten sich als Ergänzung zu den Praxispartnern jede Menge Möglichkeiten, weiterer praktischer Anwendungen – wie die Semesterprojekte zeigen. Nachdem schon seit längerem ein Mathematik-Vorkurs angeboten wird, haben die Studienanfänger bei Bedarf jetzt auch die Möglichkeit, in einem Kältetechnik-Vorkurs die wichtigsten praktischen Grundlagen kennenzulernen. Inzwischen haben 171 Studenten ihren Abschluss gemacht. Die nächsten 21 sind seit dem Wintersemester 2015 neu eingeschrieben. Für Ingenieur-Nachwuchs“ ist dank der ESaK also dauerhaft gesorgt. Und in der Zwischenzeit wurde auch die Zertifizierung der ESaK verlängert – bis zum Jahr 2021!
Achim Frommann,
PR Werkstatt NutzWort, Sasbach
Fußnoten
150 Jahre BFS und 10 Jahre ESaK – Teil 1 Wie alles begann“, KK 11/2015; Teil 2 Grenzenloses Bildungsangebot“, KK 12/2015