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Frauen im Handwerk: Milena Kuhrts

KältenKlub: Mechatronikerin für Kältetechnik – der Beruf ist technisch und dazu wenig bekannt. Wie bist Du dazu gekommen?

Milena: In die Kältetechnik bin ich eher zufällig gekommen. Nach meinem Abitur habe erstmal ein Jahr an der Kasse von einem Supermarkt gearbeitet, da ich absolut nicht wusste, was ich mal machen möchte. Ich wusste nur, was ich nicht möchte - Langeweile. Im Mai, also kurz vor Beginn meines BWL-Studiums (was ja viele erstmal machen, wenn sie nicht wissen, wohin mit sich) habe ich dann den Entschluss gefasst, mich mal in der Jobbörse umzuschauen. Irgendwie bin ich dann immer bei den handwerklichen Berufen hängen geblieben. Elektrikerin, Mechatronikerin, Maschinenbau - das waren die Richtungen, die mir gefallen haben. Als ich dann die Anzeige: „Auszubildende Mechatroniker/-in für Kältetechnik gesucht“ gelesen habe, habe ich sofort gewusst: das ist es, hier sind alle meine Interessen vereint. Am selben Tag noch habe ich angerufen, die Woche danach ein Praktikum gemacht und schon am zweiten Tag war die Entscheidung gefallen.

KältenKlub: In technischen Berufen allgemein, und natürlich auch in der Kälte sind Frauen in der Unterzahl – Woran, denkst Du, liegt das?

Milena: Dass Frauen noch immer in der Unterzahl sind, liegt vermutlich an den veralteten Rollenbildern. Die Frau kümmert sich um die Kinder, macht den Haushalt und hat einen Teilzeitjob in irgendeinem Büro von 8-12 Uhr. Gerade die ältere Generation hat noch Schwierigkeiten, Frauen im Handwerk zu akzeptieren. Zusätzlich wird das Handwerk oft noch als „Drecksarbeit“ angesehen. So oft habe ich mir schon anhören müssen, warum ich denn als Frau im Handwerk arbeite, es gäbe doch so viele einfachere Jobs. Nicht selten kam auch schon die Frage, ob ich denn keinen Schulabschluss hätte und/oder nichts anderes gefunden hätte. Auch meine Eltern waren anfangs skeptisch, denn schließlich habe ich Abitur und hätte studieren können. Dass das Handwerk aber nicht mehr nur noch „abrackern und den Körper kaputt machen“ ist, haben viele noch nicht mitbekommen.

Milena Kuhrts erzählt von ihren Erfahrungen im Berufsalltag.

Bild: KältenKlub

Milena Kuhrts erzählt von ihren Erfahrungen im Berufsalltag.

KältenKlub: Wie sehen Nachteile und Vorteile im Arbeitsalltag gegenüber Deinen männlichen Kollegen aus?

Milena: Nachteile gibt es in Bezug auf die Arbeit an sich eigentlich kaum. Es ist eher der Umgang mit mir, der Probleme bereitet. Natürlich bin ich vielleicht nicht so stark wie einige männliche Kollegen, aber dafür gibt es Hilfsmittel. (Außerdem: wenn eine Frau einen starken Mann um Hilfe bittet, welcher Mann sagt da schon nein?) Ein Nachteil ist aber definitiv der fehlende Respekt mir gegenüber. Oft werde ich nicht ernst genommen und muss mich Kollegen, aber vor allem auch Kunden gegenüber erstmal beweisen. Es gibt aber auch Vorteile. Viele Kunden, vor allem Frauen, freuen sich, wenn mal eine Frau zu Ihnen kommt. Eine Kundin war mal total erleichtert, als ich mitten in der Nacht zu ihr gefahren bin und nicht einer meiner Kollegen. Oft helfen auch meine kleineren Hände bzw. generell meine Körpergröße oder auch die andere Denkweise. Ich bin der Meinung, dass wir Frauen teilweise logischer und praktischer an Probleme ran gehen, da wir eben nicht die Muskelkraft besitzen, wie Männer. (Ach ja, Türen werden mir auch ständig aufgehalten und teilweise muss ich nicht einmal mein Werkzeug tragen :-)

KältenKlub: Wie wirst Du bei Kunden angenommen? Hattest Du schon mal unangenehme Situationen? Wenn ja, wie hast Du Dich verhalten?

Milena: Fast immer sind die Kunden überrascht, wenn ich bei ihnen aufschlage. Die Frage: „Bist du ganz alleine hier?“ bekomme ich nahezu täglich. Überwiegend werde ich sehr positiv bei Kunden angenommen, negative Reaktionen gab es aber leider auch schon. Es ist nicht selten, dass Kunden sich hinter mich stellen und akribisch darauf achten, was ich mache und meinen zusätzlich, mir Ratschläge geben oder erklären zu müssen, wie ich meine Arbeit zu erledigen habe. (Ich würde aber behaupten, das passiert auch einigen Männern) Die unangenehmste Erfahrung hatte ich vor etwa drei Jahren, als ich eine defekte Kühlvitrine reparieren sollte. Ich stand beim Kunden und habe mich anmelden wollen, als der Kunde ohne mich zu begrüßen gleich fragte: „Und wo ist dein Kollege?“ Ich habe ihm dann erklärt, dass ich alleine da bin und das kann. Da fing der Kunde an zu pöbeln und meinte mich beleidigen zu müssen, was ich als kleines Mädchen denn da wolle, er hätte einen Handwerker bestellt und kein kleines Püppchen. Er wollte in der Firma anrufen und sich beschweren. Meine damalige Firma hat mir zum Glück freigestellt, was ich machen möchte, aber wenn der Kunde weiterhin auf einen Mann besteht, dann muss er mindestens vier Wochen warten. Zähneknirschend hat der Kunde mich dann zu seiner Kühlvitrine gebracht. Als ich dann mit meiner Arbeit fertig war, hat er ohne ein Wort meinen Zettel unterschrieben und hat auch die Male danach nie wieder ein schlechtes Wort über mich verloren.

Bild: KältenKlub

KältenKlub: Wenn Du etwas zu Deinem Jüngeren Ich vor der Berufswahl sagen könntest, was wäre das?

Milena: Mach nicht das, was die Gesellschaft von dir erwartet. Mach das, was dich glücklich macht, denn schließlich musst du einige Jahre in deinem Beruf arbeiten. Auf das große Geld kann man verzichten, wenn man dafür nicht alle paar Minuten auf die Uhr gucken muss, wann man denn endlich nach Hause kann. Das Geld kommt auch so - erst recht, wenn du einen Job hast, der dir Spaß macht und du automatisch gut darin wirst. Und ganz wichtig: denk nicht so viel darüber nach, was andere von dir denken. Du möchtest DICH glücklich machen, nicht sie!

KältenKlub: Vielen lieben Dank für das Gespräch.

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