KÄLTENKLUB: Mechatronikerin für Kältetechnik – der Beruf ist technisch und dazu wenig bekannt. Wie bist Du dazu gekommen?
ANNIKA: Ich wollte schon immer ins Handwerk. Mein Vater hat mir als kleines Kind vieles gezeigt und beigebracht. Einer der Lehrer in meiner Realschule hat dann mein Talent in der Naturwissenschaft und im Werkunterricht bemerkt und mich gefordert und motiviert, ins Handwerk zu gehen. Nach der zehnten Klasse wusste ich nicht so genau, in welche Richtung ich beruflich gehen will, somit habe ich dann das Abitur angefangen. Dort habe ich aber sehr schnell gemerkt, dass es mich nicht erfüllt. In der elften Klasse mussten wir ein dreiwöchiges Praktikum machen. Ich habe mich für eine Industriefirma in der Nähe entschieden. Dort habe ich eine Woche in der Feinoptik gearbeitet und zwei Wochen in der Industriemechanik. Da habe ich gemerkt, das ist meins, das will ich machen. Aber nach der elften Klasse gehen, ohne weiteren Abschluss, das wollte ich auch nicht. Somit habe ich die zwölfte Klasse erfolgreich mit dem Fachabitur abgeschlossen und währenddessen die Zeit auch genutzt, um Bewerbungen zu schreiben.
KÄLTENKLUB: In technischen Berufen allgemein und natürlich auch in der Kälte sind Frauen in der Unterzahl – Woran, denkst Du, liegt das?
ANNIKA: Es ist gar nicht so leicht, wie man denkt, eine Ausbildungsstelle im Handwerk zu erhalten. Ich habe sehr viele Bewerbungen geschrieben. Bei vielen gab es nicht mal eine Rückmeldung. Bei weiteren kam ich leider nicht in die engere Auswahl. Eine Absage ist leider sehr negativ hängen geblieben: Es wäre wohl ein Problem gewesen, eine Umkleide und Toilette für mich als Frau in der Werkstatt einzurichten. Ich habe es überhaupt nicht verstanden und war auch sehr niedergeschlagen. Ich hatte dann eine Zeit lang überlegt, ob es wirklich das Richtige für mich ist, ins Handwerk zu gehen. Aber ich wollte mich nicht ganz entmutigen lassen. Ich habe auf der Seite der Agentur für Arbeit nach offenen Ausbildungsstellen gesucht und dann eine Stelle als Mechatroniker für Kältetechnik gefunden. Eine richtige Vorstellung davon, was das sein soll, hatte ich trotz Nachschauen nicht. Aber es hat sich spannend angehört. Also Bewerbung geschrieben und losgeschickt. Es hat nicht lange gedauert, da habe ich einen Anruf aus der Zentrale der Firma erhalten und die haben mich dazu eingeladen, ein Praktikum in der Firma zu machen. Also gesagt, getan. Ich wurde sofort super aufgenommen, alle waren nett zu mir und niemand hat mir einen komischen Blick zugeworfen. Da habe ich mich sofort wohl gefühlt.
KÄLTENKLUB: Wie sehen Nachteile und Vorteile im Arbeitsalltag gegenüber Deinen männlichen Kollegen aus?
ANNIKA: Die beiden Gesellen, bei denen ich mitfuhr, haben mir auch offen Vor- und Nachteile von dem Beruf erzählt und waren total offen, was alles anging. Keiner hat etwa angedeutet, dass ich es körperlich vielleicht nicht schaffen könnte. Das hat mich sehr bestärkt. Ich hatte in der Firma am letzten Tag des Praktikums einen Einstellungstest, aber den habe ich zum Glück gemeistert. Dann ging wieder alles sehr schnell. Die Firma rief dann wieder bei mir an und erzählte mir, dass sie mich gerne als Azubine hätte. Ich war glücklich und habe die Ausbildung angenommen. Die Ausbildungszeit in dem Betrieb war sehr gut. Ich wurde gefordert und gefördert von Gesellen und Kollegen. Ich war mir nie zu schade, nach Hilfe zu fragen, wenn ich etwas nicht konnte oder etwas hochheben wollte. Das Körperliche ist also nicht mehr so das Problem. Man bekommt schon über die Zeit mehr Kraft und auch Tipps von Kollegen, wie etwas leichter geht oder man wird kreativ. Alles funktioniert, wenn man es nur will.
KÄLTENKLUB: Wie wirst Du bei Kunden angenommen? Hattest Du schon mal unangenehme Situationen? Wenn ja, wie hast Du Dich verhalten?
ANNIKA: Die Begegnungen mit Kunden waren am Anfang nicht immer so positiv wie die mit meinen Arbeitskollegen. Es gab hier und da einen abschätzigen Blick oder die Azubis wurden angesprochen, obwohl ich schon Geselle war. Es wurde gefragt, ob man mir mein Werkzeug tragen soll, ob ich die Arbeit überhaupt alleine schaffe oder ob ich Praktikantin sei, obwohl ich zu dem Zeitpunkt schon ausgelernt hatte. Ich musste lernen, damit umzugehen. Ich war weiterhin zu den Kunden höflich und habe versucht, mit Arbeit und Ehrlichkeit zu überzeugen. Das hat geklappt. Heute freuen sich die Kunden, wenn ich vorbeikomme, und das macht mich glücklich.
KÄLTENKLUB: Wenn Du etwas zu Deinem jüngeren Ich vor der Berufswahl sagen könntest, was wäre das?
ANNIKA: Ich würde nichts ändern wollen. Der Weg, den ich gegangen bin, war für mich der Richtige. Und Mädels? Traut Euch einfach. Ihr könnt alles erreichen, wenn Ihr es wirklich wollt.
KÄLTENKLUB: Vielen lieben Dank für das Gespräch.
Das Video zum Beitrag: