Eine zentrale Rolle bei der Realisierung der Energiewende kommt neben anderen erneuerbaren Energien der Erzeugung von Strom aus Windenergieanlagen auf der offenen See (Offshore) zu. Als Übertragungsnetzbetreiber arbeitet Tennet an vernetzten Systemen und Märkten, um die Versorgungssicherheit weiter zu gewährleisten. Dafür werden Projekte in Drehstrom- und Gleichstromtechnik in der Nordsee mit hohem technischem Aufwand und umfangreichen Arbeiten an Land und auf See vorangetrieben. Eines dieser Projekte ist das Netzanschlusssystem BorWin 3, das von der Siemens AG ausgeführt und nach der Fertigstellung Tennet übergeben wird. Mit dem Projekt realisiert das Unternehmen eine 900-MW-Gleichstromverbindung im Nordsee-Cluster 8.
Strom als Rohstoff der Zukunft
Gleichstrom ist vor allem auf langen Entfernungen und für große Übertragungsleistungen notwendig, beides ist bei den Netzanbindungen der Windparks auf See im Projekt BorWin 3 gegeben. Auf der Offshore-Konverter-Plattform BorWin gamma wird der auf See erzeugte Drehstrom in Gleichstrom umgewandelt und mit einem 130 km langen Seekabel sowie einem 30 km langen Erdkabel zu einer Konverterstation mit Umspannwerk nach Emden/Ost übertragen. Die Inbetriebnahme des Projektes ist für 2019 geplant.
In den Konverterstationen an Land wird der Gleichstrom zurück in Drehstrom umgewandelt und über das Umspannwerk ins Übertragungsnetz eingespeist. Um die optimale Versorgung bzw. Stromleistung zu gewährleisten, werden die Konverter (Umwandler) mit konventionellen Kühlsystemen mit Kaltwassersätzen gekühlt. Diesen Vorgang übernehmen Kühlwasserpumpen, deren Motoren wiederum gekühlt werden müssen, um eine hohe Betriebssicherheit sowie ein optimales Betriebsergebnis zu erzielen.
VRF-Wärmepumpen kühlen und heizen
Die Kühlung der Kühlwasserpumpen übernehmen VRF-Wärmepumpensysteme, da mit ihnen auch kleinere Leistungsbereiche besser abgebildet werden können. Die Vorplanungen für dieses Projekt erfolgten federführend durch Martin Pape von der Siemens AG Erlangen. Die IMF – Ingenieurgesellschaft Meinhardt Fulst GmbH aus Wolfenbüttel erstellte die kompletten Ausschreibungen und Detailplanungen der Anlagen mit Unterstützung von Manfred Klee, dem zuständigen Planerberater bei Mitsubishi Electric.
Im Betriebsgebäude gibt es eine große Anzahl an Räumen mit wärmeabgebenden Betriebsmitteln, die ganzjährig gekühlt werden müssen. Die hierbei abzuführende Wärmeenergie wird somit genutzt, um die Sozialräume (Warteraum, Besprechungszimmer und Büro) und gegebenenfalls Betriebsräume ohne Kühlbedarf im Winter zu beheizen. Die Kühlung mit VRF-Systemen bietet hier zahlreiche Vorteile gegenüber herkömmlichen Kühlsystemen. Insgesamt handelt es sich um ca. 160 kW Wärmeleistung, die im Sommer bei Auslegungstemperaturen aus dem Betriebsgebäude abgeführt werden müssen.
Ein wesentliches Kriterium bei der Auswahl der geeigneten Systeme zur Kühlung des Betriebsgebäudes war der Platzbedarf. Da der Raum im Betriebsgebäude aufgrund der komplexen Anlagentechnik optimal ausgenutzt werden soll und gleichzeitig auf höchste Energieeffizienz auch in der Peripherie geachtet wird, kommt ein VRF-R2-System zum Einsatz. Es vereint eine Wärmerückgewinnungsfunktion mit einer kompakten Bauweise und einer hohen Energieeffizienz.
Hohe Energieeffizienz auf kleinem Raum
Zur Kühlung des Betriebsgebäudes dienen wassergeführte Außengeräte der City Multi VRF-Serie zum simultanen Kühlen und Heizen des Herstellers Mitsubishi Electric. Sie sind aufgrund ihrer kompakten Bauweise gut für die Innenaufstellung geeignet und werden dort eingesetzt, wo eine hohe Kälteleistung bei geringen Aufstellmaßen im Innenbereich erforderlich ist. Dieser Vorteil setzt sich in der Gestaltung der Anlagenperipherie fort. Hier sind lediglich zwei Rohrleitungen zum Heizen und Kühlen und kleine Rohrdimensionen – wie bei direkt verdampfenden Systemen üblich – erforderlich.
Ein weiterer Vorzug sprach für die wassergekühlten Wärmepumpen: Die wassergeführten Außengeräte erzeugen auch bei niedrigen Außentemperaturen eine relativ konstante Kälteleistung und können ohne nennenswerte Sicherheitsaufschläge dimensioniert werden. Das führt zu einem gut kalkulierbaren Invest sowie geringem Platzbedarf. Darüber hinaus sind die wassergekühlten R2-Außengeräte für den weltweiten Einsatz geeignet.
Der große Vorteil dieser Lösung ist, dass salzhaltige Außenluft in Meeresnähe den wassergekühlten Außengeräten wenig anhaben kann. Es entstehen zum Beispiel keine Ablagerungen auf den Wärmeübertragern, wodurch die Effizienz über die gesamte Lebensdauer auf einem konstant hohen Niveau verbleibt. Auch in Regionen mit hohen Außentemperaturen oder Gegenden, in denen es sehr kalt ist, werden ähnliche Konverterstationen entstehen. Hier können die wassergekühlten Außengeräte zur Innenaufstellung ihre Vorteile unabhängig von den Außenbedingungen gegenüber Luft/Luft-Wärmepumpen voll ausspielen.
Zum Einsatz kommen vier Geräte vom Typ PQRY-P 600 YSLM-A mit jeweils 69 kW Kälteleistung für die Kühlung und eine Einheit vom Typ PQRY P 300 YLM-A mit 33,5 kW Kälteleistung zur Kühlung und Beheizung des gesamten Betriebsgebäudes. Die Trennung in vier bzw. fünf autarke Systeme bietet den Vorteil der Mehrfach-Redundanz. Das heißt, wenn eine Anlage zu Wartungs- oder Servicezwecken kurzfristig außer Betrieb genommen wird, ist mit den verbleibenden Einheiten eine konstante Abführung der Wärmelasten aus dem Betriebsgebäude jederzeit sichergestellt. Die wassergekühlten Varianten ermöglichen zudem eine problemlose Einbindung in die vorhandene Infrastruktur und den Einsatz bei den spezifizierten geringen Außentemperaturen. Im Außenbereich stehen luftgekühlte Rückkühler, an die die Außengeräte angeschlossen sind.
Bis zu 50 Prozent Energieeinsparung
Für die gleichmäßige und geordnete Abführung der Wärmelasten in den einzelnen Gebäudesektionen sorgen Kanaleinbaugeräte mit horizontaler Durchströmung in (je nach Anwendungsfall) unterschiedlichen Leistungsgrößen, Unterdeckengeräten und Deckenkassetten. Das gilt sowohl für die Technikräume als auch für Räume mit Personenbelegung. Da das Betriebsgebäude über keine separate Heizungs-anlage verfügt, kann hier das R2-System zum simultanen Kühlen und Heizen seine Vorteile ausspielen. Die im Kühlbetrieb aufgenommene Wärmeenergie aus den Technikräumen wird in einen Pufferspeicher geführt und kann für den Heizbetrieb in Bereichen mit Personenbelegung eingesetzt werden. Bei Bedarf wird sie dann zum Heizen der Büros, des Besprechungsraumes, der Leitwarte und der Teeküche genutzt.
Zentrale Bauteile des R2-Wärmepumpensystems sind die Kältemittelverteiler (BC-Controller), die mit dem Außengerät eine regelungstechnische Einheit bilden. Sie verteilen das Kältemittel unter verschiedenen Betriebsdrücken und Aggregatzuständen je nach Wärme- oder Kältebedarf an die entsprechenden Innengeräte. Der Einsatz der R2-Serie zum Heizen und Kühlen im Parallelbetrieb ermöglicht hier sowohl die Installation bei wenig Platz als auch eine hohe Energieeffizienz. Durch das System der Wärmerückgewinnung sind Energieeinsparungen von bis zu 50 Prozent möglich.
Der Einsatz des R2-Systems führt generell zu einer deutlich besseren Energieeffizienz und damit höheren Wirtschaftlichkeit als der Einsatz von zwei getrennten Systemen zum separaten Heizen und Kühlen. Zur Bedienung und Kontrolle der Wärmepumpen-Anlagen dient das visuelle Steuerungssystem AE-200 E. Es ermöglicht eine zentrale Steuerung und Überwachung der Außengeräte, BC-Controller und Innengeräte. In den einzelnen Räumen werden hierzu Raumfernbedienungen PAR-32 MAA eingesetzt.
Fazit
Neben der nachhaltigen Stromerzeugung aus Sonne, Wind und Wasser tragen Systeme wie beispielsweise VRF-Wärmepumpen maßgeblich zu hohen Energiesparzielen bei. In Kombination mit einer intelligenten Wärmerückgewinnung lassen sich Potenziale besser nutzen und die Effizienz der eingesetzten Systeme noch steigern.
Das Betriebsgebäude in Emden/Ost wird mittels VRF-Wärmepumpensystemen gekühlt. Maßgeblich für den Einsatz von wassergekühlten Außengeräten ist ihr gutes Verhältnis von Kälteleistung und Platzbedarf sowie ihre einfache Einbindung in die Infrastruktur. Die Ausführung als R2-System für den parallelen Heiz- und Kühlbetrieb steigert die Energieeffizienz und bietet den Vorteil, dass zum Beheizen für Räume mit Personenbelegung kein zusätzliches Heizsystem mehr benötigt wird.
Maik Sommer M. A.,
Redakteur bei der Fachpresseagentur Kommunikations-Management Schellhorn GmbH, Haltern am See