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Hybrid-Wärmepumpen und Massivabsorber kombiniert

Energie von Luft, Erde und Sonne

Private Bauherren oder Betreiber von Gewerbeimmobilien möchten ihre Gebäude heutzutage nicht nur wirtschaftlich heizen und kühlen, sondern auch die Reduzierung von CO2-Emissionen hat eine hohe Priorität. Die thermische Bauteilaktivierung, auch Betonkerntemperierung genannt, ist ein System zur Wärme- und Kälteerzeugung sowie -verteilung, das genau diese Anforderungen erfüllt: reduzierte Betriebskosten, da keine fossilen Brennstoffe zum Einsatz kommen, und eine umweltschonende Art der Temperaturregulierung durch die Nutzung der hohen Wärmespeicherfähigkeit von Beton.

Um Betonelemente thermisch zu aktivieren, sind Rohrsysteme in Decken, Böden oder Wänden integriert, durch die ein Trägermedium, zum Beispiel Wasser oder ein Wasser-Sole-Gemisch, zirkuliert. Die Bauteile nehmen die Wärme bzw. Kälte vom Medium auf, speichern sie und geben sie zeitversetzt an die Umgebung wieder ab. Da die Wärmeübertragungsflächen der Massivdecke oder -wand groß sind, kann die Vorlauftemperatur des zirkulierenden Mediums deutlich niedriger als bei einem konventionellen Heizsystem mit Radiatoren sein. Deshalb eignet sich die Betonkernaktivierung gut für einen energieeffizienten Betrieb mit Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen.

Als Energiequelle und auch als Energiespeicher für dieses System dient oft Erdwärme, aber auch Grundwasser oder Luft lassen sich für die Betonkerntemperierung nutzen. Die Wärmepumpe entzieht der jeweiligen regenerativen Energiequelle Wärme und „pumpt“ diese auf ein höheres Temperaturniveau. Diese Wärme wird an das Trägermedium weitergegeben, welches die Energie anschließend zu den Betonbauteilen transportiert.

Betonoberflächen als solare und geothermische Absorber

Neben den aktivierten Decken und Wänden spielen zunehmend auch Betonfassaden in diesem Gebäudeklimatisierungssystem eine Rolle. Hierbei werden bestimmte Elemente der Betonhülle aktiviert, das heißt ebenfalls mit Kunststoffrohren ausgestattet, in denen eine Flüssigkeit zirkuliert. Die oberirdisch montierten Betonteile nehmen so Wärme aus der Sonne auf.

Die im Bereich des Sockels oder als Kelleraußenwände installierten Elemente „absorbieren“ geothermische Energie aus dem angrenzenden Erdreich. Die Wärmepumpe entzieht dem Flüssigkeitskreislauf kontinuierlich Energie, um sie zum Heizen bzw. Kühlen der Räume zu verwenden oder zur Erwärmung des Brauchwassers. Dadurch sinkt die Temperatur der Absorberfläche unter die Temperatur der Umgebungsluft bzw. des Erdreiches, sodass sie wieder neue Energie aufnehmen kann.

Nicht benötigte Wärmeenergie kann zum Beispiel in einem Wassertank gespeichert werden. Bei einer Kombination dieses Heiz- und Kühlsystems mit einer Photovoltaikanlage lässt sich sogar der Strombedarf zum Betrieb der Wärmepumpe weitgehend decken.

Die Basis der aktivierten Fassadenelemente ist die im Hochbau etablierte Thermowand. Bei dieser vorgefertigten Doppelwand wird die Kerndämmung bereits im Werk auf der Innenseite der Außenschale aufgebracht. Die beiden Betonfertigteilschalen sind durch Gitterträger miteinander verbunden; der Zwischenraum inklusive Dämmung wird auf der Baustelle mit Ortbeton ausgegossen. Nach dem Erhärten des Betons funktioniert die Thermowand wie ein monolithisches Bauteil.

Das Unternehmen Ragano aus Nordhorn, Hersteller von Betonfertigteilen und Mitglied der SySpro-Gruppe, hat im Rahmen eines Förderprojektes die Thermowand weiterentwickelt, um sie als Absorberfläche für Wärmeenergie aus der Sonneneinstrahlung oder aus dem Erdreich nutzen zu können. Hierfür wird ebenfalls bereits im Werk zusätzlich ein Rohrleitungsnetz in die Außenschalen der Thermowände eingelegt. Nach der Fertigstellung des Gebäudes zirkuliert in den Kunststoffrohren ein Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel.

Neben Fassaden und Kelleraußenwänden lassen sich auch Balkonbrüstungen oder Umfriedungs- und Abfangmauern thermisch aktivieren. Nutzt man also ohnehin vorhandene Bauteile als Absorber, wird das System kostengünstiger und bautechnisch einfach. Außerdem führt dies zu einer verbesserten Leistungsfähigkeit des Heizsystems sowie zu einem gleichmäßigen Betrieb der Wärmepumpe und damit zu einer günstigeren Leistungszahl. Die Leistungszahl bzw. COP („Coefficient of Performance“) gibt das Verhältnis der gelieferten Wärme zur aufgewendeten elektrischen Energie an, gilt damit als Maßstab für die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe und sollte in einem Bereich über 2,5 liegen.

Im Rahmen des Förderprojektes wurden erste Musterbauteile montiert. Diese unterliegen einem ständigen Monitoring, sodass erste Aussagen über die Entzugsleistungen der Thermowandabsorber gewonnen werden konnten, die als Basis für die Auslegung künftiger Bauvorhaben dienen.

Wärmepumpen-Hybridsysteme nutzen Luft, Sonne und Erdwärme

Um das System aus aktivierten Betonteilen und Wärmepumpe noch effizienter zu gestalten, untersuchte Ragano verschiedene Wärmepumpen, darunter die weit verbreiteten Luft-Wasser-Wärmepumpen, da sie vergleichsweise einfach zu installieren sind. Diese Geräte nutzen die Umgebungsluft als Wärmequelle – das kann in erster Linie die Außenluft sein. Allerdings haben sie einen eher geringen Wirkungsgrad (COP unter 2,5), da Luft die Wärme nicht so gut speichern kann. Außerdem sind der Strombedarf und die Betriebskosten bei Luft-Wärmepumpen vergleichsweise hoch.

Ergänzend kann man die Sonne als Energiequelle nutzen. Um aus den Sonnenstrahlen Wärme zu gewinnen, benötigt man vor allem drei Dinge: Solarkollektoren, einen Solarspeicher sowie eine Steuerungseinheit, die den Betrieb der Anlage regelt. Die Wärme wird von den Kollektoren erzeugt und dann mithilfe einer Wärmeträgerflüssigkeit, angetrieben durch eine Solarkreispumpe, auf das Speicherwasser übertragen. In Kombination mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe lässt sich der COP-Wert so auf 4,0 erhöhen.

Bleibt neben Luft und Sonne eine dritte regenerative Energiequelle, nämlich die Erdwärme. Erdwärmepumpen setzen auf Wärmeenergie aus dem Erdreich, die ab einer bestimmten Tiefe relativ hoch ist und das Jahr über recht konstant bleibt. Daher arbeiten Erdwärmepumpen effizient und haben meist hohe COP-Werte über 4,5. Um die Erdwärme zu nutzen, kommen entweder Erdsonden oder Erdkollektoren zum Einsatz. Bei Erdsonden wird die Wärme aus einer Tiefe von 40 bis 100 m gefördert. Erdkollektoren hingegen liegen unterhalb der Frostgrenze in einer Tiefe von 1 bis 2 m, benötigen aber aufgrund ihrer großflächigen Verlegung mehr Platz als die senkrecht in die Tiefe eingelassenen Erdsonden.

Wärmepumpe nutzt drei Energiequellen

Bei der Recherche stieß Ragano auf ein Wärmepumpensystem, das die Vorteile der drei Energiequellen in einem Gerät kombiniert. Das Wärmepumpen-Hybridsystem ThermSelect, eine gemeinsame Entwicklungsarbeit der Unternehmen KuK Energietechnik und MHG Heiztechnik, kann jederzeit direkt und parallel auf die regenerativen Energiequellen Luft, Sonnenstrahlung und Erdwärme zugreifen. Das Ergebnis ist ein COP von 5,0. Die für den Einsatz in Ein- und Mehrfamilienhäusern konzipierten ThermSelect-Geräte sind auch mit einer passiven Kühlfunktion ausgestattet, sodass sich bei sehr hoher Lufttemperatur die natürliche Erdkühle zur Senkung der Temperaturen im Gebäudeinneren einsetzen lässt.

Mithilfe der effizienten Wärmepumpen-Hybridtechnik und der gesammelten Ergebnisse des Monitorings aus dem Förderprojekt von Ragano, anhand dessen der Energieverbrauch und die Energieerzeugung mittels Betonkerntemperierung gemessen sowie die Absorbertechnik der Thermowände genau untersucht wurden, entwickelte Ragano ein auf solche Heizsysteme abgestimmtes Betriebskonzept. Dieses ermöglicht den optimalen Betrieb der gesamten Anlage, denn Installateure können sie exakt auf die individuellen Bedürfnisse der Anwender einstellen und die lokalen Gegebenheiten optimal nutzen.

Fazit

Erste Projekte, bei denen das Gesamtsystem aus aktivierten Betonbauteilen und Hybrid-Wärmepumpe zum Einsatz kommen soll, sind schon in der Planung. Hierbei zeigen sich die wirtschaftlichen Vorteile des Systems, denn die üblicherweise erforderlichen Pufferspeicher können entfallen. Ist zum Beispiel geplant, am Standort Potsdam ein Einfamilienhaus im KfW-40-Standard zu bauen, genügt hierfür eine nur 50 m² große Erdabsorber-Thermowandfläche. Schon 10 m² kleine Thermowand-Fassadenelemente können als solar-energetisch aktivierte Flächen zusätzlich eingesetzt werden.

Dies bedeutet für den Bauherren eine verhältnismäßig geringe Investition für den großen Zusatznutzen, den er durch die aktivierten Betonbauteile hat. Und da die Elemente im Betonwerk unter idealen Bedingungen vorgefertigt sind, haben sie eine optisch hohe Qualität. So lassen sie sich elegant in die Fassadengestaltung von zeitgemäßer Architektur integrieren. ■

Dr. Ing. Herbert Kahmer,
Geschäftsführer der SySpro-Qualitätsgemeinschaft, Hanau.
Syspro / Kahmer
Dipl.-Ing. Alexandra Busch,
freie Baufachjournalistin, Darmstadt.
Syspro / Busch

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