Bis dato bestand keine Möglichkeit, den Prozess der Zureifung des Verdampfers physikalisch zu beschreiben. Einer der Gründe ist, dass über die thermodynamische Bilanzierung der Wärmeströme nicht erklärt werden kann, warum der Verdampfer im An- und Abströmbereich bereift. Es konnte gezeigt werden, dass der Grund für die Bereifung Schleppwirbel sind. Sobald warme feuchte Luft in Schleppwirbeln auf eine Temperatur von mindestens 2 °C abgekühlt wird, beginnt der Prozess der Schneebildung im An- und Abströmbereich des Verdampfers. Versuche zeigten, dass indem die Kälteleistung im Stirnbereich der Lamelle minimiert wird, der Verdampfer im An- sowie Abströmbereich nicht mehr zureift. Dieses bedeutet, dass aufgrund der Verhinderung der Zureifung des Verdampfers die Jahreseffizienz einer Luftwärmepumpe über ein Jahr um mindestens 25 Prozent erhöht werden kann. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, den Verdampfer eines Kühlmöbels für Lebensmittel derart zu optimieren, dass der Verdampfer nicht mehr zureifen wird.
Die Bereifung bestimmt die Effizienz einer Luftwärmepumpe
Die Arbeitszahl Jahresarbeitszahl (JAZ) beschreibt im Gegensatz zur Leistungszahl (COP), über einen Zeitraum von einem Jahr, die Effizienz eines Heizsystems mit einer Wärmepumpe. Dabei wird die erzeugte Wärme zur eingesetzten Leistung ins Verhältnis gesetzt. Im Gegensatz zur Leistungszahl, die nur unter genormten Betriebsbedingungen ermittelt wird, bestimmen die Betriebsparameter der Wärmepumpe die Jahresarbeitszahl. Dadurch erlaubt die Jahresarbeitszahl, im Gegensatz zur Leistungszahl, eine sehr aussagekräftigere Beschreibung der Effizienz einer Wärmepumpe. Im Gegensatz zu einer Erdwärmepumpe, welche die Energie aus dem Erdreich entzieht, bestimmt die Bereifung des Verdampfers bei einer Luftwärmepumpe maßgeblich die Jahresarbeitszahl. Grund hierfür ist, dass der Verdampfer ab einer Grenztemperatur von ca. 6 °C zureift, sodass durch das Zureifen des Verdampfers im An- sowie Abströmbereich der Luftvolumenstrom über den Verdampfer exponentiell abnimmt, sodass der Gradient zwischen der Verdampfungstemperatur und der Lufttemperatur stetig zunimmt. Aufgrund dieser Tatsache, dass die Verdampfungstemperatur stetig herabgesetzt wird, verringert sich deutlich die Effizienz der Luftwärmepumpe. Es gilt, dass bei einer Reduzierung der Verdampfungstemperatur um 1 Kelvin, die Effizienz einer Luftwärmepumpe um ca. 3 Prozent gemindert wird. Zudem muss aufgrund der Bereifung des Verdampfers dieser entreift werden. In der Regel erfolgt bei Luftwärmepumpen die Entreifung nicht mehr elektrisch, sondern durch Heißgas, sodass zur Entreifung des Verdampfers Wärme dem Heizkreis entzogen werden muss. Somit mindert die Bereifung des Verdampfers maßgeblich die Jahreseffizienz einer Luftwärmepumpe.
Bereifungsbild bei einer Luftwärmepumpe
Die Thermografie erlaubt es, über die Infrarotstrahlung die Oberflächentemperatur eines Verdampfers von einer Luftwärmepumpe gut zu bestimmen. Dabei ist die Intensität der Infrarotstrahlung, die von einem Punkt ausgeht, das Maß für dessen Temperatur. Thermografische Aufnahmen während des Betriebes einer Luftwärmepumpe zeigten, dass der Verdampfer einer Luftwärmepumpe nicht bei 0 °C bereift, sondern erst bei einer Lamellentemperatur von 2 °C bis 3 °C. Grund hierfür ist, dass sich Reif erst bei einer entsprechenden Unterkühlung der angesaugten Luft bilden kann. Zudem zeigte sich, dass der Verdampfer einer Luftwärmepumpe nur in den Stirnbereichen der Lamelle zureift.
Schneephysik
Die Geburt jeder Schneeflocke beginnt mit einem mikroskopisch kleinen schwebenden mineralischen oder biologischen Gefrierkeim. Erstarrt ein unterkühlter Wassertropfen zu Eis, heften sich weitere unterkühlte Wassertropfen an dem Eiskeim an und erstarren gleichfalls zu Eis. Aufgrund dieses Vorganges wächst ein Eiskeim, durch die stetige Anheftungen von unterkühlten Wassertropfen, zu einer Schneeflocke heran. Dieses Heranwachsen des Eiskeimes zur Schneeflocke wird Bergeron-Findeisen-Prozess genannt. Untersuchungen zur Schneebildung am California Institute of Technology von Prof. Kenneth G. Libbrecht zeigten, dass bei atmosphärischen Drücken die Grenztemperatur zur Schneebildung bei 2 °C bis 3 °C liegt [1], zudem, dass bei einer Temperatur von 2 °C bis 3 °C auch komplexere Eiskristalle gebildet werden können. Diese komplexeren Eiskristalle, die nur bei einer deutlichen Übersättigung der Luft mit Wasser gebildet werden, werden als Dendrite bezeichnet. Analysiert man das Bereifungsbild im Stirnbereich der Lamelle, handelt es sich um Schnee, dessen Struktur Dendrit ist. Dieses erlaubt die Schlussfolgerung, dass im Stirnbereich der Lamelle die Luft auf eine Temperatur von mindestens 2 °C abgekühlt wird und zudem, dass die Luft in diesem Bereich mit Wasser übersättigt sein muss, sodass Dendrite gebildet werden können.
Spezifische Enthalpie der angesaugten Luft im Stirnbereich des Verdampfers
Die Bestimmung der spezifischen Enthalpie der angesaugten Luft sowie der spezifischen Enthalpie der Luft im h, x-Diagramm zeigt, dass beim Arbeitspunkt TLuft = 5 °C; Luft =80 Prozent die spezifische Enthalpie der geförderten Luft ca. 17 kJ/kg beträgt. Zudem kann, aufgrund der Bestimmung der Temperatur durch die Thermografie im Stirnbereich der Lamelle, ein weiterer Arbeitspunkt bei 2 °C bis 3 °C im h, x-Diagramm eingetragen werden. In diesem Arbeitspunkt beträgt die spezifische Enthalpie 6 kJ/kg. Des Weiteren zeigt sich, dass die Luft in diesem Arbeitspunkt mit Wasser übersättigt ist. Somit muss die geförderte warme feuchte Luft im Anströmbereich des Verdampfers ein spezifischer Enthalpiebetrag von 11 kJ/kg entzogen werden. Zudem muss die Luft mit Wasser übersättigt sein, sodass mittels der bekannten Formel aus dem Bereich der Thermodynamik die Reifbildung nicht berechnet werden kann. Zum Beispiel erlaubt die Bilanzierung der Wärmeströme im Anströmbereich des Verdampfers nicht zu berechnen, warum warme feuchte Luft im Stirnbereich der Lamelle der Art stark abgekühlt wird, so- dass Dendrite gebildet werden können.
Modellbildung
Analysiert man den Schneebildungsprozess bei einer Schneekanone, bei der durch die Übersättigung der angesaugten Luft mit Wasser sowie der Verwirbelung der übersättigten Luft Schnee generiert wird, wird klar, dass der Grund der Bildung von Dendriten die Verwirbelung der Luft bei Temperaturen von mindestens 2 °C bis 3 °C. Aufgrund der Tatsache, dass bei einer Anströmung des Verdampfers mit warmer feuchter Luft, diese im Strirnbereich der Lamelle verwirbelt wird, erlaubt es zu erklären, warum der Verdampfer zureift. Durch die Verwirblung der warmen feuchten Luft im Stirnbereich wird ein Teil der geförderten Luft in einem Schleppwirbel stetig im Kreis gefördert, so- dass im Schleppwirbel die warme Luft auf eine Temperatur von 2 °C bis 3 °C abgekühlt wird. Außerdem bewirkt die Abkühlung der Luft, wie bereits beschrieben, dass die Luft im Schleppwirbel mit Wasser übersättigt wird. Sobald im Schleppwirbel die ersten unterkühlten Wassertropfen zu Eis erstarren, begingt der Schneebildungsprozess im Schleppwirbel der Lamelle. Zudem erlaubt das Modell zu begreifen, warum die flächenbezogene Kälteleistung im Stirnbereich der Lamelle ausreicht, warme Luft im Stirnbereich auf mindestens 2 °C abzukühlen.
Verifizierungen der Schleppwirbeltheorie
Durch die Kenntnis, dass der Verdampfer nur im Stirnbereich zureift, weil die warme feuchte Luft im Schleppwirbel auf Temperaturen von 2 °C bis 3 °C abgekühlt wird, erlaubt es, die Lamellen des Verdampfers der Art zu optimieren, sodass der Verdampfer im An- und Abströmbereich nicht mehr bereift. Aufgrund der Tatsache, dass keine Möglichkeit besteht zu verhindern, dass die angesaugte Luft im Stirnbereich der Lamelle verwirbelt wird, besteht nur die Möglichkeit zu verhindern, dass die Luft im Schleppwirbel auf Temperaturen von kleiner 2 °C abgekühlt wird. Demzufolge wurde zur Verifizierung der Theorie der Stirnbereich von zwei Lamellen eines Verdampfers thermisch isoliert. Der Versuch zeigte, dass durch die thermische Isolierung der Lamellen, der Stirnbereich der Lamelle nicht mehr zureift. Mittels dieses Versuches bestand die Möglichkeit nachzuweisen, dass die Schleppwirbeltheorie es erlaubt, den Schneebildungsprozess im Stirnbereich des Verdampfers zu beschreiben.
Verhinderung der Bereifung des Verdampfers im Stirnbereich der Lamelle durch Laserstanzungen
Die Kenntnis, dass der Verdampfer im Anströmbereich erst ab einer Grenztemperatur von 2 °C zureift, bedeutet, dass nur im Stirnbereich der Lamelle die Temperatur angehoben werden muss. Eine sehr vorteilhafte Variante der Anhebung der Temperatur im Stirnbereich ist, die Reduzierung der flächenbezogenen Kälteleistung im Bereich der Stirnflächen der Lamelle. Zum Beispiel erlauben Schlitze im Stirnbereich der Lamelle, dass die Lamelle durch Laserstanzungen der Art gestaltet wird, dass die flächenbezogene Kälteleistung in den Stirnbereichen mehr als halbiert werden kann. Somit besteht die Möglichkeit, aufgrund der Laserstanzungen, die Temperatur im Stirnbereich der Lamelle gegenüber einer nicht gestanzten Lamelle um ca. 2 bis 3 Kelvin anzuheben, sodass der Verdampfer im Stirnbereich erst bei sehr viel tieferen Außenlufttemperaturen bereifen wird.
Fazit
Wie bereits erwähnt, mindert die Bereifung des Verdampfers die Effizienz einer Luftwärmepumpe deutlich. Der Grund hierfür ist, dass der Verdampfer im Temperaturbereich von 6 °C bis 2 °C im An- und Abströmbereich zureift, sodass der Luftvolumenstrom exponentiell abnimmt. Dies bedeutet, dass an vielen Tagen im Jahr die Effizienz der Luftwärmepumpe durch die Bereifung sowie der Abtauung deutlich gemindert wird. Aufgrund der deutlichen Reduzierung der Bereifung, durch die Reduzierung der Kälteleistung im Stirnbereich der Lamelle durch Laserstanzungen, erlaubt es die Jahresarbeitszahl einer Luftwärmepumpe die Effizienz um mindestens 25 Prozent zu erhöhen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, bei Kühlmöbeln durch Laserstanzungen im Stirnbereich der Lamelle, zu verhindern, dass der Verdampfer im Kühlmöbel zureifen wird, sodass dieser nicht mehr abgetaut werden muss. Somit besteht bei allen Kühlanwendung, bei der feuchte Luft abgekühlt wird, die Effizienz von Kältemaschine deutlich zu erhöhen.
Dipl.-Ing. Robert Brockmann,
Greifswald
Fußnoten
Literatur
[1] Kenneth G. Libbrecht, The physics of snow crystals, Norman Bridge Laboratory of Physics,California Institute of Technology, USA, 8 March 2005