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Aus Niedertemperatur-Abwärme wird nutzbare Wärme

Mit Kühlzellen-Abwärme heizen

Ob im Lebensmittelmarkt, im Restaurant oder dem Tankstellenshop: Die Kälteanlagen produzieren Abwärme, meistens schlecht genutzt. Denn mit nur 35 oder 40 °C ist die Temperatur zu niedrig, um z. B. einen Heizkreis mit hohen Vorlauftemperaturen zu bedienen oder hygienisch Warmwasser zu bereiten.

Dennoch lässt sich diese Abwärme sinnvoll nutzen – nämlich mit der „eXergiemaschine“. Sie macht aus Niedertemperaturwärme gut nutzbare Wärme, die für eine Altbauheizungen oder die Heißwasserbereitung dienen kann, und spart dadurch Energie ein. Die Abwärmenutzung gibt Kälteanlagenbauern die Chance, ihren Kunden einen zusätzlichen Nutzen zu verschaffen. Abwärme zu vermeiden und in Nutzwärme zu wandeln, bietet mehrere Vorteile:

  • Je besser die Abwärme von Kälteanlagen (oder auch anderen Quellen) in der Gebäudetechnik genutzt wird, desto geringer fällt der Energieverbrauch der Wärmeerzeuger aus.
  • Wärmequellen müssen seltener bzw. mit geringerer Leistung laufen, was ihre Lebensdauer positiv beeinflusst.
  • Rückkühlwerke können evtl. kleiner gebaut werden oder (bei Vorhandensein einer anderen Notkühlung) ganz entfallen.
  • Mit dem Verzicht auf den Einsatz von Rückkühlwerken sinken die Geräuschemissionen. Das kann insbesondere in gemischt genutzten Vierteln von Vorteil sein, etwa bei Hotels, Gaststätten, Tankstellen etc.
  • Und: Kälteanlagen profitieren von einer ganzjährig guten Kühlung, was für einen besseren Wirkungsgrad sorgt als bei der Kühlung mit Rückkühlwerken. Im Idealfall können Kühl- und Tiefkühlanlagen sogar mit etwas geringerer Spitzenleistung geplant werden.
  • Mehr Kälteleistung, geringerer Stromverbrauch

    Wegen der Abwärmenutzung in Verbindung mit der eXergiemaschine lässt sich die Temperatur unten im Pufferspeicher niedrig halten. Somit kann die Kälteanlage auf der tiefst möglichen Kondensationstemperatur laufen. Das eröffnet Sparpotenzial bei der Kältetechnik, denn jedes Grad tiefer kondensieren bedeutet eine Stromeinsparung beim Kompressor von mindestens zwei Prozent (bspw. tc + 35 °C anstelle von tc + 45 °C senkt den Stromverbrauch um über ein Fünftel). Somit liefert der Kompressor mehr Leistung und es ergeben sich kürzere Laufzeiten der Anlage.

    Allerdings ist Abwärmenutzung eine Technik, die sozusagen „zwischen den Stühlen“ sitzt. Einerseits sind Kälteanlagen die Quellen, andererseits ist die Heiztechnik Nutznießer der dadurch gewonnenen Energie. Doch das macht wieder einmal deutlich, dass eine strikte Trennung der Gewerke (Elektrik, Wasser, Wärme, Kälte …) in der Gebäudetechnik heute überholt und im Sinne des Anwendernutzens ein fachübergreifendes Denken und Handeln gefragt sind.

    Kältetechniker haben die Chance, sich durch das Einbringen von Abwärme-Nutzungskonzepten zu profilieren und ihren Kunden Anlagen anzubieten, die mit geringeren Gebäude-Betriebskosten überzeugen und evtl. sogar günstiger in der Anschaffung sind als solche Anlagen, bei denen die Kältetechnik isoliert betrachtet wird.

    Bild: Invest-Technik

    Welche Abwärme sich nutzen lässt

    In Lebensmittelmärkten oder Tankstellenshops zum Beispiel sind in der Regel Kühl- und Tiefkühlanlagen in Betrieb (ebenso zum Beispiel bei Bäckereien und Großküchen), die Abwärme auf einem geringen Temperaturniveau erzeugen. In Gaststätten, Fast-Food-Lokalen und Restaurants kommt als weitere Quelle die Kältetechnik der Getränke-Zapfanlage dazu.

    Die Abwärme dieser verschiedenen Quellen lässt sich zum Beispiel mit Dual-Wärmeübertragern platzsparend und unkompliziert auskoppeln und übergeben. Bei diesen Wärmeübertragern können zwei Kältekreisläufe auf einen Wasserkreislauf wirken. Dessen Rücklauf sorgt für eine weitgehend saisonunabhängige Kühlung von beispielsweise 10 K und somit auch im Sommer für einen effizienten Betrieb der Kältetechnik.

    Die eXergiemaschine ist für höhere Quelltemperaturen von 30 bis 55 °C ausgelegt und kann Zieltemperaturen von 80 °C oder mehr erreichen.

    Wärme-Boost mit der eXergiemaschine

    Damit die Heiztechnik die auf geringem Niveau ausgekoppelte Energie sinnvoll nutzen kann, muss die Wärme in der Regel auf ein Temperaturniveau von 65 oder 70 °C gehoben werden. Erst dann ist es möglich, Hochtemperatur-Heizungen (etwa in Altbauten mit konventionellen Radiatoren) zu bedienen oder hygienisch Heißwasser bereitzustellen. Hygienisch heißt hierbei, dass erstens das Wachstum von Legionellen im Warmwassersystem vermieden werden kann und zweitens das Wasser ausreichend heiß ist, um zum Beispiel lebensmittelverarbeitende Maschinen damit zu reinigen oder Gewerbe-Spülmaschinen zu betreiben.

    Den nötigen Temperaturhub bewirkt in den von Invest-Technik jüngst installierten Anlagen mit Abwärmenutzung eine sogenannte eXergiemaschine. Dies ist eine Gemeinschaftsentwicklung der varmeco GmbH & Co. KG (Kaufbeuren) und der BMS-Energietechnik AG (Wilderswil, Schweiz).

    Bei der eXergiemaschine handelt es sich im Grunde um eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe, doch im Gegensatz zu einer klassischen Heizungswärmepumpe ist sie für höhere Quelltemperaturen von 30 bis 55 °C ausgelegt und kann Zieltemperaturen von 80 °C oder mehr erreichen. Ähnliche Lösungen gab es früher nur für den Industriemaßstab, jedoch nicht im ein- oder zweistelligen Kilowattbereich. Die eXergiemaschine hingegen liegt von 3 kW Heizleistung (als Wandgerät) bis 40 kW (Standgerät in Kühlschrank-Größe) vor. Eine noch leistungsstärkere Version ist derzeit in Arbeit.

    Anlagenschema: Das Nutzen der Abwärme senkt den Energieverbrauch des Objekts und stellt gleichzeitig eine gute Kühlung der Kälteanlagen sicher.

    Bild: BMS

    Anlagenschema: Das Nutzen der Abwärme senkt den Energieverbrauch des Objekts und stellt gleichzeitig eine gute Kühlung der Kälteanlagen sicher.

    Grundsätzlicher Anlagenaufbau

    Die eXergiemaschine erfordert einen Heizspeicher, auch Pufferspeicher oder Wärmespeicher genannt, in dem die Temperaturen „geschichtet“ werden. Die eXergiemaschine entnimmt auf mittlerem Temperaturniveau (wo zum Beispiel die Abwärme oder der Rücklauf des Heizkreises eingekoppelt werden) Wasser über zwei Anschlüsse. Der eine Kreislauf leitet Wasser zum Kondensator der eXergiemaschine, wo es erhitzt wird, bevor es in den obersten, heißen Teil des Speichers gelangt. Der andere Kreislauf führt über den Verdampfer und leitet das dort heruntergekühlte Wasser anschließend in den unteren, kalten Speicherbereich. Dort wird beispielsweise der Rücklauf zum Dual-Plattenwärmeübertrager angeschlossen, damit die Kälteanlage ausreichend gekühlt wird.

    Wie stark die Heiz- und Kühlwirkung der eXergiemaschine ist, lässt sich mittels getrennter Pumpen für ihre beiden Kreisläufe regeln. Ist eine hohe Differenz zwischen Ausgangs- und Endtemperatur erforderlich, läuft die jeweilige Pumpe mit geringer Drehzahl; umgekehrt fällt die Differenztemperatur bei einer hohen Pumpleistung gering aus.

    Da bei der Abwärmenutzung typischerweise ein großer Temperatursprung von etwa 35 auf über 65 °C gefordert ist (also über 30 K Differenztemperatur), der Rücklauf zur Kältetechnik meistens jedoch nur 10 bis 15 K geringer ist als die gelieferte Abwärme, wird der heizende Kreislauf der eXergiemaschine mit einer kleineren Pumpendrehzahl betrieben als der kühlende.

    Die Heiz- und Kühlwirkung ist mittels getrennter Kreislaufpumpen regelbar.

    Einfache Regelung

    Um die jeweiligen Zieltemperaturen einzuhalten, überwacht die interne Regelung der eXergiemaschine die Temperaturen im Pufferspeicher. Unterschreitet die Temperatur im oberen Speicherbereich einen Soll-Wert von z. B. 65 °C, springt die eXergiemaschine an und stellt die geforderten Temperaturen im Speicher wieder her. So werden die Temperaturniveaus unabhängig vom Verbrauch – also auch bei langanhaltender Warmwasserzirkulation – oder der Wärmeeinspeisung durch die Quellen eingehalten. Auch die Temperatur des unteren Speichersegments (Rücklauf zur Kälteanlage) kann als Führungsgröße definiert werden, um eine stets ausreichende Kühlwirkung für die Kälteanlage sicherzustellen.

    Hohe Effizienzsteigerung bei Wärmepumpenheizungen

    Diverse Projekte haben gezeigt, dass Kälteanlagenbauer mithilfe der eXergiemaschine viele Probleme der Anwender lösen können. Ein Projekt der Invest-Technik mit einer eXergiemaschine hatte zum Ziel, die Effizienz einer Wärmepumpe bei einem Bestandsgebäude mit Niedertemperatur-Heizung zu steigern. Bei diesem Schnellrestaurant bestand das Problem, dass die Wärmepumpe auch die Warmwasserbereitung versorgen und daher oft mit einem sehr großen Temperaturhub arbeiten musste. Das war sehr ineffizient.

    Durch den Einsatz der eXergiemaschine muss die Wärmepumpe nun nur noch eine Zieltemperatur von etwa 35 bis 40 °C erreichen, läuft also in ihrem vorgesehen Betriebsbereich. Gleichzeitig bewirkt das Auskoppeln der Abwärme von Kühl-, Tiefkühl- und Zapfanlage, dass die Wärmepumpe entlastet wird.

    In Summe ergibt sich daher eine hohe Stromeinsparung, wegen der sich die Investition in die Umrüstung binnen weniger Jahre rechnet. Bestärkt durch die positiven Ergebnisse hat Invest-Technik ein weiteres Nachrüstungsprojekt sowie einen Neubau nach diesem Prinzip umgesetzt. Weitere Projekte mit der eXergiemaschine sind in Planung.

    Durch die hohe Stromeinsparung rechnen sich Investitionen schneller.

    Gewerkeübergreifend denken ist gefragt!

    (Ab-)Wärmetechnik für Kältetechniker – was zunächst widersprüchlich klingt, ist eine gute Chance zur Kundenbindung und aus technischer Sicht überhaupt nicht abwegig. Denn im Grunde handelt es sich bei der eXergiemaschine auch um einen Kältekreis, also eine vertraute Technik. Nur dass hier der Nutzen bei der Heiztechnik im Vordergrund steht.

    Die Abwärmenutzung ermöglicht es, die Kältetechnik effizienter zu gestalten, den Betrieb lärmender Rückkühlwerke zu vermeiden und allein dadurch den Anwendernutzen gegenüber einer Standard-Kälteanlage zu steigern. Dazu kommen die Vorteile auf der Wärmeseite. Je nach Projekt kann sich die Investition in die Abwärmenutzung mit der eXergiemaschine aufgrund der geringeren Gesamtbetriebskosten in wenigen Jahren amortisieren. ■

    Leroy Collavo,
    Leiter Technik bei der Invest-Technik AG, CH-Regensdorf

    Bild: Invest-Technik / Collavo

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