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ANWENDUNG DES NATÜRLICHEN STOFFES KOHLENDIOXID IN Erdwärmepumpen

Der Weg zur größeren Wärmeleistung

    Die Änderungen in der Wasserschutzverordnung hatten weitreichende Konsequenzen. Deshalb hatte 1998 das FKW Hannover einen Antrag auf Erteilung eines Deutschen Patentes mit CO2 als Wärmeträger für Erdwärmepumpen gestellt. Dies erforderte weitere Wärmepumpen-Entwicklungen besonders im Hinblick auf die sehr effektiven und umweltfreundlichen Erdwärmepumpen, für die die Deutsche Bundesstiftung Umwelt DBU dem FKW Hannover auf Antrag eine Förderung einer solchen Machbarkeitsstudie bewilligte. Nach positiven Ergebnissen wurde ein weiterer Forschungsantrag 2003 für gasdichte Edelstahl-Wellrohre als Erdwärmesonden gestellt. Sowohl die Patent- als auch die Forschungsanträge hierzu wurden positiv bewilligt.

    Die nach der deutschen Wiedervereinigung gegründete Tochterfirma des FKW Hannover, das FKU Berlin, erhielt dementsprechend mit zwei Ost- bzw. West-Berliner Partnerfirmen, nämlich Aetna GmbH, Wildau (Ost), und Kaeltro GmbH, West-Berlin, im Rahmen der Forschungsförderung Ost“ des Bundeswirtschaftministe- riums BMWi, und zwar über den Projektträger Gewiplan“ einen F & E-Auftrag zur Entwicklung solcher CO2-Erdwärmerohre.

    In der Ausgabe 9/2005 der KK wurde unter dem Titel Erdwärmerohr mit CO2 als Transportfluid“ über die ersten Entwicklungsergebnisse dieses Forschungsauftrags berichtet. Weiterhin wurden anschließend bis 2012 drei weitere aufeinander folgende Anträge des FKW Hannover zur Genehmigung weiterer F & E-Vorhaben mit CO2 als Wärmeträger, und zwar beim Bundeswirtschaftsministerium“ (BMWi) durch seinen Projektträger Jülich (PTJ), erteilt.

    In der Ausgabe 12/2014 der KK wurden diese letzteren Entwicklungen mit 100 m tiefen, oberflächennahen CO2-Sonden im Versuchsfeld des FKW Hannover im Vergleich zu den oberflächennahen Glykol-Wasser-Sonden beschrieben, sowie weiter vorangetrieben, was schließlich zur näheren Evaluierung eines CO2-Sondenfeldes höherer Leistung führte. Andererseits wurde in jener KK-Ausgabe bereits auf eine weitere Möglichkeit zur Erhöhung der Sondenleistung hingewiesen, nämlich durch Vergrößerung der Sondentiefe von Erdsonden.

    Hierzu war bereits Mitte 2011 vom FKW Hannover und der U & B Wöltjen GmbH, Nienburg/Weser, mit Unterstützung der GeoDienste GmbH, Garbsen/Hannover, ein gemeinsamer Forschungsantrag über den Projektträger PTJ-Jülich beim BMWi eingereicht worden, um in Nienburg/Weser zwei CO2-Erdwärmerohre von 400 m bzw. 600 m Tiefe für die Beheizung eines neuen städtischen Frei- und Hallenbades zu erstellen.

    Ende des Jahres 2011 wurde dieser Antrag als öffentliches, dreijähriges F & E-Verbundvorhaben mit der Bezeichnung Oberflächennahe und Mitteltiefe CO2-Erdwärmerohre für Wärmepumpen höherer Leistung“ genehmigt, und zwar mit der Aufteilung auf zwei Teilprojekte A in Hannover und B in Nienburg.

    Zur Unterstützung der Bearbeitung traten die folgenden universitären und industriellen Partner dem F & E-Konsortium bei, nämlich das IfT – Institut für Thermodynamik der Leibniz-Universität Hannover, Prof.  Dr.-Ing.  Kabelac, sowie das Institut für Verfahrenstechnik der Technischen Universität Hamburg-Harburg, Prof.  Dr.-Ing.  Eggers (), als auch die Wärmepumpenhersteller, Stiebel-Eltron GmbH, Holzminden, und Viessmann GmbH, Allendorf/Eder.

    Auslegung von CO2-Erdwärmerohrsonden

    Um die Berechnung dieser Erdwärmerohrsonden zukünftig sicher und komfortabel durchführen zu können, ist mit Unterstützung des IfT im Rahmen dieses Projektes eine FKW-Software entwickelt worden, welche unter Berücksichtigung der verschiedenen Erdschichten und der Wärmeübertragung der Sonde deren Auslegung erleichtert, siehe Bild 1. Die Software ermöglicht zwei verschiedene Methoden zur Auslegung von solchen Erdwärmerohren.

    Dabei kann die gewünschte Entzugsleistung des Erdwärmerohres vorgegeben werden. Nach Kenntnis der Werte für die Wärmeleitfähigkeit der verschiedenen Schichten des geologischen Profils sowie anderer bekannter geologischer Werte, errechnet das Programm wichtige Auslegungsdaten, beispielsweise Länge und Innendurchmesser des Sondenrohres sowie die benötigte CO2-Füllmenge für diesen betreffenden Anwendungsfall. Weiterhin besteht die Möglichkeit, sich Diagramme ausgeben zu lassen, welche die Änderung der entsprechenden Werte in Abhängigkeit von z. B. der Tiefe darstellen.

    Das Programm ist in der Lage, relevante Daten in kurzer Zeit zur Verfügung zu stellen, oder auch bekannte Bohrvorhaben mit bekannter Erdschichtenfolge nachzurechnen.

    Beginn der Bohrungen in Nienburg/Weser

    Die Bohrarbeiten des F & E-Vorhabens im Nienburger Stadtbad an der Weser wurden im Frühjahr 2013 begonnen und im Mai bei einer Tiefe von 183 m abgebrochen, weil sich bei zunehmender Bohrtiefe geringe artesische Zuläufe in den Wasserkreislauf der Bohrspülung verstärkten.

    Nach Beratung und anschließendem Beschluss des BMWi-Projektträger Jülich (PTJ) wurde die Verlegung des Projektstandortes vom Stadtbad an der Weser zum Betriebsgelände der U & B Wöltjen GmbH am Nordrand der Stadt Nienburg vorgenommen. Die dadurch erhöhte Zeit- und Kostenplanung hatte eine Reduzierung der einen Bohrtiefe von 600 m auf 400 m am neuen Bohrstandort zur Folge. Für beide Bohrungen, je ein Well- und Glattrohr, sollte deshalb eine angestrebte Bohrtiefe von 400 m erreicht werden.

    Durchführung des F & E-Vorhabens

    Einbringung des Wellrohres

    Das dem FKW als Erdwärmesonde patentierte Wellrohr wurde von der Brugg GmbH, Wunstorf, auf einer Transporthaspel angeliefert, von der das ca. 400 m lange Wellrohr in einem Stück zur Einbringung abgewickelt werden konnte, siehe Bild2. Besondere Beachtung galt dabei der Auftriebskraft und der maximalen Druckfestigkeit des dünnwandigen Edelstahl-Wellrohrs während und nach dem Einbringen in das Bohrloch mit der entsprechenden Bohrspülung.

    Das untere Wellrohrende war fabrikseitig mit einem druckdichten Boden verschweißt, das obere Ende war offen, was eine erhebliche Auftriebskraft auf das Wellrohr in der Bohrspülung verursachte. Seitlich am Rohr abschnittsweise angebrachte Betonhalbschalen dienten zur Kompensation der Auftriebskraft, siehe Bild3.

    Um die während der Einbringung, also im quasi offenen Zustand des Rohres, sich erhöhende Druckwirkung von außen auf das Rohr zu kompensieren, wurde das Rohr am oberen Ende verschlossen und innen im Rohr ein entsprechender Luftdruck aufgebracht, mit dem es bis auf eine Einbautiefe von ca. 388 m eingebracht werden konnte. Das anschließend in die das Rohr umschließende Bohrspülung eingebrachte Verpressungsmaterial verhinderte nach dessen Abbindung die Verformung des Wellrohres sowohl nach Ablassen des Luftdruckes als auch infolge des zum Betrieb eingebrachten CO2 und dem damit verursachten Betriebsdruck von ca. 30 bar.

    Zum Abschluss der Feldarbeiten an der Wellrohrsonde wurde auf das am Kopf der Sonde erstellte Betonfundament ein Container gestellt, um die Wärmepumpe mit dem Plattenwärmeübertrager als Kältemittelverdampfer und CO2-Verflüssiger mit dem Sondenrohr darin zu verbinden.

    Einbringung des Glattrohres

    Die einzubringende Glattrohrsonde wurde mittels Stahlgewinderohren erstellt, welche in den Standardbaulängen von 4 m bis 12 m erhältlich sind. Um die Gasdichtigkeit beim Einsatz des Arbeitsfluides CO2 zu gewährleisten, wurden zusätzliche Verschweißungen an den Ringspalten der Rohrverbinder notwendig.

    Die Einbringung sowie die Verpressung des Ringraumes erfolgten nach den üblichen Verfahren der Öl- und Gasbohrtechnik. Hinsichtlich des faseroptischen Messkabels wurde hier wie zuvor beim Wellrohreinbau oder wie auch bei der Containeraufstellung verfahren.

    Messtechnik an den Sonden

    Zum Zweck der Temperaturmessungen wurde durch das FKW Hannover an den Sonden entlang ein faseroptisches Kabel jeweils auf den äußeren Oberflächen beider Sonden in U-Form verlegt. Hiermit lässt sich durch ein faseroptisches Messgerät die Temperatur an der Außenwand der jeweiligen Erdwärmesonde messen. Das faseroptische Temperaturmesssystem ist dabei in der Lage, mittels eines gepulsten Lasersignales auf die Temperatur im verlegten Kabel und somit auf die Innentemperaturen des Rohres zu schließen. Es lassen sich mit diesem System höhere Auflösungen von Temperaturverläufen entlang eingebauter Erdwärmerohrstränge erzeugen bei gleichzeitig geringem Materialaufwand, d. h. es ist nur ein einziges Kabel notwendig, um den Temperaturverlauf in beispielsweise 1-m-Abständen darstellen zu können.

    Bei dem Einsatz von CO2 im Erdwärmerohr geben die Wandtemperaturen Aufschluss über den auf den im Inneren des Rohres herablaufenden Fallfilm oder auch den sogenannten Pool am Fuße des Erdwärmerohres, in dem das CO2 in flüssiger Form vorliegt. Anhand von Temperaturunterschieden kann somit auf den Zustand des CO2 an der jeweiligen Stelle geschlossen werden.

    Probemessung

    Nach Einbringung der Wellrohrsonde ohne und mit CO2-Füllung wurde eine Probemessung durchgeführt. Der Zustand nach Einbringung der Wellrohrsonde bestand darin, dass der beschriebene Luftdruck in der Sonde bis auf Atmosphärendruck abgelassen wurde. Anschließend wurde zur Befüllung mit CO2 zunächst das Wellrohr evakuiert und mit der zuvor durch die Auslegungsrechnung bestimmte CO2-Menge befüllt. Davor und danach wurden die Temperaturen an der Rohrwand gemessen, siehe Bild 4.

    Die unterschiedlichen Temperaturverläufe entsprechen den verschiedenen Füllungen gemäß dem atmosphärischen Druck von Luft und den Gleichgewichtsdrücken bzw. den CO2-Flüssigkeits-Dampf-Gleichgewichtsdrücken innerhalb des Rohres. Weitere Messungen zugleich an beiden Erdwärmerohren wurden mit der in Bild 5 vorhandenen faseroptischen Temperaturerfassung vorgenommen.

    Wärmepumpen und Kopfkonstruktion

    Für das Forschungsprojekt wurden von den Projektpartnern Stiebel Eltron und Viessmann jeweils eine Wärmepumpe zur Verwendung in der Anlage bereitgestellt. Die ursprünglichen Sole-Wärmepumpen haben dabei vergleichbare Leistungsdaten:

    Stiebel Eltron (R134a): Nenn-Wärmeleistung 27,4 kW, Kälteleistung 21,1 kW

    Viessmann (R410A): Nenn-Wärmeleistung 29,2 kW, Kälteleistung 23,8 kW

    Die Wärmepumpen hatten im Auslieferungszustand je einen Verdampfer als Solekühler in Form eines Plattenwärmeübertragers (PWÜ) innerhalb des Wärmepumpengehäuses als Schnittstelle zwischen Kältemittel und Soleseite.

    Diese Verdampfer mussten für den vorgesehenen Betrieb mit CO2 ausgebaut und durch einen auf die Nutzung von CO2 und Kältemittel angepassten Plattenwärmeübertrager ersetzt werden.

    Da das Erdwärmerohr dabei nicht direkt unter der Wärmepumpe angebracht ist und mit einer speziellen Kopfkonstruktion versehen werden muss, fand der neue PWÜ in diesem Fall außerhalb des Wärmepumpengehäuses seinen Platz. Konstruktiv sind hier die Baugruppen folgendermaßen getrennt: Das Erdwärmerohr endet kurz oberhalb der Geländeoberkante (GOK) und ist mit einem Flansch an der genann-ten Kopfkonstruktion angebracht. Diese Konstruktion leitet das aus dem Erdwärmerohr dampfförmig aufsteigende CO2 in den PWÜ, der mit der Kopfkonstruktion zusammen das Bindeglied zwischen Erdwärmerohr und Wärmepumpe bildet. Die Kältemittelkreisläufe der Wärmepumpen waren dazu zu verändern und bis außerhalb des Wärmepumpengehäuses zu ver-längern. Die Saug- sowie Druckleitungen der Wärmepumpen sind mittels flexibler Kältemittelverbindungen zur Kompensation von Schwingungen bis zum neuen PWÜ verlängert worden. Zur Druckstabilität wurden die Platten des PWÜ zusätzlich mit zwei Stahlplatten miteinander ver-spannt und die eingesetzten Kugelhähne in den Druckstufen PN 63 ausgeführt, siehe Bild 6.

    Diese Kopfkonstruktion erstellte das IfT der Leibniz Universität Hannover.

    Die in den Sonden verwendete Menge an CO2 wurde zu Forschungszwecken dankenswerterweise von der Westfalen AG bereitgestellt.

    Gesamtanlage

    Die gesamte Anlage setzte sich nun aus drei Einzelkreisläufen pro Sondeneinheit zusammen.

    Die CO2-Kreisläufe werden je im Naturumlauf betrieben. Dabei zirkuliert das CO2 im Rohr aufgrund des Dichteunterschieds zwischen gasförmiger und flüssiger Phase. Dadurch wird kontinuierlich Wärme aus dem unteren Bereich der Sonde nach oben gefördert, auch im Stillstand der Wärmepumpe, siehe auch Bild 4.

    Der Kältemittelkreislauf nimmt jeweils die Wärme aus dem CO2 am Verdampfer der Wärmepumpe auf und gibt sie am Kondensator an den Wasserkreislauf wieder ab. Dabei wird jeder der beiden Kreisläufe von einem Scroll-Verdichter angetrieben.

    Der Wasserkreislauf wird jeweils über eine Umwälzpumpe angetrieben. Dabei wird die am Kondensator aufgenommene Wärme über ein Leitungssystem an ein zwischen den beiden, mit ca. 40 m Abstand stehenden Wärmepumpen, in der Mitte stehendes Registers geleitet und hier an die Umgebungsluft abgegeben, was eine Gebäudeheizung simulieren soll.

    Es können beide Wärmepumpen gleichzeitig am Register angeschlossen werden.

    Die Messtechnik an den Wärmepumpen und an beiden Sondenköpfen besteht neben den internen Sensoren aus Platin-Messwiderständen, Thermoelementen, Drucksensoren, Drehstrom-Energiezählern und Wasseruhren, insgesamt vom IfT erstellt.

    Einsatzgrenzen

    In diesem Vorhaben war ursprünglich vorgesehen, eine CO2-Sonde von 600 m zu erstellen und eine von 400 m, um den Tiefeneinfluss zu erfassen, weil das Kohlendioxid eine kritische Temperatur von 31 °C hat, welche bei einer Erdtiefe von ca. 700 m erreicht wird, sodass hier die absolute Grenze des CO2 als Sondenfluid liegt.

    Für noch tiefere Bohrungen von 800 m bis 1000 m, für welche bereits anderweitig Wasser-Glykol-Sonden mit druckresistentem Kunststoffmaterial entwickelt wurden, wäre für Phasenwechselsonden mit CO2 ein nicht brennbares Gemisch von CO2 mit einem geeigneten Kohlenwasserstoff geeignet, was das FKW im Rahmen seines Patentes für CO2-Sonden als Erweiterung angemeldet hat und Gegenstand weiterer Forschung sein wird.

    Dieses Projekt wurde vom BMWi aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

    www.fkw-hannover.de

    www.ift.uni-hannover.de

    Dipl.-Ing. (FH) Sebastian Luckmann, Prof. Dr.-Ing. Horst Kruse,

    Forschungszentrum für Kältetechnik und Wärmepumpen GmbH (FKW), Hannover

    Dipl.-Ing. Johann Christoph Ebeling, Prof. Dr.-Ing. Stefan Kabelac,

    Institut für Thermodynamik (IfT), Universität Hannover

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