Die Inhalte der derzeit gültigen, 2015 in Kraft getretenen F-Gase-Verordnung sollten allen Lesern vertraut sein. Kernpunkte darin sind eine schrittweise Reduzierung der Gesamtmenge an F-Gasen, die in der EU in den Markt gebracht werden dürfen (Phase-down), und Verwendungsverbote für bestimmte Anwendungen in Abhängigkeit vom GWP-Wert der Kältemittel. Die F-Gase-Verordnung befindet sich derzeit in einem Novellierungsprozess und es sind deutliche Verschärfungen geplant.
Für alle, die den Novellierungsprozess der F-Gase-Verordnung bislang nicht verfolgt haben – ein kurzer Rückblick:
Und an diesem Punkt befinden wir uns derzeit. Vertreter des EU-Rats, des EU-Parlaments und der EU-Kommission beraten seit April im Trilog über die Details. Bei manchen Aspekten liegen die Positionen der drei EU-Gremien nah beieinander, bei anderen noch weit auseinander. In allen Fällen muss ein Kompromiss gefunden werden. Üblicherweise finden bei vergleichbaren Vorhaben drei bis vier Trilog-Runden statt, so dass mit einer Entscheidung noch während der schwedischen Ratspräsidentschaft bis Ende Juni zu rechnen war. Der Prozess scheint jedoch recht zäh zu verlaufen, so dass sich die Trilog-Verhandlungen noch ins 3. Quartal ziehen werden und erst unter spanischer Ratspräsidentschaft ein Abschluss erfolgen wird. Danach muss dieser noch im Rat und Parlament offiziell verabschiedet werden, wobei keine Änderungen am Trilog-Beschluss mehr möglich sind, bevor die novellierte F-Gase-Verordnung in Kraft treten kann – was voraussichtlich Anfang 2024 der Fall sein wird.
Halbierung der F-Gas-Quote im kommenden Jahr
Eine tragende Säule der F-Gase-Verordnung war und ist der Phase-down. Die Menge an F-Gasen wird mit „Tonnen CO2-Äquivalent“ angegeben und nicht in „Tonnen Kältemittel“, um dem unterschiedlich hohen Treibhauseffekt der Kältemittel Rechnung zu tragen. Je höher der GWP-Wert eines Kältemittels, umso mehr CO2-Äquivalente werden angerechnet. Das EU-Parlament plant nun folgende Phase-down-Stufen, wobei diesbezüglich im Trilog relative Einigkeit besteht und nur geringfügige Änderungen zu erwarten sind:
In weiteren Stufen geht es bis 2050 auf null herunter. Bislang sind die F-Gase, die in medizinischen Anwendungen (Aerosolsprays „MDI“) zum Einsatz kommen, nicht in der Quote inkludiert. Das soll sich in der novellierten F-Gase-Verordnung ändern. Die 8-10 Mio. t CO2-Äquivalente, die bislang jährlich für MDI benötigt werden, werden dann die Quote, die für Anwendungen im Bereich Kälte-/Klimatechnik zur Verfügung stehen, zusätzlich reduzieren. 2024 steht dadurch im Vergleich zu 2023 voraussichtlich nur noch etwa die Hälfte der F-Gas-Quote zur Verfügung. Das dürfte zu Lieferengpässen und weiter steigenden Preisen führen.
Weitere Anwendungsverbote geplant
Neben der Quotenreduzierung sind in der novellierten F-Gase-Verordnung auch weitere Verbote für die Verwendung von F-Gasen vorgesehen – in Abhängigkeit von der Anwendung und vom GWP-Wert des Kältemittels. In nahezu allen Fällen hat hier das EU-Parlament schärfere Forderungen aufgestellt und strebt in kürzester Zeit an, dass bei Neuanlagen keine F-Gase mehr eingesetzt werden dürfen. Am deutlichsten wird dies bei neuen stationären Kälteanlagen. Während Rat und Kommission Neuanlagen mit Kältemitteln erst ab einem GWP von 2500 verbieten wollen, will das Parlament ein grundsätzliches Neuanlagenverbot mit fluorierten Kältemitteln schon ab 2025 – unabhängig vom GWP-Wert.
Ähnlich sieht es bei den sogenannten „self-contained“-Anlagen aus – das sind in sich geschlossene, stationäre Kälte-, Klima- und Wärmepumpengeräte, bei denen die wesentlichen Komponenten in einer Einheit enthalten sind. Rat und Kommission wollen hier eine GWP-Grenze von 150, das Parlament will ein grundsätzliches Verbot von F-Gasen für Neuanlagen – bei Kälteanlagen ab 2025, bei Klimaanlagen und Wärmepumpen ab 2026.
Gleiches gilt für Split-Klimaanlagen und Split-Wärmepumpen. In Single-Split-Geräten (< 3 kg Füllmenge) soll nach Auffassung von Rat und Kommission ab 2025 nur noch fluoriertes Kältemittel mit GWP < 750 erlaubt sein; das Parlament will F-Gase ab 2028 generell in Neuanlagen verbieten. Bei Split-Geräten bis 12 kW soll die Obergrenze bei GWP 150 liegen (Position von Rat und Kommission), das Parlament sieht auch hier ein generelles F-Gas-Verbot ab 2028 vor.
Was zum Glück vom Tisch ist, ist das vom ENVI-Ausschuss ursprünglich geplante Verbot für Service und Wartung an stationären Kälteanlagen mit F-Gasen mit GWP > 150. Dies wurde vom Parlament abgelehnt – hierfür hatten sich der VDKF und die Landesinnung Kälte-Klima-Technik Hessen-Thüringen/Baden-Württemberg (LIK) an vorderster Front und mit Erfolg eingesetzt. Rat, Parlament und Kommission fordern hier jetzt unisono einen GWP-Wert von 2500 als Obergrenze für Neuware: recyceltes und wiederaufbereitetes Kältemittel darf auch mit GWP > 2500 noch zu Servicezwecken bis 2030 verwendet werden. Wie bei diesen Verwendungsverboten ein Kompromiss im Trilog aussehen wird, bleibt abzuwarten.
Was man in diesem Zusammenhang nicht vergessen sollte: Wenn über den Umwelteinfluss von fluorierten Kältemitteln – der letztlich zu ihrer Beschränkung durch die F-Gase-Verordnung geführt hat – diskutiert wird, wird oft ihr hoher direkter Treibhausgaseffekt angeprangert. Dieser ist ohne Zweifel höher als bei alternativen Kältemitteln. Aber er wird nur wirksam, wenn das Kältemittel auch in die Atmosphäre entweicht, was bei ordnungsgemäßem Betrieb nicht bzw. nur zu einem kleinen Teil geschieht. Eine Umweltbelastung entsteht nur durch die Leckagemengen, nicht durch die Gesamtfüllmenge. Der VDKF hat über seine LEC-Software mehr als 238.000 Anlagen im Monitoring und die durchschnittliche Leckagerate dieser Kälte- und Klimaanlagen in 2022 liegt bei nur 1,12 % – der Rest verbleibt sicher und ohne Umwelteinfluss in den Anlagen.
Erfolgreiche Lobbyarbeit
VDKF und LIK haben den gesamten Novellierungsprozess der F-Gase-Verordnung intensiv begleitet, sich mehrfach mit Stellungnahmen sowie in persönlichen Gesprächen in die politische Diskussion eingebracht und sich in Pressemeldungen an die Öffentlichkeit und an betroffene Betreiberverbände gewandt. Hierzu zählen u.a.:
Ob und wenn ja welche dieser Forderungen Beachtung finden werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht abzusehen.
PFAS-Verbot betrifft ebenfalls F-Gase
Neben der F-Gase-Verordnung könnte auch die REACH-Verordnung (Europäische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe) den künftigen Einsatz von fluorhaltigen Kältemitteln erschweren bzw. gänzlich unmöglich machen. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat am 7. Februar den Vorschlag für ein Verbot der Herstellung, der Verwendung und des Inverkehrbringens von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) veröffentlicht. Schätzungen zufolge gibt es über 10.000 verschiedene PFAS-Stoffe, die in zahllosen Produkten zum Einsatz kommen – vom Kleber über Feuerlöschschäume bis zum Skiwachs, von Kosmetika bis zum Kochgeschirr. Laut Definition zählen auch die meisten derzeit verwendeten F-Gase zur PFAS-Stoffgruppe. Ausnahmen sind R23, R32, R152a und R1132a. Durch ihre photochemische Zersetzung entsteht als atmosphärisches Abbauprodukt Trifluoressigsäure (TFA). TFA ist nicht toxisch, reichert sich aber im Erdreich und in Gewässern an und gilt somit als persistent. Eine aktuelle Studie des Umweltverträglichkeitsprüfungsgremiums des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) kommt jedoch zu dem Schluss, dass „die aktuellen und geschätzten Konzentrationen von TFA und seinen Salzen in der Umwelt, die durch den Abbau von H-FCKW, H-FKW und HFO in der Atmosphäre entstehen, keine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen“. UNEP empfiehlt daher: „Die Regulierung von PFAS als Klasse ist wissenschaftlich nicht vertretbar, und TFA sollte für die Zwecke der Regulierung als gesonderte Chemikalie behandelt werden.“ Ob die ECHA dieser Argumentation folgen wird, ist offen. Derzeit läuft noch bis zum 25. September 2023 eine öffentliche Konsultationsphase (Weitere Infos https://www.echa.europa.eu/). Wir empfehlen allen Betroffenen, sich am Konsultationsverfahren zu beteiligen. Nach einer etwa einjährigen Prüfung durch die ECHA wird das Ganze der EU-Kommission übermittelt. Voraussichtlich 2025 kann mit einer Entscheidung der Europäischen Kommission über diesen Vorschlag gerechnet werden. Das PFAS-Verbot hätte laut Vorschlag nach einer Übergangszeit von 18 Monaten folgende Auswirkungen (also etwa Mitte 2027):
Dass für all diese Bereiche in der Kürze PFAS-freie Ersatzstoffe mit gleichen Produkteigenschaften gefunden, erprobt und zur Marktreife gebracht werden können, ist mehr als zweifelhaft. Die Kälte-, Klima- und Wärmepumpenbranche steht also vor umwälzenden Veränderungen.