Für wen gilt was?
Diese Frage muss schleunigst von den Kälte-Klima-Fachverbänden insbesondere vom BIV und seinen Mitgliedsinnungen, aber auch vom VDKF für jedermann schlüssig beantwortet werden. Zu begreifen ist noch, wenns auch schwerfällt, dass nicht die Kälte-Klima-Anlagen-Verbände für die Verordnungsmaßgaben bzw. deren rigorose Inhalte verantwortlich zeichnen, sondern die EU-Kommission bzw. die Deutsche Bundesregierung.
Wenn man dies begreift, sollte man der und in Verantwortung des VDKF getadelten innungseigenen Fachschule sogar dankbar sein, dass sie sich wohl als erste Bildungseinrichtung der Branche (vielleicht war aber eine technische Überwachungsinstitution gar schneller?) von/in einem Bundesland als Zertifizierungsstelle hat anerkennen und registrieren lassen.
Für die Branche neu: Zertifizierungsstelle
Artikel 10 der am 23. April 2008 in Kraft getretenen EU-Verordnung (EG) Nr. 303/ 2008 definiert die Anforderungen an die künftig unumgängliche Sachkunde-Zertifizierungsstelle so:
(1) Für die Ausstellung von Zertifikaten für Personal bzw. Unternehmen, das bzw. die eine oder mehrere Tätigkeiten gemäß Artikel 2 ausübt (ausüben), wird nach Maßgabe nationaler Rechtsvorschriften eine Zertifizierungsstelle eingesetzt oder von der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedsstaats oder anderen diesbezüglich befugten Stellen bezeichnet.
Die Zertifizierungsstelle nimmt ihre Funktionen auf unabhängige und unparteiische Weise wahr.
(2) Die Zertifizierungsstelle legt Verfahrensvorschriften für die Ausstellung, die Aussetzung und den Entzug von Zertifikaten fest und wendet diese Vorschriften an.
(3) Die Zertifizierungsstelle führt Aufzeichnungen, auf deren Grundlage der Status von zertifiziertem Personal oder von einem zertifizierten Unternehmen überprüft werden kann. Aus diesen Aufzeichnungen muss hervorgehen, dass der Zertifizierungsprozess ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Die Aufzeichnungen werden mindestens fünf Jahre lang bewahrt.
Prüfstelle (Artikel 11)
Nun muss eine Zertifizierungsstelle nicht gleichzeitig bzw. der Zertifizierung vorausgehend auch Prüfstelle sein. Dies wäre aber zumindest bei der Bundesfachschule Kälte-Klima-Technik vorstellbar bzw. aus Kompetenzgründen zu empfehlen. Hinsichtlich des Prüfungsablaufs legt Artikel 11 fest:
(1) Für die Abnahme der Prüfungen des Personals gemäß Artikel 2 Absatz 1 wird von der zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedsstaats oder von anderen diesbezüglich befugten Stellen eine Prüfstelle bezeichnet. Zertifizierungsstellen im Sinne von Artikel 10 können ebenfalls als Prüfstelle fungieren.
Die Prüfstelle nimmt ihre Funktionen auf unabhängige und unparteiische Weise wahr.
(2) Die Prüfungen werden so geplant und strukturiert, dass die im Anhang (bestehend aus 66 (!) fortlaufenden Prüfkriterien) vorgegebenen fachlichen Mindestkenntnisse und -fertigkeiten abgedeckt sind.
(3) Die Prüfstelle legt Verfahrensvorschriften für die Berichterstattung fest und führt Aufzeichnungen über die Einzel- und Gesamtergebnisse der Prüfung.
(4) Die Prüfstelle trägt dafür Sorge, dass die mit der Durchführung der einzelnen Tests beauftragten Prüfer mit den maßgeblichen Prüfmethoden und Prüfungsunterlagen vertraut sind und die entsprechende Kompetenz in dem zu prüfenden Bereich besitzen. Sie trägt ferner dafür Sorge, dass die für die praktischen Tests erforderlichen Geräte, Werkzeuge und Materialien zur Verfügung stehen.
Anmerkung der Redaktion: Damit wird auch klar, dass die sogenannten 2-tägigen Schnellbesohlungskurse der Vergangenheit (siehe Kleiner Kälteschein) künftig nicht mehr greifen können; weil dies ein Verordnungsverstoß wäre!
Unternehmenszertifikate (Artikel 8 und 9)
Was zuvor sehr ausführlich zur Sachkundequalifizierung/-zertifizierung von Personal wiedergegeben wurde, trifft relativ gleichlautend auch auf die Zertifizierung von Unternehmen zu. Beantragt zum Beispiel ein Handwerksunternehmen der Elektro- oder Heizungsbranche ein Unternehmenszertifikat, weil es Klimageräte installieren und warten möchte, so hat dieses namentlich den Nachweis zu führen, dass die zur Deckung des erwarteten Tätigkeitsvolumens ausreichende Zahl an Personen Inhaber eines Sachkundezertifikats sind. Die Funktion eines technischen Betriebsleiters, wie es bisher die Handwerksordnung als Kompromiss vorsieht, ist somit nicht mehr ausreichend!
Zertifizierung von Personal (Artikel 4)
Die Zertifizierungskriterien von Personal sind sehr umfangreich und auf Tätigkeitsmerkmale ausgerichtet, die sich in drei Kategorien gliedern. Hier wird dem Leser angeraten, den ausführlichen Wortlaut dem Verordnungstext zu entnehmen.
Wenn nun die Frage gestellt wird, ob sich ein gestandener Kälteanlagenbauer (Techniker, Meister und/oder Geselle) einer erneuten Zertifizierung stellen muss, so lautet die Antwort im Prinzip Nein! Artikel 5 Personalzertifikate führt zwar an, dass Personal im Sinne von Artikel 10 über ein Personalzertifikat, das die theoretische und praktische Prüfung in einer der drei Kategorien bestätigt, verfügen muss, hiervon ist der gelernte Kälteanlagenbauer aber wohl ausgeschlossen. Diese Wertung des KK-Redakteurs müsste aber noch einmal genauestens überprüft werden, denn es ist eigentlich im Sinne der Verordnung vorstellbar, dass ein voll ausgebildeter Kälteanlagenbauer aus dem Lern- und Tätigkeitsbereich Gewerbekälte auch Industriekälteanlagen installieren, warten und reparieren darf. Oder?
Aber Achtung: Jeder in einem Kälteanlagenbau Beschäftigte, der nicht ein voll ausgebildeter Kälteanlagenbauer mit Gesellen- und/oder Meisterbrief ist, hat sich einer Sachkundeprüfung mit anschließender Zertifizierung zu unterziehen, sofern seine jeweilige Montage- oder Reparatur-Arbeitsausführung kältemittelbezogene Tätigkeitsmerkmale aufweist!
Eine Kröte gibts zu schlucken!
Wie bei jeder Verordnung oder sonstiger gesetzlicher Maßnahme gibt es darin Übergangsvorschriften, die zeitlich bedingte Ausnahmen, um Härtefälle zu vermeiden, zulassen. Es handelt sich hierbei nach Artikel 6 um Vorläufige Personenzertifikate und nach Artikel 9 um Vorläufige Unternehmenszertifikate. Diese können von den EU-Mitgliedsstaaten vorübergehend als vorläufige Zertifizierung ohne Prüfnachweis für Personen ausgestellt werden, wenn diese sich beispielsweise zum Zeitpunkt einer Zertifizierungsnotwendigkeit gerade in einer hierfür entsprechenden Fortbildungsphase befinden. Ähnliches gilt für die von der Verordnung betroffenen Unternehmen, alle Ausnahmen- und Sonderregelungen enden aber spätestens am 4. Juli 2011; zu einem Zeitpunkt also, zu dem bekanntlich eine Gesamtreview der F-Gase-Verordnung (EG) Nr. 842/2006 ansteht!
Fazit
Es entspringt einer menschlichen Eigenschaft, immer dann zu meckern, wenn/sobald das ungewünschte/unerwartete Ergebnis auf dem Tisch liegt. Ist dieses unbequem und stärkt dazu, wie man die VO 303/2008 auch auslegen könnte, die bisher sachunkundige Konkurrenz, so trifft das Fallbeil des Unfähigkeitsvorwurfs natürlich den oder die Verbände (Wortsentenz Wozu sind die eigentlich da?), bei dem man schließlich seine finanziellen Beiträge entrichte.
Dass aber der VDKF als doch so erfolgreicher Lobbyverein in den Tadel mit einstimmt (der Vorbehaltshinweis einer nach der Sachkundeprüfung notwendigen Handwerksrollen-Eintragung ist obsolet!) und die innungseigene Fachschule mit an den Pranger stellt, da mangelt es an Verständnis auch beiP.W. -
Links
https://www.diekaelte.de/ WEBCODE KK645
Den Verordnungstext zur 303/2008 finden Sie im Downloadbereich der KK unter Infomaterialien.
https://www.umweltbundesamt.de/
Weitere Informationen unter:
Produkte Fluorierte Treibhausgase Internationale Übereinkommen und rechtliche Regelungen.