Was bedeutet Ökodesign doch gleich? Noch einmal kurz zur Erinnerung: „Ökodesign bedeutet, dass man versucht, die Umweltverträglichkeit von Produkten während ihres gesamten Lebenszyklus da-durch zu verbessern, dass Umweltaspekte systematisch bereits im frühesten Stadium der Produktgestaltung berücksichtigt werden.“ Den politischen Rahmen hierfür liefert die EU-Ökodesign-Rahmenrichtlinie 2005/32/EG, geändert durch die Richtlinie 2009/125/EG. Sogenannte Durchführungsmaßnahmen legen dann für Produktgruppen, die aufgrund ihres Energieverbrauchs und Einsparpotenzials in das Arbeitsprogramm der Ökodesign-Richtlinie aufgenommen wurden, verbindliche Anforderungen fest, insbesondere in Bezug auf deren Mindestenergieeffizienz. Diese Maßnahmen beruhen auf umfangreichen Studien und Folgenabschätzungen, erstellt durch externe Sachverständige sowie die Kommission. So geschehen in der Vergangenheit beispielsweise für Glühlampen, Kühlschränke, Fernseher oder eben vor Kurzem, wie bereits erwähnt, kleinere Klimageräte (genauere Informationen zur Funktionsweise der Ökodesign-Richtlinie siehe KK-Ausgabe 5/2011). Ziel der Ökodesign-Richtlinie ist es, ineffiziente Produkte Schritt für Schritt vom EU-Markt auszuschließen.
Klimageräte < 12 kW
Welche Folgen ergeben sich nun für die Branche durch eine Durchführungsmaßnahme wie beispielsweise der EU 206/2012 für Klimageräte < 12 kW? Direkt betroffen sind natürlich die Hersteller, die künftig die Anforderungen der Maßnahme einhalten müssen. In diesem Fall ab 1. Januar 2013 einen SEER-Wert (Seasonal Energy Efficiency Ratio) für Kühlen von mindestens 3,6 und für Heizen einen SCOP (Seasonal Coefficient of Performance) von mindestens 3,4. Ab 2014 steigen die Anforderungen weiter auf SEER-Werte von 4,6 für Geräte unter 6 kW bzw. 4,3 für Geräte von 6 bis 12 kW. Die SCOP- Werte steigen auf 3,8 für alle Größen. Für Geräte, die mit Kältemitteln mit einem GWP-Wert unter 150 betrieben werden, werden die Anforderungen leicht abgesenkt als Motivation für die Entwicklung neuer Technologien. Verbraucher profitieren prinzipiell von der Maßnahme, denn ihre Geräte verbrauchen damit weniger Energie, was sich auch günstig auf den Geldbeutel auswirkt. Abgesehen von diesen direkten Folgen führen die Mindestenergieeffizienzanforderungen aber auch dazu, dass sich bestimmte Technologien schneller durchsetzen. Im Falle der Klimageräte führen die Maßnahme und das ebenfalls verabschiedete neue Energielabel zum Beispiel dazu, dass sich variable Drehzahlregelung noch schneller als Standard durchsetzen wird, da mit diesen Geräten höhere SEER- und SCOP-Werte erzielt werden als mit fester Drehzahlregelung. http://www.ecoaircon.eu
Wärmepumpen und Heizkessel
Anders sieht es beim Produktlos zu Wärmepumpen und Heizkesseln aus. Hier befindet sich der inzwischen vorliegende Entwurf der entsprechenden Durchführungsmaßnahme noch in den Händen der EU Kommission, bevor er durch die Welthandelsorganisation abgesegnet und dann von den EU-Mitgliedsstaaten im Regelungsausschuss abgestimmt werden muss. Darauf folgt dann noch eine weitere mindestens dreimonatige Prüfphase im EU-Parlament. Erst wenn diese abgelaufen ist, kann die Maßnahme potenziell von der EU-Kommission verabschiedet und dann im offiziellen Amtsblatt veröffentlicht werden. Mit anderen Worten: Es dauert noch gut bis Mitte 2012 bis abgestimmt werden kann, eine Veröffentlichung wäre dann Anfang 2013 zu erwarten. Bis die Mindestanforderungen dann tatsächlich umgesetzt werden müssen, vergehen voraussichtlich weitere zwei Jahre, gerade genug für die Hersteller, um ihre Produkte entsprechend anzupassen.
Die Diskussionen zu diesem Produktlos wurden und werden sehr kontrovers geführt, wobei vor allem die Interessen der Hersteller fossiler Heizsysteme mit denen der Wärmepumpenhersteller kollidieren. Hinzu kommen die erheblichen Unterschiede zwischen den Wärmepumpenherstellern per se. Da wären die Verfechter der Erdreich Wärmepumpen, die nicht unbedingt dieselben Interessen und technischen Kriterien verfechten wie diejenigen, die auf Luft als Wärmequelle setzen etc.
Dennoch hat sich die Wärmepumpenbranche jetzt mehr oder weniger auf verschiedene wichtige Schlüsselpositionen geeinigt, ein Prozess, bei dem die betroffenen Brüsseler Industrieverbände wie EHPA (European Heat Pump Association) und EPEE (European Partnership for Energy and the Environment) eine wichtige Rolle spielen. Zu diesen Schlüsselpositionen zählt die Forderung der Verbände, verschiedene Heizsysteme für den Verbraucher anhand des Energielabels vergleichbar zu machen. Will heißen, ein Verbraucher soll das Energielabel einer Wärmepumpe direkt mit dem Label eines fossilen Heizkessels vergleichen können.
Was einfach klingt, gestaltet sich in der Praxis als schwierig, denn natürlich sehen fossile Heizkesselhersteller ihre Felle davonschwimmen, sollte eine Wärmepumpe beispielsweise besser bewertet werden als ein Brennwertkessel. Eine weitere Forderung der Verbände besteht darin, dass die Energieeffizienzanforderungen für Wärmepumpen nicht strenger ausfallen sollten als diejenigen für fossile Heizkessel. Es sei nicht vertretbar, dass eine Technologie, mit der grundsätzlich CO2-Äquivalente eingespart werden, strenger gemaßregelt werde als eine solche, die mit höheren Emissionen verbunden ist. Auch hier darf man auf die endgültige Entscheidung gespannt sein. Klar ist aber schon jetzt, dass diese Durchführungsmaßnahme und Energielabel einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Marktes und die künftige Positionierung der Wärmepumpe haben werden. http://www.ecoboiler.org
Chiller und Verflüssigungssätze für Kälteanwendungen
Noch einen Schritt weiter vorn im langen Ökodesignprozess befindet sich das Produktlos zum Thema Kälte, in der Hauptsache Chiller für die Prozesskühlung und Verflüssigungssätze. Hier arbeitet die Kommission auf Hochtouren am Entwurf der Durchführungsmaßnahme inklusive konkreten Werten für die Mindestenergieeffizienzanforderungen, die im ersten Anlauf absurd hoch ausgefallen waren. Auch eine abschließende Entscheidung darüber, ob es für diese Anwendungen Sinn macht, ein Energielabel einzuführen, wurde noch nicht getroffen. Gegen ein solches Label spricht aus Branchensicht, dass die betroffenen Produkte von Fachleuten akquiriert und eingebaut werden, die wesentlich mehr Informationen für ihre Entscheidung benötigen als ein „A“ oder „B“ auf einem Energielabel.
Auf der anderen Seite würden diese Fachleute möglicherweise ihre Kunden verlieren, falls sie sich in ihrer Entscheidung verrechnen und beispielsweise einen zu niedrigen Energieverbrauch angeben. Das einfache Energielabel, das in der Hauptsache für Verbraucher ausgelegt ist, würde das Problem sicher nicht lösen. Die Industrie plädiert daher anstelle des Energielabels für die Bereitstellung ausreichender Informationen, um richtige Entscheidungen zu ermöglichen. Momentan läuft noch die Studie zur Folgenabschätzung, die von der EU-Kommission in Auftrag gegeben wurde, und eine letzte Befragung der Interessenparteien soll bis zum 10. Mai 2012 abgeschlossen werden. Dann wird der Entwurf der Durchführungsmaßnahme alle weiteren Schritte wie oben beschrieben durchlaufen. Ene Umsetzung der Maßnahme dürfte voraussichtlich im Jahr 2014 zu erwarten sein. http://www.ecofreezercom.org
Klima > 12 kW, Chiller und RLT
Noch in der Anfangsphase befindet sich das Produktlos zu großen Klima- (> 12 kW) und Lüftungsgeräten. Hier läuft derzeit noch die vorbereitende Studie, durchgeführt durch die Consultants ARMINES und VHK. Problematisch für die Industrie könnte hier die Tatsache sein, dass die Studie nur auf die Kühlfunktion der Geräte abhebt, wobei die Heizfunktion im Rahmen eines anderen Produktloses behandelt wird. Die meisten Geräte liefern jedoch beide Funktionen, sodass bei getrennter Betrachtung schnell ein verzerrtes Bild entstehen kann. Weiter scheint es, als würde der Ökodesignprozess, dessen Schwerpunkt klar auf dem Energieverbrauch liegt, zunehmend auch den GWP-Wert der Kältemittel einbeziehen. Auch dies gibt Anlass zur Sorge, denn hier werden zwei Themenbereiche miteinander vermischt, die nicht unbedingt miteinander zu tun haben.
So ist es durchaus möglich, dass Kältemittel zwar einen geringen GWP-Wert haben, dafür aber den Energieverbrauch steigern. TEWI-Betrachtungen stellen zwar eine Möglichkeit dar, diesen Aspekten Rechnung zu tragen, allerdings komplizieren diese die ohnehin schon komplexen und langwierigen technischen Studien noch weiter. Denn der TEWI hängt individuell von Anlage zu Anlage von einer Vielzahl von Parametern ab, ganz zu schweigen vom Energiemix, der von Land zu Land verschieden ist wobei die Ökodesignanforderungen jedoch EU-weit gelten. Zahlreiche Vertreter der Industrie plädieren daher dafür, die Kältemittelfrage im Rahmen der F-Gase-Verordnung zu lösen, während Ökodesign, wie auch in der Richtlinie vorgesehen, beim Energieverbrauch ansetzen sollte. http://www.ecohvac.eu
Schwachstellen?
Zum guten Schluss sind derzeit noch verschiedene neue Produktlose in Bearbeitung, eines davon betrifft die Produktgruppe Motoren und könnte sich auch auf Kältemaschinenverdichter beziehen. Ob dies wünschenswert wäre, bleibt noch zu klären. In der Vergangenheit hat die Erfahrung mit dem Produktlosen für Einzelkomponenten gezeigt, dass sich dies im Zweifelsfall negativ auf die Gesamteffizienz eines Produktes auswirken kann. Eine weitere potenzielle Schwachstelle im Ökodesignprozess ist die Marktaufsicht ein Punkt, für den es noch keine wirklich zufriedenstellende Lösung gibt. Gemeint ist damit die Überprüfung, ob Produkte tatsächlich die Mindestanforderungen an ihre Energieeffizienz erfüllen, oder ob dies lediglich von den Herstellern behauptet wird. So lange es hierfür keine genau geregelten Vorschriften / Tests gibt, die dies nachprüfen, stehen die Türen für „unlauteren Wettbewerb“ sperrangelweit offen und Hersteller, die Zeit und Geld investieren, um den Anforderungen zu genügen sind denjenigen gegenüber, die dies möglicherweise nicht tun, klar benachteiligt. Ganz zu schweigen von den negativen Auswirkungen auf die Umwelt durch Produkte, die mehr Energie verbrauchen, als sie eigentlich sollten, und den ebenfalls daraus resultierenden Nachteilen für den Verbraucher. A V -
Von der Vorstudie zur Durchführungsmaßnahme
Fünf Schritte bis hin zur rechtskräftigen Verordnung und Veröffentlichung im EU-Amtsblatt
Die Vorstudie
Die Vorstudie bildet die Basis für Durchführungsmaßnahme und umfasst acht Einzelschritte von der Definition der Produktgruppe bis hin zum konkreten Vorschlag für die Durchführungsmaßnahme (Arbeitsdokument). Sie wird durch Sachverständige durchgeführt, die von der EU-Kommission beauftragt werden, und dauert im Durchschnitt zwei Jahre. In dieser Zeit finden mehrere Treffen der Interessenparteien (Industrie, Nichtregierungsorganisationen, nationale Experten, EU-Kommission) statt, die zu Kommentaren und Input aufgerufen sind.
Das Konsultationsforum
Das Konsultationsforum hat zum Ziel, das Arbeitsdokument, das heißt den Entwurf für die Durchführungsmaßnahme zu bewerten. Teilnehmer sind erneut die Interessenparteien.
Die Interservice-Konsultation der Kommission
Diese Konsultation betrifft die Kommission intern und ihre Generaldirektionen, die zur Bewertung des Arbeitsdokuments aufgerufen sind. Ihr folgt die Beurteilung durch die Welthandelsorganisation.
Der Regelungsausschuss
Der Regelungsausschuss setzt sich zusammen aus Vertretern der Mitgliedsstaaten sowie einem Vertreter der Kommission und stimmt über die vorgeschlagene Durchführungsmaßnahme ab.
Das EU-Parlament
Übermittlung der Durchführungsmaßnahme an das EU-Parlament zur Kontrolle.
Ökodesign und die Rolle von Industrieverbänden
In Anbetracht der komplexen Vorbereitungsstudien, die sowohl technische als auch wirtschaftliche Aspekte umfassen, ist der Input der Industrie unerlässlich, um am Ende zu realistischen Durchführungsmaßnahmen zu gelangen. Wie auch auf nationaler Ebene gibt es jedoch auch auf europäischer Ebene in Brüssel eine Vielzahl von Verbänden, selbst in einer so überschaubaren Branche wie der Kälte-, Klima-, Lüftungs- und Wärmepumpentechnik. Für die EU-Kommission und die Sachverständigen, die an den Studien beteiligt sind, erschwert dies die Situation erheblich, denn nicht immer sind sich die Verbände (geschweige denn die Unternehmen!) untereinander einig.
Für Unternehmen und die Branche kann dies im Endeffekt kontraproduktiv wirken, denn bei zu gegensätzlichen Aussagen verzögert sich nicht nur der gesamte Prozess, sondern es besteht auch die Gefahr, dass die EU-Kommission zu guter Letzt beschließt, die Aussagen weitestmöglich zu ignorieren und sich ihr eigenes Bild zu machen. Um dies zu vermeiden und auch, um die Verbandsarbeit für Unternehmen effizienter zu gestalten, haben sich jetzt in Brüssel sogenannte Expertengruppen zusammengefunden, die sich aus Vertretern der interessierten Verbände entsprechend des jeweiligen Produktloses zusammensetzen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um ASERCOM, EHPA, EPEE, EUROVENT und EVIA. Jeder der Verbände hat seine eigenen Schwerpunkte und Spezialisten, sodass man sich in vielen Punkten sinnvoll ergänzen kann und so zu starken, konsolidierten Positionen für die Branche gelangt, die natürlich auch in den Augen von Kommission und Sachverständigen größeres Gewicht haben als die Stellungnahmen einzelner Verbände oder Unternehmen im Alleingang.
Who-is-who in Brüssel
ASERCOM: Vertritt die Interessen europäischer Hersteller von Komponenten für die Kälte- und Klimatechnik mit Schwerpunkt auf Verdichterherstellern mit dem Ziel, als Bindeglied zu den zuständigen Regierungsstellen, maßgeblichen Führungsteams der Branche und der Öffentlichkeit zu agieren. Hauptaktivitäten: Entwicklung technischer Sicherheits- und Leistungsstandards und Normen, deren Harmonisierung sowie die Zertifizierung von Kältemaschinenverdichtern. http://www.asercom.org
AREA: Vertritt die Interessen der nationalen europäischen Verbände der Kälte-, Klima- und Wärmepumpeninstallateure gegenüber den europäischen Institutionen mit dem Ziel, höchste Zuverlässigkeit, Energie- und Kosteneffizienz sowie Umweltschutz zu fördern und als Bindeglied zwischen Endverbrauchern und Herstellern zu wirken. Hauptaktivitäten: europaweite Harmonisierung von Aus- und Weiterbildung / Zertifizierung, Empfehlung und Förderung hoher technischer Standards und beruflicher Kompetenz. https://www.area-eur.be/
EHPA: Vertritt die Interessen der Wärmepumpenhersteller in Europa mit dem Ziel, diese Technologie für Wohnraum-, gewerbliche und industrielle Anwendungen zu fördern und umfassend auf dem europäischen Markt zu etablieren. Hauptaktivitäten: technischer und wirtschaftlicher Input für europäische, nationale und lokale Behörden, Zertifizierungsprogramm und Qualitätslabel für Wärmepumpen, Marktstatistiken. http://www.ehpa.org
EPEE: Vertritt die Interessen der Hersteller von Kälte-, Klima- und Wärmepumpentechnik in Europa mit dem Ziel, für ein besseres Verständnis der Branche bei den EU-Institutionen zu sorgen, als Bindeglied zu diesen zu fungieren und so zur Entwicklung effektiver und sinnvoller europäischer Gesetzgebung beizutragen. Hauptaktivitäten: Förderung von Energieeffizienz für Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanwendungen, verantwortungs- und umweltbewusste Auswahl und Verwendung von Kältemitteln, Engagement für bessere Marktaufsicht und Umsetzung umweltbezogener Gesetzgebung. https://epeeglobal.org/
EUROVENT: Vertritt die nationalen HLKK-Verbände in Europa mit dem Ziel, diese aktiv bei ihrer Arbeit zu unterstützen, die Interessen der HLKK-Industrie gegenüber den EU-Institutionen zu vertreten und sich für Nachhaltigkeit einzusetzen. Hauptaktivitäten: Verfolgung der Aktivitäten der EU-Behörden, insbesondere der Kommission mit Relevanz für die HLKK-Branche, Koordination der nationalen Verbände und Bindeglied für diese zu EU-Behörden, Förderung der Beziehungen zwischen nationalen Verbänden. http://www.eurovent-association.eu
EVIA: Vertritt die Interessen der europäischen Lüftungsindustrie mit dem Ziel, hocheffiziente Anwendungen unter Berücksichtigung von Gesundheit und Komfort zu fördern. Hauptaktivitäten: Erstellung von Positionspapieren für die Europäische Kommission zu relevanter EU-Gesetzgebung, Teilnahme am europäischen und nationalen Normungsprozess, Positionierung der Lüftungsindustrie als entscheidend für die Erreichung der EU-Energieeffizienzziele. https://www.evia.eu/