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23. Internationaler Kongress der Kältetechnik in Prag

Echtes Highlight für die Branche

Über 15 Jahre ist es bereits her, dass der International Congress of Refrigeration (ICR) zuletzt in Europa stattfand damals im niederländischen Den Haag. Die letzten Veranstaltungsorte waren Sydney, Washington und Peking. Kein Wunder also, dass in diesem Jahr ein großer Teil der Teilnehmer aus Europa kam mit Deutschland auf Platz eins, sogar noch vor der Tschechischen Republik, die mit Prag als Veranstaltungsort ein Heimspiel hatte. Insgesamt reisten die Teilnehmer aus 56 Ländern rund um den Globus an, wobei das am stärksten vertretene Land China war. Beeindruckend auch die Anzahl der vorgestellten Papiere: Ganze 587 Vorträge wurden von Autoren aus 45 Ländern gehalten. Auch hier führte China mit großem Abstand, gefolgt von Frankreich, Japan und Großbritannien. Deutschland kam erst sehr viel weiter hinten an achter Stelle. Thematische Spitzenreiter waren Kältetechnik, Thermodynamik und Wärmeübertragung sowie Wärmepumpen und Energierückgewinnung. Im Vordergrund stand die Zielsetzung, die Energieeffizienz von Kälte- und Klimatechnik zu steigern und ihren Einfluss auf das Klima so weit wie möglich zu reduzieren.

Immer wieder zitiert wurde in diesem Zusammenhang ein holistischer Ansatz, bei dem nicht nur einzelne Komponenten berücksichtigt werden, sondern das System in seiner Gesamtheit, inklusive seiner Einbindung in Gebäude und Architektur, betrachtet wird. Kältemittel mit reduziertem GWP-Wert waren eines der Top­themen, aber auch Technologien wie Mini- und Mikrokanalwärmeübertrager, neue Verdichtertechnik, sowie Wärmepumpen, Energierückgewinnung und exotischere Lösungen wie solare Kühlung standen im Mittelpunkt zahlreicher Vorträge.

Topthema Kältemittel

Kältemittel sind seit einiger Zeit wieder ­einmal das Topthema der Branche. In der EU wird derzeit die F-Gase-Verordnung überarbeitet, auf internationaler Ebene wird über den Phase-Down von HFKWs und ihre Regelung im Rahmen des Montrealer-Protokolls diskutiert und neue Kältemittelgemische schießen wie Pilze aus dem Boden. Die damit verbundenen Erkenntnisse und Diskussionen konnten natürlich an einem Event wie dem ICR 2011 in Prag nicht spurlos vorübergehen. Dementsprechend gab es zahlreiche Vorträge, die sich ausführlich mit diesem Thema bezogen auf verschiedene Anwendungen befassten. Klar ist, dass die Branche die Qual der Wahl hat und dass die Würfel, welches Produkt bzw. welche Produkt­familie das Rennen macht, noch längst nicht gefallen sind. Diskutiert wird vor allem über HFOs und deren Gemische, das HFKW R 32 und die natürlichen Kältemittel Ammoniak, Kohlenwasserstoffe und CO2. Klar ist aber auch, dass es das perfekte Kältemittel (noch?) nicht gibt und dass trotz der Vielfalt an Lösungen Kompromisse unerlässlich sind im Sinne der Umwelt, aber auch im Sinne von Wirtschaftlichkeit und Sicherheit. Besonders viele Fragen im Hinblick auf das Kältemittel der Wahl scheinen noch offen zu sein im Bereich der Klima- und Wärmepumpentechnik

HFOs und ihre Gemische

Die Chemiegiganten Honeywell und DuPont setzen alles daran, ihre neuen Kältemittel mit niedrigem GWP-Wert möglichst breit zu platzieren. Basis hierfür sind die Moleküle HFO 1234yf (bekannt aus dem Bereich Pkw-Klima) und HFO 1234ze, die sich durch ihren extrem niedrigen GWP-Wert von vier bzw. sechs auszeichnen. Beide Hersteller weisen jedoch darauf hin, dass es mit einem niedrigen GWP-Wert allein nicht getan ist, sondern dass auch die Energieeffizienz im Hinblick auf die Klimawirkung von Kälte- und Klimasystemen eine entscheidende Rolle spielt. So stellte DuPont auf dem ICR 2011 die Ergebnisse von Testreihen mit dem Kältemittel HFO 1234yf in Minisplit-Wärmepumpen mit einer Nennleistung von 2,8 kW im Kühlmodus und 3,2k W im Heizmodus vor. Daraus geht deutlich hervor, dass die Effizienz des Moleküls in dieser Anwendung im Vergleich zu R 410 A gerade mal bei 48 Prozent im Kühlmodus und bei 62 Prozent im Heizmodus liegt. Auch die JAZ liegt bei nur 80 Prozent im Vergleich zu R 410 A. Nur beieiner Lebenszyklusbetrachtung (Life Cycle Climate Performance LCCP), in die auch der niedrige GWP-Wert mit einfließt, schneidet HFO 1234yf um fünf Prozent bes-ser ab als R 410 A. An dieser grundlegenden Tendenz ändert sich auch dann nichts, wenn verschiedene Veränderungen am System vorgenommen ­werden, wie z. B. der Einsatz eines Verdichters mit wesentlich höherer Leistung, die Anpassung der Wärmeübertrager und der Einsatz von Rohrleitungen mit ­größerem Durchmesser. Da diese Ergebnisse als nicht optimal angesehen wurden, testete DuPont auch neue Kältemittelgemische in dieser Anwendung. Dabei handelte es sich um die Gemische DR 4 und DR 5. DR 4 ist ein Gemisch mit einem GWP-Wert knapp unter 300 und einem Temperaturglide von ca. 5 K, während DR 5 einen etwas höheren GWP von knapp unter 500 hat und einen Temperaturglide von nur ca. 1 K. Hier fallen die Ergebnisse wesentlich vielversprechender aus. So liegt bei DR 5 der COP sowohl im Heiz- als auch im Kühlmodus über dem von R 410 A (um 4 bzw. 1 %) und auch die JAZ fällt um 3 % besser aus. Bei der LCCP-Be­trachtung ist das Ergebnis sogar richtig spektakulär mit einer Reduzierung von 24 Prozent im Vergleich zu R 410 A. Auch DR 4 schneidet wesentlich besser ab als HFO 1234yf, fällt aber etwas hinter DR 5 zurück.

Mit ganz ähnlichen Erkenntnissen wartet auch Honeywell auf. Auch dieser Hersteller schickt neben den HFO 1234yf und 1234ze verschiedene Gemische ins Rennen, die entweder mit GWP-Werten zwischen 1 300 und 600 aufwarten, dafür aber nicht brennbar sind (ASHRAE-Klasse A1) oder aber mit solchen, bei denen der GWP zwischen 150 und 500 liegt, die aber dafür als mildly flammable (ASHRAE-Klasse A2L) eingestuft sind. Außerdem schüttelt Honeywell noch einen weiteren Trumpf aus dem Ärmel. Dabei handelt es sich um das noch in der Entwicklung befindliche Molekül HDR 14, das einen GWP-Wert von unter zehn hat und unter anderem für Chiller-Anwendungen geeignet sein soll. Nach Honeywells Testreihen ist das Gemisch L 41 der Wunschkandidat für Wärmepumpen, das heißt ein HFO-Gemisch mit einem GWP-Wert von unter 500, eingestuft in Brennbarkeitsklasse A2L, also mildly flammable. Das Unternehmen testete eine DC Inverter Split-Wärmepumpe mit Nennleistung von 4 kW im Kühlbetrieb und 5 kW im Heizbetrieb. Im Vergleich zu R 410 A lag hier die Effizienz um acht Prozent höher, während die Kälteleistung um 15 Prozent zurückging. Vielversprechend fielen auch die Tests mit dem neuen Produkt HDR 14 aus, von dem es heißt, es könne in Niederdruckchillern ohne größere technische Änderungen eingesetzt werden bei vergleichbarer Leistung und sogar höherer Energieeffizienz.

R 32

Anders fallen hingegen die Zukunftsprognosen der Hersteller von Klimageräten aus, wie aus mehreren Vorträgen hervorging. Hier ist einer der Topkandidaten das Molekül R 32, bislang vor allem bekannt als eine der beiden Komponenten des Kältemittels R 410 A. Wie auch die neuen HFO-Gemische ist R 32 ein Kompromiss. Es bietet einen stark reduzierten GWP-Wert im Vergleich zu R 410 A (675 im Vergleich zu 2 090), hat eine höhere Effizienz und Kälteleistung, ist dafür aber wie auch die HFOs und deren Gemische mildly flammable (ASHRAE-Klasse A2L). Dabei darf nicht vergessen werden, dass Kohlenwasserstoffe [z. B. Propan (R 290)] einen zwar noch geringeren GWP-Wert haben (< 3), dafür aber in ASHRAE-Klasse 3 als flammable eingestuft sind, also eine wesentlich höhere Brennbarkeit aufweisen.

Vorteilhaft für R 32, beispielsweise im Hinblick auf Recycling, dürfte auch die Tatsache sein, dass es sich dabei um ein Einstoffprodukt handelt, während Honeywell und DuPont Gemische anbieten. Klimageräte­hersteller Daikin und verschiedene weitere japanische Produzenten führen außerdem ins Feld, dass mit R 32 die Kältemittelfüllmenge in den Geräten erheblich reduziert werden könne. Dieser Faktor multipliziert mit dem relativ niedrigen GWP-Wert führe dazu, so die Hersteller, dass mit R 32 eine ganz entscheidende Verringerung der Emissionen von CO2-Äquivalenten erreicht werden könne. Kältemittelhersteller Honeywell hält den Lobeshymnen auf R 32 allerdings die höhere Verdichtungsendtemperatur entgegen. Diese könne besonders bei hohen Außentemperaturen Grund zur Besorgnis geben.

Das Leben ist ein Kompromiss

Das Beispiel Wärmepumpe zeigt: Das letzte Wort im Hinblick auf das oder die Kältemittel der Zukunft ist noch längst nicht gesprochen. Energieeffizienz und Sicherheit müssen sorgfältig gegen das allgegenwärtige Kriterium des GWP-Wertes abgewogen werden, um einen für die Umwelt, aber auch für Anlagenbauer, Hersteller und Betreiber akzeptablen Kompromiss zu finden. A V -

Quellen:

Analysis of LGWP Alternatives for small refrigeration (plugin) applications; Yana Motta, S., Spatz, M., Vera Becerra, E.; Honeywell International

Low Global Warming refrigerants for stationary air con­ditioning applications; Spatz, M., Yana Motta, S., ­Achaichia, N.; Honeywell International

Property and performance measurements of low GWP fluids for AC and heat pump applications; Leck, T.; DuPont Fluorochemicals R&D

Environmentally friendly low GWP refrigerants for sta­tionary AC&R applications; H. Arimoto, Y. Yamada, T. Tsuchiya, T. Shibanuma; Daikin Industries Ltd.

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