Unter dem Titel „Wege zur Transformation des deutschen Energiesystems bis 2050“ gingen die Wissenschaftler der Fragestellung nach, wie sich das Klimaziel der Bundesregierung, bis 2050 die CO2-Emissionen um mindestens 80 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, am wirtschaftlichsten erreichen lässt.
Wege zur neuen Energiewelt
Die dafür notwendige massive Dekarbonisierung erfordert eine völlig andere Energiewelt. Dieser Umbau ist mit erheblichen Investitionen verbunden und alles andere als ein Selbstläufer. Die Fraunhofer-Wissenschaftler untersuchten in ihrer modellbasierten Studie detailliert, wie Deutschland seine Klimaschutzziele durch den Ausbau erneuerbarer Energien und einer effizienteren Energienutzung erreichen kann.
Dabei werden auf Basis unterschiedlicher Szenarien verschiedene, kostenoptimierte Transformationspfade aufgezeigt. Aus der Vorgabe verschiedener Randbedingungen wie des Umfangs der energetischen Gebäudesanierung oder dem Ende der Kohleverstromung ergeben sich die entsprechenden Maßnahmen für Deutschland, um die Zielmarken von 80, 85 oder 90 Prozent-CO2-Minderung bis 2050 zu erreichen.
Bei allen Szenarien spielen Wind- und Photovoltaik-Anlagen eine Schlüsselrolle der zukünftigen Energieversorgung. Diese neue Dominanz fluktuierender Energieerzeuger erfordert auf der anderen Seite flexible Abnehmer. Nach Ansicht der Wissenschaftler wird in Zukunft sowohl mehr Strom erzeugt und auch verbraucht. Über die klassischen auf Strom basierenden Anwendungen hinaus kommen neue Stromanwendungen, insbesondere im Bereich der Gebäude und des Verkehrs hinzu. Zugleich impliziert die Nutzung von Strom in diesen Bereichen, dass Verbrennungstechniken wie Heizkessel und Verbrennungsmotoren zunehmend durch elektrische Maschinen wie elektrische Wärmepumpen und Elektromotoren ersetzt werden.
Wärmepumpe wird wichtigster Wärmeerzeuger
Das Fraunhofer ISE macht die Wärmepumpe in nahzu allen Szenarien als das wichtigste Heizsystem in Einzelgebäuden aus. Beim 85-Prozent-Szenario hätte die Wärmepumpe im Jahr 2050 einen Anteil von 80 Prozent an den Heizungstechniken, da sie die effizienteste Technik zur Wärmebereitstellung in Gebäuden darstellt. Heizkessel, die mit Öl und Gas befeuert werden, spielen ab 2050 in diesem Bereich keine Rolle mehr.
Karl-Heinz Stawiarski, Geschäftführer des Bundesverband Wärmepumpe (BWP), deutet dies als eindeutiges Signal an die Bundesregierung: „Die Politik muss jetzt handeln, um bessere Bedingungen für den Ausbau der Wärmepumpe zu schaffen, sonst wird sie ihr Ziel bis 2050 nicht erreichen. Derzeit ist der Strom mit zu hohen Steuern und Abgaben belastet, während fossile Energieträger sehr günstig sind. Ein Wechsel zu erneuerbaren Energien ist für den Verbraucher darum kaum noch attraktiv. Nur der Umweltgedanke kann hier noch überzeugen!“
Kosten der Energieversorgung bleiben auf dem gleichen Niveau
Die Wissenschaftler haben die Kosten für die Transformation des Energiesystems für unterschiedliche Szenarien untersucht: „Bleiben die Preise für fossile Energieträger bis 2050 gleich und die Kosten für CO2-Emissionen langfristig niedrig“, so Hans-Martin Henning, Autor der Studie, „dann liegen die kumulativen Gesamtkosten für das kostengünstigste Szenario um rund 1.100 Milliarden Euro, d. h. 25 Prozent höher als im Fall eines Weiterbetriebs des heutigen Energiesystems, in unverändertem Zustand.
Geht man allerdings von einer Erhöhung der Preise für fossile Energieträger um jährlich 3 Prozent aus, dann bleiben die kumulativen Gesamtkosten für eine Transformation des Energiesystems praktisch gleich wie die Kosten für einen Weiterbetrieb des heutigen Systems, und das bei gleichzeitiger Reduktion energiebedingter CO2-Emissionen um 85 Prozent.“ Nach erfolgter und abgeschlossener Transformation sind die jährlichen Gesamtkosten eines Energiesystems mit um 80 bis 85 Prozent abgesenkten CO2-Emissionen nicht höher als die vergleichbaren jährlichen Gesamtkosten unseres heutigen Energiesystems, die bei summarisch rund 250 Mrd. Euro für alle Endkunden liegen.
Keine Berücksichtigung fanden in der Studie externe Kosten durch Umweltschäden sowie volkswirtschaftliche Aspekte wie nationale Wertschöpfung und Beschäftigung.
Die gesamte Studie kann unter www.ise.fraunhofer.de heruntergeladen werden. (RM)