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AKTUELLES

eurammon: Die Arbeitsgruppe Ammoniak über das Kältemittel der Zukunft

KK: Herr Delforge, wie kam es zur Gründung der Arbeitsgruppe Ammoniak?

Eric Delforge: Ammoniak besitzt als natürliches Kältemittel ein enormes Zukunftspotenzial in der Branche – und zwar aufgrund seiner hohen Umweltfreundlichkeit und Energieeffizienz in vielen Leistungsbereichen. Tatsächlich gibt es aber selbst innerhalb der Kälte- und Klimabranche immer noch Entscheidungsträger, die glauben, dass Ammoniak als Kältemittel gefährlich, teuer und nicht energieeffizient genug wäre. Darüber hinaus unterliegt der Einsatz von Ammoniak in vielen EU-Mitgliedsstaaten hohen gesetzlichen Auflagen. Deshalb haben wir bei einem eurammon-Meeting in Mechelen im Jahr 2012 entschieden, das Thema direkt anzugehen und die Arbeitsgruppe Ammoniak gegründet.

KK: Welche konkreten Ziele verfolgt die Arbeitsgruppe?

Eric Delforge: Unser Ziel ist es, über die verschiedenen Einsatzbereiche von NH3 zu informieren und Ammoniak durch eine praxisnahe Faktenkommunikation zu einem objektiveren Image zu verhelfen. Die sachlich fundierte Aufklärung über Ammoniak als Kältemittel besitzt also oberste Priorität – gerade damit Unternehmen und letztlich auch die Umwelt von Ammoniak profitieren können. Neben den wissenschaftlichen Rahmendaten in Hinblick auf Energieeffizienz und Kosten gehören dazu auch Anwendungsbeispiele aus der Praxis.

KK: Gibt es denn ein besonderes Projekt der Arbeitsgruppe, mit dem Sie dieses Ziel erreichen wollen?

Eric Delforge: Um eine realistische Einschätzung der Fakten zu fördern, wollen wir der Branche zeigen, wie und wo sich Ammoniak als Kältemittel sicher und effizient einsetzen lässt. Aktuell planen wir dafür eine Reihe von kurzen Video-Interviews mit Unternehmen, die sich bereits für eine Ammoniak-Kälteanlage entschieden haben und ihre Erfahrungen schildern – hierzu gehören zum Beispiel international agierende Getränke-Konzerne, milchverarbeitende Betriebe oder Brauereien. Da wir bereits eng mit vielen Betreibern zusammenarbeiten, erfahren wir immer wieder und sehr genau, wo in der Praxis die Herausforderungen liegen. Ein Beispiel: Seit der revidierten F-Gase-Verordnung gibt es zwar einen europaweit gültigen rechtlichen Rahmen, der festlegt, welche Kältemittel erlaubt oder verboten sind. Doch gelten in den verschiedenen Mitgliedsländern unterschiedliche Vorschriften, zum Beispiel hinsichtlich der Sicherheitsbestimmungen oder der Besteuerung von Kältemitteln. Wir bündeln diese Informationen und stellen sie dem Markt als entscheidungsrelevante Hintergrundinformationen zur Verfügung. Darüber hinaus sammeln wir die häufigsten und wichtigsten Fragen und Antworten rund um Ammoniak. Diese sollen perspektivisch in einem Q&A-Bereich auf der eurammon Website veröffentlicht werden – ebenso wie eine frei verfügbare Präsentation mit grundlegenden Informationen zum Thema Ammoniak.

KK: Welche Rolle spielt Ammoniak aktuell und zukünftig im Markt?

Eric Delforge: Was wenige wissen: Ammoniak ist bereits heute ein sehr weitverbreitetes Kältemittel, besonders, wenn es um große Leistungsbereiche geht. Darüber hinaus besitzt Ammoniak ein enormes Potenzial für kommerzielle Anlagen im mittleren Leistungsbereich. Im ersten Schritt geht es uns darum, im Markt ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Ammoniak und andere natürliche Kältemittel nicht einfach nur als Alternative zu den synthetischen Kältemitteln gesehen werden – sondern, dass sie sich perspektivisch zu den weitverbreitetsten Kältemitteln entwickeln können. Neben der hohen Umweltfreundlichkeit – Ammoniak besitzt zum Beispiel ein GWP und ein ODP von Null – müssen wir dazu die Effizienz und Zukunftssicherheit betonen. Darüber hinaus zählt für Betreiber natürlich auch die gesamtwirtschaftliche Betrachtung. Und ein Blick auf den gesamten Lebenszyklus von Kälteanlagen mit Ammoniak zeigt, dass niedrige Betriebskosten verhältnismäßig hohe Investitionen in den Erwerb einer solchen Anlage nicht nur schnell ausgleichen, sondern langfristige Vorteile schaffen – ökologisch und wirtschaftlich. Das gilt umso mehr, wenn man eine eventuelle, zukünftig noch strengere Besteuerung von Kältemitteln nach Umweltkriterien mit ins Kalkül zieht.

KK: Was bedeutet die revidierte F-Gase-Verordnung für die Kältemittelbranche im Allgemeinen – und für Ammoniak als natürliches Kältemittel im Speziellen?

Eric Delforge: Mit der neu verabschiedeten F-Gase-Verordnung im März 2014 wurde ein Investitionshindernis für die Branche beseitigt. Unternehmen kennen nun die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Installation einer Kälteanlage – insbesondere, welche synthetischen Kältemittel in Zukunft erlaubt, und welche verboten sind. Diese Regelungen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, da sie Teil eines dynamischen Prozesses sind. Das heißt: Manch konventionelles Kältemittel, das heute noch grundsätzlich erlaubt ist, kann morgen schon zu einem Kostenfaktor werden. So werden in Skandinavien zum Beispiel Steuern im Zusammenhang mit dem GWP und ODP von Kältemitteln fällig. Ein Szenario, das auch in anderen europäischen Ländern nicht unrealistisch erscheint und teilweise schon eingeläutet wurde. Denn die meisten Staaten haben sich im Rahmen des Kyoto-Protokolls dazu verpflichtet, ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 zu reduzieren. Realistisch betrachtet werden viele Länder diese Ziele verfehlen – und mit hohen Strafzahlungen belegt werden. Das Geld könnte im nächsten Schritt auf die Verursacher umgelegt werden – zu denen auch synthetische Kältemittel mit GWP und ODP zählen. Am wichtigsten ist aber die Tatsache, dass die neue F-Gase-Verordnung ein Phase-down-Szenario darstellt und der zulässige Anteil von F-Gasen somit künftig drastisch sinken wird. Letztendlich lautet die Kernbotschaft daher, dass natürliche Kältemittel die ideale Lösung für Energieeffizienz- und Umweltprobleme darstellen. Ich bin davon überzeugt, dass am Ende diejenigen Anlagenbauer und Endverbraucher profitieren werden, die schnell auf die Nutzung natürlicher Kältemittel umsteigen.

KK: Vielen Dank für das Gespräch!

www.eurammon.com