Es gibt im Bereich der Nachfolge Projekte, bei denen das Thema des Verkaufs bzw. der Nachfolge im Unternehmen offen kommuniziert wird. Wenn der geschäftsführende Gesellschafter auf die 70 Jahre zugeht und in der Familie kein Nachfolger vorhanden ist, wäre das auch normal. In der Regel wird das Nachfolgeprojekt jedoch als geheime Kommandosache behandelt. Die in den vorvertraglichen Verhandlungen vereinbarte und vielleicht sogar im Kaufvertrag festgelegte Informationsstrategie setzen Käufer und Verkäufer nun gemeinsam um.
An erster Stelle stehen die Mitarbeiter. Je nach Größe des Unternehmens bieten sich verschiedene Vorgehensweisen an. Zuerst sollte man die Führungsmannschaft oder die Meinungsführer des Unternehmens informieren; es wäre zu überlegen, ob der Nachfolgeberater und der Steuerberater bei diesem Gespräch dabei sein sollten, da von diesen Mitarbeitern sicher gezielte Fragen zu erwarten sind. Sehr zeitnah ist dann die gesamte Belegschaft im Rahmen einer Betriebsversammlung zu informieren. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Gelegenheit und der Anlass der Betriebsversammlung passen. Es wäre wahrscheinlich nicht sehr hilfreich, vor einer Weihnachtsfeier oder vor einer Jubiläumsveranstaltung kundzutun, man habe an den größeren Mitbewerber aus der Stadt verkauft, der als knallharter Arbeitgeber in der ganzen Region bekannt ist. In dem skizzierten Fall wäre sicherlich eine Reihe von Gesprächsrunden notwendig, bevor man eine Betriebsversammlung abhalten könnte. Es ist sehr darauf zu achten, dass Mitarbeiter generell vor Veränderungen Angst haben und sich Sorgen machen. Diese Gefühle muss man in positive Bahnen lenken. Das ist die vornehmste Aufgabe des Übernehmers bei seiner Antrittsrede!
Für den großen Bereich des Finanz- und Beraternetzwerks, wie Hausbanken, Vermieter/Verpächter, Steuerberater, Firmenanwalt, Versicherungsvertreter u.a.m., gilt zweierlei: Waren sie in den Prozess eingeschaltet oder nicht, und handelt es sich beim Erwerb um einen Share-Deal oder um einen Asset-Deal: Sind alle Verträge mit übergegangen oder nicht. In der Regel kommen alle Vertreter dieser Berufsgruppen irgendwann während des Nachfolgeprozesses mit der Materie in Berührung. Auch wenn der Nachfolger einen anderen Steuerberater oder eine andere Hausbank bevorzugt, es gehört zum professionellen Verhalten eines Unternehmens, alle ehemals Beteiligten gemeinsam mit dem Übergeber zu besuchen und zu informieren. Denn die Lebenserfahrung zeigt immer wieder, dass man sich gerade im Geschäftsleben mehrmals trifft.
Eine bedeutende Gruppe beim Nachfolgeprozess sind Kunden und Lieferanten. Auch hier ist zu prüfen, ob die geschlossenen Vereinbarungen noch Gültigkeit (Share-Deal) haben oder neue abgeschlossen werden müssen (Asset-Deal).
Es existieren in jedem Nachfolgeprojekt vertraglich vereinbarte Aktivitäten, die Käufer und Verkäufer nach Vertragsabschluss abarbeiten. Generell wird eine zwei bis sechs Monate dauernde Einarbeitung vereinbart. Unsere Erfahrung ist, dass aus einer gewissen Unsicherheit des Käufers und aus einem Nicht- (so schnell) Loslassen-Wollen des Verkäufers fast immer eine längere Zeitdauer festgelegt wird, als dann tatsächlich absolviert wird. In den ersten zwei bis drei Monaten ist die Zusammenarbeit in der Regel sehr intensiv; danach werden die Abstände, dass man sich trifft, immer größer. Wichtig ist, dass man in dieser Zeit die Hauptkunden und Lieferanten gemeinsam besucht und den Übernehmer dort gut eingeführt hat.
Die Betreuung unseres Mandanten nach dem Verkauf endet auch nicht abrupt, denn es ist unsere erklärte Firmenpolitik, ihm auch nach dem Fließen des Kaufpreises und dem erfolgreichen Abschluss des Nachfolgeprojekts weiterhin mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Denn wir wissen, dass ein Unternehmer, der 40 oder mehr Jahre voll im Geschäft stand, langsam runterfahren und sich entwöhnen muss. Dabei begleiten wir ihn.
Damit ist die Serie über das Thema Nachfolge zu Ende. Es folgen in den nächsten beiden Ausgaben der KK noch zwei Beiträge über konkrete Nachfolgeprojekte und zwei Beiträge über die Themen Umgang mit Banken“ und Vorsorgeplanung Notfallkoffer“.
Dirk G. Müller,
Geschäftsführer der Beratungsfirma DMConsulting, Berlin / München