Falls Abweichungen festgestellt werden oder Unterlagen fehlen und nachgereicht werden müssen, kann bei den Käufern der Eindruck entstehen, dass beim Kauf Unwägbarkeiten oder Risiken bestehen. In der Folge wird versucht, den Kaufpreis zu drücken. Bei größeren Problemen, die erst im jetzigen Stadium des Verkaufsprozesses zu Tage kommen, kann es passieren, dass der ganze Verkauf platzt. Die Due Diligence ist damit zentrales Element des Unternehmensverkaufs.
Risiken für den Käufer aufdecken
Wir befinden uns auf der Zielgeraden des Projekts „Sicherung der Nachfolge durch Verkauf des Unternehmens“. In der letzten Folge der Artikelserie (KK 5) haben wir ausgeführt, wie wir aus vielen Interessenten durch die Prüfung verschiedener Indikatoren deren Anzahl auf zwei bis drei reduzieren. Den verbliebenen ernsthaften und potenten Interessenten muss nun nacheinander die Möglichkeit zu einer tiefen und intensiven Prüfung aller Unterlagen des Unternehmens gegeben werden.
Eine solche mit Sorgfalt durchzuführende Prüfung bezeichnet man als Due Diligence. Diese dient dazu, eventuelle Risiken für den Käufer aufzudecken, die maßgeblich den Wert des Unternehmens beeinflussen können. Gegenstand dieser Untersuchung sind normalerweise die Geschäftsvorfälle der letzten drei Jahre sowie die Planungen für die nächsten drei Jahre. Darüber hinaus werden alle Unternehmensverträge, Urkunden, Policen, Akten und vieles mehr geprüft.
Keine Angst vor dem Aufwand
Sowohl Käufer als auch Verkäufer lassen sich dabei von wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Beratern begleiten. In der Praxis ist ein solcher Vorgang bei weitem nicht so aufwendig und dramatisch, wie man im ersten Moment meinen könnte. Der eigene Steuerberater und der fachlich versierte Nachfolgeberater sind in der Regel ausreichend. Spezielle rechtliche Fragen, die im Laufe der Due Diligence auftauchen, kann man auch situativ durch Hinzuziehen seines Anwalts klären. Wie so oft im Geschäftsleben ist auch bei so einem Termin eine sorgfältige Vorbereitung von großer Bedeutung.
Im Teil 4 dieser Artikelserie haben wir uns mit den Begriffen Asset Deal und Share Deal befasst. Da bei einem Share Deal die Geschäftsanteile erworben werden und das Unternehmen mit allen Betriebsgrundlagen fortgeführt wird, ist die Due Diligence in diesem Fall sehr viel tiefer und intensiver als beim Asset Deal. Beim Asset Deal werden bestimmte, genau bezeichnete Vermögensgegenstände erworben, sodass sich die Due Diligence auf diese und die damit zusammenhängenden Risiken begrenzen lässt.
Bei dem Verkauf eines mittelständischen Betriebes setzt man für eine Due Diligence in der Regel 1 bis 1,5 Tage an. Wir raten unseren Mandanten, lieber mehr Zeit anzubieten, als die Zeit zu knapp zu bemessen. Denn ein großzügiges Zeitangebot schafft Vertrauen und vermittelt dem Käufer, dass man nichts zu verbergen hat.
Was wird geprüft?
Eine Due-Diligence-Liste mit allen relevanten Fragen und Unterlagen lässt sich je nach Größe und Komplexität des Unternehmens auf sehr viele Einzelpositionen ausweiten. Beim Kauf und Verkauf von mittelständischen Unternehmen sind aber in der Regel Listen mit 50 bis 100 Positionen ausreichend. In der Hauptsache werden folgende Unterlagen und Angaben (die folgende Aufzählung ist nur auszugsweise) für eine Due Diligence benötigt:
Bereich Finanzen: Jahresabschlüsse, Analyse der Rechnungslegung, Inventarlisten, Kreditlinien mit Beanspruchung, Ausschöpfung und Absicherung, Steuererklärungen und Bescheide, Berichte der Betriebsprüfungen über alle Steuerarten und Sozialversicherungen
Bereich Geschäftsmodell: Wirtschaftliche Grundlagen: Geschäftsmodell, Produktprogramm, Markt und Wettbewerber, Marktvolumen in der Region, Wettbewerbsvorteile, Vertrieb, Kunden- und Lieferantenliste, Auflistung aller schwebenden Geschäfte: Bestellungen und Aufträge, Organigramm, Unternehmensplanung für die nächsten 3 Jahre, Innovationsfähigkeit, IT-Architektur, Zertifikate
Bereich Gesellschaftsunterlagen: HR-Auszug, Gesellschaftsvertrag, Beschlüsse und Protokolle von Gesellschaftsversammlungen, Geschäftsordnungen, alle über die allgemeinen Leistungs- und Lieferverträge hinausgehenden Vereinbarungen
Bereich Verträge (Auszug!): Vorlage aller Betriebsgenehmigungen, Leasingverträge, Versicherungsverträge, Mietverträge, Eigentumsurkunden von Immobilien, Kooperationsverträge, Beteiligungsverträge, Verträge mit Großlieferanten und Großkunden, Verträge mit Vertragshändlern, Vertretern und Vertriebspartnern, Verzeichnis der Gewährleistungen, alle Arbeitsverträge, Vereinbarungen über Tantiemen und Boni, Verträge über Altersversorgung, Betriebsvereinbarungen, arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen
Bereich rechtliche Risiken: Verzeichnis der drohenden und laufenden Prozesse einschließlich Auseinandersetzungen mit Steuer- und Umweltbehörden
Bereich Personal: Akten, Alter und Ausbildung der Mitarbeiter, Bereitschaft zur Ausbildung, Betriebsrat, Betriebsklima, Kommunikation
Alles genau dokumentieren!
Es hat sich unserer Erfahrung nach als sehr sinnvoll herausgestellt, die Ergebnisse der Due Diligence akribisch zu protokollieren, auszudrucken und nach jeder Sitzung von den Beteiligten unterschreiben zu lassen. Wir praktizieren das inzwischen in allen Projekten. Jeder erhält ein von allen Teilnehmern unterschriebenes Exemplar mit den Ergebnissen und neuen Aufgaben für die nächste Sitzung ausgehändigt.
Wichtige Problemfelder
Interessant ist die Frage, was in unserer Praxis bei der Durchführung der Due Diligence schon aufgedeckt wurde. Beispielhaft haben wir einige Punkte zusammengestellt:
Zum einen können im Bereich der Urkunden Fehler und Unstimmigkeiten entdeckt werden, die manchmal seit Jahren unbemerkt blieben. Meistens sind sie für den Verkaufsprozess nicht so bedeutend. Sehr ärgerlich und hinderlich ist es aber, wenn zum Beispiel bei der Prüfung der Jahresabschlüsse auf der Aktivseite eine Beteiligung an einer ARGE (Arbeitsgemeinschaft) auftaucht, die seit Jahren inaktiv ist, nur noch mit dem Erinnerungswert bilanziert wird, aber nicht aufgelöst wurde. Sehr schwierig wird es, den Verkaufsprozess fortzusetzen, wenn inzwischen ein Mitglied der ARGE in die Insolvenz gegangen ist oder unauffindbar ist.
Im Bereich Versicherungen werden in der Regel Dinge aufgedeckt, die mit Über- und Unterversicherungen oder mit mangelnder Deckung zusammenhängen.
Im wirtschaftlichen Leistungsprozess liegen die hauptsächlich durch die Prüfungen aufgedeckten Mängel in den Bereichen Vor- und Nachkalkulation, Angebots- und Auftragswesen.
Fazit
Da die Ergebnisse der Due Diligence den Kaufpreis sehr beeinflussen können, also ihn im Fall von zutage getretenen Problemen oder Unstimmigkeiten nach unten drücken, bereiten wir uns bei den von uns betreuten Projekten akribisch auf die Due Diligence vor. Wir erstellen für unsere Mandanten eine auf ihr Unternehmen maßgeschneiderte Due-Diligence-Liste, die wir zusammen mit ihnen vorher durchgehen und abarbeiten. Dieses Vorgehen hat sich sehr bewährt und erzeugt eine große Sicherheit und Souveränität bei der tatsächlichen Prüfung, damit der angestrebte Kaufpreis nicht wackelt.
Im nächsten Artikel befassen wir uns mit Absichtserklärung (LOI), Kaufvertrag und Integration des gekauften Unternehmens in die Organisation des Käufers. ■