Eine Prüfung nahezu aller betrieblichen Bereiche wird praktisch bei jedem Unternehmenskauf oder -verkauf unter Dritten durchgeführt. Diese Prüfung nennt man Due Diligence. Darunter versteht man eine mit Sorgfalt durchgeführte Prüfung, um eventuelle Risiken aufzudecken, die maßgeblich den Wert des Unternehmens be-stimmen. Gegenstand der Untersuchungen sind normalerweise die Geschäftsvorfälle in den letzten drei Jahren in der Vergangenheit sowie die Planungen für die nächsten drei Jahre in der Zukunft. Einige Käufer und Verkäufer lassen sich dabei von wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Beratern begleiten. In der Praxis wird es aber nicht so dramatisch: Der eigene Steuerberater und der fachlich versierte Nachfolgeberater sind in der Regel ausreichend. Spezielle rechtliche Fragen kann man auch später klären.
Wie es häufig im Geschäftsleben ist, gilt auch in diesem Punkt: Mit einer sorgfältigen Vorbereitung läuft es in der Regel besser; dazu später mehr.
Im Teil 4 der Serie hatten wir uns mit den Begriffen Asset Deal und Share Deal befasst. Da man bei einem Share Deal die Geschäftsanteile erwirbt und damit mit allen Betriebsgrundlagen das Unternehmen fortführt, ist die Due Diligence in diesem Fall sehr viel tiefer und intensiver als beim Asset Deal. Beim Asset Deal werden bestimmte, genau bezeichnete Vermögensgegenstände erworben, sodass sich die Due Diligence auf diese und die damit zusammenhängenden Risiken eingrenzen lässt. Für mittelständische Betriebe setzt man für eine Due Diligence in der Regel 1 bis 1,5 Tage an. Unser Rat ist, als Verkäufer lieber mehr Zeit anzubieten, als die Zeit zu knapp zu bemessen. Ein großzügiges Zeitangebot schafft Vertrauen und suggeriert: Man hat nichts zu verbergen!
Eine Due Diligence Liste mit allen relevanten Fragen lässt sich ohne Probleme auf mehrere Hundert Einzelpositionen ausweiten. Beim Kauf und Verkauf von mittelständischen Unternehmen sind in der Regel Listen mit 50 bis 100 Positionen ausreichend. In der Hauptsache werden folgende Unterlagen und Angaben (nur Auszug!) für eine Due Diligence benötigt:
Jahresabschlüsse, Analyse der Rechnungslegung, Inventarlisten, Kreditlinien mit Beanspruchung, Ausschöpfung und Absicherung, Steuererklärungen und Bescheide, Berichte der Betriebsprüfungen über alle Steuerarten und Sozialversicherungen
Wirtschaftliche Grundlagen: Geschäftsmodell, Produktprogramm, Markt und Wettbewerber, Marktvolumen in der Region, Wettbewerbsvorteile, Vertrieb, Kunden- und Lieferantenliste, Auflistung aller schwebenden Geschäfte: Bestellungen und Aufträge, Organigramm, Unternehmensplanung für die nächsten drei Jahre, Innovationsfähigkeit, IT-Architektur, Zertifikate
Gesellschaftsunterlagen HR-Auszug, Gesellschaftsvertrag, Beschlüsse und Protokolle von Gesellschaftsversammlungen, Geschäftsordnungen, alle über die allgemeinen Leistungs- und Lieferverträge hinausgehenden Vereinbarungen
Verträge (Auszug!): Vorlage aller Betriebsgenehmigungen, Leasingverträge, Versicherungsverträge, Mietverträge, Eigentumsurkunden von Immobilien, Kooperationsverträge, Beteiligungsverträge, Verträge mit Großlieferanten und Großkunden, Verträge mit Vertragshändlern, Vertretern und Vertriebspartnern, Verzeichnis der Gewährleistungen, alle Arbeitsverträge, Vereinbarungen über Tantiemen und Boni, Verträge über Altersversorgung, Betriebsvereinbarungen, arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen
Verzeichnis der drohenden und laufenden Prozesse einschließlich Auseinandersetzungen mit Steuer- und Umweltbehörden
Betriebsklima, Kommunikation, Alter und Ausbildung der Mitarbeiter, Bereitschaft zur Ausbildung
Es hat sich als sehr sinnvoll herausgestellt, die Ergebnisse der Due Diligence akribisch zu protokolieren und nach jeder Sitzung von den Beteiligten abzeichnen zu lassen. Wir praktizieren es inzwischen in jedem Projekt so, dass alle Ergebnisse von Besprechungen sofort protokolliert werden und am Ende der Sitzung das parallel erstellte Protokoll von jedem unterzeichnet wird. Jeder Teilnehmer erhält dann ein von allen unterschriebenes Exemplar mit den Ergebnissen und neuen Aufgaben für die nächste Sitzung ausgehändigt.
Für die Praxis ist die Frage interessant, was tritt denn unter Umständen durch eine Due Diligence zu Tage? Was wird aufgedeckt? Da ist zum einen der Bereich der Urkunden; es werden Fehler und Unstimmigkeiten entdeckt, die in der Mehrzahl seit Jahren unbemerkt existierten. Meistens sind sie für den Verkaufsprozess nicht so bedeutend. Sehr ärgerlich und hinderlich ist es aber, wenn zum Beispiel in der Prüfung eine Arge auftaucht, die seit Jahren inaktiv ist, aber nicht aufgelöst wurde, und bei der inzwischen ein Mitglied in die Insolvenz gegangen ist.
Im Bereich Versicherungen werden in der Regel Dinge aufgedeckt, die mit Über- und Unterversicherungen oder mit mangelnder Deckung zusammenhängen. Im wirtschaftlichen Leistungsprozess liegen die hauptsächlich durch die Prüfungen aufgedeckten Mängel in den Bereichen Vor- und Nachkalkulation, Angebots- und Auftragswesen.
Da die Ergebnisse der Due Diligence den Kaufpreis sehr beeinflussen können, also bei der Bandbreite ein Rutschen in Richtung auf den unteren Wert bewirken könnten, bereiten wir uns bei den von uns betreuten Projekten akribisch auf die Due Diligence vor. Wir erstellen für unseren Mandanten eine auf seine Belange abgestellte Due Diligence Liste, die wir als eine Art Generalprobe abarbeiten. Das hat sich sehr bewährt und verschafft eine große Sicherheit und Souveränität bei der tatsächlichen Prüfung, damit der angestrebte Kaufpreis nicht wackelt.
Im nächsten Artikel befassen wir uns mit den Themen Absichtserklärung (LOI) und Kaufvertrag.
Dirk G. Müller,
Geschäftsführer der Beratungsfirma DMConsulting, Berlin / München