Entwickelt sich ein Feuer nach dem Ausbruch zum Vollbrand, steigt auch die Hitze im gesamten Gebäude stark an. Tragende Bauteile geraten auf diese Weise schnell an ihre Leistungsgrenzen. Wird die Hitze nicht abgeleitet, besteht in einer Industriehalle bereits nach kurzer Zeit Einsturzgefahr. Auch ein zielgerichteter Löschangriff ist bei zu großer Hitze kaum ausreichend. Die Einsatzkräfte werden sich darauf konzentrieren, das Feuer einzudämmen und benachbarte Gebäude zu schützen. Der Totalverlust des betroffenen Brandabschnittes wird dabei als Konsequenz eines kontrollierten Abbrandes in Kauf genommen.
Während sich die Brandhitze auf die Standfestigkeit des Gebäudes auswirkt, werden für die im Gebäude befindlichen Personen vor allem die Rauchgase zur Gefahr. Sie beeinträchtigen die Orientierung und wirken hochtoxisch. Wenige Atemzüge reichen bereits aus, um einen Menschen zu töten. Der Rauch und die Brandfolgeprodukte sind auch für Sachgüter extrem schädlich. Die korrosiven und toxischen Rückstände setzen sich unter anderem an Rohstoffen, Maschinen, Wänden, Decken und Böden ab. Dabei können die korrosiven Verbrennungsprodukte auch erst nach längerem Kontakt mit der Oberfläche großen Schaden verursachen. Toxische Rückstände können insbesondere Lebensmittel, Textilien oder medizinische Produkte unbrauchbar machen. Die Entrauchung und die Wärmeabfuhr nehmen so im vorbeugenden Brandschutz eine zentrale Funktion ein.
Mindestanforderungen an das Brandschutzkonzept
Die Muster-Industriebaurichtlinie (M-IndBauRL) und die jeweiligen Landesbauordnungen definieren die Mindeststandards für die Entrauchung in Industriebauten. Für die Projektierung der Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA) sehen sie bei Regelbauten ohne Abweichung vom Baurecht mindestens 1,5 m2 aerodynamisch wirksame Rauchabzugsfläche für je 400 m2 Grundfläche vor. Zu beachten ist jedoch, dass die Regelungen nach M-IndBauRL lediglich die Feuerwehr bei ihrem Löscheinsatz unterstützen und die drei öffentlich relevanten Schutzziele Personenschutz, Nachbarschaftsschutz und Umweltschutz sicherstellen sollen.
Soll das Brandschutzkonzept weitere Schutzziele wie den Sach- oder Drittschutz gewährleisten oder weicht das Gebäude vom Baurecht ab, sind zusätzliche Maßnahmen zur Entrauchung notwendig. Die Grundlage hierfür bieten die anerkannten Regeln der Technik wie DIN-Normen (z. B. DIN 18232) sowie VdS- (z. B. VdS 2098) und VDI-Richtlinien (z. B. VDI 6019). Auf Basis dieser Regelungen hat sich in der Praxis die 200-m2-Regel als Faustformel für eine gut bemessene Entrauchung etabliert. Sie besagt, dass pro 200 m2 Grundfläche mindestens ein Rauch- und Wärmeabzugsgerät eingebaut werden sollte. Be-sonders große Gebäude und Gebäude mit Ebenen werden darüber hinaus mit Rauchschürzen in beherrschbare Rauchabschnitte unterteilt.
Raucharme Schicht schützt Menschenleben und Sachwerte
Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, die nach den anerkannten Regeln der Technik projektiert sind, leiten die Brandhitze und die entstandenen Zersetzungsprodukte zuverlässig nach außen ab und verlängern damit die Standfestigkeit der tragenden Konstruktion. Strömt ausreichend Frischluft durch bodennahe Öffnungen nach, entsteht unter der Hallendecke eine stabile Rauchschicht. Gleichzeitig bildet sich am Boden eine raucharme Schicht. Diese sollte gemäß DIN 18232-2 eine Höhe von mindestens 2,5 m erreichen. Darin haben eingeschlossene Personen die Möglichkeit, sich selbst zu retten, und die Feuerwehr kann schnell und gezielt zum Brandherd vordringen.
Eine zuverlässige und effektive Entrauchung muss weder teuer noch kompliziert sein. Die Anlagen können in Dachoberlichter wie Lichtkuppeln oder -bänder integriert werden. Im Brandfall werden die einzelnen Natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsgeräte (NRWG) bereits in der Entstehungsphase geöffnet. Ab diesem Zeitpunkt leiten sie den Rauch mitsamt der aufsteigenden Hitze nach außen. Dafür nutzen sie die natürliche Thermik: Je größer die Hitze ist, desto größer ist auch der Volumenstrom, der nach außen abgeführt wird.
Regelmäßige Wartung für dauerhafte Funktionssicherheit
Ein Brand kann weder vollständig vermieden noch zeitlich eingegrenzt werden. Daher ist es umso wichtiger, dass die Entrauchungsanlage jederzeit funktionsfähig ist. Dies können die Betreiber von Industriebauten durch eine regelmäßige Wartung sicherstellen. Der Fachverband Tageslicht und Rauchschutz e. V. (FVLR) empfiehlt, diese Aufgabe per Wartungsvertrag an einen qualifizierten Fachbetrieb zu übertragen. So ist neben der Sicht- und Funktionsprüfung unter anderem gewährleistet, dass Verbrauchsmaterialien durch Original-Ersatzteile ersetzt werden. Richtig bemessen und gut gewartet können RWA mit vergleichsweise geringem Aufwand ein hohes Maß an Sicherheit für den Brandfall in Industriebauten schaffen.
Fazit: Entrauchung schützt vor Totalverlust
Die Investitionen für ein effektives Entrauchungskonzept zahlen sich spätestens im Brandfall aus: Durch die Ableitung der Hitze bleibt die Standfestigkeit der tragenden Bauteile länger erhalten und der Totalverlust des Gebäudes wird vermieden. Die Rauchgasableitung verhindert, dass Warenbestände und Maschinen in anderen Rauchabschnitten beschädigt werden. Das Unternehmen kann die Produktion meist nach relativ kurzer Zeit wieder aufnehmen. Bei einem Totalschaden am Gebäude kann zwar die Versicherung den entstandenen Schaden abdecken. Dennoch besteht die Gefahr, dass das Unternehmen durch langfristige Produktions- und Lieferausfälle und die damit verbundenen Kundenverluste in den Folgemonaten nach dem Brand insolvent wird.
Siemens: Brandschutzlösungen
Eine Brandschutzklappensteuerung und einen Zwischensockel-Sounder, der auch eine optische Alarmierung gemäß der EN 54-23 ermöglicht, hat Siemens neu im Programm. Die Steuerung lässt sich einfach in Brandschutzanlagen, Managementplattformen und Automatisierungsstationen des Herstellers einbinden. Als Steuerzentrale dient eine entsprechend programmierte Brandmelderzentrale. Die Zentrale muss nicht mehr mit den Brandschutzklappen einzeln verkabelt werden, sondern steuert über das Sinteso FDnet direkt die Ein- / Ausgabebausteine an, die bei den Brandschutzklappen montiert sind. Dies reduziert Verkabelungsaufwand und Montagezeiten.
Optisch und akustisch gewarnt
Der loop-gespeiste Zwischensockel-Sounder erfüllt die Anforderungen an eine optische Alarmierung und kann zwischen einem automatischen Brandmelder und dessen Anschlusssockel installiert werden. So wird aus einem normalen“ Brandmelder ein optisch-akustischer Signalgeber. Dies schreibt die EN 54-23 in bestimmten Einsatzbereichen vor, in denen bisher eine rein akustische Alarmierung ausreichend war. Neben weiteren Vorgaben muss zum Beispiel die Beleuchtungsstärke des Signalgebers dabei mindestens 0,4 Lux im gesamten Alarmierungsbereich betragen.
Gebäudetechnik managen
Die Managementplattform Desigo CC integriert alle Gewerke im Gebäude und macht sie über eine Bedienoberfläche steuerbar. Damit trägt Desigo CC zu einer höheren Gebäudeperformance in den Bereichen Brandmelde- und Sicherheitstechnik, Energieeffizienz, Komfort und beim Energiemanagement bei und schützt Personen, Gebäude und Werte.
Brandursachen detektiert
Mithilfe der Detektionstechnik ASA (Bild) lassen sich Brandentwicklungen und Täuschungsgrößen mit dem Softwaretool Sinteso Data Recorder (SDR) erfassen und analysieren. Der Brandschutzschalter 5 SM 6 entspricht der DIN VDE 0100-420. Diese Norm fordert die Installation eines Brandschutzschalters bis Ende 2017 für bestimmte Anwendungsbereiche. Der Brandschutzschalter kann in jedem Installationsverteiler eingesetzt werden und detektiert Fehlerlichtbögen in schadhaften Kabeln und Elektrogeräten.
Dipl.-Ing. Thomas Hegger,
Geschäftsführer des Fachverbandes Tageslicht und Rauchschutz e.V. (FVLR), Detmold