Der kleine Ort Sachseln in der Schweiz mit etwa 5200 Einwohnern liegt direkt am Sarnersee, knapp 30 Autominuten von Luzern entfernt. 1958 wurde das alte Schulhaus Türli gebaut – damals galten andere Baustandards und Ansprüche an Schulgebäude. Nicht nur hygienische Vorgaben in den Hauswirtschaftsbereichen stellten inzwischen ein Problem dar, auch fehlende Gruppenräume für Zusatz- oder Musikunterricht und die nicht behindertengerechte Bauweise. Insgesamt war das Gebäude sanierungsbedürftig und die Anpassung an heutige Anforderungen wäre mit großem Aufwand verbunden gewesen, zumal das alte Gebäude asbesthaltig war.
Zwei Neubauten
Die Gemeinde entschied sich daher nach einer Volksabstimmung gegen eine Sanierung und für einen Neubau. Beim anschließenden Architekturwettbewerb gewann der Entwurf „Türli und Arni“ von Durrer Architekten aus Luzern. Dieser sah zwei verschiedene Gebäude vor – ein Schul- und ein Kindergartenhaus, die in unterschiedlichen Etappen gebaut werden sollten, wodurch keine Provisorien benötigt wurden. Der Neubau des Schulhauses fand also bei laufendem Schulbetrieb statt.
Das Türli-Gebäude ist vierstöckig mit einem niedrigen Walmdach. Außen wirkt es kompakt, innen sorgt ein großer Lichtschacht im Dach für natürliches Licht und die überwiegend in hellem Holz gehaltene Ausstattung für einen offenen, freundlichen Empfang. 12 Klassenräume, vier Gruppenräume, Musikzimmer und Singsaal, Lehrerzimmer, Logopädiezimmer und Räume für Werken und Basteln sowie Nebenräume für Lager oder Gebäudetechnik finden Platz im neuen Schulhaus. Vor allem die Klassenräume in den beiden oberen Stockwerken mit ihren Panoramafenstern samt umlaufender Fensterbank bieten eine Aussicht auf den Sarnersee und lassen die Klassenzimmer hell und freundlich wirken. Das langgestreckte, zweigeschossige Arni-Gebäude beherbergt fünf Kindergartenräume sowie zwei Schulküchen und wurde in einer zweiten Etappe nach Fertigstellung des Türli gebaut. Auf den Firstdächern ist eine Photovoltaikanlage Richtung Süden platziert. Beide Gebäude wurden in einer Mischung aus Skelett- und Massivbauweise erstellt, was eine flexible Raumnutzung ermöglicht.
Innovative Bauteilaktivierung
Bei der Planung legten die Architekten großen Wert auf eine nachhaltige Energieversorgung in den beiden Gebäuden. Die aktuellen Energievorgaben wurden unter anderem durch die kompakte Bauform und die Wärmedämmung erfüllt. Zusätzlich unterstützen eine Dreifachverglasung der Fenster und textile Markisen den Wärmeschutz im Sommer.
Der Solarstrom aus der PV-Anlage versorgt neben den Schulgebäuden noch die Turnhalle und das Gemeindehaus. Darüber hinaus entschied man sich für ein Lüftungssystem auf Basis einer Betonkerntemperierung. Hierfür wurden während der Bauphase Kühlrohre aus wärmeleitendem Aluminium in die Betondecken auf jeder Ebene verlegt. Man kann sich diese dann wie eine Kühldecke vorstellen, mit zusätzlichem großen Energiespeichervolumen. Dies ermöglicht es, die gespeicherte Wärme zu einem späteren, energetisch sinnvolleren Zeitpunkt abzugeben, beispielsweise in der Nacht oder den frühen Morgenstunden. Über den Tag hinweg führt die Wärmekapazität des Bauteils nur zu einem geringen Anstieg der Raumtemperatur. Die Energie im Raum dient dann der Nacherwärmung der Zuluft.
Beim Projekt Türli und Arni kam das BTA-Lüftungssystem Concretcool von Kiefer Klimatechnik zum Einsatz. Das TGA-Planungsbüro Berchtold aus Sarnen hatte bereits positive Erfahrungen mit diesem System und es daher speziell für dieses Projekt angefragt. Denn es nutzt die freie Kühlung und vereint die Bauteilaktivierung mit der Lüftungsfunktion. Für ein konzentriertes Arbeiten und Lernen und auch um eine mögliche virenbelastete Aerosolkonzentration zu vermeiden, benötigen Schulräume stets frische Luft. Durch den kontinuierlichen Austausch der Raumluft wird ein Anstieg des CO2-Gehalts in der Raumluft verhindert. Die Bauteilaktivierung mit Luft statt Wasser verwendet frische Außenluft als Energieträger. Diese steht an bis zu 70 Prozent des Jahres mit Temperaturen unterhalb von 14 °C kühl und kostenlos zur Verfügung. So werden die Räume mit Frischluft versorgt und gleichzeitig die Raumluftfeuchte im Sommer reduziert. Während des Betriebs der Anlage im Winter produzieren die Schüler mehr Wärme als durch die gut gedämmte Gebäudehülle entweicht. Dass daher nicht viel geheizt werden muss, war ein wichtiges Argument für das Concretcool-System.
Einfache Funktion – unauffälliges Design –
hohe Energieeinsparungen
Die kühle Außenluft, mit dem Zuluftvolumenstrom für Concretcool von 12 m3/ hm2, durchströmt die Kühlrohre innerhalb der Betondecke und erwärmt sich dabei auf annähernd Deckentemperatur. Rippen in den Aluminiumrohren vervierfachen die innere Oberfläche nahezu. Dadurch wird ein Wärmeübertragungsgrad von 90 Prozent erreicht. Die benötigte Wärme wird der Decke entzogen und führt zu einer zeitgleichen Kühlung des Bauteils.
Deckendralldurchlässe GLS 230 von Kiefer Klimatechnik führen anschließend die Zuluft in die Räume. Dadurch wird der hygienische Frischluftbedarf gedeckt und ein behagliches Raumklima geschaffen. Ganz ohne Nacherhitzer oder Primärenergie erreicht das System eine Austrittstemperatur von rund 21 °C. Der Prozess erfolgt selbstregulierend und fast schwankungsfrei mit hoher Stabilität der Temperatur aufgrund der großen Speicherkapazität der Betondecken.
Zusätzliche Lüftungsrohre benötigt das System nicht: Die Luftleitungen sind im Raum nicht zu sehen, lediglich die Luftdurchlässe sind in den Betondecken unauffällig integriert. Dadurch können auch ästhetische Ansprüche der Architekten erfüllt werden: Da die Anschlusskästen auch in wasserdichter Ausführung in die Decke einbetoniert werden können, sind beispielsweise durchgehend glatte Betondecken möglich. ■
Bautafel:
Objekt: Schulhaus Türli, Sachseln, Schweiz
Bauherr: Einwohnergemeinde Sachseln, Schweiz
(www.sachseln.ch)
Fachplaner TGA: Ingenieurbüro P. Berchtold, Sarnen, Schweiz
(www.ing-berchtold.ch)
Architekt: Durrer Architekten, Luzern, Schweiz
(www.durrerarchitekten.ch)
Bauarbeiten: 2018 – 2021
Produkte: System Concretcool in Kombination mit Deckendralldurchlass GLS 230
von Kiefer Klimatechnik, Stuttgart