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Schallschutz bei der Wohnraumlüftung erfordert ein Gesamtkonzept

Frischluft ohne Lärm

In der Praxis kann eine Anlage mit einem sehr hoch angegebenen Schallschutzwert von zum Beispiel 75 dB diesen Wert meist nur bei einem vergleichsweise niedrigen Volumenstrom und in Abhängigkeit von der optimalen Montageposition erreichen. Umso wichtiger ist daher bei der Entscheidung für ein dezentrales Lüftungssystem eine ausführliche Fachberatung im Vorfeld, die neben den Produkteigenschaften auf entscheidenden Faktoren wie Raumparameter oder Bausubstanz beruht.

Schutz vor Außenlärm wird schwieriger

Aufgrund zunehmend dichter Bebauung und schalltechnisch anspruchsvoller Lagen wird der Außenlärm zunehmend zum Problem. Laut Statistischem Bundesamt leben 77 Prozent der deutschen Bevölkerung in dicht und mittelstark besiedelten Gebieten – Tendenz steigend: Aufgrund des ohnehin schon hohen Bebauungsgrads und des sinkenden Angebots an freien Flächen für Neubauten, wird immer häufiger Wohnraum in bereits eng besiedelten Stadtteilen sowie in der Nähe von Flughäfen, Bahnhöfen und an stark lärmbelasteten Verkehrsknotenpunkten geschaffen.

Kommt es dabei zum Einbau dezentraler Lüftungsanlagen, müssen diese besonders gute Schallschutzeigenschaften aufweisen, damit möglichst wenig Außenlärm eindringt, der die Wohnqualität mindert. Durch bautechnische Maßnahmen wie den Einsatz spezieller Dämmstoffe sollen ihre Eigengeräusche auf ein behagliches Maß reduziert und hereingetragener Schall beim Austausch mit der Außenluft nahezu eliminiert werden.

Der optimale Betrieb ist jedoch neben den technischen Eigenschaften abhängig von Bauphysik, Raumgröße, Wand- und Deckenkonstruktion sowie Art und Ausrichtung der Fenster und Türen. Dies wird jedoch zu selten berücksichtigt – unter anderem auch deshalb, weil es mit der DIN 4109 beispielsweise zwar allgemeine Empfehlungen für den Schallschutz für Wohngebäude gibt, diese aber lediglich Mindestanforderungen zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren regelt.

Hohe Schallschutzwerte nur bei niedrigem Volumenstrom

Hauptaufgabe von Lüftungsgeräten ist die Versorgung mit frischer Luft für ein an­genehmes Wohnklima. Die erforder-
liche Luftmenge lässt sich zum Beispiel erhöhen, indem mehrere Geräte installiert oder Geräte mit größerem Volumenstrom beziehungsweise höherer Luftleistung eingesetzt werden. Damit dieser Austausch kaum hörbar ist, sind in modernen Lüftungsanlagen schallhemmende Komponenten verbaut.

Jedoch stehen Luftleistung und Schalldämmung in einer direkten physikalischen Abhängigkeit: Bei höheren Volumenströmen muss eine größere Einströmfläche
für die Luftmenge bereitgestellt werden.
Das hat zur Folge, dass die Gerätegröße gegebenenfalls schnell ansteigt, wodurch wiederum mehr Schall hindurchgelangen kann. Ein absolut schalldichtes System
oder Gerät würde dagegen die Lüftungsfunktion vermindern beziehungsweise sogar ganz verhindern. Möchte der Nutzer also die vom Hersteller angegebenen Höchstwerte – zum Beispiel beim Volumenstrom – realisieren, so ist dies in den meisten Fällen nicht in Kombination mit den maximal möglichen Schallschutz­werten umsetzbar.

Im Umkehrschluss lassen sich die ­maximal erreichbaren Schallwerte nur bei einem sehr niedrigen Volumenstrom erzielen und nicht beim maximal mög­lichen oder nach Norm erforderlichen Luftvolumenstrom. Häufig kommt es aber dazu, dass diese Relation von Herstellerseite aus nicht deutlich kommuniziert wird und lediglich der höchstmögliche Schallschutzpegel angegeben ist. Die individuellen Gegebenheiten wie Wandstärken oder notwendige Volumenströme lassen die
theoretisch erreichbaren Maximalwerte oft schlicht nicht zu. In der Praxis führen sie immer wieder zu Problemen und großen Austausch- beziehungsweise Nachrüst­aktionen, da zum Beispiel die tatsächlichen Wandstärken der Gebäude nicht zu den Wandstärken bei Maximalwertangabe der Geräte passen.

Des Weiteren sind oft Schallisolierungen in Geräten an Stellen verbaut, bei denen Feuchtigkeit, Kondensat und Schmutz zu unhygienischen Verhältnissen führen und eine Reinigung zudem schwierig bis unmöglich ist. Es ist daher ratsam, auf technisch ausgereifte Systeme zu setzen, welche auch im praktischen Einsatz und unter realen Bedingungen keine Probleme verursachen und die notwendigen Geräteeigenschaften tatsächlich auf Dauer gewährleisten. Geräte, welche im Vergleich zu anderen Systemen am Markt extrem hohe Werte versprechen, sollten genau auf die Einsatzmöglichkeit, die Gewährleistung der Einhaltung der notwendigen technischen Eigenschaften sowie eine ausreichende Lebensdauer ohne hygienische Probleme hin untersucht werden, bevor eine Planung vorgenommen wird.

Bauphysik beeinflusst Schallschutzleistung

Neben diesem Zusammenhang beeinflussen weitere Faktoren wie die Bauphysik die tatsächliche Schallschutzleistung der Lüftung. Bei der Montageposition und -höhe etwa müssen die Raummaße berücksichtigt werden, da Schallausbreitung und Nachhalleffekte in größeren Räumen intensiver auftreten als in kleineren. Erfolgt die Installation an einer besonders ungünstigen Stelle – beispielsweise in einer Ecke –, kann es dazu kommen, dass der Schall aufgrund des geringen Abstands zu Abstrahlflächen mit anhaltend hohem Pegel in weitere Richtungen reflektiert wird. Auf diese Weise kommt es zu einem Anstieg von Schallwerten, die sich zu einer deutlich hörbaren Geräuschkulisse addieren können.

Schalloptimierte Lüftungen verlieren zudem ihren Zweck, wenn andere Fassadenbauteile sehr viel Schall in die Wohnung tragen. Werden beispielsweise Fenster mit unzureichendem Schallschutz eingebaut – zum Beispiel Schallschutzklasse 2 oder schlechter –, helfen Lüftungskomponenten mit extra hoher Geräuschdämmung nur bedingt, da der Lärm weiterhin durch die Fenster dringen wird und die Geräusche der Lüftung gegebenenfalls überlagert. Die Bewohner können die Lärmquelle nicht mehr richtig zuordnen und gehen schlimmstenfalls von der Lüftung als Störfaktor aus.

Absolute Werte ersetzen keine individuelle Fachplanung

Die Lüftung ist nur ein Baustein im Schallschutzkonzept für Wohnhäuser. Daher ist von einer isolierten Betrachtung abzuraten. Vielmehr sollten die Schallschutzwerte für die jeweiligen Lüftungsszenarien genau ermittelt und dementsprechend auch angegeben werden. Dabei dürfen nicht etwa die absoluten und technisch möglichen Werte einzelner Komponenten als Basis dienen, da diese nur unter ganz bestimmten Vorrausetzungen eingehalten werden können. Stattdessen sollte die tatsächliche Schallschutzleistung in Bezug auf die jeweiligen Volumenströme unter Berücksichtigung der Wandstärke und Bausubstanz an den Fachplaner kommuniziert werden.

Idealerweise lassen Hersteller die tatsächliche Leistung von unabhängigen Instituten durch Zertifikate bestätigen. Das vermittelt vor dem Kauf einen hohen Grad an Transparenz in Bezug auf die Schallschutzeffizienz. Ausgehend davon lässt sich dann entscheiden, ob zum Beispiel die Installation mehrerer Geräte dabei hilft, einen höheren Schallschutz zu erzielen, ohne Abstriche bei der Luftleistung machen zu müssen. Wichtig ist, dies im Rahmen einer Fachplanung abschließend zu klären, in der alle Parameter der Wohnung und sämtliche geplanten haustechnischen Anlagen Berücksichtigung finden. Nur so kann ein gut abgestimmtes Schallschutzkonzept für den gesamten Wohnraum realisiert werden.

Fazit

Abweichend von – beziehungsweise ergänzend zu – der allgemeinen Normengrundlage muss eine Betrachtung und Auslegung des Lüftungssystems passend zur Bauphysik und den jeweiligen Ansprüchen erfolgen. Der Mindestschallschutz – wie der Name bereits sagt, eine Minimalregelung ohne Komfortanspruch – erfüllt oftmals nicht die Erwartungshaltung der späteren Nutzer. Deshalb sollten die Hersteller darauf achten, Angaben über ihre Geräte nicht als allgemeingültig zu präsentieren, sondern diese in Abhängigkeit von speziellen Lüftungsszenarien zu kommunizieren, um falsche Erwartungen beim Anwender zu vermeiden. Nur unter Berücksichtigung der angesprochenen Einflussfaktoren im Rahmen der Schalluntersuchung kann eine sinnvolle Geräteauswahl erfolgen. ■

Michael Merschner,
Geschäftsleitung der Lunos Lüftungstechnik GmbH, Berlin.
Lunos

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