Die Lebens- und Arbeitszeit der meisten Menschen findet überwiegend in geschlossenen Räumen statt. Dort ist die Luftqualität oft durch eine Vielzahl von Faktoren belastet. Moderne luftundurchlässige Gebäudehüllen machen deshalb eine kontinuierliche Be- und Entlüftung notwendig. Bei jedem Lüftungsvorgang kann allerdings wertvolle Wärmeenergie entweichen.
Der Kreis Groß-Gerau im südlichen Rhein-Main-Gebiet hat nicht nur deshalb auf die Kompetenz einer privaten Bauunternehmung gesetzt und mietet das entstandene Bürogebäude anschließend langfristig für Teile seiner Verwaltung an. Mit Erfolg: Die Bauzeit konnte termingerecht eingehalten werden, Baumängel wurden vermieden und durch die Betreuung durch einen allein verantwortlich handelnden Investor, die Monet Objektgesellschaft mbH, gab es keine Kompetenzrangeleien.
Passivhausstandard mit niedrigen Wärmebedarf
Bei dem neu errichteten Gebäude handelt es sich um ein fünfgeschossiges Bürogebäude mit rund 3 300 m² Nutzfläche, das gemäß dem städtebaulichen Konzept in einer Art Z-Form errichtet wurde und an den jeweiligen Ecken ein Treppenhaus hat. Die Zugänge zum Gebäude sind behindertengerecht ausgeführt. Das Gebäude ist in Massivbauweise errichtet, bei dem die Lasten statisch über ein Stützenraster in den Büroflächen, die massiven Außenwände sowie Treppenhäuser abgefangen werden. Die Fassaden sind teilweise verputzt bzw. haben eine vorgehängte Glasfassade. Die Bauausführung nach den Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) umfasst unter anderem eine hochgedämmte Gebäudehülle mit einem U-Wert von < 0,15 W/(m2K), isolierte Fensterrahmen mit Dreifachverglasung und eine Luftdichtheit von n50 < 0,6/h.
Begleitend dazu ist die Anlagentechnik in diesem Gebäude auf hohe Energieeffizienz hin optimiert. Dazu tragen eine automatische Temperaturregelung der Heizkörper mit Wärmesensoren in jedem Büro über elektrisch gesteuerte Heizungsthermostate, wettergesteuerte Außenjalousien mit manueller Vorrangsteuerung sowie eine dezentrale Zu- und Abluftanlage bei. Darüber hinaus können sämtliche Funktionen über ein computergesteuertes EIB-Bus-System optimiert und überwacht werden, über das auch nutzerspezifische Regelungswünsche jederzeit in das System integriert werden können.
Neben einer Versorgung über das städtische Fernwärmenetz zur Abdeckung der Heizwärmegrundlast (insgesamt hat das Gebäude einen rechnerischen Wärmebedarf von nur 80 kW), ist hier besonders das Lüftungskonzept hervorzuheben. Während die ursprüngliche Planung die Ausrüstung mit konventioneller Lüftung vorsah, konnte das ausführende Fachhandwerksunternehmen den Investor von den Vorteilen eines ganzheitlichen Konzepts mit dezentralen Lüftungsgeräten von Mitsubishi Electric überzeugen.
Dezentrales Lüftungskonzept spart Energie und Geld
Zentrallüftungsgeräte befinden sich in der Regel auf dem Dach eines Gebäudes. Die Zuluftströme werden dort konditioniert und über große Luftkanäle durch das Gebäude geleitet und in diesem verteilt. Hierfür ist ein aufwendiges und großflächiges System von Luftkanälen und Schächten erforderlich, die die Nutzfläche eines Ge-bäudes deutlich vermindern können. Gleichzeitig führt eine zentrale Verteilung zu zusätzlichen Maßnahmen, um die Anforderungen des Schall- sowie des vorbeugenden Brandschutzes zu erfüllen. Diese Vorkehrungen führen nicht nur zu Energieverlusten, sondern bedingen auch zusätzliche Mehrkosten bei den Investitionen.
Das von der W+W Kälte- und Klimaanlagenbau GmbH aus Büttelborn vorgeschlagene Konzept beantwortet dies mit einer modernen Lösung auf der Basis dezentraler Lüftungsgeräte mit effizienter Wärmerückgewinnungsfunktion. Zum Einsatz kommen 18 Lossnay-Lüftungsgeräte von MitsubishiElectric. Die Luftkanaleinbaugeräte der LGH-Serie ermöglichen mit den gewählten Leistungsstufen einen Luftvolumenstrom von bis zu 250 m3/h bzw. 500 m3/h. Ein-gebaut sind sie in den Zwischendecken der Flure mit kurzen Außen- und Fortluftanschlüssen über die Außenfassade. Die Zu- und Abluftkanäle verlaufen in der Flurzwischendecke und versorgen die einzelnen Räume abschnittsweise auf jeder Etage. Dafür befinden sich in jedem der fünf Stockwerke drei Lüftungsgeräte. Die drei Sitzungsräume sind mit zusätzlichen Lüftungsgeräten ausgestattet worden. Die dezentralen Lossnay-Lüftungsanlagen ersetzen in diesem Objekt das ursprünglich geplante Zentrallüftungsgerät auf dem Dach und übernehmen alle Funktionen der kontrollierten Wohnraumlüftung. Die einzelnen Geräte wurden über die Festlegung der erforderlichen Luftwechselrate, der Anzahl der in den zu versorgenden Räumen sich aufhaltenden Personen sowie der Außenluftrate pro Person gemäß den geltenden Vorschriften ausgelegt“, erklärt Klaus Westermayer, Geschäftsführer bei W+W. Dezentrale Lüftungssysteme eröffnen ein hohes Energiesparpotenzial bei gleichzeitig geringerem Invest als Zentrallüftungsanlagen, weil Schachtanlagen und bestimmte Sicherheitseinrichtungen nicht erforderlich sind.“
Freikühlfunktion und Wärmerückgewinnung möglich
Die Kanaleinbaugeräte tragen durch ihre Ausstattungsmerkmale insgesamt zu einer energieeffizienten Gebäudeklimatisierung bei. Beispielsweise wird durch die Wärmeübertragung mit der Fortluft die Zuluft je nach Raumbedingungen erwärmt oder gekühlt. Durch die Wärmerückgewinnungsfunktion des Lossnay-Wärmeübertragers wird im Winter die Energie der Abluft zurückgewonnen, sodass nur geringfügig über das Heizsystem zugeheizt werden muss. Darüber hinaus sind alle Lüftungsgeräte regelungstechnisch in das externe Gebäudeenergiemanagement integriert. Dies steuert über hinterlegte Parameter automatisch die Nachtauskühlfunktion über eine Bypassklappe. Das Gebäudemanagementsystem misst über eine Wetterstation die Außentemperatur und gleicht diese mit der Referenz-Innentemperatur in jeder Etage ab. Liegt die Innentemperatur zwei Grad über der Außentemperatur, wird im Sommerbetrieb die Freikühlfunktion des jeweiligen Lüftungsgerätes automatisch angeschaltet. Über eine Bypassklappe wird den einzelnen Gebäudebereichen kühle Außenluft zugeführt. Auf dem optionalen Logik-Modul PAC-SA 88 HA-E hat der Fachhandwerker für jedes Lüftungsgerät bestimmte Referenzwerte hinterlegt. Durch das dezentrale Lüftungskonzept ist also eine abschnittsweise und bedarfsorientierte Freikühlung möglich. Mit einem Zentrallüftungsgerät wäre diese energieoptimierte Betriebsweise nicht möglich“, so Westermayer.
Eine besondere Betrachtung verdient die Einbindung der Toilettenabluftanlagen. Die Sanitärräume verfügen über öffenbare Fenster, sodass eine Zwangsentlüftung nicht notwendig war. Um dennoch eine kontrollierte Abluft sicherzustellen, ist die Abluft an den Rückluftkanal des jeweiligen Lossnay-Geräts angeschlossen. Ein Schubventilator versorgt die Toilettenräume bei Bedarf mit konditionierter, in der Regel vorgewärmter Frischluft. Damit dieser Systemabschnitt regelungstechnisch nicht gegenläufig arbeitet, sind die Steuerbefehle der Zu- und Abluft an Fenstersensoren gekoppelt. Das heißt, sobald ein Fenster im Sanitärraum geöffnet ist, wird die Abluft ausgeschaltet. Nur wenn das Fenster geschlossen ist, laufen sowohl der Ablüfter als auch der Schubventilator für die Frischluftzufuhr.
Systemübergreifendes Gebäude-Management zur Effizienzoptimierung
Alle technischen Anlagen des Gebäudes sind in ein übergeordnetes Gebäudemanagementsystem integriert, welches – wie bereits erwähnt – über Temperaturreferenzwerte die Möglichkeit bietet, Doppelfunktionen auszuschließen und so den Energieverbrauch des gesamten Objektes zu optimieren. Hierin sind auch die Klimaanlagen eingebunden, die die Büro- und Konferenzräume im obersten Stockwerk zusätzlich kühlen, um den größtmöglichen Komfort für den Nutzer sicherzustellen.
Zum Einsatz kommen hier sieben Multisplit-Außengeräte mit Invertertechnik, die insgesamt 24 Deckenkassetten unterschiedlicher Leistungsstufen im Innenbereich versorgen. Sie haben vom Fachverband Gebäude-Klima e. V. das Qualitätssiegel Raumklimageräte erhalten. Das gilt auch für die vier Außengeräte der Mr. Slim-Baureihe mit Power Inverter-Technik, die zur EDV-Kühlung eingesetzt werden. Aus wirtschaftlicher Erwägung ist diese Anlage als Redundanzanlage ausgelegt. Die Redundanzauslegung ist trotz des geringfügig höheren Invests oft langfristig günstiger als ein Ausfall der EDV-Anlagen aufgrund eines überhitzten Servers.
Fazit
Um die Luftqualität im Gebäude sowie die Leistungsfähigkeit der sich in den Räumen aufhaltenden Personen zu gewährleisten, ist in dem Büroneubau eine kontrollierte Be- und Entlüftung erforderlich. Statt wie vorgesehen ein konventionelles Zentrallüftungsgerät auf dem Dach installieren zu lassen, setzte der Investor auf ein Konzept mit dezentralen Lüftungsgeräten. Diese ermöglichen eine horizontale Luftverteilung. Dadurch entfallen die für Zentrallüftungsgeräte üblichen vertikalen Schächte und die Maßnahmen zum vorbeugenden Brand- und Schallschutz (mit ihrem hohen Investitions- und späteren Wartungsaufwand) vollständig.
Darüber hinaus profitiert der Mieter von deutlich geringeren Nebenkosten durch die Einbindung der dezentralen Lüftungsgeräte in das Gebäudemanagement, über das bei Bedarf die automatische Freikühlfunktion aktiviert werden kann. Im Normalbetrieb sorgt eine effiziente Wärmerückgewinnung aus der Abluft für einen hohen Wirkungsgrad. Bei einer Vermietung einzelner Stockwerke kann der Verbrauch jedes einzelnen Geräts zudem ohne Zwischenzähler oder Zusatzkosten für jeden Bereich gemessen und abgerechnet werden.
Thomas Schmidt,
Regionalleiter Büro Frankfurt, Mitsubishi Electric Living Environment Systems