Die energetische Qualität eines Gebäudes wird anhand von zwei Kennzahlen gemessen:
Jahresprimärenergiebedarf: Die Menge der benötigten Energie für Heizung, Wasser und der Umwandlung, zum Beispiel von Kohle zu Strom.
Transmissionswärmeverlust: Wärme, die ein Gebäude durch Wände, Fenster und Dach an die Umwelt überträgt.
Für diese beiden Kennzahlen gibt die Energieeinsparverordnung (EnEV) Höchstwerte für Neubauten vor. Seit 2016 gelten für Neubauten verschärfte Bedingungen. Konkret heißt das: Ein Haus, das nach dem 1. Januar 2016 errichtet wird, muss 25 Prozent weniger Primärenergie verbrauchen als ein Haus, das nach den 2015 gültigen Mindestwerten gebaut wurde. Hinzu kommt, dass die Anforderungen an die Dämmung strenger geworden sind. Der Wärmeverlust soll über die Dämmung noch einmal um 20 Prozent gesenkt werden, sprich die technischen Anforderungen an Heizung und Anlagen sind gestiegen, die geforderte Dämmung muss dicker sein. Diese Regelungen werden wohl auch im kommenden Gebäudeenergiegesetz (kurz: GEG) weitgehend bestehen bleiben.
Insbesondere in Räumen, die permanent be- und entlüftet werden müssen, fällt die relative Feuchte während der Wintermonate nicht selten unter 20 Prozent r. F., was auf die niedrige absolute Außenfeuchte zurückzuführen ist. In Laborräumen ohne Luftbefeuchtungsanlage kann die relative Feuchte sogar unter 15 Prozent r. F. sinken.
Unzureichende Luftfeuchtigkeit hat Folgen
Das Kälte- und Wärmeempfinden ist bei jedem Menschen stark ausgeprägt, jedoch bemerkt man die zu geringe Luftfeuchtigkeit meistens erst, wenn es zu spät ist. Erhöhte Ansteckungsgefahr, hoher Krankenstand, Konzentrationsprobleme, Augenreizungen u. v. m., auch als Sick-Building-Syndrom (SBS) bekannt, sind die Folgen.
Sofern die Luftbefeuchtung nicht maßgeblich für den Einsatz in einem Gebäude (Krankenhäuser, Laborgebäude) oder für Fertigungszwecke vorgegeben ist, werden die Kosten für eine Luftbefeuchtungsanlage bereits bei der Planung neuer Gebäude oft nicht akzeptiert. Nach Fertigstellung und nach der ersten Heizperiode, wenn die daraus resultierenden Probleme offensichtlich werden, muss dann nachgerüstet werden.
Diesem oftmals sehr hohen Kostenaufwand sollte man daher schon in der Planungsphase entgegenwirken! Allein durch die Einplanung einer Leerkammer (Befeuchtungskammer) in der RLT-Anlage können spätere Nachrüstungen und teure Umbauten bereits im Vorfeld reduziert werden.
Einsatzbeispiel Laborgebäude
Im folgenden Beispiel war die Luftbefeuchtung für ein Laborgebäude zwingend vorgeschrieben. Dieses Gebäude wurde als Erweiterung für ein bereits bestehendes Gebäude (ebenfalls mit Laborräumen) geplant. Die RLT-Anlage mit einem Volumenstrom von 34 000 m3/h sollte sowohl den Neubau als auch das Bestandsgebäude versorgen und auf dem Dach des Neubaus aufgestellt werden.
Anforderungen:
Luftmenge je Gebäudeteil: Neubau 22 500 m3/h, Altbau 11 500 m3/h
2-facher Luftwechsel für die Labore
Auslegung auf 21 °C und 45 Prozent r. F., jedoch auf eine Mindestfeuchte von 40 Prozent r. F.
Zur Berechnung der benötigten Befeuchterleistung wurden folgende Parameter zu-grunde gelegt:
Luftmenge: 34 000 m3/h
Außentemperatur: 10 °C
Außenfeuchte absolut: 0,9 g/kg tr. Luft
Außenluftanteil: 100 %
Raumtemperatur: 21 °C
Raumfeuchte: 40 bis 45 % r. F.
Raumfeuchte absolut:6,2 g/kg tr. Luft
Luftdichte:1,2 kg/m3
Daraus errechnete man eine notwendige Dampfmenge von 252,96 kg/h.
Energiekostenermittlung für die Dampfproduktion
Bei der Entscheidungsfindung im Rahmen einer Betriebskostenanalyse wurden in der Planungsphase zwei Arten der Reindampferzeugung gegenübergestellt: Gas versus Strom.
Betrachtet man die möglichen Betriebskosten eines Jahres bei einer 5-Tage-Woche beim Erreichen der Sollfeuchte für den Zeitraum von 8 bis 18 Uhr, wird eine Dampfmenge von 174 279 kg/a benötigt.
Zur Dampferzeugung mit einem Gasdampfbefeuchter werden ca. 0,86 kWh/kg Dampf benötigt, für die elektrische Dampferzeugung ca. 0,78 kWh/kg Dampf, woraus sich die nachfolgenden jährlichen Energiemengen ergeben:
149 880 kWh/a für die Dampferzeugung mit Gas
135 938 kWh/a für die Dampferzeugung mit Strom
Unter Berücksichtigung der spezifischen Energiekosten (Erdgas: 0,05 Euro/kWh; Strom: 0,15 Euro/kWh) kommt durch den Einsatz des Gas-Dampfbefeuchters eine jährliche Ersparnis in Höhe von 12 897 Euro zustande.
Realisierung und Montage des Befeuchtungssystems
Aufgrund der zur Verfügung stehenden Aufstellmöglichkeiten auf dem Dach war der Aufbau von zwei GTS-Befeuchtern zwecks Einzelregelung der einzelnen Zuluftkanäle nicht möglich. Dank der großen Leistung des Gas-Dampfbefeuchters GTS 800 Di von 272 kg/h und einer 50:50-Aufteilung der Dampfmenge konnte mit nur einem Gerät die Mindestfeuchte für beide Gebäude gewährleistet werden.
Wichtig für die Aufteilung der Dampfleitung war, dass zu den beiden Zuluftkanälen die Dampfleitung in exakt gleicher Länge und gleicher Anzahl an Bögen verlegt werden musste. Nur so ist eine nahezu 50:50-Aufteilung der Dampfmenge möglich.Ebenfalls war es bei der Dampfeinbringung wichtig, die Dampfverteilsysteme in gleicher Dimensionierung in gleich große Kanal-maße mit gleichen Druckverhältnissen einzubauen.
Der 850 kg schwere Gasdampfbefeuchter wurde mit einem Kran auf eine auf dem Dach erstellte Grundrahmenkonstruktion gehoben und dort montiert. Danach erfolgte die Erstellung des Abgaskamins, der Dampfleitung, des Wasser Zu- und Ablaufs sowie die Elektroinstallation. Die Dampfleitung vom Gasdampferzeuger zu den Dampfverteilsystemen Rapid-Sorb wurde in Edelstahlrohr DN 100 ausgeführt und entsprechend isoliert. Um einen Gegendruck zum Wasserspiegel zu verhindern, wurde die isolierte Dampfleitung mit einem Gefälle von ca. 3 Prozent verlegt und eine Vorentwässerung installiert, bevor die Dampfleitung zum Dampfverteilsystem wieder ansteigt.
Die Dampfeinbringung erfolgt im Edelstahlkanal, der entsprechend den Anforderungen der VDI 6022 gebaut wurde. Die Dampfverteilsysteme Rapid Sorb verteilen den Dampf gleichmäßig auf mehrere senkrecht montierte und isolierte Dampfverteilerrohre. Durch die Verwendung der isolierten Verteilerrohre wird die Kondensatentwicklung um ca. 60 Prozent reduziert. Speziell gefertigte Dampfdüsen entnehmen den Dampf aus der Kernzone der Verteilerrohre, womit das Mitreißen von Kondensat in den Zuluftstrom verhindert wird.
Durch den Betrieb mit Wasser aus der Wasseraufbereitungsanlage, die das Trinkwasser auf 0° dH enthärtet und im Anschluss mittels einer Umkehrosmoseanlage bis auf 5 µS/cm entmineralisiert, reduziert sich der Wartungsaufwand für die Gas-Dampfbefeuchter GTS 800 DI deutlich. Für Dampfbefeuchter, die mit Osmosewasser betrieben werden, soll die Wartung einmal jährlich durchgeführt werden. Die Wartung der Befeuchterkammer mit Einbauten erfolgt entsprechend der VDI 6022.
Fazit
Der menschliche Körper reagiert mit unterschiedlichen Symptomen auf eine zu geringe relative Luftfeuchtigkeit. Forschungsergebnisse von Healthy Building International (HBI) aus den USA haben das bereits als Sick-Building-Syndrom“ bezeichnet und dokumentiert, welche Auswirkungen die zu geringe Feuchtigkeit auf den menschlichen Körper hat.
Eine weitere interessante Grippeviren-Studie, veröffentlicht 2013 vom Fachverband Gebäude-Klima (FGK), die ebenfalls aus den USA stammt, hat bewiesen, dass bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von mehr als 40 Prozent die Infektiosität des Grippevirus in der Luft innerhalb einer Stunde um rund drei Viertel sinkt. Wenn es also darum geht, Energie möglichst effizient – heute und in der Zukunft – zu nutzen, sollte man den Faktor Mensch nicht außer Acht lassen: Die Leistungsfähigkeit eines Menschen steigt, wenn die klimatischen Bedingungen, vor allem Temperatur und Luftfeuchte, stimmen.
Michael Loescher,
Planerberater Luftbefeuchtung bei der Alfred Kaut GmbH & Co., Wuppertal