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Hohe Anforderungen an RLT-Zentralgeräte für chemisch hochbelastete Abluft

Kunststoffe packen es!

Herzstück bei der Konditionierung des Fördermediums großtechnischer Raumluftsysteme bilden Lüftungs- und Klimazentralgeräte, kurz RLT-Geräte. Jährlich kommen dabei regelmäßig weit über 50 000  Zu- und Abluft-RLT-Geräte mit einer Leistung von bis zu 750 MW auf den Markt. Grundaufgabe des RLT-Gerätes ist es, innerhalb einer drucksicheren Gehäusekonstruktion anforderungskonform aufeinander abgestimmte Funktionskomponenten darzustellen.

Besonderheiten von Chemie-Abluftgeräten

Die RLT-Geräte am deutschen Markt entsprechen sehr hohen Anforderungen hinsichtlich Konstruktion und Stabilität, Werkstoffen und Oberflächenbeschaffenheit, Wartungsfreundlichkeit, Reinigungsfreundlichkeit sowie Hygiene und erfüllen wichtige Vorgaben, beispielsweise Langlebigkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Mehrzahl der RLT-Geräteanbieter konzentriert ihre Aktivitäten jedoch auf Optimierungsmaßnahmen für die hocheffiziente Wärmerückgewinnung und auf die Reduzierung interner Drücke, wie z. B. niedrigere Luftgeschwindigkeiten durch größere Geräte- und Kanalquerschnitte. Was aber geschieht mit Anlagensystemen zur Förderung und Reinigung chemisch belasteter Abluft?

RLT-Geräte zur Abführung von chemisch belasteter Abluft, die überwiegend aus Kunststoff gefertigt werden, kommen meist in Laborgebäuden sowie in Anlagen der chemischen Industrie, in der Galvanik und in der Automobilindustrie zum Einsatz. Waren früher die Dächer derartiger Gebäude mit zahlreichen Einzel-Fortluftventilatoren bestückt, hat zwischenzeitlich ein Umdenken zugunsten von zentralen Lüftungslösungen begonnen. Hersteller von RLT-Geräten entwickeln zunehmend korrosionsbeständige Komplettlösungen zur Abführung von aggressiver Abluft, die in Neu- und Bestandsbauten und auch in explosiven Atmosphären (Ex-Bereichen) eingesetzt werden können. In der Regel ist damit auch eine hocheffiziente Nutzung der Abwärme aus der Abluft verbunden.

Was bringen Kunststoffe?

Der Einsatz von Kunststoffen ist dort, wo es im Wesentlichen auf die Förderung von stark belasteter und aggressiver Abluft ankommt, mittlerweile aus der Luft- und Prozesstechnik nicht mehr wegzudenken. Konstruktive Grundvoraussetzung für die Langlebigkeit von RLT-Anlagen ist, dass alle mit dem Abluftstrom in Berührung kommenden Teile aus Kunststoffen gefertigt werden oder von Kunststoffen ummantelt sind. Dabei ist zu beachten, dass eine unterbrechungsfreie Abluftförderung während des Betriebs ein unverzichtbarer Bestandteil auch zum Arbeitsschutz und zur Erfüllung sicherheitstechnischer Anforderungen ist. Die oft extrem hohen Anforderungen an derartige RLT-Geräte erfordern zudem die strikte Einhaltung verfahrensspezifischer Vorgaben.

Anforderungen an RLT-Geräte

Für alle qualitativ hochwertigen Lüftungsgeräte gibt es generelle Vorgaben, die diese erfüllen müssen oder sollten. Dazu zählen unter anderen folgende Kriterien, von denen die meisten in technischen Regeln, Normen und Richtlinien (DIN EN 13053 [1], DIN EN 1886 [2], VDI 3803 [3], VDI 6022 [4]) vorgegeben sind:

Alle für das RLT-Gerät verwendeten Materialien haben den gesundheit-lichen Anforderungen zu entsprechen. Dazu zählen zum Beispiel glatte Innenflächen ohne Rillen zur rückstandsfreien Reinigung und Desinfektion, der Einsatz von ausschließlich geschlossenporigen Dichtungsmaterialien und in feuchtigkeitsrelevanten Sektionen das Sicherstellen einer kontinuier-lichen und vollständigen Abführung des Kondensats.

Das Gerätegehäuse sollte einen doppelschaligen Aufbau haben (Minimierung von thermischen Verlusten, geringe Luftleckage, geringe Kondensatbildung durch Vermeidung möglicher Kältebrücken). Zudem müssen die einzelnen Gerätesektionen (Filter, Erhitzer, Kühler, Befeuchter, Ventilator) leicht zugänglich sein (Mindestabstände sind einzuhalten) und je nach Erfordernis über eine Beleuchtung und Schaugläser verfügen.

Für eine gute Energieeffizienz (geringe Druckverluste) sollte die Luftströmungsgeschwindigkeit möglichst gering ausgelegt werden (< 2 m/s) und es sollten günstige Strömungsverhältnisse bei Geräteumlenkungen, Luftanschlüssen und Klappen bestehen.

Um eine Rezirkulation belasteter Abluft zur angesaugten Außenluft zu vermeiden, ist zwischen der Außenluftansaugung und dem Fortluftauslass ein ausreichender Abstand einzuhalten. Diese Mindestabstände werden in der DIN EN 13779 erläutert.

Das Einhalten der Vorgaben der DIN EN 1886 [2] im Hinblick auf die mechanischen Eigenschaften ist eine Grundvoraussetzung für ein qualifiziertes RLT-Gerät. Die Norm beschreibt Verfahren und Anforderungen zur Prüfung von zentralen RLT-Geräten und zu deren Klassifikation. Dabei werden aber nur RLT-Geräte behandelt, die die im Gerät gefilterte und gegebenenfalls konditionierte Zuluft über ein Luftleitungsnetz in ein Gebäude einbringen oder Abluft über ein Leistungsnetz aus einem Gebäude abführen. Beispielsweise Hürner-Funken, ein Hersteller von Kunststoff-RLT-Abluftgeräten, hat diese durch den TÜV nach DIN EN 1886 [2] mit Erfolg prüfen lassen. Kriterien waren dabei:

mechanische Festigkeit

Luftdichtigkeit

Filterbypassleckage

thermische Isolierung

Wärmebrückenfaktor

Schalldämmung des Gehäuses

Wenn es neben den geschilderten Anforderungen an RLT-Geräte speziell um die Abführung von chemikalienbelasteter Ab-luft geht, sind zusätzlich unter anderem folgende Anforderungen zu erfüllen:

Die Wärmerückgewinnungssysteme wie zum Beispiel Plattenwärmeübertrager oder Kreislaufverbundsysteme müssen aus Kunststoff oder beschichteten Metallen bestehen, die gegenüber den aggressiven Medien dauerhaft beständig sind. Bei der Wahl eines WRG-Systems ist eine Leckage der jeweiligen WRG-Systeme von der Abluft- auf die Zuluftseite vollkommen auszuschließen.

Ähnliche Anforderungen an die dauerhafte Beständigkeit gegenüber der schadstoffbelasteten Abluft gelten für Luftfilter, Wärmeübertrager, mögliche Befeuchtungsanlagen und Schalldämpfer.

Anforderungen an Ventilatoren

In einem RLT-Gerät ist der Ventilator ein zentrales Bauteil. Hier bietet sich der Einsatz von strömungstechnisch hocheffizienten Radialventilatoren an, die je nach Einsatzgebiet, Baugröße und Beanspruchung aus Polypropylen (PP), Polyphenylensulfid (PPS), PPS-el, Polyethylen (PE), Polyethersulfon (PES-el), Polyvinylchlorid (PVC), Polyvinylidenfluorid (PVDF) oder glasfaserverstärkter Kunststoff (GfK) hergestellt werden. Bei den Laufrädern kommen noch zusätzlich Werkstoffe wie PP-Gf, carbonfaserverstärkter Kunststoff (CFK), CFK-Hybrid, beschichteter oder gummierter Stahl oder Edelstähle zum Einsatz.

Kunststoffventilatoren werden zunehmend auch in explosionsgefährdeten Bereichen und zur Förderung von chemisch aggressiven und explosiven gasförmigen Medien eingesetzt, in denen keine Kompromisse zur Gewährleistung eines umfänglichen Arbeitsschutzes erlaubt sind. Hochwertige Kunststoffe sind Isolatoren, denen für Sonderfälle, die nach speziellen Explosionsschutzbedingungen verlangen, seitens der Hersteller elektrisch ableitfähige Additive beigemengt werden. Dadurch wird eine Verringerung der Oberflächenwiderstände erzielt. Die Materialien dürfen dann unter Einhaltung aller weiteren Sicherheitsanforderungen auch in explosionsgefährdeten Bereichen betrieben werden [6].

Die Gehäuse dieser Ventilatoren sind alternativ als selbsttragende Kunststoffkonstruktionen in gespritzter, gesinterter, tiefgezogener oder geschweißter Ausführung ausgeführt. Bei Laufrädern kommen ausschließlich verschleißarme Beschichtungen oder Materialien zum Einsatz, die sich an den jeweiligen werkstoffspezifischen Beständigkeits- und Festigkeitseigenschaften orientieren. Durch ergänzende hochwertige Dichtungskonzepte für den Wellendurchgang (saug- und druckseitig) ist es möglich, die sicherheitstechnischen Vorgaben bis hin zum Explosionsschutz zu erfüllen.

Anforderungen an weitere Komponenten

Außerhalb der Abluftgeräte werden die Gehäuse der Ventilatoren mit einem Splitterschutz versehen, innerhalb der RLT-Geräte sind die Motoren der Radialventilatoren sicher gegen das Fördermedium Abluft abgekapselt. Falls ein Riemenantrieb anlagenspezifisch unabdingbar sein sollte, ist nur die Verwendung von Flachriemen energetisch sinnvoll.

Hochleistungs-Kreislaufverbundsysteme (HL-KVS) sollten immer dann eingesetzt werden, wenn physikalisch absolut getrennte Luftströme gefordert sind. Dabei wird die im Abluftstrom enthaltene Wärme über einen Abluftwärmeübertrager, einen Flüssigkeitskreislauf und einen Zuluftwärmeübertrager auf den Zuluftstrom übertragen. Zu- und Abluftwärmeübertrager sind dabei oft räumlich weit voneinander getrennt positioniert. Sie sind lediglich hydraulisch miteinander verbunden und müssen den Materialanforderungen des Fördermediums entsprechen. Den Lamellenabständen und der Verrohrungsschaltung dieser Wärmeübertrager ist besondere Beachtung zu schenken, um eine Reinigungsmöglichkeit bis in den Kern zu ermöglichen. Generell ist auf die Zugänglichkeit zur Inspektion und Reinigbarkeit durch Revisionskammern in ausreichender Zahl zu achten.

Bei Schalldämpfern sind gesundheitlich unbedenkliche Materialien einzusetzen, wobei die Oberflächen mechanisch stabil sein sollten und eine Faserfreisetzung auszuschließen ist. Einen Schalldämpfer statt im Abluftgerät in der Luftleitung einzusetzen (Zugänglichkeit muss gewahrt bleiben), sollte nur im Notfall in Betracht gezogen werden.

Beim Einsatz von Filtern ist in Abhängigkeit vom Medium auf eine ausreichende Filtration gemäß den betriebstechnischen Vorgaben zu achten. Konstruktive Voraussetzungen der Filter sind unter anderem:

geschlossenporige Dichtungen

eine leichte, sichere und beschädigungsfreie Montage

kein Bodenkontakt der Filtertaschen

konstante Abscheideleistung

mechanische Stabilität gegen Feuchtigkeit

Begrenzung der Standzeit

Filterwechsel staubluftseitig

Filterüberwachung

Leckagefreiheit und Dichtsitz der Filter

reinigungsfähige Filterkammern

Kenndaten am Gehäuse einschließlich Anzeige

Fazit

Die aufgezeigten Punkte sollen einen Einblick in die komplexe Aufgabenstellung aufzeigen, wenn es um die Abführung von mit aggressiven Medien belasteter Abluft geht. Erfahrene Unternehmen, die sich mit korrosionsbeständigen Anlagensystemen beschäftigen, konzipieren jede Anlage unter Berücksichtigung von individuellen Anforderungen und lokalen Gegebenheiten. Gleichzeitig müssen Nutzervorgaben sowie Wünsche beachtet und in die komplexe Planung integriert werden. Kunststoffe sind durch ihre besonderen Eigenschaften, wie chemische Resistenz, Flexibilität und Korrosionsbeständigkeit, der optimale Werkstoff für den industriellen Apparatebau und für abluftseitige zentrale RLT-Geräte. Diese haben im Vergleich zu Einzelventilatoren ein hohes Energieeinsparpotenzial.

Der Autor dankt der Firma Hürner-Funken GmbH, Mücke-Atzenhain, für die Einblicke in die hier beschriebene Technologie.

http://www.tga-netzwerk.de

Dipl.-Ing. Detlef Hagenbruch,

Inhaber des Beratungsbüros TGA-Netzwerk in Köln

Fußnoten

Literatur:

[1] DIN EN 13053: Zentrale raumlufttechnische Geräte – Leistungskenndaten für Geräte, Komponenten und Baueinheiten (2012)

[2] DIN EN 1886: Zentrale raumlufttechnische Geräte – Mechanische Eigenschaften und Messverfahren (2009)

[3] VDI 3803: Zentrale Raumlufttechnische Anlagen – Bauliche und technische Anforderungen (2010)

[4] VDI 6022: Hygieneanforderungen an Raumlufttechnische Anlagen und Geräte (2011)

[5] RLT-Richtlinie  01: Allgemeine Anforderungen an Raumlufttechnische Geräte – Herstellerverband Raumlufttechnische Geräte (Ausgabe 8/2014)

[6] RLT-Richtlinie 02: Explosionsschutzanforderungen an RLT-Geräte – Herstellerverband Raumlufttechnische Geräte (Ausgabe 3/2013) 

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