Die im Herbst 2023 eröffnete Bielefelder Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Bethel mit einer Fläche von 15 500 m² zählt mit 146 Betten zu den größten Kinderkliniken Deutschlands. Hier werden jährlich mehr als 10 000 Kinder und Jugendliche voll- oder teilstationär sowie rund 25 000 in der Notaufnahme behandelt.
Hohe Komplexität und Sicherheitsanforderungen
Die Gebäudeautomation sorgt im Kinderzentrum nicht nur für eine komfortable und energieeffiziente Klinik-Klimatisierung, sondern auch für Gesundheitsschutz sowie Sicherheit in den Bereichen hygienische Raumlufttechnik und Brandschutz.
Bei einem Klinik-Neubau ist eine exakte Planung über die gesamte Projektlaufzeit notwendig, denn die Projektkomplexität und Sicherheitsanforderungen eines Klinikbetriebs sind hoch. Um einen reibungslosen und sicheren Betrieb zu erreichen, ist eine leistungsfähige Gebäudeautomation zur Regelung und Zusammenführung des technischen Kliniksystems notwendig.
Gewerkeübergreifende Gebäudeautomation
Der Auftrag für das Bauvorhaben Kinderzentrum Bethel umfasste die Schaffung eines komplexen, Gewerke verbindenden Gebäudeautomationssystems inklusive übergeordneter Management- und Bedieneinrichtung. Die digitale Automationslösung sollte die Gewerke raumlufttechnische Anlagen, Heizung, Kälte, Entrauchung der Tiefgarage sowie Bereiche der Elektrotechnik miteinander verknüpfen, regeln und überwachen.
Hinzu kam die komplette Elektroinstallation für das Gewerk Gebäudeautomation. Auch die bereits bestehenden Gebäude des Evangelischen Klinikums Bethel werden durch eine Automationslösung von Kieback&Peter gemanagt.
Drei Technikzentralen und sechs Automationsschwerpunkte
Drei Technikzentralen, zwei mit Schwerpunkt Lüftung und eine für die Wärmeversorgung, hat Kieback&Peter im neuen Gebäude eingerichtet, um den hohen technischen und Sicherheits-Bedürfnissen einer Kinderklinik gerecht zu werden. Die Technikzentralen beinhalten fünf von insgesamt sechs Automationsschwerpunkten (ASP) – wobei der sechste ausschließlich für die Entrauchung der Tiefgarage bestimmt ist.
Durch die Kooperation mit dem Partnerunternehmen Reschreiter (Salzburg) wurde die Gebäudeautomation inklusive Schaltanlagen aus einer Hand bereitgestellt. So wurden an den ASPs in rund 30 Schaltschrankfeldern neun Automationsstationen DDC4000e als Hutschienencontroller eingebaut.
Für die 1450 physikalischen und 1650 kommunikativen Datenpunkte kam außerdem noch die Installation von 150 Ein- und Ausgabemodulen hinzu. Diese Ein- und Ausgabe-Module nehmen in den DDC 4000 e analoge bzw. binäre Signale auf und steuern wiederum analoge bzw. binäre Regelungsvorgänge an. Regel- und Optimierungs-Algorithmen bewirken in den Automationsstationen eine Optimierung der Prozesse und Energieeffizienz sowie, falls nötig, die Alarmauslösung.
In jeder Technikzentrale wurde ein 22“-Panel-PC mit der intuitiv bedienbaren Benutzeroberfläche Qanteon installiert. So können die Mitarbeiter des Facility Teams alle Betriebszustände, Energieflüsse und Sicherheitsinformationen im medizinischen Zentrum schnell erfassen und überwachen. Dabei sind die Daten durch die Multiuser- und Multitaskfähigkeit des Building Management System (BMS) in Echtzeit abruf- und steuerbar.
Im Notfall kann Kieback&Peter auch aus der Ferne über einen sicheren VPN-Zugang eingreifen. Durch seine Skalierbarkeit und Individualisierung ist Qanteon für diverse Gebäudearten einsetzbar und ermöglicht die Integration gewerkeübergreifender Gebäudesysteme.
Drei Technikzentralen, zwei mit Schwerpunkt Lüftung und eine für die Wärmeversorgung, wurden im neuen Gebäude eingerichtet
Wärme, Kälte und Lüftung smart geregelt
Das Kinderzentrum Bethel hat zur Klimatisierung insgesamt vier Vollklimaanlagen und 21 Zonengeräte. Dabei erfolgt die Beheizung der Klinik sowohl über die RLT-Anlagen als auch über statische Heizflächen, wie die Fußbodenheizung in der Eingangshalle. Raumtemperarturfühler von Kieback & Peter messen die aktuelle Temperatur und geben die Informationen via BACnet an die Automationsstationen weiter. Sie stellen dann nach den Vorgaben des BMS die Raumtemperatur ein.
Ein BHKW und zwei Gasheizkessel (zur Spitzlastabdeckung) erzeugen die Heizenergie, die in vier Pufferspeichern mit insgesamt 12 000 l Volumen zwischengespeichert werden kann.
Die Kühlung des Kinderzentrums erfolgt über die RLT-Anlage. Zwei in Reihe geschaltete Kältemaschinen produzieren die Kälte. In einem ersten Schritt bringt die zweistufige Kältemaschine das Kältemedium auf eine Temperatur von 12 °C. Dann kühlt die frequenzgeführte Kältemaschine das Medium von 12 auf 6 °C ab. Bei geeigneten Außentemperaturen kann das System auch auf Freie Kühlung umgestellt werden. Installiert wurde zudem ein Pufferspeicher, der die Funktion einer hydraulischen Weiche zur Entkopplung sowie Ausgleich der Erzeuger- und Verbrauchervolumenströme mit übernimmt.
Komfortable und hygienische Klimatisierung
Die Klimatisierung von OP-Sälen unterliegt zum Schutz von Patienten und Personal speziellen gesetzlichen Vorschriften (DIN 1946-4:2008-12: Raumlufttechnik - Teil 4: Raumlufttechnische Anlagen in Gebäuden und Räumen des Gesundheitswesens). Entsprechend dieser Norm werden die OP-Säle jeweils durch ein Zonengerät über die Decken be- und entlüftet.
Bei der turbulenzarmen Verdrängungsströmung (TAV) wird die gesamte Luftmenge über Hochleistungs-Schwebstofffilter steril in den OP-Schutzbereich eingeblasen. Die TAV-Decken garantieren höchste hygienische Sicherheit für Patient und OP-Team. Die Regelung und Überwachung dieser keimarmen Klimatisierung durch die eingebauten TAV-Decken übernimmt ebenfalls die digitale Gebäudelösung von Kieback&Peter.
Turbulenzarme OP-Klimatisierung lückenlos überwacht.
Im Brandfall automatisiert abgesichert
Die installierte Gebäudeautomation vervollständigt auch den Brandschutz der Kinderklinik. Kommt es zum Brandfall steuert sie die Brandschutzklappen im gesamten Gebäude sowie die Entrauchungslüfter der Tiefgarage.
Um zu gewährleisten, dass die Brandschutzklappen ausfallsicher arbeiten, hat Kieback & Peter auf das Agnosys Fire Safety System zurückgegriffen und die Brandfallmatrix in Bezug auf die Funktion der Brandschutzklappen in das Agnosys-System implementiert. Nun erfolgt die Kommunikation ausfallsicher durch ein spezielles Ringbussystem, das unter anderem BACnet-Schnittstellen zu den Automationsstationen enthält. Hierfür wurden etwa 220 Agnosys BSK-Module und 6 BSK-Buscontroller installiert, die mit einer hohen Sicherheitsstufe zertifiziert sind.
In der Tiefgarage des Kinderzentrums wurden spezielle Sensoren für CO und NO2 verbaut, die die Kohlenmonoxid- und Stickstoffdioxid-Werte messen. Liegen beim Ausbruch eines Feuers oder bei zu hoher Abgasbelastung durch starkes Parkaufkommen, die gemessenen und an die Automationsstationen gesendeten Werte zu hoch, steuern diese die Entrauchungslüfter an und aktivieren sie.
Fazit
Rund 2400 Arbeitsstunden hat das Team der Niederlassung Bielefeld von Kieback&Peter in die Installation der Gebäudeautomation im Kinderzentrum Bethel investiert. Dort sichert nun das integrierte BMS Qanteon einen individuell angepassten, energieeffizienten, gesundheitsschützenden sowie ökonomischen Betrieb der TGA. ■