Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Luft/Wasser-Wärmepumpen als Vierer-Kaskade

Intelligentes Wärmekonzept für altes Reichsbahn-Gebäude

Auf dem Areal der ehemaligen kaiserlichen Pulverfabrik im brandenburgischen Kirchmöser waren bis in die 1990er Jahre unterschiedliche Betriebe, unter anderem auch der Deutschen Reichsbahn, angesiedelt. Im Jahre 2003 übernahm die Stadt Brandenburg an der Havel einen Großteil der Liegenschaften von rund 400 ha und begann mit der Revitalisierung des historischen Industriestandortes. Eine hervorragende Infrastruktur sowie die Bemühungen der Stadt Brandenburg haben zur Ansiedelung zahlreicher neuer Unternehmen an dem traditionsreichen Standort bewogen. Hierzu gehört auch die Klaus Thormählen GmbH, die im Rahmen der Projektentwicklung ein größeres Grundstück mit einem zweigeschossigen Ziegelbau erwarb. Diese hat dort mittlerweile einen Standort für Gleisschweißtechnik eingerichtet, der im Hause vor allem die Instandhaltung und Wartung der speziellen Gleisschweißwagen übernimmt.

Das Gebäude Nr. 189, wie es in früheren Zeiten hieß, wurde in seinen ersten Dienstjahren als Umkleide für die Werktätigen für die Reichsbahnangestellten genutzt. Bis in die 1990er Jahre diente es dann als Schulungszentrum für die Berufsausbildung. Damit der zweigeschossige Bau nach mehrjährigem Leerstand wieder in Betrieb gehen konnte, wurde das zweistöckige Gebäude von Grund auf saniert, unter anderem auch, um den aktuellen Anforderungen der Wärmeschutzbestimmungen zu entsprechen. Denkmalpflegerische Erwägungen erfor­derten hierfür jedoch eine Lösung, welche es ermöglichte, die hohen EnEV-Anforderungen mit Mitteln zu erfüllen, ohne die Außenfassade des rund 900 m großen Backsteingebäudes zu dämmen.

Vorreiterrolle bei innovativen Technologien

Dafür fasste der Hauptniederlassungsleiter der Niederlassung Kirchmöser, Dipl.-Ing. Christian Rosenplenter, der zugleich auch die Bauleitung übernahm, andere bauliche Maßnahmen ins Auge. Ein Element seines Konzeptes sah die Dämmung der obersten Geschossdecke mit einer 22 cm starken Trittdämmung vor. Eine einfache, aber wirkungsvolle Maßnahme, da das Dachgeschoss außer als Lager- und Abstellfläche nicht genutzt wird. Als Alternative zu einer Dämmung der Außenfassade wird oft eine Dämmung der Wände von innen vorgenommen. Diese ist aber mit einem sehr hohen Aufwand verbunden, kann bautechnische Risiken bergen und verringert zudem die Nutzfläche des Gebäudes. Stattdessen hat der Bauherr deshalb dreifachverglaste Fenster installieren lassen. Die hochwärmedämmenden Fenster haben einen äußerst geringen U-Wert von rund 0,6 W/m K und reduzieren die Wärmeverluste deutlich. Da Fenster und Öffnungen im Mauerwerk sehr viel größere Wärmebrücken darstellen als das Mauerwerk selbst, ist der Spareffekt hier bei geringem Mehraufwand überproportional groß.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der energieeffizienten und umweltschonenden Wärmeerzeugung. Hier interessierte den Gebäudeeigentümer von vornherein nur eine innovative Lösung, die ganz ohne fossile Brennstoffe auskommen sollte. Unsere Zielsetzung war es, als Innovationsführer in der Gleisbautechnik, auch in der Gebäudetechnik auf eine zeitgemäße Energieerzeugung zu setzen, so Rosenplenter. Eingeplant wurde deshalb zunächst einmal eine Sole/Wasser-Wärmepumpenanlage, um den notwendigen Wärmebedarf für das Gebäude bereitzustellen und die EnEV-Anforderungen zu erfüllen.

Bei einer Probebohrung bis 100 m Tiefe stellte sich jedoch heraus, dass die Wärmekapazität des Erdreichs wegen schlechter Erdschichten nicht ausgereicht hätte, eine solche Anlage mit einer vertretbaren Jahresarbeitszahl zu betreiben. An dieser Stelle kam dann die Erfahrung und Kompetenz unseres ausführenden Fachhandwerkers zum Tragen, der auf Grundlage der vorhandenen Wärmebedarfsberechnung ein Konzept für die Wärmeerzeugung mit einer Luft/Wasser-Wärmepumpen-Kaskade vorgestellt hat, das sowohl die Unternehmensleitung als auch mich überzeugt hat, so Rosenplenter.

Kaskadenschaltung im Teillastbetrieb

Zentraler Bestandteil dieses Konzeptes sind vier Luft/Wasser-Wärmepumpen von Mitsubishi Electric in Kombination mit einem Multifunktionsspeicher, der ein Puffervolumen von genau 1210 Litern hat. Sowohl der Speicher als auch dessen Wasservolumen wurden speziell für dieses Objekt und seine Anlagen konfiguriert. Als Wärmeverteilsystem kommt hier eine konventionelle Radiatorenheizung zum Einsatz. Die In­stallation einer Fußboden- oder Wandheizung war dem Eigentümer zu aufwendig. Dennoch ist es uns durch die entsprechende Dimensionierung der Heizflächen gelungen, die Anlage im Niedertemperaturbereich auszulegen. Wir haben hier mit einer Vorlauf-/Rücklauftemperatur von 50 °C/40 °Cgerechnet. Mittlerweile haben wir aber in der Praxis festgestellt, dass selbst bei tiefsten Außentemperaturen von 15 °C eine Vorlauftemperatur von 45 °C vollkommen ausreichend ist, um das Gebäude wirtschaftlich zu beheizen, erklärt Friedrich Wildeis, technischer Betriebsleiter des ausführenden Fachunternehmens, der WEGA Gebäudetechnik GmbH.

Besonderes Augenmerk verdient die Verschaltung der vier Zubadan-Wärmepumpen zu einer Kaskade. Der gewählte Umschaltpunkt trägt wesentlich zu der besonders energiesparenden Betriebsweise bei. Dabei kommt die technische Eigenschaft der eingesetzten Aggregate zum Tragen, nach der sie ihren optimalen Betriebspunkt im Teillastbetrieb erreichen. So dass das erste Gerät zunächst nur bis zu einer Leistung von 70 Prozent gefahren wird. Erst wenn diese Leistungsstufe erreicht ist, schaltet sich das zweite Gerät hinzu, bis es ebenfalls 70 Prozent seiner Leistung erreicht. Danach wird Gerät Nummer drei hinzugeschaltet und nach dem gleichen Prinzip bedarfsabhängig Gerät Nummer vier. Welche der vier Außeneinheiten jeweils als erste anfährt, wird über eine Umkehrschaltung geregelt, die dafür sorgt, dass sich die vier Wärmepumpen abwechseln und ein Betriebsstundenausgleich stattfindet.

Erst wenn alle vier Wärmepumpen bei 70 Prozent Leistung laufen und noch ein höherer Wärmebedarf vorliegt, fährt das erste Aggregat auf 100 Prozent seiner möglichen Leistung. Möglich wird dies durch die modulierende Betriebsweise der eingesetzten Geräte. Die modernen Aggregate erzeugen die erforderliche Wärmeenergie, nämlich nicht nur mit einem hochleistungsfähigen Scroll-Verdichter, sondern werden auch mit Invertertechnologie gesteuert. Sie sorgt für eine modulierende, d.h. stufenlose Leistungsanpassung an den aktuellen Wärmebedarf. Die vier Zubadan-Wärmepumpen decken im Modulationsbetrieb einen Leistungsbereich von 4,2 kW (30 Prozent einer Einheit) bis 56 kW (100 Prozent aller Einheiten) ab. Durch das sanfte Anlaufen werden außerdem Stromspitzen beim Einschalten des Standard-Verdichters vermieden.

Patentiertes Speichersystem erhöht den Gesamtwirkungsgrad

Wie zuverlässig und sparsam diese Kaskade in der Realität funktioniert, konnte der Bauherr unmittelbar nach der Inbetriebnahme der Anlage im Dezember 2009 überprüfen. Denn fast gleichzeitig mit dem Start begann auch die Frostzeit mit Temperaturen, die teilweise weit unter dem Gefrierpunkt bis 18 °C lagen: Klimatische Bedingungen, unter denen die Wärmepumpen ihre Fähigkeiten voll ausspielen können. Denn die hier eingesetzten Aggregate verfügen über eine zusätzliche Kältemitteleinspritzung, die dafür sorgt, dass auch bei besonders niedrigen Außenlufttemperaturen die volle Heizleistung erbracht wird. Diese sogenannte Zubadan-Technologie ermöglicht, dass diese Geräte eine Heizleistung von 100 Prozent bei Außentemperaturen von bis zu 15 °C erreichen. Die zusätzliche Einspritzung des Kältemittels über einen Bypass in den Kompressor erfolgt ab einer Außentemperatur von 3 °C und tiefer. Dadurch wird der Arbeitsbereich der Wärmepumpe auf bis zu 25 °C erweitert und stellt so eine für den Heizbetrieb nutzbare Temperatur zur Verfügung. Das Kältemittel kann also auch bei sehr tiefen Außentemperaturen genügend Wärme aus der Außenluft aufnehmen und bei der Kondensation wieder abgeben. Deshalb ist die Versorgung von Bestandsbauten mit Wärme mittels dieser Luft/Wasser-Wärmepumpen im monovalenten Betrieb ohne zusätzlichen Elektroheizstab problemlos möglich.

Ebenfalls Beachtung verdient der speziell für dieses Objekt gefertigte Warm­wasserspeicher. Statt eines externen Plattenwärmeübertragers wurden in diesen Speicher des Herstellers Zeeh aus dem ­Erzgebirge vier gleich große Kondensatoren integriert, durch die das Heißgas durch­geleitet, verflüssigt und zu den Außeneinheiten zurückgeführt wird. Diese Konstruktion bietet den Vorteil, dass wir mit dieser Anlage im Vergleich zu einem System mit externem Plattenwärmeübertrager und höheren Wärmeverlusten, ungefähr einen um 0,4 bis 0,6 höheren COP erreichen können, so Wildeis. Durch die spezielle Anordnung der Kondensatoren im Speicher erhalten wir eine genauere Schichtung des Speicherinhalts. Gleichzeitig nutzen wir den Volumenstrommesser als Wärmemengenmesser, so dass die Volumenströme zwischen Vor- und Rücklauf wie die gesamte Anlage hydraulisch immer optimal abge­glichen sind, so Wildeis weiter. Dadurch, dass jede Außeneinheit mit jeweils einem eigens zugeordneten Kondensator im Speicher betrieben wird, ist die Betriebs­sicherheit der Anlage gewährleistet. Bei eventueller Störung einer Einheit laufen immer drei Anlagen weiter. -

Michael Sperber

Regionalleiter Berlin, Mitsubishi Electric Living Environment Systems

Michael Sperber, Berlin

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ KK E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus KK: Sonderhefte (PDF)
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen