Die Argelith Bodenkeramik H. Bitter GmbH mit rund 150 Mitarbeitenden ist auf die Herstellung von Feinsteinzeugfliesen spezialisiert. Rund 1,5 Mio. m² dieser besonders belastbaren und gegen mechanischen Abrieb, Schmutz und Chemikalien resistenten Fliesen produziert das Unternehmen jährlich. Eingesetzt werden die Fliesen und Platten vorrangig für Industrieböden in der Automobilbranche, in der Chemie-, Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie in kommunalen Bauten.
Hohe Wärmelasten
Für die Herstellung der Industriefliesen ist der Brennvorgang von grundlegender Bedeutung: Produziert wird bei Argelith u.a. in automatisierten Rollenöfen, in denen das Brenngut unterschiedlichen Temperaturzonen mit bis zu 1220 °C ausgesetzt wird. Die Rollenöfen sind kontinuierlich im Einsatz, um ohne wiederholtes Aufheizen die Wärme konstant zu halten und kürzere Brennzeiten mit weniger Energieverbrauch zu realisieren.
Als nach DIN EN ISO 50001 zertifiziertes Unternehmen folgt Argelith einem systematischen Energiemanagement und strebt eine energiesparende Produktion an. In deren verschiedenen Bereichen werden z. B. Wärmerückgewinnungs-Anlagen eingesetzt, mit denen die hohe Abwärme der Öfen effizient wieder genutzt werden kann. Für die Mitarbeitenden bleiben die hohen Wärmelasten durch die thermischen Prozesse der Produktion allerdings eine große Belastung. Messungen in den Bereichen der Sortieranlagen und der Farbaufbereitung haben im Sommer Temperaturen bis zu 40 °C ergeben.
Lösungen gesucht
Zusätzlich zur Abwärme der Produktion kommt die generelle Klimaveränderung: Seit 2017 gab es von Jahr zu Jahr wärmere Sommer mit mehr heißen Tagen von über 30 °C. Damit stiegen auch die Belastungen der Mitarbeitenden weiter. Zu hohe Temperaturen können einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit und Arbeitsproduktivität haben. Die Folgen reichen von Kopfschmerzen, Übelkeit bis hin zur Dehydrierung und Hitzschlag. Studien [1] zeigen für Zeiten hoher Wärmebelastung Produktivitätsabnahmen von 3 bis 12 Prozent.
Um die Mitarbeitenden zu schützen und die Beschwerden vor allem im Sommer zu reduzieren, hat Argelith nach technischen Lösungen zur Kühlung gesucht. Umluft-Ventilatoren, mit denen ein Temperaturausgleich durch die Mischung der Innenluft erreicht werden sollte, erschien dabei zu wenig wirksam für die vorhandenen hohen Wärmelasten. Gegen den Einsatz von Kältemaschinen sprachen die erwarteten Energiekosten und der nötige Installationsaufwand.
Die Wahl fiel schließlich auf ein Luftbefeuchtungssystem mit Hochdruck-Düsen, die direkt in den Produktionshallen einen ultrafeinen Sprühnebel erzeugen. Die Kühlung entsteht, indem kaltes Wasser in der Umgebungsluft verdampft. Die Änderung des Aggregatzustandes von flüssig zu gasförmig erfordert Energie, die der Luft in Form von Wärme entzogen wird. Die Luft kühlt sich durch die Verdunstung des Wassers ab. Da dieser Prozess stattfindet, ohne dass Wärmeenergie mit der Umgebung ausgetauscht wird, spricht man von einer adiabaten (wärmedichten) Verdunstung.
Mit Hochdruck in die Luft
Seit 2020 ist bei Argelith das Luftbefeuchtungssystem ML Flex von Condair installiert. Es wird durch eine Hochdruckpumpe betrieben und kühlt gezielt über einen aus Edelstahl gefertigten Düsenstrang die Umgebungsluft. Die robusten Hochdruckdüsen erzeugen mit einem Betriebsdruck von bis zu 70 bar einen mikrofeinen Sprühnebel, der sofort von der Raumluft aufgenommen wird, sich dort gleichmäßig verteilt und verdunstet.
Die Aktivierung der Luftbefeuchter erfolgt durch Steuersysteme, die die Klimasituation in den Hallen permanent kontrollieren und über den eingestellten Sollwert der relativen Luftfeuchte die Anlage regeln. Durch die individuelle Positionierung des Systems senkt Argelith vor Ort die Wärmelasten und Belastungen für die Mitarbeitenden. Das große Raumvolumen der hohen Produktionshallen ermöglicht dabei hohe Sollwerte der Luftfeuchte und lange Befeuchtungszeiträume, ohne dass es zur Überfeuchtung oder Schwüle kommt.
Die Energiekosten fallen dabei kaum ins Gewicht: 100 l Wasser dieser Hochdruckdüsen-Luftbefeuchtung absorbieren rund 70 kW Wärme bei lediglich 0,6 kW Energieaufwand. Im Vergleich zu den Spitzenleistungen von 2500 bis 3000 kW am Produktionsstandort ist das ein effizientes Verfahren.
Zusätzlich zur Kühlung sorgt die höhere Luftfeuchte auch für eine Bindung der in der Fertigung entstehenden Keramikstäube: Die feinen Partikel werden in der Luft von einem zusätzlichen Wasserfilm umschlossen. Durch die Wasseraufnahme erhöht sich das Gewicht, die Staubpartikel schweben kürzer in der Luft, fallen schneller zu Boden und belasten Menschen und Maschinen weniger.
Überschaubare Investition mit großer Wirkung
Für die Sicherung eines hygienischen und störungsfreien Betriebes gehört eine systemeigene Wasseraufbereitung zur Luftbefeuchtung. Die dafür erforderliche Umkehrosmose ist platzsparend mit der Hochdruckpumpe in einer Installation vereinigt. Eine mehrstufige Verfahrensstrecke filtert Mineralien, Verunreinigungen und Bakterien aus dem Wasser und bewirkt so eine kontinuierlich hygienische Wasserverneblung. Alle sechs Monate erfolgt zusätzliche eine Wartung der Anlage vor Ort durch den Hersteller.
Fazit
Durch das Zusammenspiel aus Wasseraufbereitung und Wartungskonzept erfüllt die Luftbefeuchtungsanlage die Anforderungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und hat das Test-Zeichen „Optimierte Luftbefeuchtung“ erhalten. Die Anlage ist wartungsfreundlich sowie zuverlässig in der Anwendung und lässt sich gut regeln. Für die Mitarbeitenden hat sich das Raumklima deutlich verbessert. Die adiabate Direkt-Raumluftbefeuchtung kann daher als überschaubare Investition mit großer Wirkung betrachtet werden, resümiert Argelith.
Ein Whitepaper über die Einsatzmöglichkeiten einer Direkt-Raumluftbefeuchtung zur adiabatischen Verdunstungskühlung ist bei Condair Systems zu haben.