Als eine „Contract Development and Manufacturing Organisation“ (CDMO) der Pharmaindustrie produziert Vetter mit Hauptsitz in Ravensburg im Kundenauftrag unterschiedlichste Medikamente. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der sterilen Abfüllung von Vials, Spritzen, Karpulen und anderen Injektionssystemen.
Das 1950 gegründete Familien-Unternehmen beschäftigt mehr als 6.600 Mitarbeitende und wächst kontinuierlich weiter. Mit jedem Produktionsbereich, den Vetter in Betrieb nimmt, wird eine neue und individuell projektierte Kälteversorgung installiert. Denn viele Prozesse der Pharmaproduktion sind temperaturgeführt, und die Produktionsabläufe in der Branche stellen sehr hohe Anforderungen an Verfügbarkeit und Regelgenauigkeit.
In einem neuen Produktionsbereich mussten Kühlräume, in denen die (Zwischen-)Lagerung vor der optischen Qualitätsprüfung der hergestellten Pharmazeutika stattfindet, auf einem Temperaturniveau von 5° C gehalten werden. So fordern es die Richtlinien und auch die hohen Qualitätsvorgaben von Vetter für diese pharmazeutischen Produkte.
Geregelt werden die neuen Kälteanlagen durch eine übergeordnete Regelung
Aus den Kühlzellen zu den Prüfplätzen
Der Prozess sieht vor, dass die produzierten und verpackten Pharmazeutika in Kühlzellen zwischengelagert werden, bevor eine abschließende optische Kontrolle erfolgt. Um die Wege kurz zu halten, befinden sich die Prüfplätze gleich gegenüber der Kühlzellen. Das ist eine von vielen Maßnahmen, die bereits in der Projektierung getroffen wurden, mit dem Ziel, die Kühlkette keinesfalls zu unterbrechen.
Die Anforderungen an die Regelgenauigkeit und die Ansprechgeschwindigkeit der Regelung sind hier sehr hoch. Konkret: Der Kaltwassersatz muss eine konstante, sich nicht zu schnell ändernde Vorlauftemperatur halten, damit auf der Verbrau-cherseite die Ausregelung der Kühlraumtemperaturen problemlos umgesetzt werden kann. Dabei wird u.a. der Vorlaufsollwert der Kaltwassersätze variabel im Bereich von -5° C bis -9° C verschoben. Auch beim Schallpegel und anderen Anlagenparametern hatten die Planer von Vetter sehr konkrete Vorstellungen.
Für diese Aufgabe projektierte Carrier eine Kälteversorgung, die aus vier identischen Kälteanlagen vom Typ 30WG110 mit einer Kälteleitung von je 64 kW besteht. Jeweils zwei von ihnen sind mit einem Rückkühler vom Typ 09PE – einem Sole-Luft-Wärmetauscher mit Axiallüfter – kombiniert. Sie bilden eine Einheit, die je einen Solekreislauf mit Kälte versorgt.
Gemeinsame Projektarbeit
Denis Traub, Infrastructure and Building Automation bei Vetter: „Dieses dezentrale Konzept gewährleistet die geforderte hohe Verfügbarkeit von 99,9%. Bei einem Ausfall steht immer eine Backup-Anlage bereit, und es wird sofort automatisch umgeschaltet. Zugleich können wir durch die Kaskadierung einen effizienten Betrieb der Kälteversorgung im Teillastbereich sicherstellen.“
Auf der Basis der sehr genauen Vorgaben von Vetter wurde zunächst ein R+I-Schema erarbeitet, das in intensiver Detailarbeit abgestimmt wurde. Denis Traub: „Wir haben sehr präzise Vorstellungen und auch hohe eigene Kompetenz in Sachen Kältetechnik.“ Entsprechend detailliert waren die Grundlagen, die für die Projektierung bereitgestellt wurden.
Kühlräume müssen auf einem Temperaturniveau von 5° C gehalten werden.
Kundenspezifische Anpassung
Die im Werk in Montluel/Frankreich gefertigten Anlagen wurden in Deutschland so an die individuellen Anforderungen von Vetter angepasst, dass sie das Einsatzprofil erfüllen. Die ebenfalls individuell projektierten und in Deutschland gebauten Schaltschränke für die übergeordnete Regelung entsprechen den Spezifikationen von Vetter.
Die Abnahme der neuen Anlagen fand vor Ort beim Anlagenbauer statt. Robert Gnatz, zuständiger Projektmanager: „So haben wir Zeit gespart und auch die Arbeitsabläufe bei Vetter nicht beeinträchtigt. Außerdem haben wir wesentliche Komponenten schon vor der Montage geprüft, um die Abnahme und Inbetriebnahme möglichst effizient zu gestalten.“ Auch ein „Stresstest“ unter Extrembedingungen war Teil des Abnahme- und Inbetriebnahme-Paketes, das nach den in der Pharmaproduktion üblichen strengen Regularien erfolgte.
Übergeordnete Regelung
Geregelt werden die neuen Kälteanlagen durch eine übergeordnete Regelung, die auch die aktuell abgerufene Leistung und die Wärmemengen auf der Kalt- und Kühlwasserseite erfasst. Auch hier handelt es sich nicht um ein Standardsystem, sondern um eine kundenspezifische Entwicklung bzw. Programmierung. Man konnte dabei auf das Gebäudeautomationssystem WebCTRL zurückgreifen. Dieses System ermöglicht eine maßgeschneiderte Regelung von HLK-Anlagen – auch dann, wenn es um hoch spezialisierte und sicherheitskritische Anlagen geht, wie es bei Vetter der Fall ist.
Alle erfassten Werte werden vor Ort anschaulich auf einem Bedienpanel visualisiert, dokumentiert und via Profinet-Anbindung übergeben. Markus Dreher, Projektingenieur bei Vetter: „Die Steuerung ist auch an unser Energiemanagementsystem angebunden. Darüber hinaus nutzen wir die Werte zum Systemmonitoring, d.h. zur vorbeugenden Instandhaltung.“ ■