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Neue Ammoniak-Anlage für die Herbsthäuser Brauerei

Gut für kaltes Bier

Kältemaschinen, die mit Ammoniak betrieben werden, haben eine sehr lange Tradition in der Kältetechnik. In der heutigen Zeit und dem Streben nach umweltfreundlichen und nachhaltigen Varianten der Kälteerzeugung gerät das natürliche Kältemittel Ammoniak (R 717) immer mehr in den Fokus der Betreiber von Kältemaschinen und den Anlagenbauern. Mit einem GWP (Global Warming Potential) von 0 ist es eine der ökologischsten und am langfristigsten einsetzbaren Kältemittel. Aufgrund der hervorragenden thermodynamischen Eigenschaften von Ammoniak wird in der Kältetechnik, ebenso wie beim Bier-Brauen in der Brauerei, nicht auf die nötige Qualität verzichtet.

Die Herbsthäuser Brauerei betrieb insgesamt drei Kälteanlagen: Eine Ammoniak-Kälteanlage zur Kühlung der Lagertanks, eine R 404 A-Kälteanlage zur Raumkühlung und Kühlung der Gärtanks sowie eine Propan-Kälteanlage zur Brauwasserkühlung.

Alte Ammoniak-Kälteanlage von vor 1990 ist nicht mehr auf dem heutigen Stand der Technik.

Bild: proweps

Alte Ammoniak-Kälteanlage von vor 1990 ist nicht mehr auf dem heutigen Stand der Technik.

Die im Bestand installierte Ammoniakkälteanlage wurde in den 1990er Jahren gebraucht gekauft. Sie befindet sich nicht mehr auf dem heutigen Stand der Technik und arbeitet in Bezug auf Betriebstemperaturen und -drücken in einem ungünstigen Bereich. Das hat zur Folge, dass die Leistungsziffer (COP) - die erzeugte Kälteenergie im Verhältnis zur aufgenommenen elektrischen Energie - niedrig ist. Der energetische Vorteil, den das Kältemittel Ammoniak (NH3) bietet, kommt aufgrund der Betriebsweise nicht zum Tragen. Ursache sind neben der zu gering bemessenen Fläche des Wärmeübertragers auch alterungsbedingte Erscheinungen, wie starke Verkrustungen und Schmutzschichten. Eine Sanierung und Kapazitätsanpassung dieser Anlage wäre sehr kostenintensiv und im laufenden Produktionsbetrieb kaum möglich.

Die Abwärme der Kälteanlage, die Verflüssigungswärme, wird über einen sogenannten Verdunstungsverflüssiger an die Umgebung abgegeben. In diesem Gerät wird Wasser über ein geschlossenes Rohrschlangensystem – in dem der Kältemitteldampf kondensiert – gesprüht. Seit 2017 fallen Verdunstungsverflüssiger unter die 42. BImschV. Die Brauerei ist deshalb verpflichtet, regelmäßige Wasseranalysen durchzuführen und den Wasserkreislauf warten und prüfen zu lassen. Dadurch entstehen neben den Frischwasser- und Aufbereitungskosten auch deutlich höhere Wartungs- und Prüfungskosten.

Die bestehende R 404 A-Anlage, welche im Jahr 1997 installiert wurde, nahm ­aufgrund des allgemeinen Zustands und des Alters der Anlage in den letzten Jahren an Störanfälligkeit stark zu. Somit konnte die Betriebssicherheit insbesondere in den heißen Sommermonaten nicht gewährleitet werden. Aufgrund des recht hohen GWP von 3920 ist R 404 A durch das Inkrafttreten der F-Gase-Verordnung keine langfristige und umweltfreundliche Lösung.

Die Propan Kälteanlage wurde erst im Jahr 2015 in Betrieb genommen. Es handelt sich um eine Kompaktkälteanlage mit der geringsten Kälteleistung (ca. 60 kW) im Vergleich zu den zuvor beschriebenen anderen beiden Kälteanlagen. Die Kompaktanlage wird im dem klimafreundlichen Kältemittel Propan betrieben und ist somit konform zur F-Gase-Verordnung.

Zielsetzung der Brauerei war der Neubau einer zentralen Kälteanlage, die die alten Ammoniak und HFKW (R 404 A) Kälteanlagen ersetzt. Gleichzeitig sollte die Kapazität so ausgebaut werden, um zu einem späteren Zeitpunkt auch die Propananlage ersetzen zu können. Durch einen wirtschaftlichen und energetisch auf den heutigen Bedarf der Brauerei abgestimmten Betrieb der Kälteanlage sollen künftig neben Stromkosten und Wasser-/Aufbereitungskosten auch die internen Wartungskosten reduziert werden. Eine Wärmerückgewinnung aus der Abwärme der Kälteanlage soll dazu beitragen, das vorhandene Wärmedefizit in der Brauerei teilweise zu mindern.

Die Brauerei setzte sich für die Umsetzung dieses Vorhabens frühzeitig mit dem Anlagenbauer proweps aus Biberach in Verbindung. Deren Expertise in der Planung und Ausführung verschiedener Projekte für Brauereien erwies sich als richtige Entscheidung bei der Realisierung des Projektes. Die Entscheidung Ammoniak als Kältemittel einzusetzen war schnell getroffen und so ging es an die Detailplanung der Maschine. Mit diesem Schritt können zugleich auch die Anforderungen der F-Gase-Verordnung erfüllt werden, indem die mit HFKW-haltigem Kältemittel betriebene Kälteanlage außer Betrieb genommen wird.

Aufgrund der individuellen Rahmenbedingungen setzte sich proweps mit dem Kältemaschinenbauer compact Kältetechnik in Verbindung und entwickelte gemeinsam mit den dortigen Ingenieuren die optimale Lösung für diese Anwendung. Dabei standen vor allem die Platzverhältnisse, die Ausführung der Maschine und die Effizienzsteigerung durch eine Wärmerückgewinnung im Fokus.

Das Herzstück des neuen Kältekreislaufes bilden die größten von Bitzer verfügbaren offenen Hubkolbenverdichter. In Verbundschaltung sorgen diese für eine Kälteleistung von rund 175 kW. Der Antrieb erfolgt dabei jeweils über einem Normmotor mit 30 kW mechanischer Antriebsleistung. Die Anpassung an die jeweiligen Lastverhältnisse erfolgt hier mittels Frequenzumrichter je Antriebseinheit. Dadurch lässt sich in einem sehr weiten Anwendungsbereich die tatsächliche Leistung stufenlos an die geforderte anpassen. Anfallende Abwärme von ca. 30 kW wird auf dem Temperaturniveau von 40/55 °C in einem Plattenwärmeübertrager dem Heizkreislauf zur Verfügung gestellt. Höhere Heizvorlauftemperaturen sind dabei problemlos möglich und bei der Verwendung von Ammoniak als Kältemittel auch üblich. Die verbleibende Kondensationswärme wird über einen außen aufgestellten, luftgekühlten Axialverflüssiger abgeführt. Dieser besitzt zusätzlich eine integrierte Rohrschlange als zweiten Wärmeübertrager, um die Zylinderkopfkühlung der Verdichter zu realisieren und dadurch letzten Endes den Verdichter vor zu hohen Temperaturen zu schützen. Bei hohen Kondensationstemperaturen im Sommer kann damit die theoretische Verdichtungsendtemperatur um 25 K gesenkt werden. Die erforderte Effizienz dieser R 717-Anlage konnte mit einem überfluteten Plattenwärmeübertrager umgesetzt werden. Konkret wird 35 prozentiges Propylenglykol mit Vor- und Rücklauftemperaturen von -2 °C auf -5 °C gekühlt. Der überflutete Anlagenbetrieb ermöglicht eine sehr geringe Temperaturdifferenz zwischen Soleaustrittstemperatur und Verdampfungstemperatur. Die im Vergleich zur trockenen Verdampfung hohe Verdampfungstemperatur ist der entscheidende und grundsätzliche Vorteil dieser Bauart. Die Ölrückführung wurde auf bewährte Weise mittels einem elektronischem Niveausensor unterhalb des Verdampfers ausgeführt. Der horizontale Abscheider oberhalb des Verdampfers verhindert das Mitreisen von Flüssigkeitströpfchen während des überfluteten Verdampfungsprozesses. Die Kaltsoleanschlüsse des Verdampfers sind mit Flanschen ausgeführt und bilden so eine klare Schnittstelle für die bauseitigen Gewerke. Komplettiert wurde die Fertigung der Anlage mit der in Dresden vorbereiteten und maßgeschneiderten Verdrahtung der elektrischen Komponenten. Vor Ort konnte somit die vorbereitete Verdrahtung zügig auf den Schaltschrank aufgelegt werden.

Die Vorteile für den überfluteten Betrieb mit dem natürlichen Kältemittel Ammoniak lassen sich unter Gesichtspunkten der Effizienz wie folgt zusammenfassen:

  • Verdampfungstemperatur nahe am Soleaustritt
  • Gute Eigenschaften zur Wärmeübertragung am Kondensator, relativ geringe Temperaturdifferenz zwischen Umgebungs- und Kondensationstemperatur
  • Geringe Spreizung zwischen Verdampfung und Kondensation im Vergleich zum Betrieb mit synthetischen Kältemittel möglich, guter COP auch bei hohen Kondensationstemperaturen realisierbar
  • Sehr gute Möglichkeiten zu Wärmrückgewinnung bei Enthitzung und Kondensation
  • Mit der Verwendung eines Ammoniak-Kaltsolesatzes hat die Herbsthäuser Brauerei eine zukunftssichere und effiziente Kälteerzeugung gewählt. Die Anlage ist zudem ein überzeugendes Beispiel dafür, dass Ammoniak nicht mehr nur in großen Industrieanlagen zu finden ist, sondern auch in kleineren Leistungsbereichen hervorragende Einsatzmöglichkeiten findet.

    Die Störanfälligkeit der R404A-Anlage war sehr hoch.

    Bild: proweps

    Die Störanfälligkeit der R404A-Anlage war sehr hoch.

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