KK: Herr Lindl, wenn Sie auf zwei Entwicklungsjahre zurückblicken: Was hat sich bei ebm-papst im Bereich Forschung und Entwicklung getan?
Bruno Lindl: Der Schwerpunkt der vergangenen zwei Jahre lag auf der konsequenten Erhöhung der Wirkungsgrade sowie Absenkung der Schallleistung. Dies entspricht unserer Selbstverpflichtung: Jedes neu entwickelte Produkt muss effizienter und geräuscharmer sein als die Vorgängergeneration. Ein Beispiel ist die neue Radial Baureihe RadiCal mit 20 Prozent höherem aerodynamischem Wirkungsgrad bei gleichzeitiger Reduzierung der Schallleistung um bis zu 5 dB(A).
KK: Wohin geht die Reise? Wie viel Potenzial für weitere Energieoptimierungen gibt es Ihrer Meinung nach?
Bruno Lindl: Unsere EC-Technologie hat Standards gesetzt: Elektrisch kommutierte Synchronmotoren haben typischerweise Wirkungsgrade von über 90 Prozent. Im Gegensatz dazu erreichen konventionelle Laufräder in den Ausführungen Axial, Radial oder Diagonal aerodynamische Wirkungsgrade um die 35 Prozent. Da sich der Gesamtwirkungsgrad eines Ventilators aus dem Produkt der Einzelwirkungsgrade von Motor und Laufrad errechnet, wird das Optimierungspotenzial erkennbar.
KK: Auf der Flagge Ihres Unternehmens steht unter anderem Ressourcenschonung. Wie weit ist die Entwicklung von Gehäusen mit Materialien, die z. B. weniger auf erdölbasierenden Stoffen beruhen? Gibt es weitere Entwicklungen in der Pipeline, die z. B. mit weniger oder anderem Material gleiche Leistungen aktueller Ventilatorenmodelle liefern?
Bruno Lindl: Wir haben uns den Ersatz von energieintensiv hergestellten Metallen und erdölbasierten Kunststoffen in unseren Produkten auf die Fahnen geschrieben. Dies ist nur dann möglich, wenn unsere hohen Anforderungen an Produkt-Funktion und -Zuverlässigkeit uneingeschränkt erhalten bleiben. Im ersten Schritt haben wir in den vergangenen fünf Jahren Aluminium durch Verbundwerkstoffe ersetzt. Dies reduziert den Energieverbrauch in der Werkstoffherstellung von rund 28 kWh pro kg bei Aluminium auf 16 kWh pro kg bei Polymer-Verbundwerkstoffen.
Die Produkte HyBlade bei Axialventilatoren und RadiCal bei Radialventilatoren wurden von unseren Kunden sehr gut angenommen und haben sich bereits am Markt bewährt. Als zweiten Schritt haben wir 2011 nach einem umfangreichen Validierungsprogramm damit begonnen, mineralische Füllstoffe durch nachwachsende Rohstoffe (z. B. Holzfasern) zu ersetzen. Da wir bei gleichen Werkstoffeigenschaften den Füllgrad erhöhen konnten, bleibt eine Nettoeinsparung an Polymer, was einer Reduzierung an fossilem Anteil gleichkommt. Diese Strategie werden wir konsequent weiterverfolgen.
KK: Im Rahmen der vorherigen Frage möchten wir noch gerne wissen, wie das Schlagwort GreenTech bei ebm-papst gelebt und umgesetzt wird.
Bruno Lindl: Unser Anspruch an unsere Produkte, neben der selbstverständlichen Funktionsstabilität und Zuverlässigkeit, ist: Energieeffizienz im Betrieb und Ressourcenschonung in der Herstellung. Neben den vorangehend dargestellten Beispielen achten wir in unseren Produktionsstätten auf möglichst niedrigen Verbrauch an Energie und Betriebsstoffen. Als Beispiel steht unser 2008 in Betrieb genommenes Werk in Hollenbach. Das komplette Gebäude wird über ein ausgeklügeltes System energieneutral im Winter beheizt und im Sommer klimatisiert. Energiescouts sind ganzjährig in allen Betriebsstätten mit der Aufgabe unterwegs, Energieverschwendung aufzudecken und Abhilfemaßnahmen einzuleiten.
KK: Jeder Ventilator gibt einen gewissen Grad an akustischen Emissionen ab. Welche Lösungen haben Sie im Programm, um z. B. in Mischgebieten geräuschärmer zu arbeiten, und wie funktioniert die geräuscharme Variante?
Bruno Lindl: Zwei wesentliche Parameter bestimmen die Schallentstehung: Laufruhe des Antriebmotors und aerodynamische Effekte auf der Oberfläche der Laufräder. ebm-papst Motoren besitzen über ihre sinusgewichtete Leistungsansteuerung einen gleichförmigen Drehmomentenverlauf. Dieses Verfahren führt zu einer hohen Güte der Laufruhe. Das RadiCal-Konzept ist über strömungstechnische, computergestützte Simulation entstanden und zeichnet sich durch homogene Durchströmung der Kanäle und ablösungsarme Konturen aus. Die resultierende Wirkungsgradsteigerung um rund 20 Prozent und die Schallreduktion um bis zu 5 dB(A) bestätigen unsere Modelle. Bei Axialventilatoren verfolgen wir eine Art Diffusorkonzept mit strömungs- und geräuschtechnischer Optimierung, dies ebenfalls über Simulationsmodelle. Das entstandene Produkt AxiTop wird auf der diesjährigen Chillventa in Nürnberg vorgestellt. Die Werte sprechen für sich: Ebenfalls, rund 20 Prozent niedrigere elektrische Energieaufnahme bei gleichzeitiger Reduktion der Schallemission um 5 dB(A). Die Ausführung ist so gestaltet, dass unsere Kunden an ihrem Anlagenkonzept keinerlei Änderungen vornehmen müssen, ja sie ist im Falle von Geräuschproblemen bei bestehenden Anlagen sogar nachrüstfähig.
KK: Worin unterscheiden sich Ventilatoren für den Einsatz in der Kältetechnik von denen in anderen Einsatzgebieten?
Bruno Lindl: Die Umgebungsbedingungen in der Kältetechnik zeichnen sich durch tiefe Temperaturen, steile Temperaturgradienten und hohe Zykluszahl aus. Der Fokus liegt auf geeigneten Werkstoffen und Oberflächen, aber vor allem auf hoher Energieeffizienz, denn jede zusätzlich eingebrachte Wärme muss mit zusätzlicher Kälteleistung bei entsprechendem Wirkungsgrad weggekühlt werden.
KK: Noch eine Frage zu den Umsatzzahlen 2011: Die Kältetechnik spielt mit 10 Prozent des Gesamtumsatzes von ebm-papst nur eine von vielen Rollen. Wie hoch ist Ihrer Meinung nach das Potenzial in dieser Branche, wie schätzen Sie das Wachstum dort ein?
Bruno Lindl: Der Umsatz in der reinen Kältetechnik erscheint mit rund 10 Prozent zwar niedrig, zählt man jedoch alle Anwendungen unserer Produkte in Zusammenhang mit Kältemaschinen in stationären und mobilen Klimaanlagen und im Maschinenbau hinzu, so steigt der Umsatzanteil auf über 25 Prozent. Die Anwendungen von Klimaanlagen zur Erhöhung des Komforts und der globale Ausbau von Kälteketten zur Verteilung von Lebensmitteln werden zu einem überproportionalen Wachstum führen. ebm-papst betreibt weltweit in allen relevanten Regionen Produktionstätten mit den Abteilungen Applikationsentwicklung, um dieses Potenzial kunden- und marktspezifisch bedienen zu können.
KK: Herr Lindl, wir danken Ihnen für das Gespräch. DR -