Frage: Zum korrekten Anziehen von Bördelverbindungen wurden in unserem Betrieb Drehmomentschlüssel angeschafft. Unsere Monteure berichten, dass bei Reparaturarbeiten die vorgegebenen Drehmomente nicht immer ausreichend sind, um eine dichte Bördelverbindung herzustellen. Darf das Anzugsdrehmoment erhöht werden, um eine bessere Dichtheit zu erreichen?
Antwort: Die Kombination aus einem harten Werkstoff, zur Gewährleistung der Festigkeit, und einem weichen Werkstoff, zur Erzeugung der Dichtheit, ist das Konzept bei den Bördelverbindungen und bei den meisten lösbaren Verbindungen.
Bei einer Bördelverbindung sorgen die Messingkomponenten (Fitting und Überwurfmutter) für die Festigkeit und die Kupferdichtung für die Dichtheit. Die beiden Werkstoffe haben unterschiedliche Eigenschaften. Die Festigkeit von Messing ist höher als die von Kupfer. Die notwendigen Kräfte, resultierend aus der Betriebsbelastung und den Kräften, die zur Verformung des Dichtwerkstoffs (Kupfer) nötig sind, werden über das Gewinde des Messingfittings übertragen. Durch den weicheren Werkstoff Kupfer wird die Dichtheit erreicht.
Zur Erzeugung einer dichten Verbindung wird der Dichtwerkstoff durch das Anziehen der Verschraubung verformt und zum Fließen gebracht. In der Folge werden mikroskopisch feine Unebenheiten auf der Dichtfläche des Fittings ausgeglichen. Eine Verformung besteht immer aus einer elastischen und einer plastischen Verformung. Beide Komponenten beschreiben das Fließverhalten eines Werkstoffs. Die plastische Verformung ermöglicht die Abdichtung und die elastische Verformung hält, wie der Federring in einer Schraubverbindung, das Gewinde auf Spannung. Je höher der elastische Anteil ist, umso besser kann die Verbindung gegenüber Betriebseinflüssen wie Temperaturwechsel, Vibrationen etc. standhalten. Wird der Werkstoff Kupfer plastisch verformt, wie das bei der Herstellung eines Bördels der Fall ist, steigt die Festigkeit und die Elastizität sinkt. Dieser Effekt wird auch Kaltverfestigung genannt. Mit steigender Kaltverfestigung sinkt die Dehnbarkeit des Kupfers. Sinkt die Dehnbarkeit unter ein bestimmtes Maß, reißt unausweichlich das Material.
Wird eine Bördelverbindung (durch Aufweiten des weichen Rohrs) hergestellt, so erfolgt eine plastische Verformung mit einhergehender Kaltverfestigung. Die Dehnbarkeit sollte noch ausreichend sein, um bei dem geforderten Anzugsdrehmoment ein gutes Fließverhalten zu erreichen. Anzugsdrehmomente für Bördelverbindungen sind in der DIN EN 378-2 niedergeschrieben. Ein erhöhtes Anzugsdrehmoment führt zu höherer Kaltverfestigung, dadurch zu schlechterem Fließverhalten und verminderter Dehnbarkeit. Hinzu kommen evtl. noch Torsionskräfte beim Anziehen der Verschraubung, die ebenfalls die Kaltverfestigung begünstigen.
Wird eine undichte Verschraubung festgestellt und es lässt sich mit dem geforderten Anzugsdrehmoment keine Dichtheit erreichen, so muss der Bördel erneuert werden. Versuche über ein höheres Anzugsdrehmoment eine dauerhafte Dichtheit zu erzielen, können aus den genannten Gründen nicht zielführend sein.
Gleiches gilt auch für die mehrfache Verwendung von Bördeln, z. B. nach einem Trocknerwechsel. Mit jedem Anziehen verstärkt sich die Kaltverfestigung, so dass zur Gewährleistung der dauerhaften Dichtheit die Wiederverwendbarkeit von Bördeln infrage gestellt werden muss.
Alternativ sind im Fachhandel Bördelverbindungen mit wechselbarer Kupferdichtung erhältlich. Der Fittingteil mit Überwurfmutter muss zwar einmalig eingelötet werden, jedoch überwiegen die Vorteile im laufenden Betrieb. Der wechselbare Dichtring dieser Verbindung ist wesentlich weicher als der gefertigte Bördel, weil dieser bereits durch das Bördeln kaltverfestigt wurde. Im Falle eines Lecks kann die Kupferdichtung unkompliziert gewechselt werden.
Zusammengefasst darf das gemäß der DIN EN 378-2 vorgegebene Anzugsdrehmoment nicht überschritten werden. Wird keine Dichtheit mit dem vorgeschriebenen Drehmoment erreicht, muss der Bördel erneuert werden. Weiterhin sind die Dichtflächen von Fitting und Bördel auf Fehlstellen wie Riefen etc. zu prüfen. Die Begrenzung des Drehmomentes dient ebenfalls als Schutz des Messinggewindes vor Zerstörung (Abriss). Auf das Gewinde wirken neben dem Anzugsmoment auch Kräfte im laufenden Betrieb, wie Druck, Temperaturänderung, Vibration etc., die die Festigkeit beeinträchtigen können.