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Strategien zur Kühlung von Rechenzentren und die effiziente Nutzung ihrer Abwärme

Fortschrittliche Kühllösungen

Besonders Cloud-Dienste haben zu diesem Anstieg beigetragen, wobei sich der Markt zunehmend auf einige wenige große Anbieter konzentriert. Mit einem Anteil von 3 % am globalen Serverbestand und einer prognostizierten Steigerung des Energieverbrauchs auf 30 TWh bis 2030, bleibt Deutschland der führende Rechenzentrumsstandort in Europa.

Die Notwendigkeit, die Effizienz von Rechenzentren zu steigern, ergibt sich nicht nur aus der wachsenden Nachfrage nach digitalen Diensten wie KI-Anwendungen und Automatisierung, sondern auch aus den strengen Datenschutzanforderungen, die eine lokale Datenverarbeitung erforderlich machen. Trotz einer beachtlichen Steigerung der IT-Anschlussleistung von 1.362 MW im Jahr 2012 auf 2.341 MW im Jahr 2022, hat sich die Effizienz der Rechenzentren dank technologischer Fortschritte im Hardware- und Softwarebereich in den vergangenen Jahren insgesamt versechsfacht.

Kühltechnologien und ihre Bedeutung

Um dem steigenden Energiebedarf effektiv zu begegnen und gleichzeitig die Umweltauswirkungen zu minimieren, spielen innovative Kühltechnologien eine entscheidende Rolle. Moderne Rechenzentren setzen zunehmend auf fortgeschrittene Kühlmethoden wie die direkte und indirekte Flüssigkeitskühlung, die es ermöglichen, die Wärme effizienter und direkt am Entstehungsort abzuführen. Diese Techniken sind nicht nur energieeffizienter, sondern verbessern auch die Leistungsdichte und Zuverlässigkeit der Server.

Nutzung der Abwärme

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der nachhaltigen Betriebsführung von Rechenzentren ist die Nutzung der Abwärme. Durch den Einsatz von Wärmerückgewinnungstechnologien kann die Abwärme zur Beheizung von Bürogebäuden, in städtischen Fernwärmenetzen oder sogar in landwirtschaftlichen Anwendungen genutzt werden. Diese Maßnahmen tragen nicht nur zur Reduktion des ökologischen Fußabdrucks der Rechenzentren bei, sondern auch zur Erreichung der Klimaziele der Bundes-regierung, die einen schrittweisen Übergang zu einem CO2-neutralen Betrieb vorsieht.

Ausblick

Die Kühlung von Rechenzentren und die effiziente Nutzung der Abwärme sind zentrale Herausforderungen für die Branche, die angesichts des globalen Klimawandels und der steigenden Anforderungen an digitale Dienste zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die in der Bitkom-Studie „Rechenzentren in Deutschland: Aktuelle Marktentwicklungen – Update 2023“ dargelegten Ent-wicklungen verdeutlichen, dass trotz der Herausforderungen erhebliche Fortschritte erzielt werden. Innovative Kühltechnologien und die strategische Nutzung der Abwärme sind entscheidend, um die Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit der digitalen Infrastrukturen in Deutschland und weltweit sicherzustellen.

Definition und Klassifizierung von Rechenzentren

Ein Rechenzentrum bildet die physische Infrastruktur, in der IT-Dienstleistungen und Netzwerk-lösungen betrieben werden. Die Arten von Rechenzentren variieren und umfassen Corporate-, On-Premises-, Hosting-, Cloud-, Colocation-, Hochschul-, Gebiets-, Forschungs-, Hyperscale- und Edge-Rechenzentren. Zudem spielen Internet Exchange Points (IXPs) eine wichtige Rolle in der Netzwerkstruktur, da sie die Knotenpunkte für den Internetverkehr darstellen.

Laut der Systematik des Borderstep Instituts qualifizieren sich Strukturen als Rechenzentren, wenn sie abgeschlossene räumliche Einheiten wie Serverschränke, Serverräume, Gebäudeteile oder ganze Gebäude umfassen, in denen mindestens drei physische Server installiert sind. Die Kapazitäten eines Rechenzentrums werden primär nach der Anzahl und Art der dort installierten Server bestimmt.

In Deutschland existieren derzeit etwa 3.000 Rechenzentren, die eine IT-Anschlussleistung von mehr als 40 kW aufweisen und mindestens zehn Server-Racks beherbergen. Zusätzlich gibt es ungefähr 47.000 kleinere IT-Installationen. Obwohl Deutschland der größte Rechenzentrumsstandort in Europa ist, fehlt es an einer aktiven Politik zur Ansiedlung weiterer Rechenzentren. Trotz herausragender Standortfaktoren wie zuverlässiger Stromversorgung, exzellenter Anbindung an wichtige Internet-knotenpunkte und hoher Rechtssicherheit, stellen die hohen Strompreise und langwierigen Genehmigungsprozesse signifikante Herausforderungen dar.

Trends - Entwicklungen - Aktuelles

  • Trotz zunehmender Effizienz in der IT- und Rechenzentrumsinfrastruktur verzeichnet Deutschland einen kontinuierlichen Anstieg des Energiebedarfs.
  • Die Leistung der Mikrochips steigt stetig: von 400 W zu 600 W und schließlich zu 800 W.
  • Die Luftkühlung stößt an ihre Grenzen; bei der direkten/indirekten Flüssigkeitskühlung erfolgt die Wärmeabgabe direkt an eine Flüssigkeit, oft vollentsalztes Wasser, das aufgrund seiner höheren Dichte effektiver kühlt. Dies ermöglicht das Abgreifen der Wärme direkt am Entstehungspunkt. Durch direkte Flüssigkeitskühlung sind höhere Temperaturen erreichbar, was die Serverleistungsdichte (> 1000 W/Mikrochip) erhöht und den Energieverbrauch durch die Nutzung freier Kühlmethoden senkt, wodurch das Potenzial zur Nutzung von Abwärme steigt.
  • Immersionskühlung: Dieses Kühlverfahren taucht IT-Komponenten, einschließlich kompletter Server und Speichergeräte, in eine wärmeleitende dielektrische Flüssigkeit, wie Öl (einphasig) oder Kältemittel (zweiphasig). Die Wärme wird aktiv oder passiv über die Flüssigkeit, die in direktem Kontakt mit den Wärmeerzeugern steht, abgeleitet und mittels Wärmeübertragern an ein Rückkühlsystem weitergegeben. Eine Voraussetzung für Immersionskühlung ist der Einsatz einer elektrischen schwach- oder nichtleitenden Flüssigkeit, um eine sichere Interaktion mit elektronischen Komponenten zu gewährleisten.
  • Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG), veröffentlicht am 17. November 2023, spezifiziert im Abschnitt 4 Anforderungen für Rechenzentren. Ziel ist es, den Primär- und Endener-gieverbrauch in Deutschland zu senken. Der Geltungsbereich umfasst Rechenzentren mit einer Anschlussleistung ab 300 kW. Der Power Usage Effectiveness (PUE) soll dauerhaft im Jahresdurchschnitt erreicht werden, wobei der Energieeinsatz für Anlagen, die ausschließlich zur Aufwertung der Abwärme dienen, nicht in die PUE-Berechnung einfließt. Ab dem 1. Juli 2026 gelten folgende Vorgaben: 
  • Ab 1. Juli 2027 muss ein PUE von ≤ 1,5 erreicht werden.
  • Ab 1. Juli 2030 wird ein PUE von ≤ 1,3 gefordert.
  • Nach dem 1. Juli 2026 müssen neu in Betrieb genommene Rechenzentren einen PUE von 1,2 erreichen und mindestens 10 % ihrer Energie wiederverwenden.
  • Ab dem 1. Juli 2027 steigt dieser Anteil auf 15 %, und ab dem 1. Juli 2028 auf 20 %.
  • Experten betrachten den Zielwert PUE ≤ 1,2 als besonders anspruchsvoll.

    Wärmerückgewinnung mit Chancen und Herausforderungen

    Der zunehmende Energiebedarf von Rechenzentren macht die Abwärmenutzung zu einem zentralen Aspekt für einen nachhaltigen Betrieb. Die fortlaufende Nutzung von Abwärme, z. B. für Schwimmbäder, Wäschereien, Vertical Farming, Aquakulturen, Aquaponik, Gewächs-häuser und Algenzucht sowie in industriellen Anwendungen, ist essentiell. Obwohl die Branche eine hohe Bereitschaft zur Nutzung der Abwärme zeigt, bestehen erhebliche Herausforderungen. Laut einer Umfrage halten 70 % der Betreiber und Experten die Abwärmenutzung für ein wichtiges Kriterium bei der Standortwahl von Rechenzentren, und 67 % befürworten grundsätzlich, dass Rechenzentren ihre Abwärme für Sekundärnutzungen bereitstellen sollten. Das Energieeffizienzgesetz, das eine Abgabe von mindestens 20 % der Abwärme vorschreibt, wird jedoch von Branchenverbänden wie Bitkom als überambitioniert angesehen, da dessen Umsetzung technisch oft nicht realisierbar ist. Für eine effektive Erschließung von Abwärmepotenzialen ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, der sowohl die interne als auch die externe Nutzung berücksichtigt, auch wenn dies mit zusätzlichem Aufwand verbunden ist. ■

    Dr.-Ing. Rainer M. Jakobs
    DMJ-Consulting

    NürnbergMesse

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