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Sanierungsstau bei Klimaanlagen

Jetzt aber ran an den Speck!

Praktisch nicht vorhandene Kontrollsysteme, nicht durchgesetzte Sanktionen sowie ungeeignete Marktanreize werden meist als Grund für diese verschwindend geringe Quote angeführt. Doch anstatt allein auf Korrekturen durch den Gesetzgeber zu hoffen, plädiert der Fachverband Gebäude-Klima e. V. (FGK) dafür, die Chancen der energetischen Inspektion besser und breiter zu kommunizieren und das Bewusstsein bei Betreibern und ausführenden Fachbetrieben, aber auch bei Planern oder Baubehörden zu schärfen. Denn die Argumente für die energetische Inspektion liegen auf der Hand: Allein die Umsetzung von Empfehlungen für Betriebsoptimierungen ermöglichen enorme Energieeinsparungen, amortisieren sich dadurch schnell und bringen den Betreibern so bares Geld.

Inspektionspflicht nach § 12 EnEV

Seit Inkrafttreten der EnEV im Jahr 2007 ist die regelmäßige energetische Inspektion von Klimaanlagen mit einer Nennleistung über 12 kW verbindlich vorgeschrieben. Neben der Prüfung von Komponenten umfasst die Inspektionspflicht nach § 12 EnEV auch die Prüfung der Anlagendimensionierung. Dabei müssen alle Ergebnisse dokumentiert, ausgewertet und in einem Inspektionsbericht festgehalten werden. Auf dieser Basis muss ein Maßnahmenkatalog mit Empfehlungen für energetische Sanierungsmaßnahmen erstellt werden. Durchgeführt werden darf die Inspektion nur von entsprechend fachkundigen Personen. Verantwortlich für die Durchführung ist jedoch alleinig der jeweilige Betreiber der Anlage, der den zuständigen Landesbehörden auf Verlangen einen Nachweis vorzulegen hat. Für nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführte energetische Inspektionen oder die Durchführung durch eine nichtfachkundige Person sieht die Durchführungsverordnung der EnEV, das Energieeinspargesetz (EnEG), jeweils ein Bußgeld bis zu 50000 Euro vor. Doch trotz gesetzlicher Pflicht und drohenden Bußgeldern in fünfstelliger Höhe läuft die Umsetzung der energetischen Inspektion nach § 12 EnEV mehr als schleppend.

Stand der Umsetzung

Was Fachleute schon seit Langem vermuten und in ihrer täglichen Arbeit erfahren, bestätigt nun die aktuelle Studie des Instituts für Luft- und Kältetechnik (ILK), Dresden, und schiller engineering im Rahmen der Forschungsinitiative Zukunft Bau des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Sie ergab, dass trotz gesetzlicher Pflicht nach § 12 EnEV bisher weniger als drei Prozent der Klimaanlagen in Deutschland energetisch inspiziert wurden. Die grundlegende Bezugsgröße der Studie Chancen der energetischen Inspektion ist der Bestand an Nichtwohngebäuden in Deutschland, den die Autoren für 2012 auf rund 2400 Mio. m2 Nutzfläche beziffern. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Pflichten müssten darin bis Oktober 2013 bis zu 290000 Raumlufttechnische (RLT-) Geräte und etwa 20000 wasser­gestützte Raumklimasysteme energetisch inspiziert worden sein, schlussfolgern die Forscher. Dass davon aber bisher nur ein verschwindend geringer Bruchteil inspiziert wurde, wird auf praktisch nicht vorhandene Kontrollsysteme zurückgeführt. Ungeeignete Marktanreize seien weitere Gründe für die schleppende Umsetzung, so die Autoren.

Die Branche ist jetzt am Zug

Das Ordnungsrecht in Form von EnEV und EnEG scheint also bei der energetischen In­spektionspflicht nicht zu funktionieren. Verantwortlich dafür ist in erster Linie nicht der Bund, sondern die Länder und Kommunen mit ihren entsprechenden Behörden, die ihrer Kontrollpflicht nicht nachkommen (können). Sowohl den Autoren der Studie als auch dem FGK ist jedenfalls kein Fall bekannt, in dem für nicht durchgeführte energetische Inspektionen von Klimaanlagen ein Bußgeld verhängt worden wäre geschweige denn eines in Höhe von 50 000 Euro. Doch Politik und Verwaltung alleine den schwarzen Peter zuzuschieben, wäre zu einfach. Vielmehr muss man sich auch unabhängig von Kontrolle und Strafe die Frage stellen, warum die Betreiber keine energetischen Inspektionen beauftragen. Wissen vielleicht viele von ihnen schlichtweg nichts von der gesetzlichen Inspektionspflicht? Oder wird die Vorschrift bewusst ignoriert, in der Annahme, man könne sich das Geld für die Inspektion sparen, da die Klimaanlage funktioniert und die Durchführung einer Inspektion ja sowieso nicht kontrolliert bzw. sanktioniert wird? Selbst wenn beide Fälle zutreffen, darf die Branche nicht nur nach der Politik rufen, sondern muss sich selbst hinterfragen. Wenn Betreiber nichts von der Inspektionspflicht wissen, müssen sie aufgeklärt und regelmäßig auf § 12 EnEV hingewiesen werden. Vom Architekt und Planer in der Planungsphase, vom Installateur in der Errichtungsphase, vom Instandhalter in der Betriebsphase. Und wenn die Inspektionspflicht bewusst ignoriert wird, müssen Betreiber vom Nutzen der energetischen Inspektion überzeugt werden. Argumente gibt es jedenfalls genug.

Einsparpotenziale durch Inspektionen

Ein weiteres Ziel der Studie war, die Energiesparpotenziale zu ermitteln, die sich aus einer breit angelegten Realisierung von Modernisierungsempfehlungen aufgrund energetischer Inspektionen ergeben würden. Im Rahmen dieser Analyse erfolgte durch die Forscher eine Hochrechnung auf den gesamten Anlagenbestand in Deutschland (siehe Tabelle).

Die Hochrechnung ergibt bei konsequenterUmsetzung empfohlener Maßnahmen im ge-samten Anlagenbestand ein maximales Energieeinsparpotenzial von 11,9 bis 20,4 TWhWärme und 7,5 bis 12,5 TWh Strom. Umgerechnet entspricht dies Primärenergieeinsparungen von 32,7 bis 54,6 TWh und damit einer Reduktion der CO2-Emissionen von umgerechnet 7,7 bis 12,9 Mio. Tonnen (Bild 1).

Mehr als die Hälfte der Einsparungen wären laut Studie bereits realisierbar, wenn allein die Empfehlungen für Betriebsoptimierungen umgesetzt würden. Dazu gehören etwa Maßnahmen wie Luftmengenreduzierungen, Betriebszeitverkürzungen, optimierte Sollwerte und Regelstrategien und vor allem ein bedarfsgerechter volumenstromvariabler Betrieb.

Das wichtigste Argument für eine energetische Inspektion liegt somit auf der Hand: Betreiber können bereits mit geringintensiven Maßnahmen, die sich aus einer energetischen Inspektion ergeben, große Mengen Energie sparen. Die Kosten für die energetische Inspektion amortisieren sich so schnell.

Fazit

Die Erhöhung der Durchführungsquote bei der energetischen Inspektion liegt im ureigenen Interesse der Klima- und Lüftungswirtschaft. Nicht oder schlecht gewartete Anlagen, die mehr Strom als nötig verbrauchen, schaden nicht nur dem Image der gesamten Branche, sondern sind auch eine brachliegende Einnahmequelle für einzelne Betriebe und Unternehmen. Deshalb reicht es nicht nur, wenn Verbände die Politik auf Fehlsteuerungen hinweisen. Sensibilisiert werden müssen vor allem die Betreiber, aber auch Planer, Fachbetriebe und Baubehörden. Sie müssen von den Chancen der energetischen Inspektionen überzeugt werden. Die Argumente sind vorhanden. -

Günter Mertz

Geschäftsführer des Fachverbands Gebäude-Klima e. V., Bietigheim-Bissingen

Günter Mertz, Bietigheim-Bissingen

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