HFKW werden zumeist als Kältemittel in gewerblichen Kühlsystem oder Kfz-Klimaanlagen verwendet. Die uneinheitliche Durchsetzung der Verordnung durch die Mitgliedsstaaten hat es Kriminellen ermöglicht, das Quotensystem zu umgehen und HFKWs illegal in die EU zu importieren.
Den neuesten Auswertungen nach könnten bis zu 31 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent (MtCO2e) im Jahr 2019 illegal über die EU-Grenzen gelangt sein. Das bedeutet, dass in den Jahren 20181 und 2019 insgesamt bis zu 73 MtCO2e illegal in die EU gelangt sein könnten. Das entspricht den jährlichen Emissionen von rund 40 deutschen Kohlekraftwerken oder von mehr als 55 Millionen Autos – ein Fünftel aller Autos auf den Straßen der EU. Dieser Schwarzmarkt untergräbt die Klimaziele der EU, finanziert die organisierte Kriminalität und bedroht kleine und mittelständische Unternehmen in Europa, die investiert haben, um sich an die Gesetze zu halten und legale Kältemittel zu vertreiben.
Erst im Januar 2021 wurde die HFKW-Quote erneut angepasst und von 63 auf 45 Prozent des Volumens von 2015 reduziert. Folglich wird dieses Jahr eine große Menge HFKWs aus dem legalen Markt genommen. Für Schmugglern bedeutet das erneut die Möglichkeit, diese Lücke durch illegale Ware zu füllen. Im schlimmsten Fall bleibt die Nachfrage nach HFKWs trotz reduzierter Quote gleich. Wenn sich die Durchsetzung dann nicht verbessert, könnte sich die Größe des Schwarzmarkts verdoppeln.
Offiziell erreicht die F-Gase-Verordnung der EU ihre Ziel, das legen etwa Zahlen aus Deutschland nahe. So veröffentlichte das Statistische Bundesamt Destatis im Januar 2021 Zahlen für das Jahr 20192, denen zufolge der potenzielle Treibhauseffekt verwendeter fluorierter Treibhausgase um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr 2018 gesunken ist. Auch hat die deutsche Bundesregierung am 10. Februar eine Änderung des Chemikaliengesetzes auf den Weg gebracht, die die Verfolgung des illegalen Handel mit HFKW verbessern soll. Ungeachtet dessen scheint der Schwarzmarkt aber weiter zu florieren, wie die Untersuchung durch Oxera nahelegt.
Felix Flohr, Sprecher des EFCTC erklärt: „Wir haben eine große Diskrepanz zwischen den von China gemeldeten Exportmengen und den von der EU registrierten Importmengen festgestellt. Diese Diskrepanz hat sich von 2018 auf 2019 zwar leicht verringert, jedoch sind die Exporte aus China in die EU-Nachbarländer von 2018 auf 2019 um 17 Prozent gestiegen. Selbst unter Berücksichtigung des Marktwachstums könnten potenziell 23 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent an überschüssigen HFKW-Importen für den illegalen Handel mit dem EU-Markt bestimmt gewesen sein. Das könnte bedeuten, dass die verbesserten Kontrollen in den europäischen Häfen zwar eine gewisse Wirkung zeigen, aber auch die Schmuggler dazu bringen, neue Importrouten über Nachbarländer zu finden. So war die bisher größte Beschlagnahmung von illegal gehandelten HFKW im August 2020 beispielsweise eine Lieferung aus der Türkei, die in Rumänien gestoppt wurde3.“
Ville Itälä, Generaldirektor des Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) berichtet: „Wir freuen uns, dass die verstärkten Durchsetzungsbemühungen der EU im Jahr 2019 in den Daten deutlich erkennbar sind. Aus unserer Erfahrung ist der Schwarzmarkt jedoch immer noch eine große
Herausforderung. 2020 gab es die bisher größten Beschlagnahmungen von illegalen HFKWs. In Spitzenzeiten haben wir die Mitgliedsstaaten täglich vor illegalen Lieferungen gewarnt. Wenn irgendwo eine Lieferung gestoppt wird, beobachten wir oft einen Rückgang der illegalen Aktivitäten in diesem Mitgliedsstaat, während die Schmuggler andere Routen nutzen, um in die EU zu gelangen. OLAF wird auch 2021 den illegalen Handel weiter aufdecken und bekämpfen.“
In Bezug auf die jüngsten EU-Berichte
In zwei aktuellen Berichten räumte die EU ein, dass es einen Schwarzmarkt für HFKWs gibt, konnte dessen Größe aber nicht beziffern. Die Europäische Umweltagentur (EEA) behauptete, dass der HFKW-Ausstieg planmäßig verläuft, wobei sie illegale Importe bei der Analyse außer Acht ließ, weil „es nicht möglich zu sein scheint, die Umgehung des Zolls zu quantifizieren“. In einer Bewertung des so genannten Phase-Downs im Dezember 2020 erklärte die Europäische Kommission, dass der Vergleich internationaler Handelsstatistiken aufgrund von Handelsumleitungen möglicherweise kein ganz genaues Bild liefert.
Felix Flohr vom EFCTC kommentiert: „Illegaler Handel findet unter dem Radar statt und wird den Behörden nicht gemeldet. Zwar verlaufen die Handelsrouten durch Europa, aber die Zusammenarbeit des EFCTC mit dem Wirtschaftskanzlei Kroll zeigt, dass die fehlende Kontrolle von T1-Transitlieferungen diese zu einer bevorzugten Transitart für Schmuggler macht, um HFKW illegal auf den europäischen Markt zu bringen. Die Daten von Oxera und die Analyse des EFCTC liefern das bisher genaueste Bild über den illegalen Handel mit HFKW. Die große Menge an potenziellen illegalen Importen erfordert eine bessere Durchsetzung der Gesetzgebung, um die EU-Klimaziele zu erreichen.“
Nächste Schritte in 2021
Der EFCTC wird auch im Jahr 2021 weiter gegen dieses Problem vorgehen. Dafür sammelt der Verband Beweise für illegale Aktivitäten über die mehrsprachige und vertrauliche EFCTC Action Line. Zudem hat der EFCTC die Initiative Ehrenwort ins Leben gerufen, über die sich die gesamte Wertschöpfungskette dem Kampf gegen den HFKW-Schwarzmarkt anschließen kann. Mehr als 280 Personen, Organisationen und Unternehmen haben sich bereits verpflichtet, ihren Teil beizutragen. Mit dieser Initiative hofft der EFCTC, das Bewusstsein zu schärfen und Maßnahmen in der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern, um den Schwarzmarkt zerschlagen.
Wimar Wysluch vom Deutschen Sachverständigen Rat Kälte-Klima-Wärmepumpen hat sein Ehrenwort bereits gegeben und erklärt: „Wir haben uns der Initiative Ehrenwort angeschlossen, weil uns der Schwarzmarkt Sorgen bereitet und wir uns dafür einsetzen möchten, das Bewusstsein innerhalb der Wertschöpfungskette zu schärfen. Unregelmäßige und unzureichende Kontrollen verringern das Risiko massiv, mit illegal gehandelten Kältemitteln erwischt zu werden. Leider bleibt es damit den einzelnen Unternehmen überlassen, dem Schwarzmarkt entgegenzuwirken. Als Experte kann ich allen Beteiligten nur empfehlen, immer konsequent und gesetzeskonform zu handeln – auch wenn das bedeutet, einen Kunden zu verlieren.
Über EFCTC
Der Europäische Technische Ausschuss für Fluorkohlenwasserstoffe (EFCTC) ist eine Sektorgruppe des Verbands der Europäischen chemischen Industrie (Cefic) - EU-Transparenzregister Nr. 64879142323-90- und repräsentiert die Unternehmen Arkema, Chemours, Daikin Chemical, Honeywell und Koura. Hauptziele sind die Bereitstellung aktueller Informationen über die Anwendung, Sicherheit, Gesundheits- und Umweltauswirkungen von HFKW (teilfluorierten Kohlenwasserstoffe), FKW (perfluorierte Kohlenwasserstoffe), HFO (Hydrofluorolefine) sowie die einschlägige europäische und internationale Gesetzgebung.
Fragen und Antworten zum Thema
1. Was sind HFKW?
HFKW oder teilfluorierte Kohlenwasserstoffe sind Gase, die für den Einsatz in der Kälte- und Klimatechnik, zum Aufschäumen, für Aerosole, Brandschutz und Lösungsmittel produziert werden. Sie wurden als Alternativen zu den ozonabbauenden Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) entwickelt, die seit 1996 im Rahmen des Montrealer Protokolls aus dem Verkehr gezogen wurden. HFKWs sind organische Verbindungen, die Fluor- und Wasserstoffatome enthalten. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern FCKW schädigen sie die Ozonschicht nicht. Das Treibhauspotenzial von HFKW variiert je nach Produkt, ist aber im Durchschnitt bis zu tausendmal größer als das von Kohlendioxid (GWP = 1). Bei regelmäßiger Verwendung einer Kälteanlage bleiben die HFKW im Kreislauf des Kältesystems. Die Freisetzung in die Umwelt wird durch ordnungsgemäße Installation, strenge Leckagekontrolle und Rückgewinnung/Recycling minimiert.
2. Was ist die F-Gase-Verordnung?
Die F-Gas-Verordnung der EU (517/2014) ist am 1. Januar 2015 in Kraft getreten, um die Auswirkungen von HFKW auf den Klimawandel zu senken. Dafür wird die Menge, die in der EU auf den Markt gebracht werden darf, durch ein Quotensystem schrittweise reduziert (Phase down). Ausgewiesene Unternehmen (aus Europa und dem europäischen Ausland) werden bestimmte HFKW-Quoten für ein jeweiliges Jahr zugeteilt. Ziel ist es, bis 2030 eine 79-prozentige Reduzierung von HFKW gegenüber dem Durchschnittswert der Verbräuche zwischen 2009 und 2012 zu erreichen.
3. Warum kommen diese illegalen Importe nach Europa?
Der illegale Schmuggel von HFKW wird durch die uneinheitliche Durchsetzung der F-Gas-Verordnung in den Mitgliedsstaaten ermöglicht. Dort, wo die Bußgelder niedrig sind, kalkulieren kriminelle Organisationen die Möglichkeit einer Geldstrafe einfach als marginale Geschäftskosten ein. In ihren Augen ist das ein akzeptables Risiko im Vergleich mit den zu erzielenden Gewinnen.
4. Woran kann ich erkennen, ob ein HFKW Zylinder illegal ist?
Wir empfehlen, nur bei vertrauenswürdigen Lieferanten zu kaufen, immer nachzufragen, woher ein Produkt stammt und Angebote zu vermeiden, die ungewöhnlich günstig sind oder Barzahlung verlangen. Ein weiteres Kriterium sind die Zylinder selbst – Einwegzylinder sind in der EU verboten und somit Schmuggelware. Wenn Sie sich der Initiative Ehrenwort über www.stopillegalcooling.eu/de/pledge/ anschließen, erhalten Sie weitere Informationen darüber, wie Sie illegale Zylinder erkennen und den HFKW-Schwarzmarkt stoppen können.
5. Was zeigen uns die neuen Erkenntnisse?
Die gemeinsame Analyse von Oxera und dem EFCTC zeigt zwei wichtige Handelsströme auf, hinter denen sich illegale Importe verbergen könnten: Erstens zeigten die vom EFCTC analysierten Oxera-Daten eine Diskrepanz von 9 MtCO2e im Jahr 2019 zwischen den gemeldeten Exporten aus China in die EU und den offiziellen EU-Berichten über Importe aus China. Diese Diskrepanz könnte einen blühenden Schwarzmarkt für HFKWs speisen. Zweitens ermittelte Oxera einen Anstieg der HFKW-Exporte aus China in die EU-Nachbarländer um 17 % zwischen 2018 und 2019 – der zweitgrößte Anstieg seit 2016. Eine Analyse des EFCTC hat gezeigt, dass dieser drastische Anstieg der Importe nicht mit dem Marktwachstum zu erklären ist. Die Exporte liegen um 23 MtCO2e über dem durch die Marktdynamik gerechtfertigten Wert.
Aus der vom EFCTC berechnete Menge an ungeklärten Exporten/Importen von HFKW aus China sowie den überschüssigen Mengen, die in Nachbarländer gelangen ergibt sich eine potenzielle Höchstmenge an illegalen HFKW, die 2019 in die EU gelangt sein könnte, von 31 MtCO2e.
6. Wie sind Sie zu diesen Erkenntnissen gekommen?
In ihrer Analyse betrachtete Oxera Consulting LLP Daten aus vier Handelsdatenbanken: die offizielle EU-Statistikdatenbank (Eurostat), die UN-Handelsdatenbank (Comtrade), Daten des türkischen Statistikinstituts und chinesische Exportdaten. Durch den Vergleich der Datenströme aus diesen Datenbanken und die Festlegung einer Ausgangsgröße für den Verbrauch in den Nachbarländern unter Verwendung der Daten aus dem UNIDO-Bericht für die Türkei ist die EFCTC-Expertengruppe zu dem Schluss gekommen, dass es ein überschüssiges Exportvolumen von 31 Millionen Tonnen CO2eqT gibt, das nicht erfasst ist und 2019 auf dem Schwarzmarkt hätte verfügbar sein können.
7. Was muss geschehen, um den illegalen Handel mit HFKW zu stoppen?
Viele offizielle Stellen sind sich des Ausmaßes dieses Problems nicht bewusst. Eine verstärkte Durchsetzung, höhere Bußgelder und der Aufbau von mehr Wissen über illegale HFKWs würden helfen, das Problem zu lösen.
Die EU und die Mitgliedsstaaten sind daher aufgefordert:
Gleichzeitig würde ein breiteres Bewusstsein entlang der Wertschöpfungskette helfen, die weitere Lücke zu schließen. Die Website www.stopillegalcooling.eu bietet den Behörden und der Wertschöpfungskette weitere nützliche Werkzeuge, um den illegalen Markt zu stoppen.