KK: Herr Göller, wie würden Sie die Hauptaktivitäten von EPEE umschreiben?
Jürgen Göller: Die zwei wichtigsten Prioritäten von EPEE sind Energieeffizienz“ und Kältemittel“. Dahinter verbergen sich jede Menge verschiedener Maßnahmen und Gesetzgebungen, bei denen der direkte Input der Branche unerlässlich ist, wenn man sicherstellen will, dass die politischen Entscheidungen – sei es in Europa oder auf nationaler Ebene – realistisch bleiben und dass Gesetzgebung nicht zum Problemfall für die Branche wird. Die Marktaufsicht und die Schaffung eines engen, grenzübergreifenden Netzwerks für die Branche sind uns ebenfalls wichtig.
KK: Können Sie die Prioritäten etwas präzisieren? Worum geht es beispielsweise bei der Energieeffizienz?
Jürgen Göller: Für den Themenbereich Energieeffizienz“ heißt das im laufenden Jahr 2016 zum Beispiel direkte Mitarbeit bei der Überarbeitung der Richtlinien zur Energieeffizienz von Gebäuden (EPBD), zur Energieeffizienz (EED) und zu erneuerbaren Energien (RED) sowie bei der EU- Strategie zum Heizen und Kühlen. Auch die Umsetzung der Ökodesign-Richtlinie ist natürlich eine Priorität und viele unserer Produkte sind hiervon direkt betroffen.
KK: Was heißt das konkret?
Jürgen Göller: Zu den Ökodesign-Verordnungen, an denen EPEE aktiv mitgearbeitethat, zählen unter anderem die Verordnung für Klimageräte unter 12 kW, die Verordnung für Heiztechnik (Wärmepumpen, Öl- und Gaskessel etc.), die Verordnung für professionelle Kältetechnik (z. B. Verflüssigungssätze) und jetzt bald auch die Verordnung für größere Klimageräte (Chiller, VRF-Geräte, Rooftops etc.) und Wärmepumpen. Ebenfalls in Arbeit ist eine Verordnung für gewerbliche Kältetechnik (z. B. Supermarktkühlmöbel), allerdings ist hier noch kein Ende in Sicht.
Ein neues, großes Gebiet trägt den Namen Smart Appliances“. Hier hat die Arbeit gerade erst begonnen, stellt für EPEE-Mitglieder aber bereits eine Priorität dar, denn das flexible (smarte) Reagieren auf schwankende Einspeisungen erneuerbarer Energien in das Stromnetz spielt eine zunehmend wichtige Rolle. Die Wärmepumpentechnik kann hier zum Beispiel einen wichtigen Beitrag leisten, wenn die Randbedingungen stimmen.
Die Kombination von mehreren energieeffizienten Komponenten ergibt nicht automatisch ein energieoptimales Produkt. Für uns Fachleute versteht sich das von selbst, aber erklären Sie das mal einem Brüsseler Fachbeamten!“
Kritisch stehen wir dem Trend gegenüber, auch Komponenten mit zusätzlichen Mindestanforderungen zu belegen, die in Produkte eingebaut werden, welche bereits durch Ökodesign-Verordnungen reguliert sind. Denn damit wird dem Anlagenhersteller jede Freiheit genommen, sein Produkt insgesamt energetisch zu optimieren. Anders gesagt: Die Kombination von mehreren energieeffizienten Komponenten ergibt nicht automatisch ein energieoptimales Produkt. Für uns Fachleute versteht sich das von selbst, aber erklären Sie das mal einem Brüsseler Fachbeamten!
KK: Da möchte ich jetzt aber noch einmal nachhaken. Können Sie für unsere Leser greifbar machen, was die Arbeit von EPEE an einer Ökodesign-Richtlinie genau bewirken kann?
Jürgen Göller: Lassen Sie mich ein ganz konkretes Beispiel im Zusammenhang mit der Verordnung für größere Klimageräte geben, die in Kürze veröffentlicht wird. EPEE hat daran maßgeblich mitgearbeitet, und wir verbuchen es als echten Erfolg, dass der unsägliche Bonus für den Einsatz von Kältemitteln mit GWP < 150 schlussendlich nicht in die Verordnung aufgenommen wurde. Kurz zum Hintergrund: Ökodesign-Verordnungen setzen Mindestenergieeffizienz-Anforderungen für Produkte fest. Mit dem GWP-Bonus ist gemeint, dass diese Anforderungen herabgesetzt werden, wenn ein Kältemittel mit einem GWP von 150 oder darunter eingesetzt wird. Will heißen: mein Produkt darf mehr Energie verbrauchen, nur weil das verwendete Kältemittel einen niedrigen GWP-Wert hat! Völlig unsinnig, insbesondere wenn man in Betracht zieht, dass der Löwenanteil der Emissionen indirekt auf den Energieverbrauch und nicht direkt auf das Kältemittel zurückzuführen ist. Außerdem gibt es ja jetzt auch die neue (EU) F-Gase-Verordnung, die mit dem HFKW-Phase-Down ohnehin auf den Übergang zu Kältemitteln mit niedrigem GWP-Wert abzielt. Diese Argumente haben schließlich auch den politischen Entscheidungsträgern eingeleuchtet, sodass der zunächst im Entwurf der Verordnung enthaltene Bonus für Kältemittel mit niedrigem GWP schlussendlich ersatzlos gestrichen wurde.
KK: Apropos Kältemittel: Die neue F-Gase- Verordnung ist 2015 in Kraft getreten. Was halten die EPEE-Mitglieder von den neuen Regelungen und gibt es jetzt überhaupt noch etwas für Sie zu tun auf diesem Gebiet?
Jürgen Göller: Wir haben von Anfang an einen Phase-Down der HFKWs unterstützt, um den Übergang zu Kältemitteln mit niedrigerem GWP-Wert voranzutreiben und dennoch genügend Flexibilität zu wahren, um Faktoren wie Sicherheit und Energieeffizienz bei der Auswahl von Kältemitteln ausreichend zu berücksichtigen. Die F-Gase-Verordnung, wie sie jetzt in Kraft ist, ist sehr ambitioniert und darf in ihrer Wirkung auf keinen Fall unterschätzt werden. Insbesondere die Phase-Down- Schritte ab 2018 und 2021 sind sehr groß und erfordern sofortiges Handeln aller Beteiligten, wenn hier Engpässe vermieden werden sollen. Deshalb ist unsere Aufgabe noch lange nicht abgeschlossen. Wir setzen uns dafür ein, dass die neue F-Gase-Verordnung korrekt verstanden und umgesetzt wird und haben dafür auch schon einige Hilfsmittel entwickelt, beispielsweise den EPEE-Gapometer“. Hierbei handelt es sich um ein neues Projekt, in dem zunächst erklärt wird, welche Maßnahmen erforderlich sind, um die Vorgaben des HFKW-Phase-Down einzuhalten. Dann wird anhand von Marktdaten ermittelt, welche Schritte tatsächlich bereits unternommen wurden, und gemessen, ob es eine Lücke (Gap“) zu schließen gilt.
KK: Also geht es Ihnen vor allem um die Umsetzung der bestehenden Verordnung?
Jürgen Göller: Ja und Nein. Denn es gibt natürlich auch noch die bereits in der Verordnung selbst benannten Revisionen“, auf die wir uns vorbereiten müssen. Die erste steht schon bald an. So wird 2017 das Verbot von HFKWs mit einem GWP >150 in großen, zentralen Supermarktkälteanlagen genauer unter die Lupe genommen. Gerade dieses Verbot war in der Branche auf heftige Kritik gestoßen, da es die derzeit üblichen R 134 a / CO2-Kaskadenanlagen nicht mehr zulassen würde, es sei denn die Anlagen laufen mit einem Sekundärkreislauf auf der NK-Seite. Als Verband wollen wir jetzt erst einmal die Lage abschätzen, sehen wie der Markt diesbezüglich aufgestellt ist, welche Technologien verwendet werden und ob und inwiefern das Verbot ein Problem darstellen könnte.
Tatsache ist, dass es für die europäische Industrie entscheidend ist, nicht auf einer technologischen Insel zu sitzen, sondern europäische Lösungen auch in die Welt hinauszutragen.“
KK: Auf internationaler Ebene wird ja ebenfalls über einen Phase-Down der HFKWs diskutiert. Ist EPEE hier involviert?
Jürgen Göller: Man könnte sich natürlich jetzt fragen, warum sollten wir hier involviert sein? EPEE ist schließlich ein europäischer Industrieverband. Tatsache ist jedoch, dass es für die europäische Industrie entscheidend ist, nicht auf einer technologischen Insel“ zu sitzen, sondern europäische Lösungen auch in die Welt hinauszutragen. Um hier jedoch wettbewerbsfähig zu sein und zu bleiben, sind die politischen Rahmenbedingungen entscheidend. Deshalb setzen wir uns auch im Rahmen des Montrealer Protokolls für einen weltweiten Phase-Down der HFKWs ein. Dieser Prozess ist zwar langsam, aber gerade 2015 haben wir sehr ermutigende Fortschritte gesehen, wie zum Beispiel die Einsetzung einer sogenannten Contact Group“ unter dem Montrealer Protokoll, in der lösungsorientiert über die Herausforderungen eines weltweiten HFKW-Phase-Down ganz offiziell gesprochen wird.
KK: Das klingt alles sehr spannend, aber auch komplex. Zum Abschluss: Wie würden Sie EPEEs Erfolgskonzept be-schreiben?
Jürgen Göller: Unser Erfolgskonzept beruht auf folgenden drei Pfeilern:
1. Unsere Fähigkeit, demokratisch, transparent, effizient und damit auch schnell Entscheidungen zu treffen. Argumente werden sorgfältig abgewogen und – oft sehr ambitioniert – diskutiert. Wenn es darauf ankommt, dann finden EPEE-Mitglieder Kompromisse, stecken gegebenenfalls in Bezug auf die eigenen Geschäftsinteressen etwas zurück und ziehen an einem Strang. Dafür braucht es politische Intelligenz, eine gute Organisation und straffe, klare Prozesse.
2. Direktes Engagement und Einflussnahme der Mitglieder auf alle maßgeblichen Entscheidungen. Prioritäten und Strategien werden von den Mitgliedern bestimmt, Sekretariat und Geschäftsführung nehmen ihre Rolle nicht als selbstverständlich, sondern hinterfragen sich und ihre Arbeit regelmäßig.
3. Die enge Zusammenarbeit mit anderen Verbänden, nach dem Motto gemeinsam sind wir stark“. Denn eine Position, die von mehreren Verbänden unterzeichnet ist, hat immer eine größere Schlagkraft, als wenn nur ein einziger Verband dahintersteht. Wir haben ein exzellentes Netzwerk, auf das wir uns jederzeit verlassen können: in Brüssel, in den EU-Mitgliedsstaaten und auch über Europas Grenzen hinaus.
KK: Herr Göller, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Wer ist EPEE?
The European Partnership for Energy and the Environment (EPEE) wurde vor 16 Jahren mit Sitz in Brüssel gegründet. Die Organisation ist breit aufgestellt: Die Mitglieder kommen sowohl aus der Kälte- als auch aus der Klima- und Wärmepumpentechnik. Dabei handelt es sich um Komponentenhersteller, z. B. von Verdichtern oder Kältemitteln, sowie um Hersteller von Anlagen und Systemen, z. B. von Kaltwassersätzen, Wärmepumpen, Supermarktanlagen u.v.a. Neben den Herstellern zählen auch nationale und internationale Verbände zu den Mitgliedern, z. B. für Deutschland ZVKKW, FGK und DKV, auf europäischer Ebene u. a. ASERCOM (Komponentenhersteller), EHPA (Wärmepumpen) und AREA (Anlagenbauer), auf internationaler Ebene AHRI (USA) und JRAIA (Japan). Hinzu kommt eine weltweit sehr gute Vernetzung. So arbeitet EPEE beispielsweise in ICARHMA mit, einem globalen Forum, dessen Mitglieder Verbände aus elf Regionen weltweit sind, darunter China, Indien und Brasilien.
EPEE-Geschäftsführerin ist Andrea Voigt. Vorsitzender (Chairman) ist seit Juni 2014 Jürgen Göller. Insgesamt gibt es fünf Arbeitsgruppen, davon drei politisch motivierte (Energieeffizienz, Ökodesign, Kältemittel) und zwei horizontale (Strategie, Kommunikation). Entscheidungen werden von den Arbeitsgruppen vorbereitet und vom Steering Committee verabschiedet.