Sprichwörtlich wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen wir Handwerksmeister – wir verharren allzu häufig in Schockstarre und warten, bis das Kriechtier zubeißt. Das Reptil ist in unserem Fall der Mangel an Mitarbeitern, der uns schon ereilt hat bzw. noch wesentlich härter treffen wird als bisher angenommen.
Das Handwerk ist in Deutschland eines der größten Erwerbstätigkeitsfelder und gleichzeitig der Wirtschaftssektor mit den zweitmeisten Auszubildenden. 342.561 meist junge Menschen erhalten (lt. https://de.statista.com) derzeit eine handwerkliche bzw. duale Ausbildung. Das sind 12,2 Prozent aller Erwerbstätigen und 28,2 Prozent aller Auszubildenden in Deutschland. Im Jahr 1997 waren es im Vergleich dazu noch rund 630.000. Im Jahr 2023 wurden im Handwerk in Deutschland 130.413 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen - eine leichte Steigerung zum Vorjahr. Das mit Abstand ausbildungsstärkste Gewerbe im Handwerk ist das Elektro- und Metallgewerbe mit rund 184.700 Auszubildenden.
Bei den Mechatronikern in der Kältetechnik sind es im laufenden Jahr 4.570 (= - 1,7 % gegenüber 2022 mit 4.649). Die Zahlen haben sich bezogen auf das 1. Lehrjahr (1.298 in 2023) mit einem plus von fast 5 Prozent leicht verbessert. Erfreulich ist, dass die sich Zahl der weiblichen Azubis mit einem Plus von fast 4 Prozent erneut (von 107 auf 111) gesteigert hat. Diese Ressource sollte sich durch den verstärkten Einsatz optimierter Hebetechnologien sowie zeitgemäßen Hilfsmitteln wie beispielsweise Exoskeletten und Drohnen weiter ausbauen lassen. Des Weiteren steigert die Bedeutung des Kältetechnikers für die Klimawende die Attraktivität dieses Berufsfeldes. Junge Menschen, die das Umweltthema aktiv begleiten möchten, sehen hier ihre Chance.
In der Summe verliert die Kältebranche leider trotzdem zu viele Fachkräfte. Grund dafür sind in Rente gehende Vertreter der so genannten Babyboomer-Generation, während nicht genügend neue Fachkräfte hinzukommen. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen, denn die demografische Entwicklung in Deutschland führt dazu, dass - wie in Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt - auch Handwerksbetriebe immer größere Schwierigkeiten haben, ausreichend Bewerberinnen und Bewerber für ihre Ausbildungsplätze zu finden. 600.000 Jugendliche unter 25 sind nicht in Arbeit, Ausbildung oder Studium. Eine sehr große Gruppe, die grundsätzlich für eine Ausbildung zur Verfügung stehen würde und die unbedingt motiviert werden will.
Bereits jetzt gibt es schätzungsweise rund 250.000 offene Stellen im Handwerk.
Bereits jetzt gibt es schätzungsweise rund 250.000 offene Stellen im Handwerk. Darüber hinaus steht in den kommenden fünf Jahren nach Einschätzung des Zentralverbands des Deutschen Handwerks e.V. (ZDH) bei rund 125.000 Betrieben die Betriebsnachfolge an, die den Fachkräfte- und Führungskräftebedarf weiter erhöhen dürfte. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Schulabsolventinnen und -absolventen seit Jahren ab, und aus dieser ohnehin kleineren Gruppe potenzieller Ausbildungsanfängerinnen und -anfänger entscheiden sich immer weniger für eine berufliche Ausbildung. Das hat eine Ursache in dem gesellschaftlichen Erziehungsirrtum, wonach nur mit Abitur und daran anschließendem Studium persönlicher bzw. beruflicher Erfolg zu erreichen ist. Die Zahlen belegen das erschreckend deutlich: im Studienjahr 2023 (Sommersemester 2023 und Wintersemester 2023/2024) haben sich 481 500 Studienanfängerinnen und Studienanfänger erstmals an einer deutschen Hochschule eingeschrieben.
Diese Entwicklungen sind die Hauptgründe dafür, dass es zu einem immer drängenderen Problem und schwierigeren Unterfangen geworden ist, Azubis und Fachkräfte zu gewinnen. Durchschnittlich konnten in den vergangenen Jahren rund 20.000 Ausbildungsplätze, die von den Handwerksbetrieben angeboten wurden, nicht besetzt werden. Diese heute unbesetzten Ausbildungsstellen sind die fehlenden Fachkräfte und Meister von morgen, die dringend für die notwendigen Transformations- und Modernisierungsprozesse gebraucht werden.
Handwerksberufe sind starke Wirtschaftskräfte mit Karrierewegen der Extraklasse.
ZDH fordert Bildungswende
Um die Energie- und Wärmewende zu stemmen, sowie die zahlreichen Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen - beispielsweise eine zunehmend alternde Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen zu versorgen - braucht es flächendeckend ausreichend qualifizierte Fachkräfte im Handwerk. Dafür benötigen wir ein Umdenken in der Gesellschaft, in der Handwerksberufe gerade auch mit Blick auf ihre große gesellschaftliche Relevanz als das wahrgenommen werden, was sie sind: starke Wirtschaftskräfte mit Karrierewegen der Extraklasse. „Wir brauchen eine Bildungswende: hin zu einer ideellen und finanziellen Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung“, heißt die politische Forderung aus dem ZDH dazu. Das muss auch gesetzlich so verankert werden. Politik muss beide Bildungswege gleichwertig fördern und finanziell ausstatten, damit sie für junge Menschen auch in gleicher Weise attraktiv sind und sich wieder mehr von ihnen für die berufliche Bildung entscheiden.■
Dieter Last
Waldecker PR GmbH – Büro für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dieter Last
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