Zum nachhaltigen Energiekonzept der Libeskind-Villa zählen u.a. das Traggerüst in Holzrahmenbauweise mit Beplankungen aus umweltdeklarierten OSB- und Holzweichfaserplatten, neueste Dämmmaterialien der Wärmeleitgruppe 032, Fensterflächen mit einem Wärmedurchgangswert von 0,9 W/m2K und der langlebige, wiederverwertbare Werkstoff Rheinzink, der bei der Gestaltung der markanten Gebäudehülle eine zentrale Rolle spielte.
Der erste Spatenstich erfolgte im Oktober 2008, im März 2009 wurde die Gebäudehülle errichtet. Mit der Verlegung des Klimabodens Ende August und der Einrichtung der Gebäudetechnik ging der Bau in seine letzte Phase die Einweihung fand am 29. September 2009 im Rahmen einer Festveranstaltung im Beisein von Daniel Libeskind statt.
Optimale Energieausnutzung
Entsprechend dem Gesamtkonzept ist auch das energetische Konzept des Gebäudes konsequent nachhaltig. Es umfasst den Einsatz von Solar- und Geothermie, einer reversibel zu betreibenden Wärmepumpe, Wärmerückgewinnung und einen Klimaboden zum energieeffizienten Heizen, Kühlen und Lüften.
Auf dem Dach des Gebäudes ist eine nicht sichtbare Solarthermie-Anlage mit 38 unverglasten Kollektoren und einer Gesamtfläche von etwa 40 m2 untergebracht. Zur Nutzung der Erdwärme sind im Erdreich in 1,20 m Tiefe Kunststoffrohre zu einem rund 600 m2 großen Flächenkollektor verlegt. Über eine intelligente Steuerung und mittels einer reversiblen Wärmepumpe, die somit auch zur Kühlung eingesetzt werden kann, können Solarkollektoren und Erdsonden je nach Bedarf in drei Betriebsarten genutzt werden: Im Winter speist die Erdsonde die Wärmepumpe, im Sommer geben die Solarkollektoren Energie an den Boden ab und erhöhen damit die Quellentemperatur, speichern also im Erdreich Wärmeenergie für die spätere Nutzung, und schließlich können bei hohem Wärmebedarf beide Quellen gemeinsam Energie an die Wärmepumpe liefern.
Innovativer Klimaboden
Eine wichtige Rolle im energetischen Konzept der Libeskind-Villa spielt das proKlima-System von eht Siegmund, ein Klimaboden, der die Funktionen Heizen, Kühlen und Lüften miteinander kombiniert. Bei dem in Zusammenarbeit mit namhaften Fachinstituten entwickelten System geben die wasserführenden Rohre ihre Temperatur sowohl an den Estrich nach oben als auch an ein Hohlraumsystem nach unten ab. Durch den Hohlraum wird frische, gefilterte Außenluft zugeführt und mithilfe der großen Wärmeaustauschfläche des Bodens temperiert.
Der Klimaboden wurde in beiden Geschossen der Libeskind-Villa verlegt. Im Erdgeschoss schließt ein dekorativer, hellgrauer Zementestrich mit eingeschnittenem Rautenmuster den Bodenaufbau ab. Im Obergeschoss ist auf dem Klimaboden ein hochwertiges Holzparkett aus dunkelbrauner Wenge verlegt, hier bilden eingelegte Korkstreifen das Rautenmuster, das die markante Linienführung des Gebäudes aufnimmt.
Architektonisch in die Linienführung und das Rautenmuster integriert sind Bodenleuchten platziert, die den luftdurchströmten Klimaboden durchdringen. Technisch eine kleine Herausforderung, denn die Einbau-Bodenleuchten müssen wie ein Luftkanalsystem luftdicht an den Klimaboden angeschlossen werden, um die zulässigen Leckraten einzuhalten. Gleiches gilt hinsichtlich der Luftdichtigkeit auch für bodendurchdringende Elektranten, die ebenfalls reichlich vorhanden sind.
Heizen, Kühlen und Lüften
Der Klimaboden benötigt durch die große Wärmetauscherfläche nur sehr niedrige Temperaturen und eignet sich daher hervorragend für die Beheizung mit Solar- und Geothermie. Im Sommer wird das System von der reversiblen Wärmepumpe mit kaltem Wasser versorgt und dient als Flächenkühlung. Sowohl beim Heizen wie auch beim Kühlen temperieren die wasserführenden Rohre gleichzeitig die Luft im darunter liegenden Hohlraumsystem, diese Energie geht also nicht, wie bei herkömmlichen Flächenheizsystemen, verloren.
Die Libeskind-Villa verfügt über eine kontrollierte Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Ein zentrales Lüftungsgerät mit Plattenwärmetauscher erwärmt die Außenluft, dabei stammen über das Jahr gesehen etwa 70 Prozent der Wärme aus der zurückgewonnenen Wärme der Abluft. Die erwärmte Frischluft wird über die Bodenkanäle in den Klimaboden geleitet, durchströmt den Hohlraum mit geringer Geschwindigkeit und wird durch die große Wärmetauscherfläche nahezu auf die Heiztemperatur erwärmt. Über die unauffällig in den Boden eingelassenen Luftschlitze gelangt die Luft zugfrei, quellluftartig und ohne störende Geräuschentwicklung in den Raum. Die verbrauchte Innenraumluft wird über Lüftungsgitter unterhalb der Decken wieder abgesaugt und nach außen geleitet.
Die zugeführte Frischluft liegt immer über der Raumtemperatur, sodass übliche Zugluft nicht auftreten kann. Systembedingt sind auch die Oberflächentemperaturen von Böden, Wänden und Decken annähernd gleich, sodass bereits eine um zwei bis drei Grad niedrigere Raumtemperatur für eine als angenehm empfundene Temperatur und Behaglichkeit ausreicht. In Verbindung mit der ohnehin niedrigen Heiztemperatur von maximal 30 Grad führt das zu einem deutlich geringeren Energieverbrauch, niedrigeren Betriebskosten und einer höheren Wirtschaftlichkeit der Wärmepumpe.
Im Kühlfall wird die Zuluft beim langsamen Durchströmen des Hohlraumsystems durch das kalte Wasser in den Fußbodenrohren heruntergekühlt. Bedingt durch die großen Fußbodenflächen liegt die Kaltwassertemperatur immer deutlich über der kritischen Taupunkttemperatur von 16 Grad. Durch das Zusammenwirken von Bodenfläche und Zuluft gibt der Klimaboden nach dem Quellluftprinzip eine hohe Kühlleistung an den Raum ab. Analog zum Heizfall erzielt das System auch hier optimale Behaglichkeit bei hohen energetischen Einsparungen.
Erprobte Zukunftslösung
Energieeffizienz und Komfort kann das proKlima-System jetzt im Zusammenspiel mit den anderen Elementen des energetischen Konzeptes in der Praxis nachweisen. Die Libeskind-Villa als erster Prototyp des serienfähigen Designhauses dient am Rheinzink-Stammsitz als Empfangsgebäude mit Konferenzräumen und einer Ausstellung zu Bautechnik und Unternehmensgeschichte. Die Werkstoffe und Systeme, die hier eingesetzt sind, weisen aber auch den Weg zum konsequent nachhaltigen Bauen von Wohnhäusern, dem eigentlichen Konzept dieses Gebäudes. Die technischen Lösungen sind dabei keine Zukunftsmusik: Das System proKlima wird bereits erfolgreich im Wohnungs- und Gewerbebau eingesetzt und hat seine Vorzüge in der Praxis unter Beweis gestellt.-
Objektinformationen
- Objekt: Libeskind-Villa, Rheinzink-Empfangsgebäude (Datteln)
- Bauherr: Rheinzink GmbH & Co. KG (Datteln)
- Architekt: Daniel Libeskind (New York)
- Konzept: proportion GmbH (Berlin)
- Techn. Planung: Ingenieurbüro Fuhrmann & Keuthen (Essen) und Rheinzink (Anwendungstechnik)
- Klimaboden: eht Siegmund GmbH (Bad Honnef)
- Bauphase: März bis September 2009
- Dokumentation: http://www.folge-der-idee.de
Jochen Krings
Professional Relations, Fachautor und PR-Berater Bau/Technologie, Mönchengladbach